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Two Years
Titel: Two Years (Directors Cut)
Autor: DancingStar
Rating: NC 17 (?)
Inhalt: Jack und Sam stürzen auf einem fremden Planeten ab und gehen dort miteinander angeln. Erst nach zwei Jahren werden sie von ihren Freunden gefunden...
Pairing: Sam/ Jack
Spoiler: beginnt nach Gipfeltreffen, mit Wink auf Nemesis
Staffel: 4
Type: Romance
Kurzanmerkung: Ich liebe Bollywood und möchte anmerken, dass ich die Rolle der Sylenna der bezaubernden Rani Mukherjee auf den Leib geschrieben habe. Der Titel, ja gut, die Story heißt so, weil ich mich an den Produzenten für „O´Neill und Laira“ rächen will. Schlimme Folge, war das.
„Ich glaube, er wacht auf...“, hörte Jack O´Neill in weiter Entfernung eine raue Stimme sagen, „Schatz, kommst du bitte...“ Dieses Mal klang die Stimme, wie in einem großen leeren Raum.
„Tatsächlich“, eine neue, hellere Stimme.
Dann spürte er, wie sein rechtes Augenlid nach oben gezogen wurde und er in ein Licht blickte. Das Licht verschwand und alles was blieb, war ein hübsches, junges Frauengesicht. Die Frau hatte dunkle Haut und ihre Augen waren mit schwarzer Schminke umrahmt.
„Guten Tag“, sagte sie, „Endlich sind Sie aufgewacht. Wir dachten schon, Sie kommen gar nicht mehr zu sich.“
„Sind Sie Ärztin?“, fragte Jack und die Frau schüttelte mit dem Kopf.
„Nein“, sagte sie und lächelte, „Eigentlich bin ich Tierärztin.“
Empört schrak Jack auf und donnerte mit dem Kopf gegen eine Untersuchungslampe. Die Frau schob sie sogleich von ihm weg, während der Fremde sich die Stirn rieb.
„Schon gut, das war nur ein kleiner Scherz um Ihre Reaktionsfähigkeit zu testen“, Wieder ein Grinsen, „Dann kümmere ich mich besser um Ihre Frau.“
Sie drehte sich herum und Jack fragte sich, wen er damit wohl meinte. Als er Major Carter auf einem weiteren Untersuchungstisch liegen sah, wusste er es.
„Oh, sie ist nicht meine Frau... Sie ist....“ Jack wurde schwindelig und so musste er sich auf seinen Untersuchungstisch zurücksinken lassen.
Ein dunkelhäutiger Mann mit schwarzen Haaren trat nun auf ihn zu.
„Wer sind sie?“, fragte Jack.
„Mein Name ist Razar Tikaram. Ich habe Sie aus dem brennenden Raumschiff gerettet.“
„Sagten Sie, es brannte?“
Der Mann nickte. „Es sah ziemlich mitgenommen aus.“
„Okay“, diese Nachricht musste erst einmal verdaut werden, „Und wo befindet es sich jetzt?“
„In einem Hangar am Nordrand der Stadt.“
„Wo bin ich hier?“, wollte Jack jetzt wissen.
„Diese Welt heißt Rel“, klärte Razar ihn auf, „Das ist übrigens meine Frau Sylenna.“ Er schaute zur Ärztin, die sich um Major Carter kümmerte.
„Ziemlich fortschrittliche Technologie, die ihr da habt“, stellte Jack fest und rieb sich über den Arm.
„Ja, solange wir unseren Planeten nicht verlassen.“
„Wie meinen Sie das?“
„Die Atmosphäre ermöglicht es uns nicht, Raumfahrt zu betreiben. Ein Wunder, dass ihr den Absturz auf Rel überlebt habt.“
„Soll das heißen, ihr habt noch nie einen Außerirdischen gesehen?“
„Nein, ihr seit die ersten.“
„Das würde heißen, dass es hier auch kein Stargate gibt“, schoss es ihm durch den Kopf und er beschloss Razar danach zu fragen. Sein Verdacht bestätigte sich: Razar hatte keine Ahnung, worum es sich bei einem Stargate handelte.
„Sie wacht jetzt auf“, sagte Sylenna plötzlich und legte das Scanngerät weg. Razar erlaubte Jack, aufzustehen und zu dritt beobachteten sie, wie die blonde Frau die Augen öffnete.
„Wo bin ich?“, flüsterte sie und hob die Hand. Sogleich ergriff sie Jack.
„Hey, alles in Ordnung. Wir haben den Absturz überlebt. Laut unserer Ärzte, scheint das ein großes Wunder zu sein.“
„Ärzte?“, Sam versuchte sich aufzurichten.
„Das sind Sylenna und Razar. Sie haben uns mehr oder minder gerettet.“
„Wo ist der Gleiter?“
„Ich fürchte, er ist zu stark beschädigt“, entschuldigte sich Razar und ging dann mit seiner Frau davon. Plötzlich jedoch riss sich Sylenna von ihm los. Sie hatte noch etwas vergessen.
„Habe ich gerade richtig gehört, dass der Gleiter zu stark beschädigt ist?“, musste Sam noch einmal nachfragen und Jack nickte. „Ein Stargate gibt es hier auch nicht und der gute Razar hat schon erzählt, dass man wegen der Atmosphäre den Planeten nicht verlassen kann.“
„Oh, ich glaube mir wird schlecht.“
Er half ihr, sich erneut hinzulegen. „Sylenna, kommen Sie bitte!“
„Das war doch nur so ein Spruch!“, mit der Hand gab sie ihm einen Klaps. Doch Sylenna war schneller. Neugierig schaute sie zu Sam hinunter und erkundigte sich schulterzuckend nach dem Problem. „Es gibt kein Problem“, erklärte Sam, die Deckenleuchte anstarrend, „Nur dass wir hier auf einem völlig fremden Planeten gelandet sind. Und hier für immer bleiben müssen.“
Am Nachmittag hatte Sylenna ihnen erlaubt, das Krankenhaus von Rels Hauptstadt Mina zu verlassen. Sie und Razar führten ihre Besucher in der Stadt herum und zeigten ihnen die schönsten Plätze. Mina war ein wunderschöner Ort mit vielen großen Bauten. Die Stadt lag direkt vor einer Bergkette und zu dieser Tageszeit waren viele Menschen in den Straßen unterwegs. Überall gab es Schriftzeichen, mit denen sie nichts anzufangen wusste... Aber sie wollte es auf jeden Fall lernen.
„Mina liegt nahe am Äquator und darum scheint hier jeden Tag die Sonne.. Genauer gesagt, haben wir zwei Sonnen“, während Sylenna sprach, lächelte sie und der Wind ließ ihre schwarzen Haare fliegen.
„Das heißt, hier regnet es nie?“
„Manchmal gibt es im Sommer lange Gewitter und in Winter gibt es acht Tage lang eine Regenzeit und hin und wieder gibt es Überschwemmungen, die aus dem nördlichen Teil des Planeten kommen.“
„Wieso sind die Störungen in der Atmosphäre so stark?“
„Das musst du schon Razar fragen, er ist der Pilot in der Familie.“ Wieder ein Lächeln. Sylenna war eine Frohnatur.
Razar erklärte ihnen, dass jedes Raumschiff, welches Rel je verlassen hatte, nie wieder zurückgekommen war und vermutlich in der Atmosphäre verglüht war.
„Wie könnt ihr wissen, dass es so ist, wenn ihr es nicht selbst ausprobiert habt?“
„Möchtest du es versuchen, Samantha?“, fragte Razar trocken zurück und natürlich schüttelte sie mit dem Kopf.
„Können wir unseren Gleiter sehen?“, fragte Jack und Razar nickte. Warum eigentlich nicht? Er führte seine Besucher zu einem großen mit Kupferblechen verkleidetem Gebäude. Das Nordtor stand offen, sodass sie problemlos eintreten konnten. „Hallo, Razar!“, ein Mann winkte und widmete sich wieder seiner Arbeit: Ein defektes Flugzeugtriebwerk.
Sie gingen zwischen einigen Flugzeugen hindurch, die Sam noch nie gesehen hatte: Ein Flieger sah aus, wie ein bunter Fisch, ein anderer wirkte so gewaltig, dass sie einen Start für unmöglich hielt.
„Hier ist es“, sagte Razar plötzlich und stemmte die Hände in die Seiten. Vor ihnen stand ein kleines Zwei- Personen- Raumschiff mit einer abgebrochenen Trägfläche, der Rest des Fliegers glich einer verbrannten Kartoffel. Selbst wenn sie es schaffte, es zum Fliegen zu bringen, wie lange würden sie bis zur Erde brauchen? Und wo befanden sie sich überhaupt? In dem Moment, in dem der Flügel abriss, hatte sie dort oben völlig die Orientierung verloren. Zum ersten Mal seit langer Zeit schossen Tränen in Sams Augen. Sie begriff langsam, dass es kein Zurück mehr gab. Sie saßen fest!
Mit zitternden Fingern berührte sie die Außenhülle des Gleiters.
„Was ist los?“, hörte sie Jack fragen, der sich den Flieger auf der Backbordseite anschaute. Wortlos schüttelte sie mit dem Kopf.
Verwirrt schaute Sylenna zwischen den beiden hin und her. Dann legte sie Sam eine Hand auf die Schulter. „Sei nicht traurig!“, sagte sie aufmunternd. Sam schluckte schwer. Natürlich war sich Sylenna nicht im Klaren darüber, was sie da gesagt hatte. Außerdem meinte sie es sicher nur gut.
„Da fällt mir ein: Seit ihr bei Bewusstsein seit habt ihr noch nichts gegessen. Ich lade euch zu mir nach Hause ein. Razar sagt, ich mache das beste Hühnchen auf ganz Rel.“ Sie unterstrich diesen Satz mit einer Handbewegung.
„Nun dräng sie doch nicht so“, hörte Sam Razar sagen, dann fielen beide in eine Diskussion. Während die beiden stritten, starrte Sam ratlos auf das Wrack ihres Gleiters.
„Carter, alles okay?“, wollte eine leise Stimme neben ihr wissen und sie schaute hoch. Es war Jack.
„Ja... Nein.... Ich.... Ich kann das reparieren.“
„Diesen Schrotteimer?“, Jack zeigte auf das Raumschiff, „Sie könnten ihn nicht mal reparieren, wenn ich Ihnen die Betriebsanleitung vorbeten würde... Kommen Sie schon. Die beiden laden uns ein. Wir wollen ihre Einladung doch nicht ablehnen, oder?“
„Nein, ich....“
„Carter, ich habe wirklich das Gefühl, dass die zwei sehr nett sind.“
Sam nickte einverstanden. Sylenna und Razar hatten ihren Streit beendet und gingen nun gut gelaunt zu einem kleinen Gefährt voraus. Es war leuchtend gelb und hatte seltsame Triebwerke an beiden Seiten. Sam schätzte, dass die Bewohner von Rel den Leuten auf der Erde knapp 100 Jahre vorauswaren. Doch ihre Atmosphäre konnten sie nicht überwinden...
„Ihr lebt gar nicht in dieser Stadt?“, fragte Sam, als Razar hinter dem Steuer des Fahrzeuges platz nahm.
„Nein. Wir besitzen eine Ranch ein wenig außerhalb. Nächste Woche bringen wir unsere Rinder auf die große Weide in den Westen. Das machen wir natürlich noch mit Pferden, da das Gelände sehr unwegsam ist.“
„Ja“, stimmte Razar ihr zu, „In diesem Jahr sind vier Hilfskräfte ausgefallen. Ich weiß nicht, wie mein Bruder und ich das alles schaffen sollen...“ Verzweiflung mischte sich in seine Stimme.
„Vielleicht können wir euch helfen“, Jack drehte sich nach Sam um, „Sie verstehen doch was von Pferden, oder?“
„Bist du sicher, dass du mir helfen willst, Jack?“
„He, das mach ich doch gerne. Hab hier ohnehin nichts besseres zu tun.“
Razar grinste bestätigend und Sylenna- wie sollte es auch anders sein- strahlte mit der Sonne um die Wette. „Seit willkommen. Wir haben ein Gästehaus, in dem ihr bleiben könnt, bis ihr etwas eigenes gefunden habt“, schlug Sylenna vor, „Wenn ihr bei uns auf der Ranch bleibt, sparen wir alle viel Zeit.“
„Du machst es ja schon wieder!“, beschwerte sich Razar und schaute zu seiner Frau.
„Was?“
„Du drängst sie! Mach nur weiter, dann werden sie dich bald für einen Sklaventreiber halten!“
Trotzig verschränkte die dunkelhaarige Frau die Arme vor dem Bauch. „Mach, dass du nach Hause fliegst.“
Sylenna hatte wirklich nicht übertrieben, was die Ranch betraf. Die Weiden um das Haupthaus herum wirkten zwar schon ein wenig abgegrast, doch trotzdem sah die Gegend sehr einladend aus. Ihre Gastgeberin zeigte ihnen zuerst das Gästehaus. Es stand gegenüber dem Haupthaus und beinhaltete alles, was sie zum Leben brauchten.
„Kommt zum Essen rüber, wenn ihr euch eingerichtet habt“, sagte Sylenna und verabschiedete sich. Sam ließ sich zuerst auf der Couch fallen und schaute zu einem großen Fenster hinaus. Hinter dem Haus schien es einen Garten zu geben.
„Ist alles in Ordnung?“, wollte Jack von ihr wissen und sie drehte sich nach ihm um.
„Das haben Sie mich heute schon mehrmals gefragt.“
„Dann frage ich eben noch mal... Gehen wir jetzt endlich rüber ins Haupthaus? Ich möchte das Essen nicht verpassen.“
Schulterzuckend stand sie auf.
Im Haupthaus wurden sie von Rest der Familie herzlich empfangen. Razar stellte die beiden lediglich als seine neuen Freunde vor, die für einige Zeit bleiben würden. Es hatte sich auch herumgesprochen, dass Jack ihnen beim West Trek helfen wollte.
Jack stellte fest, dass Sylenna nicht gelogen hatte: Sie konnte wirklich ein gutes Hühnchen kochen.
„Hey, schmeckts Ihnen nicht?“, fragte er, als er sah, wie Sam in ihrem Essen herumstocherte. Sie schüttelte heftig mit dem Kopf. „Nein, oh Gott, es ist toll. Aber ich... In meinem Kopf herrscht im Augenblick Chaos...“
„So etwas von Ihnen zu hören, überrascht mich.“
Sylenna unterbrach ihr Gespräch: „Möchtet ihr noch ein bisschen Wein?“
Jack schob ihr sogleich sein Glas entgegen, Sam schüttelte schon wieder den Kopf. „Tut mir Leid, Sir. Mir ist heute nicht nach feiern zu Mute“, hektisch stand sie auf und stürmte aus dem großen Speisesaal hinaus.
„Worauf wartest du noch?“, mahnte Sylenna Jack, „Lauf ihr nach.“
Er versuchte es zumindest, aber noch bevor er aufstehen konnte, packte Razars Bruder Valek ihn unsanft an der Schulter und drückte ihn auf seinen Platz zurück. „Hee, du willst uns also beim West Trek helfen?... Glaubst du, du packst das?“ Während Valek sprach, bemerkte Jack dessen Alkoholfahne.
„Ich werde es schon aushalten.“
„Wer ist deine Freundin? Seit ihr verheiratet?“
„Sind wir nicht.“
„Solltet ihr aber. Ihr hättet schöne Kinder.“ Valek warf einen prüfenden Blick in sein Weinglas.
„Halt die Klappe, Valek“, fuhr Sylenna ihn ernst an, „Entschuldige, er meint es nicht so.“
Jack nickte und stand auf. Sein Weg führte ihn geradewegs zu dem Gästehaus. Als er es schon fast erreicht hatte, blieb er stehen. Warum war Sam wohl weggelaufen? Mochte sie die Familie von Razar und Sylenna nicht? Nein, er glaubte, es hatte einen anderen Grund. Er überlegte fieberhaft, was er zu ihr sagen könnte, damit sie nicht wegen ihres Absturzes verzweifelte. Sie waren gerade auf einem Testflug mit einem neu entwickelten Gleiter. Der Flieger beinhaltete eine neue Hyperlichtgeschwindigkeit und als sie Rel erreicht hatte, hatten die Technik den Geist aufgegeben. Mit dem Steuerbordtragflügel waren sie gegen einen Meteoriten geprallt und dieser hatte ihnen den Wing weggerissen. So waren sie ins Trudeln geraten und wie Razar schon sagte: Es war ein Wunder, dass sie den Absturz überlebt hatten.
Sam lag mit angezogenen Knien auf dem Bett und fühlte, wie eine Träne langsam über ihr Gesicht lief. Sie würde ihre Freunde und ihren Vater niemals wieder sehen.
Eine halbe Stunde später hörte sie, wie die Eingangstür ihres Häuschens aufging und jemand leise hereinschlich. Dieser Jemand hielt sich im Wohnbereich auf. Sie wusste sofort, dass es sich um Jack handelte.
Dieser machte es sich schließlich auf der Couch gemütlich. Er konnte nicht mit ihr reden. Nicht, wenn sie diesen traurigen Ausdruck in den Augen hatte. Das überlebte er einfach nicht. Noch immer hörte er Sylenna sagen, dass er ihr nachlaufen sollte. Das wollte er so gerne, hätte Valek ihn nicht aufgehalten...
Über der ganzen Grüblerei war er schließlich eingeschlafen.
Nichts auf diesem Planeten hätte Sam an ihrem ersten Morgen auf der Ranch im Bett halten können. Sie hatte den Gleiter gestern gesehen und es hätte wirklich keinen Sinn gehabt, ihn reparieren zu wollen.
Also stand sie bei Sonnenaufgang auf und war überrascht, dass sie Sylenna zu dieser Zeit bereits antraf. Mit einem Krug schöpfte sie Wasser aus einem Teich.
„Guten Morgen“, rief Sylenna ihr zu, „Schon so früh auf?“
„Ja“, Sam blinzelte, „Wo willst du denn mit dem Wasser hin?“
„Die mechanische Tränke bei unseren Hühnern ist kaputt.“
Sam half ihr, den Krug zu einem kleinen Haus zu tragen und schaute zu, wie das Wasser in eine kleine Tränke floss. Als sie wieder draußen waren, stürmte ein kleines Mädchen auf sie zu.
„Mami! Mami!“, rief das Mädchen aufgeregt und stolperte in diesem Moment über einen Stein. Sie weinte und Sylenna kam gleich auf sie zu um das Kind in den Arm zu nehmen.
Zusammen verließen sie das Hühnergehege und Sylenna marschierte auf eine kleine Mauer zu.
„Eure Tochter?“, fragte Sam als sie sah, wie Sylenna das kleine Mädchen noch immer im Arm hielt.
„Sag >Hallo< zu Samantha“, meine Sylenna zu dem Kind.
„Hallo, Samantha“, sagte die Kleine und ihre Mutter setzte sich mit ihr. Sam nahm rechts neben den beiden auf der Mauer platz.
„Willst du Samantha nicht deinen Namen sagen?“
„Mirella.“
„Das ist aber ein schöner Name“, staunte Samantha ein wenig begeisterter. Ihr Blick fiel nun auf ein junges Mädchen, welches vor dem Haus fröhlich sang und tanzte. „Wer ist das?“
„Das ist Rhia, meine kleine Schwester“, erklärte Sylenna, „Meine ganze Familie lebt auf dieser Ranch seit mein Vater tot ist. Rhia ist das einzige meiner Geschwister, dass noch durchs Diviya Hyl treten muss.“
„Was bedeutet das?“
„Sie wird mit ihrem Mann den Rest ihres Lebens verbringen.“
„Bei uns nennt man so etwas heiraten.“
„Und nun erklär mir mal bitte“, fing Sylenna an, „Warum habt ihr keine Kinder?“
„Wer?“
„Jack und du. Die Verbindungen werden bereits im Himmel geschlossen.“
„Oh. Tja, unsere wohl nicht. Das ist verboten.“
„Dort wo du herkommst?“, fragte Sylenna nach, tröstete ihr Kind während Sam nickte. „Warum ist das verboten? Bekommen die Menschen auf der Erde ihre Kinder etwa anders als die Menschen auf Rel?“
„Oh Gott, Nein! Es ist nur so... Wir arbeiten zusammen, Jack und ich. Und bei der Air Force ist es verboten, dass...“
„Schon verstanden“, Sylenna wirkte tot ernst, „Aber die Air Force ist doch nicht hier, oder? Also nutze deine Chance.“ Ein Grinsen huschte über ihr gebräuntes Gesicht. „Lass den Dingen einfach ihren Lauf.“
„Das würde ich“, sagte Sam und Sylenna glaubte, sich verhört zu haben, „Aber die Frage ist, ob er das auch will.“
Ihre neue Freundin stand mit ihrer Tochter im Arm auf. „Ich sage dir eines, Samantha Carter, du wirst es nicht herausfinden, wenn du ihn nicht fragst. Außerdem gibt es bestimmt auch in eurer Welt diese kleinen Momente zwischen zwei Menschen.“
Oh ja, die gab es, dachte Sam. Mehr als genug. Ihre erste Begegnung zum Beispiel. Sie hatte ihn zum Armdrücken herausgefordert und die ganze Zeit gequasselt und Jack... Sie erinnerte sich, wie er sie angesehen hatte. So hatte sie noch nie jemand angeschaut. Nein, er hatte sich doch nicht in sie... Sie wagte kaum, darüber nachzudenken. Aber was, wenn es stimmte?
Aus den Augenwinkeln beobachtete Sylenna, wie Razar und Jack in den Pferdestall gingen. So setzte sie Mirella ab und schnappte sich einen Korb voller Äpfel, den ihre Schwiegermutter gestern geerntet hatte.
„Das hier ist unser Pferdestall... Sag mir, womit beschäftigen sich die Menschen auf der Erde in ihrer Freizeit?“, Razar war neugierig und so ließ er Jack erzählen.
„Mit dem gleichen Dingen wie ihr.“
„Und vermisst du deinen Planeten?“
„Das kann ich nicht sagen. Ich bin ja noch nicht lange weg. Was ich wirklich vermisse, ist meine Angel.“
„Angel? Was macht man damit?“
„Erzähl mir nicht, ihr Leute hättet keine Ahnung vom Fischen?!“
„Oh doch“, Razar drehte sich weg, „Natürlich fischen wir hier. Wenn du möchtest, kannst du einige Tage in meiner Hütte oben in den Bergen verbringen. Sie liegt an einem See und dort gibt es bestimmt eine Menge Fische.“
„Wie lange brauche ich, bis ich dort bin?“
„Etwa drei Stunden, wenn du reitest.... Wenn du möchtest, kannst du dir eines unserer Pferde ausborgen.“ Razar ging zu einem braunen Hengst, der über eine Halbtür schaute. „Nimm dieses hier, es ist sehr brav.“
„Den?“, fragte Jack erstaunt, „Das sieht aber aus, als wäre es immer schlecht drauf.“
Razar legte die Stirn in Falten. Sagte Jack das, weil das Pferd einen blitzförmiges Abzeichen auf der Stirn hatte?
„Hee, schon gut! Danke für das Angebot, Razar. Wie kommt man zu dieser Hütte?“
„Ah, die Hütte!“, rief Sylenna plötzlich wissend und kam mit einem Korb voller Äpfel in den Stall gestürmt. Da sie so unerwartet abbremste, wäre Sam fast in sie hineingerannt.
„Wann soll die Reise denn beginnen?“
„Morgen“, antwortete Jack sofort, „Ich freue mich schon sehr.“
„Aber denk daran, dass du bis zum West Trek zurückbist. Es wäre wirklich schön, Hilfe zu haben“, erinnerte Razar ihn.
Sylenna stellte den Korb auf ein Regal. „Ja, der Trek ist immer sehr anstrengend. Aber die Natur ist wirklich wunderschön... Da fällt mir ein, vielleicht könntest du Samantha mitnehmen. Seit sie hier ist, hat sie noch nicht viel gesehen und ein wenig Erholung würde ihr gut tun.“ Sie warf Sam einen Blick zu und diese schaute etwas verwirrt zum Colonel.
„Sir, Sie müssen nicht...“
„Nein, Carter. Ich finde, dass Sylenna Recht hat. Kommen Sie einfach mit. Morgen geht’s los, Sie haben mich ja gehört.“ Jack ging hinaus, gefolgt von Razar und Sam war mit Sylenna nur alleine. „Siehst du, es klappt doch“, grinste letztere, „Und es war auch ganz einfach.“
„Du bist gemein“, meinte Sam und Sylenna wünschte ihr viel Spaß. In dieser Nacht machte sie kein Auge zu. Ständig musste sie daran denken, dass sie morgen früh mit Jack alleine zum Angeln aufbrechen würde.
Nebel hing noch über der Ranch, als sie aufbrachen. Jack hatte gelacht: „Carter, Sie sehen aus, als ob Sie die ganze Nacht über wachgewesen wären.“ Tja, wenn er wüsste.
Während er auf den Rücken seines braunen Pferdes kletterte und Sam Bekanntschaft mit ihrem Pferd machte, brachen die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Es versprach, ein schöner Tag zu werden.
Sam hatte nicht viel zu sagen, als sie und Jack auf dem Weg zur Hütte waren. Er hatte ihr öfters von seiner Hütte in Minnesota erzählt und sie gefragt, ob sie mitkommen wolle, sie hatte immer abgelehnt. Einmal hatte sie ihn sogar gefragt ob das eine Einladung sei. Natürlich wusste sie, warum sie abgelehnt hatte. Sie fürchtete sich davor mit ihm alleine zu sein und die Kontrolle über Dinge zu verlieren, die sie später vielleicht bereuen würden. Wenn sie an sein Lächeln, bei all diesen Einladungen dachte... Einmal war sie so kurz davor gewesen, mitzukommen. Und sicher nicht nur das.
„Irgendein Problem?“, fragte eine Stimme neben ihr und sie schrak hoch, „Hören Sie, ich bin mir nicht sicher, ob es so gut ist, wenn Sie auf dem Pferd einschlafen.“
„Bin ich etwa...?“
„Hat zumindest so ausgesehen.“ Er ließ sein Pferd neben ihrem hergehen. Vor ihnen ragte eine Bergkette auf und Jack kramte eine Landkarte aus seiner Tasche. Wenn er die Karte richtig las, musste es hier einen kleinen Pass geben. Jetzt entdeckte er den kleinen Felsendurchgang. „Ladies first“, meinte er und ließ Sam zuerst hineinreiten.
„Sehr nett von Ihnen“, grinste sie, „Wenn es dort drinnen Höhlentrolle gibt, fallen sie zuerst über mich her.“
„Ich wollte nur freundlich sein.“ Die Schritte ihrer Pferde hallten im Pass wider und es vergingen fast fünf Minuten, bis sie die andere Seite erreicht hatten. Hier war die Vegetation deutlich besser, als in der Nähe der Ranch. Jack ließ sein Pferd jetzt wieder neben ihrem herlaufen. Spielerisch schnappte Jacks Pferd nach dem Hals seines weisen Begleiters. „Zumindest die beiden mögen sich“, stellte er fest, „Soll nicht heißen, dass ich Sie nicht mag, Carter.“
Sein Pferd kam ihrem wieder gefährlich nahe. Jetzt gingen die beiden Tiere so dicht nebeneinander her, dass sich die Knie ihrer Reiter immer wieder berührten. Sam zog den Kopf ein und versuchte, sich so weit wie möglich, in ihrem Poncho zu verstecken. Unter anderen Umständen wäre es ihr egal gewesen, doch nachdem sie alleine... Nein, Sam durfte einfach nicht zuende denken.
Jack hatte ihren Blick bemerkt. „Alles okay? Sollen wir anhalten?“
„Nein, wir sollten sehen, dass wir schnell zur Hütte kommen.“
Für den Rest der Reise erzählte er ständig irgendwelche Geschichten, über die sie ein wenig lachen musste. Zum Glück für Sam erreichten sie am Nachmittag die Hütte. Sie erwischte sich immer wieder dabei, wie sie davon träumte, ihn plötzlich an seiner Jacke zu packen und leidenschaftlich zu küssen.
„Lassen wir die beiden laufen“, schlug er vor und klopfte seinem Pferd den Hals. Die Tiere schienen froh darüber zu sein, dass sie nun endlich ohne ihren Reiter über die Wiese gehen konnten.
Im Inneren der Hütte gab es, wie Sam feststellte, nur ein einziges Bett, eine Küche und einen großen Kamin. Sie handhabten es, wie auf der Ranch im Gästehaus: Sie bekam das Bett, er die Couch... beziehungsweise ein Kissen und eine Decke am Kamin.
Nach dem Mittagessen schauten sie sich die Gegend genauer an, danach machte sich Jack auf den Weg zum See und wollte dort etwas angeln. Sam versprach, später nachzukommen. Wie sich herausstellte, gab es hier sogar ein Boot, dass Razar gebaut hatte. Jack hatte es gefunden und hielt es für schwimmtauglich. Also warf er Razars Angel hinein und versuchte selbst reinzuklettern, doch eine Stimme hielt ihn zurück.
„Sir, was haben Sie vor?“
Er drehte sich um. „Aufs Wasser rausfahren. Anscheinend hält das Boot noch.“ Mit dem linken Fuß versuchte er ins Boot zu steigen, doch das kleine Schiff wurde weggetrieben und er landete geradewegs im Wasser. „Sir?“, fragte Sam, als er nicht auftauchte, „SIR?“ Sie geriet in Panik. Was, wenn er es nicht wieder hoch schaffen würde? Aufgeregt ging sie hin und her. Jack war wirklich nirgends zu sehen.
„Jack?!“, rief sie und die Pferde auf der Weide hoben neugierig die Köpfe.
Noch einmal atmete sie tief durch und sprang ebenfalls ins Wasser. Das Boot trieb immer weiter ab. Auf der anderen Seite des Bootssteges tauchte Jack wieder auf und hörte jemanden nach ihm rufen. „Jack?!... Sag doch was!“ Er registrierte ein Planschen, dann noch eines und beschloss, wieder auf die andere Seite zu tauchen. Sam erschrak ein wenig, als er neben ihr auftauchte. „Geht’s dir gut?! Ich hab mir große Sorgen um dich gemacht“, ihre Stimme zitterte, „Tu das nie wieder, hörst du?“
„Was?...“
Sie wurde sich darüber bewusst, was sie gesagt hatte. „Entschuldigung, Sir!“, sie wandte ihren hilflosen Blick von ihm ab, schwamm bis ans Ufer und ging mit nassen Klamotten auf das Haus zu. Sie begann zu frieren und wie sie feststellte, war es schon Abend geworden. Dunkelheit brach bereits über sie herein.
Jack brauchte einen Moment um zu verstehen, was sie eben zu ihm gesagt hatte. Sie hatte sich Sorgen um ihn gemacht, aber ihr Blick drückte viel mehr aus als das. Er hätte auch etwas dazu sagen sollen. Während er sich auf den Bootsteg hievte, dachte er an den Zar´tac Test und erschauderte. Bei diesem Test hatte er als einfach empfunden, zu beichten, wie er für sie fühlte. Er wünschte sich, er könnte es wiederholen. Dieses Mal aber richtig. Sie anschließend in den Arm nehmen und küssen...
„Warum tust du es nicht?“, fragte eine Stimme in seinen Kopf und er wünschte sich, er hätte eine Antwort darauf. Mit schlurfenden Schritten ging er ebenfalls auf das kleine Holzhäuschen zu.
Zum Glück gab es in der kleinen Hütte warmes Wasser, an einen Stromanschluss hatte Razar jedoch nicht gedacht. So kam es, dass sich Sam im Kerzenschein ein Bad einließ.
Drei Stunden auf einem Pferd zu sitzen und anschließend im kalten See baden zu gehen, hatte seine Spuren hinterlassen und sie hoffte, dass ein Bad sie ein wenig fitter machen würde. Knapp fünf Minuten saß sie da und ließ sich vom Schein der Kerzen beruhigen und das warme Wasser gab sein Letztes. Fit würde sie heute bestimmt nicht mehr werden. Sondern noch müder, als sie es ohnehin schon war.
Sie stand auf und wollte eben nach dem Handtuch greifen, als...
„Oh, Gott! Carter, Entschuldigung! Ich wusste nicht, dass Sie...!“
„Colonel!“, unterbrach sie ihn geschockt, schlang das Handtuch um ihren Körper während er sich umdrehte und sich die Hand vor Augen schlug.
„Ich schwöre, ich hab nichts gesehen!“
„Colonel!“
„Ich... Ist ja gut, ich gehe schon!“ Er marschierte hinaus und sie ließ sich samt Handtuch ins Wasser zurücksinken. „Mist!“, maulte sie und katschte ins Wasser. Womit sollte sie sich nun abtrocknen?
Nach diesem peinlichen Vorfall gingen sie sich aus dem Weg: Sam blieb morgens im Bett liegen bis sie sicher war, dass der Colonel die Hütte verlassen hatte. Erst dann machte sie sich Frühstück und beschloss, ebenfalls ein wenig spazieren zu gehen. Sie wusste ja, wo er war und so mied sie den See. Auch in der Hütte blieb sie nicht: Er könnte ja zwischendurch vielleicht zurückkommen.
Der Tag verging wie im Flug. Da es warm gewesen war, freute sie sich schon jetzt auf ein Bad. Sam hatte keine Ahnung, wie weit sie an diesem Tag gelaufen war, jedenfalls war es fast dunkel, als sie zur Hütte zurückkehren wollte. Sie hoffe, dass Jack noch unterwegs war. Sicherlich bekäme sie keinen Ton in seiner Gegenwart heraus. Frustriert dachte sie an den gestrigen Abend. Hätte Sie nicht einfach die Tür absperren können? Ach ja, der gute Razar hatte kein Schloss eingebaut, oder den Schlüssel verloren, oder so etwas in der Art.
Der Pfad wurde ein wenig schmaler und schlängelte sich an einem kleinen Abhang entlang. Hinter sich registrierte sie ein Geräusch. Ein Wildschwein wie sie annahm. Schnell drehte Sam sich herum und in diesem unachtsamen Moment stolperte sie über eine Wurzel und den Abhang hinunter.
Erleichtert stellte sie fest, dass sie nicht allzu tief gefallen war. Sam wollte aufstehen und in diesem Moment durchfuhr ein dumpfer Schmerz ihren Fuß. Sie hoffte, dass sie sich nichts gebrochen hatte. Über ihr auf dem Pfad hörte sie Hufgetrappel. „Hallo?“, rief sie. Sollte es sich hier jedoch um das Wildschwein handeln (welches an ihrem Sturz schuld hatte), hätte das Rufen auch keinen Sinn. Wie Sam erwartet hatte, antwortete niemand. Das Hufgetrappel verschwand und eine Grille begann laut zu zirpen. Um sie herum wurde es immer kälter. Ihr Fuß schmerzte noch mehr und er klemmte zwischen zwei kräftigen Wurzeln. (Sylennas dämlicher Stiefel!)
Sam wusste nicht, wie lange sie hier gesessen hatte und sie hatte eigentlich nicht geglaubt, dass sie aus dieser Situation einen Ausweg finden würde. Schließlich hörte sie über sich noch einmal Hufgetrappel. Dieses Mal von einem größeren und stärkeren Tier. „Ist hier jemand?“, fragte sie. Die Wahrscheinlichkeit war jedoch ziemlich gering.
„Carter?“, fragte eine Stimme und das Hufgetrappel verstummte.
„Ich bin hier unten.“ Ein Lichtkegel fixierte sie.
„Ja, `kann Sie sehen“, auch bemerkte er ihren eingeklemmten Fuß, „Ich komme Sie holen.“
Langsam kletterte er den Abhang hinunter und als er endlich bei ihr war, half er ihr, sich zu befreien.
„Das kann für einen kurzen Moment weh tun. Nehmen Sie´s mir nicht übel.“
„Keine Sorge, werde ich nicht.“
Sam hatte keine Ahnung, wie er es geschafft hatte, sie zu befreien, aber schließlich war sie frei und er half ihr, aufzustehen. „Können Sie laufen?“
„Ja, ich denke...“ In dem Moment, in dem sie den Fuß aufsetze, fuhr sie innerlich zusammen. Die Schmerzen waren furchtbar. Sie fühlte, wie sich ein Arm um sie legte und hochhob.
„Gut festhalten, ja?“, fragte er und grinste sie an.
„Ja“, bestätigte sie leise. Vom Weg zur Hütte bekam sie nicht viel mit. Nur, dass Jack sie getragen hatte und sie sich wohl einige Zeit auf dem Pferd, mit dem er hergekommen war, sehr offensichtlich an ihn gekuschelt haben musste. Jedenfalls hatte er ziemlich verlegen reagiert, als sie an der Hütte angekommen waren. Er sagte, er müsse das Pferd versorgen und sie sagte, sie würde auf ihn warten. Während er sich um das Pferd kümmerte, hockte sie auf einem Heuballen und beobachtete ihn. Dann half er ihr auf, brachte sie ins Haus uns setzte sie auf die Couch.
„Sylenna hat mir eine Salbe mitgegeben. Die ist eigentlich für die Pferde, falls die sich ein Bein stauchen, aber ich denke, bei Menschen wirkt sie auch.“ Er fing an, ihren verletzten Fuß zu inspizieren.
„Nicht“, sie wollte ihren Fuß schon wegziehen, aber er hielt sie sanft zurück.
„Wenn ich nichts unternehme, ist Ihr Fuß morgen so dick, dass er nicht mehr in den Stiefel passen wird.“
„Der Schuh ist ohnehin kaputt.“
„Sylenna wird Ihnen schon nicht den Kopf abreißen.“ Er verteilte kühle Creme auf dem Fuß und versorgte ihn mit einer Bandage. Sam gefiel überhaupt nicht, was er da machte. Das heißt... Es gefiel ihr viel zu gut. Wie er vor ihr hockte und sich um ihre Verletzung kümmerte. Ihr wurde warm und kalt zugleich und sie hoffte, es lag am Kaminfeuer. Erstaunt beobachtete sie jeden einzelnen seiner Handgriffe und als er den Kopf hob um sie zu fragen, ob sie möglicherweise noch etwas trinken möchte, bemerkte er den liebevollen Blick in ihren Augen. Genau die Art von Blick, die ihn immer mitten ins Herz traf.
„Ist alles okay?“, wollte er von ihr wissen.
„Warum fragen Sie?“
„Nur so... Möchten Sie etwas trinken?“
„Etwas warmes wäre toll.“
Er stand auf und flitzte in die Küche hinüber. Lächelnd beobachtete sie, wie er Wasser aufsetzte und drauf wartete, dass es koche. „Tee“, sagte er, als er nach zehn Minuten zu ihr zurückkam.
Mit einem schlichten „Danke“ nahm sie die Tasse entgegen, als er sich neben Sie niederließ.
„Geht es schon besser?“
„Danke, ja. Sie sind ein richtig guter Arzt.“
„Wird Sie vielleicht überraschen, aber als Kind wollte ich immer Tierarzt werden.“
„Was hat Sie daran gehindert?“, fragte sie und nahm einen Schluck. Beide schauten tief in ihre Tassen.
„Die Schule. Meine Noten waren grottenschlecht.“
„Aber in die Air Force haben Sie es trotzdem geschafft.“ Sie lächelte.
„Wofür ich auch“, gleichzeitig schauten sie sich an und ihr fröhliches Lachen verstummte, „Ziemlich dankbar bin.“
„Ich auch.“ Sie lehnte sich ein wenig vor und schloss die Augen. Bei dem Gedanken, ihn endlich zu küssen bereitete sich ein warmes Gefühl in ihrem Körper aus. Und dieses Gefühl verwandelte sich während ihres ersten Kusses in ein aufregendes Kribbeln. Ihre Tasse empfand sie als störend und so stellte sie sie auf den Tisch, ohne sich von ihm zu lösen. Mit seiner Tasse machte sie das selbe. Dann rutschte sie noch näher an ihn und schlang die Arme um seinen Hals. Ihr Kuss wurde inniger und irgendwann ließen sie sich einfach auf die Couch zurückfallen. Durch den Stoff ihrer dünnen Kleidung konnte Jack erahnen, wie sich ihre Haut anfühlen musste. Seine Hände wanderten ihren Rücken hinab, sie stöhnte leise auf und für einen Moment unterbrach sie den Kuss.
„Ich hab mir bei dem Sturz meinen Kopf übrigens nicht verletzt“, meinte sie atemlos und herausfordernd lächelnd.
„Gut. Aber dein Fuß... Wir sollten irgendwohin gehen, wo wir mehr Platz haben.“
„Einverstanden“, lächelte sie und ließ sich erneut von ihm hochheben. Dieses Mal trug er sie die Treppen zu ihrem Zimmer hoch. Das einzige was zurückblieb waren zwei Teetassen vor dem wohlig warmen Kaminfeuer...
Am nächsten Morgen wachten sie zeitgleich auf, da draußen ein Vogel laut zu zwitschern begann.
„Guten Morgen“, flüsterte sie leise und erschauderte, als er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht streichelte. Dieses Gefühl war zu schön, das alles hätte sie schon viel früher mit ihm machen sollen und sie verspürte den Drang sich davon zu überzeugen, dass das alles kein Traum war. Sam fühlte sich immer noch müde, was daran lag, dass sie beide nicht viel geschlafen hatten.
„Dieser Morgen ist perfekt“, er küsste ihre Lippen.
„Darf ich dir eine Frage stellen?“
„Was immer du willst...“
„Wo kommt diese Narbe an deinem Knie her?“ Jack war perfekt, für sie nahezu makellos. Trotzdem fragte sie sich, was das wohl für eine Verletzung gewesen sein mochte. Vorsichtig zeichnete sie die kleine Verletzung auf seinem Knie nach.
„War ein Geschenk zum Sechzehnten. Meine Mom hat mir einen Motorroller geschenkt, den ich in der ersten Kurve in den Sand gesetzt habe. Ich lag drei Tage lang im Dubliner Krankenhaus....“ Das war noch nicht alles, was er ihr erzählte. Die Geschichte seiner Mutter war ein wenig kompliziert. Er erzählte, dass seine Mutter seinen Vater bei einem Irlandaufenthalt kennen gelernt hatte. Nachdem das Verhältnis der beiden bekannt wurde, starb Jonathan O´Neill mysteriöserweise bei einem Unfall, aber ihr war nie entgangen, welch entsetztes Gesicht ihr damaliger Verlobter gemacht hatte, als er von der Affäre seiner Freundin erfuhr. Was aber niemand wusste, war, dass seine Mutter zu diesen Zeitpunkt bereits schwanger war. So kehrte die Frau nach der Geburt ihres Sohnes ohne ihre Familie von Amerika nach Irland zurück und nahm den Namen des Mannes an, von dem man ihr erzählte, er sei tot. Ihr Sohn erhielt den Namen seines Vaters und so verbachte Jack O´Neill seine Kindheit in Irland. Seine Mutter heiratete nie wieder und Jack hatte seinen Vater nie kennen gelernt.
„Das ist eine traurige Geschichte“, sagte Sam bedrückt und schlang die Arme um ihn.
„Ich komm darüber hinweg.“ Er schaute in ihre blauen Augen. Sam wünschte sich, sie könnten für immer so liegen bleiben. Ein weiteres lautes Vogelzwitschern holte sie in die Realität zurück. „Ich geh besser Frühstück machen“, erklärte sie, aber Jack war schneller: „Es ist fast Mittag, ich brauche kein Frühstück mehr.“
„Dann eben ein Bruch, Lunch oder was immer du willst“, sie musste sich beherrschen, um sprechen zu können. Er verführte sie nach allen Regeln der Kunst und als sein Mund ihren Hals hinunterwanderte, versuchte sie spielerisch sich von ihm loszumachen.
„Du weißt nicht, wie man richtig ausspannt. Also bliebst du hier...“, er schlang sich seine Bettdecke um die Hüften und stütze sich mit den Armen auf dem Bett ab um sie zu küssen, „Und ich mache das Essen. Wenn ich wiederkomme und du bist nicht mehr im Bett, kannst du was erleben.“
Sie beschloss, auf ihn zu hören und verfolgte gespannt, wie er nur mit der Decke bekleidet, in die Küche hinunterging. Bald darauf hörte sie etwas brutzeln. Eier, wie sie annahm. „Shit!“, schimpfte er und sie unterdrückte ein Kichern. Soviel also zu einem Omlett. Zehn Minuten später kam er mit Pfannkuchen zurück. „Du bist verrückt!“, grinste sie, „Ich hab noch nie jemanden gesehen, der nur in einer Bettdecke Pfannkuchen kocht.“
„Hoffentlich hat es sonst niemand gesehen.“
Jetzt war die Barriere gebrochen, darüber musste sie wirklich lachen. Alleine die Vorstellung daran...
„Das war ein schönes Wochenende“, meinte Jack. Seinen ersten Pfannkuchen hatte er eben aufgegessen.
„Der schöne Teil davon war viel zu kurz.“ Sie schaute zu ihm und ihre Blicke verfingen sich ineinander.
„Macht nichts, wir können es guten Gewissens zuhause fortführen.“
„Zuhause. Wo ist das jetzt?“
„Hier... nehme ich an. Ich kann noch immer nicht glauben, dass wir festsitzen... Wir sollten schnell zurückreiten. Ich möchte Sylenna helfen, den West Trek vorzubereiten.“ Sie war daran, aufzustehen. Diese Diskussion hätten sie nicht führen sollen.
Jack hielt sie am Handgelenk fest und zog sie in seinen Arm. „Tut mir Leid, ich wollte nicht... Ich denke, wir sollten noch warten, bis wir zurückreiten. Ich sollte dir vorher etwas wichtiges zeigen.“
„So Was denn?“, während sie das fragte, rollte er sich mir ihr herum, sodass er auf ihr lag.
„Wie man sich amüsiert. Komm, ich zeigs dir...“
Sie starteten am späten Nachmittag und brauchten für den Rückweg fast eine Stunde länger. Das lag daran, dass die beiden ständig miteinander herumalberten. Schließlich erreichten sie die Ranch gemeinsam mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages. Sylenna wartete mit in die Seiten gestemmten Händen auf sie. Sam erinnerte das ein wenig an ihre Mutter. Die hatte auch immer so auf ihren Bruder gewartet, wenn er als Teenager in der Nacht zu spät nach Hause kam.
„Ihr seit spät“, stellte ihre Freundin fest. Die ernste Miene verschwand und wich einem fröhlichen Gesicht: „Erzählt. Wie ist es gewesen?“
Jack bremste sein braunes Pferd vor dem Stall. „Razar hat nicht übertrieben, die Gegend ist toll. Leider hab ich sein Boot und seine Angel verloren und Sam ist übel einen Abhang hinunter gestürzt. Du musst dir später ihren Fuß anschauen.“
„Davon rede ich doch nicht.“ Erwartungsvoll schaute Sylenna zu Sam.
„Meine Güte, habe ich Muskelkater“, stellte diese fest, als sie ebenfalls vom Pferd stieg, „Meine gesamte Schulter tut weh.“
„Bist du sicher?“, grinste Sylenna verschlagen von der Seite, trat ein wenig näher an sie heran und flüsterte ihr ins Ohr: „Als ich damals mit Mirella schwanger wurde, erzählte mir meine Mutter, dass man die ersten Symptome einer Schwangerschaft schon in den ersten Tagen spürt... Du weißt schon, Spannungsgefühle im Oberkörper und solche Sachen.“
„Du spinnst“, erklärte Sam lachend, „Außerdem ist es erst einige Stunden her.“ Sie warf gekonnt die Zügel des Pferdes über ihre Schulter und folgte Jack ins Innere des Stalles.
Mit weit aufgerissenen Augen blieb Sylenna zurück und schaute ihnen doch zufrieden nach.
Die letzte Nacht hatten sie wieder miteinander verbacht. Draußen verursachte das Prasseln des Regens ein penetrantes Geräusch und Jack grübelte, ob das wohl die Schlechtwetterfront war, von der Sylenna einmal gesprochen hatte. An seiner rechten Seite fühlte er eine Bewegung. Sam war längst eingeschlafen und hatte die Arme um ihn geschlungen. Wenn er sich konzentrierte und genau lauschte, konnte er durch all den Krach, den der Regen verursachte, sogar ihren Atem hören. Jedes Mal wenn sie einatmete, berührte ihr Bauch seine Haut. Ein Gefühl, dass ihn Grinsen ließ. So nah waren sie sich noch nie gewesen.
Heute brachten Razar, Jack und Valek die jüngsten Rinder zur Hauptherde. Sam half Sylenna auf der Ranch, jedoch wanderten ihre Gedanken ständig zu Jack. Was er wohl machte? Sie beschloss, dass sie es herausfinden müsste.
Die Männer befanden sich außerhalb der Ranch und überquerten mit den Jungtieren einen kleinen Bach. Hier in der Wildnis, wirkte das Gras ein wenig braun. Es sah verbrannt aus, fand Jack. Razar hatte ihm erklärt, dass das wegen der beiden Sonnen sei, die über Rel schienen.
„Hee, Jack. Ich wette, dass du es nicht schaffst, die Kuh dort hinten mit einem Seil zu fangen“, fing Valek an und sein Pferd warf den Kopf hoch.
„Ah.. Wette besser nicht.“
Natürlich hörte Razar, wie sein Bruder seinen Freund herausforderte. Falls Jack sich darauf einlassen würde, wollte er kein Zeuge dieses Schauspiels sein. Jack konnte, seiner Meinung nach, nicht gut genug reiten um es mit Valek aufzunehmen, der praktisch im Sattel aufgewachsen war. Zu seiner Rettung erspähte er eine blonde Frau, die in ihre Richtung unterwegs war.
„Jack, du bekommst besuch!“, rief Razar ihm zu und ließ sein Pferd wenden. Jack tat es ihm gleich und sah, wie Sam mit einem Korb unter dem Arm auf ihn zukam.
„Was mach ich nur mit Sylenna falsch?“, stellte Razar fest, „Sie kommt mich nie bei der Arbeit besuchen.“ Mit diesen Worten kehrte er zur Herde zurück, während Jack sein Pferd weiterhin auf Sam zugehen ließ.
„Hallo, Cowboy“, sagte sie mit einem Lächeln im Gesicht, „Ich dachte mir, du hättest vielleicht ein bisschen Hunger. Immerhin bist du schon seit Sonnenaufgang unterwegs.“
Ihr hübsches, blaues Kleid flatterte im Wind und Jack fand, dass es ihr besonders gut stand.
Zusammen setzten sie sich unter einen Baum, sein Pferd ließ er laufen. „Kommt er, wenn du nach ihm pfeifst?“, wollte sie plötzlich von ihm wissen und zeigte mit dem Kopf zum braunen Pferd.
„Hab ich noch nie ausprobiert.“ Er legte einen Arm um ihre Schulter um sie näher an sich zu ziehen, aber als sie ihn schief ansah, nahm er seinen Arm wieder weg.
„Nein, schon gut. Das ist schön“, sie lächelte.
„Weißt du, den ganzen Tag auf dem Pferd zu sitzen ist ziemlich anstrengend“, fing er an und legte seinen Kopf auf ihren Schoss. Ihre Hände glitten ineinander.
„Wann kommst du heute Abend nach Hause? Ich kann es schon gar nicht mehr erwarten...“
„Flirtest du mit mir?“
„Eindeutig. Colonel, denken Sie, das hier ist eine ernste Sache?“
„Dieser Fall ist hoffnungslos, Major.“ Er grinste und zog sie zu sich um sie lang zu küssen. Was stellte sie nur mit ihm an? Jack hatte schon lange nicht mehr über Dinge wie heiraten und Kinder nachgedacht, aber jetzt bekam er diese Gedanken nicht mehr aus seinem Kopf. Im Laufe des Tages hatte er sich immer wieder vorgestellt, wie es sein würde, wenn eine kleine Kopie von ihm oder von ihr durchs Haus stürmte. Wie wäre es wohl, wenn ein kleines Kind, ihr kleines Kind, im Sommer nach einem Eis bettelte oder wenn er ihr Kind von der Schule abholen würde? Er fragte sich plötzlich all diese Sachen. Und er fragte sich, ob sie das auch wollte.
Der West Trek musste um eine Woche verschoben werden, weil auf ihrer Rute eine Flut gemeldet wurde. Jack und Sam genossen die Woche, die ihnen blieb. Jedes Mal, wenn Sylenna bei beiden sah, lachten sie miteinander oder kamen Hand in Hand von einem Spaziergang zurück. Über die Zwei musste sie den Kopf schütteln. Sie konnte nicht verstehen, warum sie so lange darauf verzichtet hatten, glücklich zu sein.
Sieben Tage später herrschte erneut die Sonne über dem Planeten, nur Sam schien sich nicht darüber zu freuen. Sie hatte keine Ahnung, wann Jack von dem Trek zurückkehren würde.
„Wie lange werden sie unterwegs sein?“, wollte Sam von Sylenna wissen. Ihre Freundin und deren Tochter besuchten sie. Mirella spielte fröhlich auf der Terrasse, während ihre Mutter einen Tee kochte.
„Etwa zwei bis drei Tage...“ Sie schaute ein wenig besorgt auf ihre Freundin, die mit angezogenen Knien auf der Couch lag.
„Sylenna?“
„Ja?“
„Kannst du mir deinen Speed Cruiser ausleihen? Ich möchte nach Mina fliegen.“ Sam richtete sich auf.
„Bist du sicher, dass du ihn fliegen kannst?“
„Jack hat es mir gezeigt?“
„War das, als ihr erst am nächsten Morgen aus dem Hangar zurückgekehrt seit?“, fragte Sylenna misstrauisch. Speed Cruiser fliegen war keine große Kunst und sie fragte sich, ob die beiden im Hangar nicht noch etwas anderes gemacht hatten, als Flugstunden zu nehmen. Trotzdem verschwand Sylenna im Haupthaus und reichte ihr den Startchip für das gelbe Gefährt. „Sei vorsichtig“, meinte sie zu Sam und blieb mit verschränkten Armen zurück.
Als sie wiederkam, rannte Sam wie von Bienen gestochen über den Hof. Jack würde jetzt mit den anderen auf der Südweide sein und helfen, die Kühe in den Westen zu treiben. Wenn sie Glück hatte, würde sie ihn noch antreffen, bevor die Herde in den Westen zog. Bis zu den dortigen Weidegründen wäre die Gruppe fast einen Tag lang unterwegs und Sam wollte so lange nicht warten.
Knapp zehn Minuten war sie unterwegs als sie wieder von Razar zuerst entdeckt wurde. „Hey Jack, Besuch für dich!“, meldete er sich wieder und ritt alleine davon. Jack sah noch, wie ein blonder Haarschopf neben einem Strauch in die Knie ging und dort sitzen blieb. Sam hielt sich die Fußgelenke und in der Annahme, ihr sei etwas passiert, ließ er sein Pferd schneller gehen.
Vor ihr bremste er ab und sprang förmlich aus dem Sattel.
„Alles okay?“, er strich ihr einige wirre Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Warte... Ich“, sie atmete schwer, „Muss erst mal wieder Luft hohlen...“ Sie grinste.
„Warum bist du hier? Du weißt doch, dass heute der Trek in den Westen beginnt.“
„Das ist es ja“, immer noch schnappte sie nach Luft, „Ich wollte nicht mehr so lange warten.“
„Womit?“
„Ich muss dir etwas sagen... Ich... Jack, ich bin schwanger. Ich hab es gerade erst erfahren. Eigentlich wollte ich mich nur untersuchen lassen, aber der Arzt meinte plötzlich, dass er eine hohe Konzentration des Hormons...“
„Ja, Ja! Schon gut! Kannst du es bitte noch mal sagen.“
„Ich bin schwanger.“
Er zog sie in seine Arme und drückte ihr einen liebevollen Kuss auf den Hals, „Ich freu mich so.“ Zusammen blieben sie so noch eine Weile sitzen, bevor Jack aufstand und sein Pferd an den Zügeln packte.
„Was hast du vor?“, fragte Sam, als er nun auch noch nach ihrer Hand griff.
„Dich nach Hause bringen“, antwortete er und schon saß sie auf dem Rücken des gescheckten Pferdes, „Glaubst du etwa, ich lasse dich alleine gehen.“ Er ließ das Tier wenden und rief Razar zu, dass er Sam erst zur Farm zurückbringen und dann nachkommen würde.
„Jack, ist etwas nicht in Ordnung?“, wollte Sylenna von ihm wissen, als sie sah, dass Sam vor ihm auf dem Pferd hockte.
„Nein!“, rief er, „Alles okay. Ich wollte nur nicht, dass meine Frau jetzt schon über Rückenschmerzen klagt. Dazu hat sie die nächsten Monate auch noch Zeit.“ Samantha schaute überrascht zu ihm hoch. Sie waren nicht verheiratet, trotzdem nannte er sie seine Frau.
Sylennas Augen weiteten sich. „Soll das heißen, dass ihr beide...?“, rief sie glücklich, „Oh, ich freue mich so für euch!“
Die Nachricht hatte sich schnell herumgesprochen. Innerhalb kürzester Zeit wusste der Teil der Familie davon, der auf der Ranch geblieben war.
Zwei Tage später kehrte die Gruppe ohne die Rinder vom West Trek nach Hause. Jack hatte Sam vermisst und beschlossen, sie zu überraschen. Sie schlief noch, als er nach Hause kam. Die Sonne schien ins Zimmer und Jack fand, dass sie wie eine wunderschöne, schlafende Prinzessin aussah. Er beschloss, Dornröschen aufzuwecken. Sie erschrak zunächst, als sie wachgeküsst wurde. Als sie jedoch kurz die Augen öffnete und Jack erkannte, schlang sie zufrieden Arme und Beine um ihn.
„Du hast mir so gefehlt“, gestand sie.
„Du mir auch... Aber, hey. Können wir das auf später verschieben? Ich solle erst duschen.“
„Das stört mich nicht.“ Während sie das sagte, wanderten seine Lippen über ihre Brust zu ihrem Bauch. Dort hielt er inne und begann, leise zu reden. „Hi, Baby. Wie geht’s dir? Hast du mich genauso sehr vermisst wie deine Mom?“
Sam kicherte und streichelte ihm durchs Haar. „Jack, was machst du denn da? Es kann uns doch gar nicht hören. Bestimmt sieht es noch nicht einmal aus, wie ein Baby.“ Erneut musste sie lachen. Sein Mund kitzelte sie am Bauch.
„Ich hoffe, du hast recht und es hat nicht gehört, wie ich neulich gesagt habe, dass ich dich die ganze Zeit...“, er fing wieder an, sie zu küssen. Mit jedem einzelnen Kuss fühlte sie sich dem Himmel ein Stück näher. Sie liebten sich voller Hingabe und als sie fertig waren, lagen sie noch lange beieinander. Schließlich fing er aus einem ihr unbekannten Grund an, leise zu lachen. „Was ist so lustig?“, fragte sie und er schüttelte den Kopf. „Nichts, ich... hab nur daran gedacht, dass mich eigentlich Teal´C auf diesen Testflug begleichen sollte. Ich frage mich, warum es sich der General anders überlegt hat.“
„Ich...“, sie räusperte sich, „...hab ihn gebeten, mich mitfliegen zu lassen. Immerhin habe ich an dem neuen Gleiter mitgearbeitet...“
„Oh, das war das beste, was du tun konntest“, seufzend schlang er die Arme um sie, „Ich kann mir nicht vorstellen, mit Teal´C hier zu sein.“
Ihr Lachen wurde lauter. „Ich will nicht, dass du gehst“, sagte sie nach einer Weile.
„Das werde ich auch nicht... Ich bin außerdem bloß nebenan.“ Er verschwand im Bad und brauchte etwa zehn Minuten. Danach huschte er zu ihr unter die Decke und bewies ihr zum zweiten Mal, wie sehr er sie liebte. Am späten Vormittag stand die Sonne ziemlich hoch und Sam hob müde den Kopf. Sie hatte Sylenna versprochen, ihr zu helfen, ein Fest vorzubereiten, aber in den letzten Tagen hatte sie Jack zu sehr vermisst, um ihn jetzt alleine zu lassen. „Ich freu mich schon auf sie“, sagte Jack plötzlich zu ihr und sie sah zu ihm hoch, „Auf unsere Tochter, meine ich...“
„Aber du weißt doch gar nicht, ob es ein Mädchen wird.“
„Ja, du hast Recht.“ Er fühlte, wie sie sich näher an ihn kuschelte und die Augen schloss. „Sammy? Kann ich dich etwas fragen?“
„Hmmm“, murmelte sie im Halbschlaf. Er hatte sie noch nie Sammy genannt, stellte sie fest.
„Würdest du mich heiraten?“
Am Abend sang und tanzte die gesamte Familie beim Fest, während Sam mit Sylenna an einem Tisch saß.
„Wie geht’s dir heute?“, fragte Sylenna und ihre Freundin lächelte.
„Sehr gut. Kannst du mir noch mal erklären, wie das mit dem Heiraten abläuft?“
„Warum denn?“ Sylenna störte es nicht, dass sich Jack zu ihnen setzte, aber als die beiden sich kurz anschauten, dämmerte es. Sylennas Augen wurden groß. „Wollt ihr?“
Das gegenübersitzende Paar nickte gleichzeitig. „Am Besten natürlich, sofort.“
„Das lässt sich einrichten.“ Sie blieben lange sitzen und besprachen alles. Sylenna hatte sich am nächsten Tag bereiterklärt, ihr ein Kleid für ihre Hochzeit zu schenken. Zusammen mit Rhia und Mirella kramten sie in einer Kiste, die über und über mit prächtigen Kleidern gefüllt war.
„Ich bin stolz auf euch“, erklärte Sylenna, „Ihr kennt euch seit vier Jahren und nun seit ihr seit zwei Wochen hier auf Rel und schon bekommt ihr ein Baby. Das ist sehr schön. Ihr seit wie Radar und Kamir.“
„Wer sind die?“, fragte Sam und fand in der Kiste ein weises Tuch. Sylenna nahm es ihr jedoch gleich wieder ab. „Du kannst Weis auf keinen Fall tragen. In unserem Glauben signalisiert das den Tod.“
„An welche Götter glaubt ihr denn?“ Innerlich bereitete sich Sam darauf vor, jetzt von irgendeinem Goa´Uld zu hören.
„Die Götter, die bei Diviya Hyl gefeiert werden heißen Rada und Kamir. Die beiden waren zwar mit anderen Göttern verheiratet, doch die tiefe Liebe die sie zueinander empfunden haben, ist unantastbar. Neben den beiden gibt es noch viele andere Götter.“
Für Sam klang das ein wenig bekannt. Bevor sie und Jack hier verschollen, hatte sie gesehen, wie Daniel ein Buch über den Hinduismus las.
„Das sind die Kräuter, die ich für euch gesammelt habe“, fuhr Sylenna fort, „Bei einer Hochzeit versammeln sich die Familien des Paares um ein Feuer und verbrennen sie gemeinsam um dem Gott der Fruchtbarkeit zu ehren. Da ihr hier keine Familie habt, werden Razar und ich das für euch tun.“
Die Familie traf sich an diesem Abend an einem kleinen Feuer mitten im Hof. Die Männer saßen auf der einen Seite, die Frauen auf der anderen. Gemeinsam verbrannten sie Salbei, Teufelskralle und einige anderen Kräuter und die Frauen der Familie sangen dabei ein Lied, welches Sam grob mit >Die Seele brennt, das Herz erzittert< übersetzte. „Ich will“, sagte Samantha danach (So hatte es Sylenna ihr erklärt). Jack sah sie liebevoll an. „Ich will auch“, sagte er und Razar verknotete demonstrativ den roten Schleier von Sam mit einem Schal von Jack. Das sei Tradition, erklärte er.
In der Nacht, als das Ende ihrer Feier nahte, waren sie alleine spazieren gegangen. Im Mondschein hatte Jack seiner Frau einen Ring an den Finger gesteckt, um die Tradition der Erde zu wahren. „Razar redet ja ständig von irgendwelchen Traditionen in letzter Zeit...“
„Der ist wunderschön.“
„Gefällt er dir?“
„Ja, sehr sogar.“ Tränen standen in ihren Augen.
„Er soll dich immer an unser Diviya Hyl erinnern.“
„Das wird er, Jack. Das wird er.“
Zwei Jahre vergingen für sie wie mit einem einzigen Wimpernschlag.
Anfangs fürchtete vor allen Dingen Samantha die Konsequenzen, die eintreten würden, wenn man sie jetzt fand. Sie mochte sich gar nicht vorstellen, was mit ihrem Baby passieren könnte!
Den Winter verbachten sie und Jack gemeinsam in Razars Berghütte. Das Hochland war der einzige Ort auf diesem Planteten, auf dem es Schnee gab und so machten es sich die beiden in der kleinen Hütte gemütlich. Als Überraschung hatte Jack einen Baum aus dem Wald geholt und gesagt, dies wäre ihr Weihnachtsbaum. Sylenna schenkte ihnen einige Tage vorher ein Buch, ein Märchenbuch für ihr Baby, sie fingen an es zu lesen, sobald sie alleine waren. Es war eine wunderschöne Geschichte, die man den Kindern auf diesem Planeten erzählte: Sie handelte von den pelzigen Fitzlibutzlis, die alle gleich aussahen und eines Tages Besuch vom Farbenkönig und seiner Zauberkugel erhielten.
Im Frühjahr freuten sie sich über ihre gemeinsame Tochter, die in einer Vollmondnacht zur Welt kam. Es hatte sie ein wenig unvorbereitet getroffen, so war ihnen keine Zeit mehr geblieben, nach Mina ins Krankenhaus zu fahren. Schließlich hatte Sylenna perfekte Hilfe geleistet und ihnen ihr süßes gesundes Baby in den Arm gelegt. In den letzten neun Monaten hatten sie so viel Zeit gehabt, dass sie ständig über ihre Familien auf der Erde redeten. Sie hatte das Gefühl, seine Leute zu kennen, obwohl sie ihnen noch nie begegnet war. Schließlich war es ihr Vorschlag gewesen, das Baby nach Jacks Mutter zu nennen. Sie bestand fast darauf.
Sam erinnerte sich nur noch verschwommen an diese Nacht. Aber was sie ganz sicher noch wusste, war, dass sie völlig erschöpft gesagt hatte: „Jack?... Können wir das noch mal machen... Das, mit dem Baby?“
Am Anfang war es eine schwere Umstellung gewesen, plötzlich für ein kleines Kind verantwortlich zu sein. Selten hatten sie Abende für sich, wie ihr Einjähriges, welches sie mit ihren Freunden zwar feierten, aber ihre Feier zuhause war umso schöner. Sie hatten miteinander getanzt und sich immer wieder geküsst. Sie hatten die Finger kaum voneinander lassen könnten. Ihrem kurzen Kleid, der gemütlichen Couch und Kerzenschein verdankten sie es, dass das eingetreten war, was sie sich beide gewünscht hatten: Sie stellte fest, dass sie erneut ein Baby erwartete. Es sollte eine Überraschung sein und an diesem Tag war Jack früher als sonst nach Hause gekommen. Seltsamerweise herrschte Stille im Haus. Seit ihr Baby da war, stieg die Lautstärke bei ihnen eigentlich ständig. Oft lachten sie miteinander, oder das Baby weinte, wenn ihm etwas nicht gefiel. Jack fing an, nach Sam zu suchen, doch das hatte sich erübrigt, als sie auf ihn zutrat und ihn ein wenig unsanft gegen die Wand schubste. „Hey, was...“, fing er an aber weiter kam er nicht, da sie ihn mit einem leidenschaftlichen Kuss zum Schweigen brachte.
„Ich hab auf dich gewartet“, erklärte sie und lächelte verführerisch.
„Kann ich mir vorstellen. Wo ist das Baby?“
„Welches meinst du denn?“
Jack hatte sofort begriffen. „Du bist...“
Sie nickte. „Herzlichen Glückwunsch, Daddy!“ Das Glück hatte Einzug in ihrem Haus gehalten. Das hatte es zwar schon, als ihr erstes Kind geboren war, doch für sie stand fest, dass ihre Tochter nicht alleine bleiben und ein Geschwisterchen haben sollte.
Dieses Mal ließ ihnen das Baby genug Zeit um nach Mina zu fahren, wo Sam zum ersten Mal eine weiterentwickelte Technik zur Schmerzunterdrückung testete. Trotzdem kam das Baby erst nach 36 Stunden Wehen auf die Welt.
Heute lebten die beiden immer noch zusammen auf Sylennas und Razars Farm und verschwendeten keinen Gedanken daran, überhaupt noch zur Erde zurückzukehren. So, wie es war, waren sie glücklich.
Rhias Hochzeit und die Geburt von Sylennas zweitem Kind standen kurz bevor.
An dem Tag, an dem Sam mit ihrem Baby aus Mina zurückkehrte, erreichte ein Tok´Ra Schiff den Planeten. Teal´C scannte mit einer neuen Tok´Ra Technologie seine Oberfläche und zog erstaunt eine Augenbraue hoch. „Daniel“, sagte er, „Auf diesem Planeten gibt es Leben. Eine große Zivilisation.“
„Wirklich“, Daniel setzte sich in den Copilotensitz, „Ich dachte, die Tok´Ra konnten ihn nicht analysieren.“ Es lag wohl wirklich an atmosphärischen Störungen, dass vor zwei Jahren kein Leben auf diesem Planeten ausgemacht werden konnte.
„Das war vor zwei Jahren. Sollen wir versuchen, ob wir mit den neuen Schutzschilden auch landen können?“
Daniel wäre es natürlich lieber gewesen, wenn er eine Testperson vorausschicken könnte. Da erinnerte er sich an etwas, was der Colonel einmal zu im gesagt hatte: „Ein bisschen Spaß muss sein.“
„Versuch es“, sagte Jacob Carter aus dem hinteren Teil des Raumschiffes und Teal´C steuerte es auf dem Planeten zu. Der Eintritt in der Atmosphäre erwies sich als schwierig: Ständig erfassten Beben und Wirbelstürme das Schiff. Daniel atmete erleichtert aus, als er eine kleine mit Kupferblechen verkleidete Halle entdeckte, in der Teal´C schließlich landete. Sogleich eilten einige Leute darauf zu. Wer hier wohl gelandet sein mochte?
Daniel stieg als erster aus dem Schiff. „Hallo“, er war froh, Menschen hier zu sehen, „Wir kommen in friedlicher Absicht. Mein Name ist Daniel Jackson und das ist Teal´C. Das dort ist Jacob Carter.“
„Mein Name ist Razar. Seit ihr Forscher?“, fragte einer der Menschen.
„Ja, wir erforschen diese Gegend nach Planeten, auf denen sich Leben bilden kann. Sagt, wie lange gibt es diese Zivilisation schon?“ Daniel drehte sich herum und prallte geradewegs gegen eine junge Dame mit langen dunklen Haaren.
„Rhia, was machst du hier?“, fuhr Razar sie wütend an.
„Ich bin dir gefolgt. Sylenna nervt mich noch zu Tode mit dem Kleid. >Rhia, tu dies, Rhia tu das<. »
« Es handelt sich schließlich um deine Hochzeit.“
„Na und? Ich kenne den Typen nicht mal!“
„Geh nach Hause, Rhia“, Razar wandte sich nun wieder an Daniel, der Rhia fasziniert anschaute, „Verzeiht: meine Schwägerin. Seit Ihr herzlich willkommen auf Rel“, sagte einer der Männer, „Ich führe euch sogleich zu unserem Staatsoberhaupt. Es ist lange her, seit wir zum letzten Mal Besuch von einer anderen Welt hatten.“
Daniel wollte schon fragen, was das bedeuten sollte, doch da blieb Teal´C plötzlich stehen und zeigte mit ernstem Gesicht auf einen Gleiter, der am Rande des Hangars stand und ziemlich mitgenommen aussah.
„Was hat es mit diesem Gleiter auf sich?“, fragte Teal´C.
„Er ist vor zwei Jahren hier abgestürzt. Leider ist es uns nicht gelungen, ihn wieder flugtauglich zu machen.“
„Was ist mit seinen Insassen passiert?“
„Sie sind am Leben, falls Sie das meinen. Sie sind sehr gute Freunde vom mir geworden.“
„Handelt es sich bei diesen Leuten um Colonel Jack O´Neill und Samantha Carter?“ Daniel klang aufgeregt.
„Kommt. Ich mache euch miteinander bekannt.“
„Das wird nicht nötig sein. Wir kennen die beiden. Samantha Carter ist meine Tochter.“
„Ich verstehe“, sagte Razar, „Haben Sie ein Geschenk?“
„Wofür?“
„Ihre Enkeltochter wird morgen ein Jahr alt. Da sollten Sie nicht ohne Geschenk auftauchen.“
Jacob blieb stehen. Enkeltochter? Er konnte nicht wirklich von Sams Tochter sprechen? Es sei denn, sie hätte hier jemanden gefunden.... Ihm schwante einiges.
„Hey, nicht weglaufen!“, rief Jack seiner kleinen blonden Tochter nach und folgte ihr durch den Garten. Elyse hatte erst Laufen gelernt, doch seit sie Gefallen an der eigenen Fortbewegung gefunden hatte, war der kleine Wirbelwind nicht mehr aufzuhalten.
Sam hockte mit ihrem Baby auf der Terrasse ihres Häuschens und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Sie lächelte, als sie die beiden sah. Sie waren erst seit einigen Stunden zuhause und mit der Ankunft des neuen Babys schienen die Sonnen sogar noch ein wenig heller für sie zu strahlen.
Endlich hatte Jack seine Tochter eingefangen und trug sie auf dem Arm zur Terrasse zurück.
„Komm, wir gehen rein“, schlug er vor und streckte die Hand nach seiner Frau aus, „Sicherlich beginnt die Feier gleich.“
„Die arme Rhia tut mir ein bisschen Leid... Sie kennt den Mann, den sie heiraten soll, nicht einmal. Übrigens habe ich vergessen, für die Verlobungsfeier einen Kuchen zu machen. Dabei habe ich es versprochen“, erinnerte sich Sam. Jetzt grinste Jack. „Überraschung! Ich hab einen gebacken.“
„Wusste gar nicht, dass du so etwas kannst.“ Sie staunte, als Jack einen Kuchen vor ihr auf den Tisch stellte. „Das hast du schön gemacht“, sagte sie und gab ihm einen Kuss.
Elyse entdeckte nun eine Keksdose und zeigte darauf. „Mam Mam“, sagte sie und ihre Eltern drehten sich um. „Süße, die Dose ist leer. Da sind keine Kekse mehr drin. Mommy muss erst neue backen“, tröstete ihre Mom sie.
„Wirklich?“, fragte Jack und schaute Elyse an, „Wollen wir nachschauen?“ Zusammen mit der Kleinen auf dem Arm ging er zu der Keksdose und öffnete sie. Enttäuschst stellten sie beide fest, dass sie tatsächlich leer war.
„Süße, was hältst du davon, wenn wir beide nach der Feier zu den Ponys rübergehen?“
„Aber wirklich erst nach der Feier“, mahnte Sam ihn und in diesem Moment hörten sie ein Klopfen an der Tür. Jack machte sich auf dem Weg um zu öffnen, während Sam ihr kleines Baby Ilayda in die Wiege legte. „Schlaf gut, mein kleiner Schatz.“
„Sylenna!“, hörte Sam ihn rufen, „Schön, dass du da bist.“
„Ah, ich sag dir, mein Bauch bringt mich um. Außerdem war es eine blöde Idee, dass wir unser nächstes Kind gemeinsam bekommen. Sam hatte es mal wieder eiliger“, beschwerte sich Sylenna und schien noch lange nicht fertig zu sein, „Ich verstehe diesen Brauch nicht, sich mit Süßigkeiten voll zu stopfen und dabei etwas zu trinken, was ihr Kaffee nennt. Gestern ist mir von dem Zeug richtig schlecht geworden...“
Ratlos umarmte sie ihre Freundin Sam und betrachtete anschließend das neue Familienmitglied.
„Meine Güte, die Kleine sieht dir aber ähnlich. Ich bewundere dich.“
„Warum? Du hast doch auch bald zwei Kinder.“
„Ja, aber ich hab die nicht innerhalb von 353 Tagen bekommen“, Sylenna richtete sich auf und rieb sich den Rücken, „Razar kommt etwas später. Er sagt, im Hangar hat es einen Zwischenfall gegeben.“
„Hoffentlich nichts ernstes“, meinte Jack und reichte Sam ein Tuch.
„Wollen wir nicht noch auf Razar warten?“, fragte Sam ihn. Mit zwei Haarnadeln steckte die den rosafarbenen Schleier in ihrem langen blonden Haar fest.
„Wer weiß, wann er sich hier endlich einfindet.“
Wieder klopfte es an der Tür. Sylenna war schon dort um zu öffnen. „Hallo Rhia“, sagte sie, „Schön siehst du aus.“
„Halt die Klappe, Sylenna. Es ist deine Schuld, das ich diesen Mann heiraten muss...“
„Nein, als Vater starb hat er mir aufgetragen, einen Mann für dich zu suchen. Ich habe mein Möglichstes getan“, verteidigte sie sich. Aber ihre kleine Schwester hörte ihr gar nicht mehr zu. Lieber warf sie einen Blick zu Ilayda ins Babybettchen und erzählte, dass sie in Razars Hangar einen Mann getroffen hatte, der sie viel mehr interessierte.
„Nun lasst uns gehen“, sagte Jack und nahm Sams Arm, „Sonst ist vom Essen bald nichts mehr da.“
Wie sie feststellten, hatte man das Festtagsbüfette schon eröffnet, ihr Kuchen kam also gerade rechtzeitig. Einige der Menschen waren schon damit beschäftigt zu tanzen.
„Es ist Zeit“, Sylenna trat vor ihre jüngere Schwester und zog ihr den roten Schleier tief ins Gesicht. Dann gingen sie alle nebeneinander die Treppe von Jacks und Sams Haus hinunter. Mit Rhia setzten sie sich auf ein Podest, die Familie des Bräutigams saß ebenfalls auf einem Podest, jedoch weit von ihrem entfernt.
Sylenna atmete auf, als sie Razar den Hof betreten sah. Er hatte es rechtzeitig geschafft, nach Hause zu kommen. Mit der Familie von Rhias Zukünftigen musste noch eine Mitgift ausgehandelt werden. Sie winkte ihrem Mann und Razar kam sofort auf sie zu.
„Du kommst spät, mein Lieber.“
„Entschuldige, wir haben Besuch von einem Planeten namens Erde.“ Ihr Mann ließ sich neben der mit Schleiern verhüllten Rhia nieder. Sylenna erinnerte sich: So hieß auch der Planet, von dem Jack und Sam dachten, dass sie ihn nie wieder sehen würden. Aus den Augenwinkeln warf sie einen Blick zu ihnen und sah, wie sie glücklich mit ihrer Tochter Elyse spielten.
„Ich möchte dir unseren Besuch vorstellen“, sagte Razar und drei weitere Menschen kamen auf sie zu. Der eine trug eine Brille der andere hatte ein goldenes Abzeichen auf dem Kopf, welches Sylenna noch nie gesehen hatte. Der dritte Mann war schon etwas älter.
„Das sind Daniel, Teal´C und Jacob von der Erde.“
Sylenna versuchte, etwas zu sagen. Stattdessen wanderte ihr Blick erneut zu ihren Freunden, die weiterhin mit Elyse spielten und die Neuankömmlinge noch gar nicht bemerkt hatten.
„Meine Güte“, rief Rhia plötzlich laut und sprang auf, „Sie hier, das hätte ich mir nie träumen lassen. Das muss Schicksal sein!“
Rhias Temperamentsausbruch hatte nun auch die Aufmerksamkeit von Jack und Sam auf sich gezogen. Sie erstarrten beide in ihrer Bewegung, als sie Daniel, Teal´C und Jacob vor dem Podest stehen sahen.
„Sam?“, Jacob hatte seine Tochter unter dem rosafarbenen Schleier fast nicht erkannt.
„Ja, Dad. Ich bins.“ Da fing Elyse auf ihrem Arm an, zu weinen. „Entschuldigung“, murmelte sie und stand auf.
„Können wir einen Moment ungestört reden?“, fragte Daniel und sah zu Razar.
„Folgt mir einfach“, Jack ging zu seinem Haus voraus. Sam lief einige Meter vor ihnen. Sie ging schneller um mit Elyse das Haus zu erreichen, damit sie sie schlafen legen konnte. Neugierig beobachtete das kleine Mädchen den Besuch über der Schulter ihrer Mom hinweg. Die Kleine hatte blondes Haar und blaue Augen. Genau wie ihre Mutter, überlegte Jacob.
Als sie die Haustür hinter sich geschlossen hatten, herrschte Stille. Sie musterten sich gegenseitig und Elyse strampelte so wild auf den Armen ihrer Mutter, dass Sam sie absetzte.
„Ist das kleine Kind wirklich deines?“, fragte Jacob auf einmal und Jack und Sam nickten gleichzeitig.
„Ich hab gefürchtet, dass es so kommt.“
„Dad...“, Sam versuchte zu sprechen, aber da fing Ilayda in der Wiege fing an zu weinen. Sie nahm das kleine Mädchen aus ihrem Bettchen und wog es auf ihrem Arm hin und her.
„Ihr habt also ein Baby“, stellte Daniel fest.
„Wie du siehst, nicht nur eines“, korrigierte Jack ihn sogleich und überlegte fieberhaft, ob er sich bei ihnen bedanken oder ob er sie auf den Mond schießen sollte, weil sie sie gefunden hatten.
„Wollt... Wollt ihr hier bleiben?“, fragte Daniel und kratzte sich am Kopf. Er würde es ihnen zumindest nicht übel nehmen, wenn sie es vorhatten. Sie hatten sich schon vor so langer Zeit damit abgefunden, dass sie niemand retten würde und hatten eine Familie gegründet.
Erschöpft zog sich Sam den Schleier vom Kopf und atmete tief durch. Wie sollte sie ihnen nur sagen, dass sie nicht wollte? Dass ihre Anstrengungen umsonst gewesen waren? Jack fing ihren Blick auf. In den vergangen Jahren hatte er gelernt, darin zu lesen. Er wusste, was sie dachte.
„Es tut mir Leid“, begann er und verschränkte die Arme, „Wir können hier nicht weg. Das geht nicht.“
„Warum nicht?“, fragte Daniel erhitzt.
„Die würden uns vors Militärgericht stellen... und die Kinder würden sie ohne zu zögern in Pflegefamilien geben. Glaubst du, ich will das?“
„Entschuldige, aber diese Regel ist vor einem Jahr...“
Eine Person im roten Schleier und goldenem Kleid platzte in den Raum. Es war Sylenna. „Verzeiht. Das Diviya Hyl beginnt.“ Sie ging hinaus und Sam befestigte nur noch eilig ihren Schleier. Dann gab sie Jack Elyse auf den Arm und nahm selbst Ilayda. Draußen nahm die Familie um einem Lagerfeuer platz.
„Was bedeutet diese Zeremonie?“, fragte Jacob. Er, Daniel und Teal´C standen etwas abseits und hörten zu, wie die Frauen der Familien etwas in einer fremden Sprache sangen.
„Ich gehe davon aus, dass es eine Hochzeit ist.“
Sylenna legte ihrer kleinen Schwester eine Hand auf die Schulter. „So ist es besser, Rhia. Glaub mir.“
Rhia nickte.
Jack schaute ein wenig besorgt durch die Runde, als die Familien Salbei verbrannten.
„Was hast du?“, fragte Sam und schubste ihn leicht an.
„Denkst du, wir tun das Richtige?“
„Mein Entschluss steht fest... Und deiner?“
„Ja, meiner auch.“
An diesem Abend wurde noch viel gefeiert und getanzt. Ein neuer Bund fürs Leben war geschlossen, was mit ihrem passieren würde, müsste sich erst noch zeigen.
Sie hassten Abschiede. Vermutlich war das der Grund, warum sie sich schon am frühen Morgen von Teal´C verabschiedet hatten. Razar war anschließend mit ihm nach Mina geflogen um sein Raumschiff abzuholen.
Jetzt wartete er nur noch darauf, dass Daniel und Jacob „Auf Wiedersehen“ sagten.
„Seit ihr sicher, dass ihr nicht noch bleiben wollt? Elyse hat morgen Geburtstag.“
„Wir können uns hier nicht länger aufhalten. Unser Schiff zeichnet auf, wie lange wir hier waren. Ein zu langer Aufenthalt könnte die Leute auf der Erde misstrauisch machen.“
„Ja, das verstehe ich natürlich. Machs gut, Dad“, Sam umarmte ihren Vater.
„Du auch, Kleine. Denk dran, wenn du nach Hause möchtest, ist das kein Problem mehr. Es gibt jetzt Technologien mit denen man eine ganze Galaxie innerhalb von Stunden durchqueren kann.
„Danke, Dad, aber ich hab mich entschieden“, sie schaute zu Jack, der im Moment versuchte, sein Baby zu beruhigen.
„Die beiden sehen euch wirklich sehr ähnlich“, stellte Jacob fest.
„Was werdet ihr General Hammond sagen?“
„George ist im Ruhestand, aber er wird sich freuen, von euch zu hören.“
„Wer hat jetzt die Leitung über das Stargate Center?“
„Einer davon steht vor dir... Und jetzt schau nicht so, als hättest du einen Geist gesehen. Lass mich noch ein Wort mit deinem Mann reden.“ Sam nickte, Jacob ging auf Jack zu.
„Jack“, fing Jacob an aber dieser hob die Hände.
„Ich weiß, was du sagen willst. Du hättest dir für Sam jemanden gewünscht, der mit ihr mithalten kann. Sicher, ich hab nicht so viel Grips wie sie, aber ich liebe diese Frau und ich bereue nichts von den letzten beiden Jahren.“
„Warum sagst du das mir? Sag das doch ihr“, Mit dem Kopf deutete Jacob in die Richtung seiner Tochter, „Kümmere dich gut um sie, hörst du? Und es wäre mir ganz Recht“, Jacob zog eine kleine metallische Platte aus seiner Tasche, „Wenn ihr euch in nächster Zeit bei mir meldet... Nur hin und wieder... Wenn die Kinder Geburtstag haben, zum Beispiel.“ Er überreichte Jack die Platte.
„Ist das von den Asgard?“, fragte er erstaunt.
„Ja, auch auf der Erde hat sich einiges getan“, grinste Daniel.
„War schön, dich wiederzusehen“, erklärte Jack seinem alten Freund.
„Fand ich auch... Und jetzt geh, sie wartet auf dich.“
Jack hob zum Gruß die Hand und ging zu seiner Frau zurück. Sam winkte, als das kleine Raumschiff vom Boden abhob. „Hat er dir erzählt, dass es auf der Erde jetzt Asgard Technologie gibt?“, wollte Jack von ihr wissen.
„Er hat es angedeutet“, Sam tröstete Ilayda, die leicht quengelte, „ Aber ich würde gerne wissen, wie es die Menschen auf der Erde erfahren haben. Wie reagieren sie darauf? Gibt es auch Asgard auf der Erde...?“
„Sollen wir Jacob aufhalten. Vielleicht dreht er um und nimmt uns doch noch mit.“
„Ach, ich weiß nicht... Meinst du wirklich...?“
-
So, es geht weiter....
*************+
Titel: Twentyeight months- Rückkehr zur Erde
Autor: DancingStar
Genre: Mystery, Romance
Pairing: S/J
Anmerkungen: Die Fortsetzung zu “Two Years”, wieder mit Rani Mukherjee als meine Wunsch- Sylenna.
Inhalt: Der Titel sagt eigentlich alles…
Samantha O´Neill warf einen entnervten Blick auf das Blatt Papier vor sich und kritzelte mit einem Stift darauf herum. Im Augenblick saß sie in einer Schule, aber sie konnte sich nicht daran erinnern, was sie eigentlich hier wollte.
Die Tür des vom Sonnenlicht überfluteten Klassenzimmers ging auf und ihre Freundin Sylenna stürmte herein.
„Sylenna, du? Hier?“
„Da staunst du, was?“ Sylenna grinste und breitete die Arme aus und da wurden beide von einem pfeifenden Geräusch aufgeschreckt. Sie liefen zum Fenster und schauten hinaus. Das Pfeifen war inzwischen verschwunden, doch stattdessen schrillte ein penetrantes Piepen durch die plötzliche Nacht. Sie analysierten den Parkplatz von Speed Cruisern vor der Schule und entdeckten schon bald die Quelle des schrillen Piepens: ein violetter Speed Cruiser war komplett zertrümmert worden. „Das war meiner!“, hörten sie eine verzweifelte Stimme sagen. Sie gehörte zu einem Mann, der aus der Schule eilte. Nach und nach fanden sich immer mehr Menschen ein um den Blechhaufen zu betrachten, der vor sich hindampfte.
„Was war das denn?“, fragte Sylenna ernst. Sam zog die Schultern hoch.
„Sieht aus, wie ein Asteroid. So etwas soll ja immer wieder einmal vorkommen.“
„Was wolltest du eigentlich hier?“
„Keine Ahnung... Wollen wir nach Hause gehen?“
Sylenna nickte und so machten sie sich querfeldein auf den Weg. Sylenna drehte sich herum um rückwärts zu gehen. „Ich habe noch nie erlebt, dass ein Stein aus dem Weltall...“, weiter kam sie nicht, denn da stolperte sie über einen knöchelhohen Gegenstand, der im Gras der Wiese verborgen war. Verwirrt richtete sie sich auf und stellte fest, dass es sich um etwas Metallisches handelte, das an den Seiten mit gelben, blinkenden Lichtern verziert war.
„Was ist das?“, fragte Sylenna.
„Sieht aus, wie ein Koffer.“
„Ja, aber was ist da drin?“ Wie auf Kommando öffnete sich der Koffer und enthüllte eine in Flüssigkeit eingebettete Kreatur, die sogleich die Augen aufschlug. Sie richtete sich auf und starrte die Frauen mit weit aufgerissenem Maul an. Viele spitze Zähne blitzten darin.
„Lauf“, war das einzige, was Sam durch den Kopf schoss und so rannten sie und Sylenna um ihr Leben. Die Umgebung um sie herum wurde immer schwärzer, der Weg um den Sportplatz herum verfinsterte sich. Die Schule hinter ihnen war verschwunden und sie erreichten schließlich eine in rotes Licht getauchte Bahnlinie. So, als ob man ihnen Gewichte an die Füße gebunden hätte, verlangsamten sich ihre Schritte. Sam kroch schon fast über die Gleise und als sie nach links blickte, sah sie in weiter Entfernung einen Zug auf sich zukommen. „Beeil dich“, rief sie und hievte sich über eine nicht allzu hohe Hecke. Sylenna tat es ihr gleich. Sie brauchten scheinbar Ewigkeiten, um das Gestrüpp zu überwinden. Unsanft landeten sie auf der anderen Seite. Da war noch ein Gleis, über das sie hinweg mussten. Ihr Fortkommen fühlte sich noch immer schwer an und dieses Mal erspähte Sylenna den Zug, der von rechts auf sie zukam.
Mit einem letzten kräftigen Schubs schieß Sam sich ab und rollte über das Gleis. Im nächsten Moment preschte der Zug an ihr vorbei. Dem Rauschen des Zuges folgte Totenstille. „Sylenna?“, fragte Sam und hielt Ausschau nach ihrer Freundin. Nirgends war sie zu sehen. Der Zug hatte sie weggeschleudert.
Dann hörte sie von der anderen Seite der Hecke wieder ein Kreischen.
Ein erstickter Schrei entrann ihrer Kehle, als ein grünhäutiges Alien mit gelben Tentakeln am Kopf sich auf sie stürzte...
Panisch fuhr Sam herum und stellte fest, dass sie sich nicht auf der Bahnlinie befand, sondern in ihrem Bett. Kerzengerade saß sie da, hielt die Decke fest in ihren Händen und fühlte, wie der Wind ihre schweißgebadete Haut frösteln ließ.
Kurz schloss sie die Augen. „Nur ein Traum“, versuchte sie sich zu beruhigen. Dass der exakt gleiche Traum sie schon seit Wochen plagte, wollte sie ignorieren. Jedes Mal, wenn sie einschlief, fürchtete sie sich davor, wieder in diese Traumwelt zurückzukehren.
Sie warf die Decke zurück und ging barfuss auf den kleinen Balkon hinaus. Der Mond schien kräftig auf sie herab und hüllte ihren Garten in helles Licht. Tief atmete sie durch und schrie leise auf, als sich plötzlich zwei Arme um sie schlangen und sie fest gegen einen warmen Körper drücken.
„Schon wieder der Traum?“, fragte Jack müde und legte den Kopf auf ihre Schulter.
Wortlos nickte sie und legte ihre Hände auf seine.
„Könnte ich dich nur davon befreien.“
„Ich hab so Angst, Jack. Sie sehen so furchtbar aus.“
Nicht nur in ihrem Kopf tauchte das Bild der Außerirdischen auf. Sie hatte Jack ihr Aussehen beschrieben, doch er konnte sich keinen Reim daraus machen. So einer Art waren sie noch nie zuvor begegnet.
„Hast du heute etwas neues erfahren?“ Jack kannte ihren Traum bis ins Detail. Seit sie nachts einmal tränenüberströmt aufgewacht war, kannte er jede Einzelheit und er wusste auch, dass sich jede Nacht ein neues Teil des rätselhaften Puzzles ergänzte.
„Ich...“, sie schüttelte mit dem Kopf, „Ich hab Sylenna in dem Traum gesehen. Dieses Mal versuchen wir zu flüchten. Wir müssen über Schienen gehen. Zwei sind es, denke ich. Zwischen ihnen wächst eine Hecke. Sie waren nicht besonders hoch, aber ich habe mir schwer getan, sie zu überwinden.“
„Fällt dir sonst noch etwas auf?“ Seine Stimme war sehr leise und die sanften Wiegebewegungen beruhigten Sam.
„Über der Schiene sind Stromleitungen, fast wie bei den Zügen auf der Erde und... in der Nähe der Schienen gibt es einen Sportplatz.“
„Ein Sportplatz? Bist du sicher?“, jetzt hatte er aufgehört, sie hin und her zu wiegen. Wieder nickte sie. „Ich hätte eine Idee, wo das sein könnte“, fügte er hinzu.
„Wirklich? Wo?“, sie drehte sich halb zu ihm herum, hielt noch immer seine Hand, aber er zuckte nur mit den Schultern.
„Ich zeigs dir morgen. Komm wieder ins Bett, es ist mitten in der Nacht.“ Er ging voraus und seine Frau folgte ihm brav. Sie krochen zusammen unter die Decke, wo er die Arme um sie schlang. So, als wolle er sie von dem Alptraum beschützen. „Versuch dich ein wenig auszuruhen“, murmelte er und schlief schon wieder fast. Sam lächelte und schüttelte den Kopf.
Und nach zehn Minuten war auch sie wieder im Land der Träume verschwunden...
Wie Sam jedoch erwartet hatte, schlief sie nicht bis zum morgen. Sogar ihre kleine Tochter Ilayda schlief mehr als sie. Mit einem Seitenblick auf ihre Uhr stellte sie fest, dass es fast vier Uhr war. Bald würden über Rel die Sonnen aufgehen.
Erneut barfuss ging sie dieses Mal die Treppen hinunter und auf die Veranda hinaus. Ein kräftiger Wind wirbelte ihre Haare durcheinander und als sie versuchte, sie zu bändigen, fiel ihr Blick auf die Veranda des Haupthauses der Farm. Dort brannte Licht.
Sam ging ins Haus zurück, um sich ein paar Schuhe zu holen und marschierte danach zum Haupthaus hinüber. Sylenna saß auf einer Bank und starrte in die Dämmerung hinaus.
„Guten Morgen“, wünschte Sam ihr und ihre Freundin rollte mit den Augen, „Du bist heute mit dem Aufstehen aber früh dran.“
„Ich sitze bestimmt nicht freiwillig hier“, Sylenna wirkte ernst und schaute Sam finster an. Diese kannte Sylenna nur als Frohnatur, so verstimmt hatte sie sie noch nie gesehen. Auch wirkte ihr sonst so sonnengebräuntes Gesicht nun krank und bleich.
„Du bist ein Morgenmuffel“, stellte Sam fest und nahm neben ihr Platz. Das war ein urkomisches Bild, fand sie. Da saßen zwei schlecht gelaunte Damen in ihren Morgenmänteln und beschwerten sich darüber, dass sie nicht schlafen konnten.
„Ich bin kein Morgenmuffel“, zischte Sylenna.
„Schieb es nicht auf die Hormone, das zählt nicht. Alkan ist jetzt schon ein halbes Jahr alt.“
„Ich schiebe es auch nicht auf die Hormone! Ich habe nur diesen dämlichen Traum satt. Razar sagt, ich soll zum Arzt gehen aber ich weiß, dass ich gesund bin.“
„Welchen Traum?“, fragte Sam leicht verwirrt.
„Ich kriege nachts kein Auge mehr zu, weil ich... Na ja, nicht so wichtig.“
„Es ist nicht wichtig?! Sylenna, ich träume seit Wochen, dass Rel von schleimigen Aliens angegriffen wird.“
Wie vom Blitz getroffen schaute Sylenna sie an. „Was?!“
„Es ist eine Invasion. Erst regnen Meteore auf Rel herab, dann folgen kleine Raumschiffe mit seltsamen Verziehrungen.“
„Diese Raumschiffe“, Sylenna schluckte, „Haben die an den Seiten gelbe Lichter?“
„Ja.“
„Oh Gott...“ Sie erzählten sich gegenseitig von ihren Träumen und stellten mit großem Entsetzten fest, dass es haargenau der Gleiche war. Danach begaben sich beide in ihre Häuser zurück. An Schlaf war jetzt für sie erst recht nicht zu denken.
„Der Traum von Sylenna gleicht meinem bis ins Detail“, erzählte Sam am nächsten Tag. Wie versprochen war Jack mit ihr zu der Bahnlinie aufgebrochen, die sie ihm am Morgen beschrieben hatte.
Sie ließen ihre Pferde einen steinernen Abhang hinaufgehen. Oben angekommen hatten sie freie Sicht auf eine Ebene, die von einem Fluss geteilt wurde. Das war ein Teil der Rute, die beim West Trek zurückzulegen war. Jack rückte seine Sonnebrille ein wenig zurecht. Heute machte er wieder auf „Mr. Cool“, wie alle auf der Ranch immer sagten, wenn er mit seiner Sonnenbrille ankam.
„Wie weit ist es noch?“, fragte sie.
Jack ritt schon voraus. „Dauert etwa noch eine Stunde.“
So lange waren sie tatsächlich unterwegs. Sie erreichten die Bahnlinie am späten Nachmittag.
„Bist du sicher, dass es diese ist?“, fragte er zweifelnd. Er streckte auf dem Pferd die Beine nach vorne. Sam fand, dass das ziemlich ulkig aussah. Fast, als würde er sich beim Tauziehen, gegen das Gewicht seines Gegners stemmen.
„Stell dir vor, es ist Nacht“, meinte sie und ließ ihr Reittier über eine Schiene gehen. Der Schimmel senkte den Kopf um zu erkunden, worüber er hier eigentlich gehen musste.
„Und stell dir vor, rotes Licht liegt über der Schiene“, machte sie weiter. Jack blickte nach oben.
„Wo soll das rote Licht bitte sehr herkommen?“
„Weiß nicht... Ist diese Bahnlinie noch in Betrieb? Im Traum fahren noch Züge darüber.“
„Manchmal fahren Transporttreks die Rinder mit dieser Schiene in den Norden.“
Sie bedankte sich für diese Information und ließ das Pferd auf der anderen Seite eine kleine Steigung hinuntergehen. Als Jack das bemerkte, folgte er ihr neugierig.
„Ganz schön unheimlich, was?“, fragte er, während sie nebeneinander herritten, „Dort drüben ist der Sportplatz, den du beschrieben hast.“
„Das ist mir wirklich nicht geheuer.... Und dort hinten ist die Schule, in der Sylenna und ich waren.“
Sie erkundeten den Sportplatz, die Schule und Sam stellte mit großem Entsetzen fest, dass vor dem Gebäude tatsächlich ein violetter Speed Cruiser stand aus dem ein Mann ausstieg. Ihr wurde leicht schwindelig.
„Wüsste ich nur, was dieser Traum zu bedeuten hat“, murmelte sie. Natürlich wusste sie, dass Träume eigentlich nur dazu da waren, damit das Gehirn den Tagesablauf verarbeiten kann. Aber Sam war noch nie bei dieser Schule und diesem Sportplatz gewesen. Und auch den Mann mit dem Speed Cruiser sah sie zum ersten Mal.
„Wieso habe ich nur die dunkle Vorahnung, dass wir das gar nicht wissen wollen?“, fragte Jack irgendwann auf dem Rückweg.
Am Abend war der ganze Himmel in einen seltsamen Mix aus roten und violetten Farben getaucht.
Sylenna erwartete sie bereits voller Ungeduld. Sie stand mit vor dem Bauch verschränkten Armen im Ranchtor und schaute sie besorgt an. Ihre Haare schwebten fast im Wind. „Wart ihr erfolgreich?“, fragte sie und hoffte sie würden verneinen, aber das taten sie nicht.
„Leider, ja“, sagte Jack, „Wo ist Razar?“
„Er ist zum Hangar gerufen worden. Sie sagten, sie hätten einen großen Metallring mit unbekannten Symbolen gefunden.“ Sylenna klang uninteressiert und ging davon. Jack folgte ihr ein wenig.
„Sie haben ein Stargate gefunden? Wo?“
„Oben in den Bergen. Es sei bei einer Sprengung aufgetaucht.“
„Weißt du, wo genau?“
„Nein, leider nicht... Sam kommst du, ich fürchte, heute Nacht zieht ein Sturm auf und ich brauche deine Hilfe.“ Ohne sich umzusehen, ging Sylenna in ihren Garten. Mit einem Schulterzucken musste Sam ihr Pferd ihrem Mann überlassen.
„Hallo, Kleines!“, rief Sam und winkte Elyse, die mit Mirella auf einer Schaukel saß. Dann half sie Sylenna, ihre Bettlacken von der Wäscheleine zu nehmen. Die Tücher flatterten wild im Wind.
„Ich schwöre dir, ich werde paranoid. Irgendwann werde ich...“, schimpfte Sam vor sich hin und warf ein Lacken in den Korb. Sie verstummte, als sie das empörte Gesicht ihrer Freundin sah. „Was ist?“
„Diese Wolke dort... Sie bewegt sich in Richtung Osten. Der Wind weht aber nach Westen.“
Mit Falten auf der Stirn drehte Sam sich um. Sylenna hatte Recht. Diese enorme Wolke bewegte sich in die falsche Richtung.
„Was hat das zu bedeuten?“
„Weiß ich nicht“, gab Sam zu, „Vielleicht...“
„ICH BIN ZUHAUSE!“, unterbrach eine Stimme sie. Es war Razar, der aus dem Hangar zurückgekehrt war. Jack wollte sofort alles über das gefundene Stargate wissen und Razar ließ es sich nicht nehmen, ihm beim Abendessen darüber zu erzählen.
Das weiße Pferde bewegte sich zügig vorwärts. „Komm schon, es ist spät“, sagte Jack neben ihr. Im Augenblick ritten sie an einer kleinen Kapelle vorbei. Sie hatten einen Ausflug gemacht.
„Wer soll denn merken, dass wir weg sind?“, lächelte sie ihn heiter an und schaute zu ihm. Das Lächeln aus ihrem Gesicht verschwand, als sie am Nachthimmel etwas Großes fliegen sah. Und dieses Etwas kam immer schneller auf sie zu. „Lasst sie laufen!“, brüllte Sylenna rechts neben ihr und gab ihrem Pferd die Sporen. Sam tat es ihr gleich und nach kurzer Zeit erreichten sie einen meterhohen Drahtzaun, der wie aus dem Nichts erschienen war. Sie zweifelten, ob sie es schaffen würden, den Zaun mit ihren Pferden zu überwinden. Doch die Tiere sprangen gehorsam darüber. Es folgte ein zweiter Zaun- und Sam stellte fest, dass Jack und Razar nicht mehr bei ihnen waren.
Stattdessen registrierte sie zwei kratzende Geräusche hinter ihnen, die definitiv von den Gestalten kamen, die nun ebenfalls versuchten, den ersten Zaun zu überwinden. Verärgert rissen sie ihre Mäuler auf und warfen sich gegen den Draht, als sie feststellten, dass es ihnen Schwierigkeiten bereitete.
„Das Haus!“, schrie Sylenna. Vor ihnen tauchte Jacks Haus auf. Der Rest der Ranch war in Dunkelheit gehüllt. Sie sprangen von ihren Pferden und ließen sie gehen. Dann flohen sie ins Haus.
„Sind wir hier sicher?“, fragte Sylenna und riss den Kopf herum, als sie wieder ein fremdes Geräusch hörte.
„Jack!“, Sam schlang schwer atmend und erleichtert die Arme um seinen Hals, „Alles okay?“
Von draußen drang erneut dieses Kratzen zu ihnen herein. Dieses Mal schien es mehrere Ursachen dafür zu geben. Die Glastür zersplitterte in tausend Einzelteile...
„NEIN!“, Sam schloss die Augen um sich zu versichern, dass sie wirklich aufgewacht war. Sie hockte in ihrem Bett und hatte Jack mit sich gerissen. Besorgt hielt er sie im Arm.
„Sam... Bist du in Ordnung?“, er streichelte ihr sanft durchs Haar und fühlte, wie sie zitterte.
„Nein. Du warst da und... Der Traum wird jede Nacht schlimmer, Jack.“ Sie schluckte. Lange würde sie das nicht mehr durchhalten können.
Er hielt sie noch eine Weile so im Arm. Dann lehnte er sich mit ihr zurück und küsste und streichelte sie so lange, bis sie fast eingeschlafen war. Das Schreien eines kleinen Kindes holte sie jedoch aus der Grenzwelt zwischen Realität und Traum zurück. Sie fühlte sich, als ob sie in ein Loch fiel.
„Ilayda schreit“, stellte sie fest und schlug seufzend die Decke zurück. „Ich mach uns einen Tee“, murmelte Jack und musste Elyse aus ihrem Bett holen, die nun ebenfalls hellwach war.
Ilayda schrie ohne Ende und ihre Mutter konnte nicht feststellen, warum. Sie konnte keinen Hunger haben und ihre Windel war auch nicht voll. Also musste es wohl etwas anderes sein.
So nahm Sam ihr Kind auf den Arm und beschloss, etwas bei ihrer Tochter zu bleiben. Sie tippte auf den Lichtschalter und erwartete, dass es hell wurde, aber nichts geschah.
„Jack, das Licht funktioniert nicht mehr!“, rief sie ihm zu.
„Ich nehm mir den Sicherungskasten gleich vor!“ Er war dabei, heißes Wasser in zwei Tassen zu gießen.
Gemeinsam mit Ilayda ging sie die Treppe hinunter. Etwa nach der Hälfte registrierte sie ein leises Kratzen, welches definitiv von draußen kam. Sie lauschte. Ihr Puls schlug ihr bis zum Hals.
Da war es schon wieder! Das verdammte Geräusch ließ ihr einen Schauer über den Rücken jagen. Ihre Knie zitterten und Ilayda auf ihrem Arm zappelte unruhig umher.
„Jack“, krächzte sie hervor. Sie ahnte, was hier vor sich ging.
„Jack, wir müssen hier raus!“, mit letzter Kraft sprintete sie die Treppe hinunter, „Schapp dir Elyse und komm mit!“
Erleichtert atmete sie auf, als Jack ihr mit Elyse tatsächlich folgte. Eilig gingen sie zum Haupthaus hinüber und klopften. Sam verschwendete keinen einzigen Blick an ihrem Haus.
„Was ist denn?“, fragte Razar verwirrt, als er zu so später Stunde seinen Besuch sah.
„Ist hier...“, setzte Sam an, aber Jack sprach den Satz schnell zuende: „...Irgendwo ein Sicherungskasten?“
„Der befindet sich in unserem Keller, kommt mit“, Razar trat zur Seite, damit sie hereinkommen konnten. Auch Sylenna war verwundert über den späten Besuch und schaute irritiert, als alle zusammen in den Keller gingen.
Alkan fing an zu weinen und zappelte unruhig auf dem Arm seiner Mutter. Jetzt flackerte auch das Licht in ihrem Haus. Nervös warf Sylenna einen Blick nach oben. Die Glühbirne war nicht durchgebrannt. „Mirella!“, sie rief nach ihrer Tochter und in diesem Augenblick kam ein fünfjähriges Mädchen auf sie zugerannt. Sylenna nahm das Kind an die Hand und beschloss, den anderen in den Keller zu folgen. Die waren inzwischen am Sicherungskasten angekommen und Razars Kopf zuckte ratlos zurück, als er ihn öffnete.
„Was ist?“, fragte Jack. Razar leuchtete wieder mit der Lampe hinein.
„Seltsam. Die Sicherungen sind alle in Ordnung. Bist du sicher, dass du nicht nur die Glühbirnen wechseln musst?“
„Im ganzen Haus?!“
Sam lauschte. Schon wieder dieses Kratzen.
„Razar, hör doch!“, unterbrach Sylenna von der Treppe aus die Streiterei der Männer. Plötzlich wurde es still, zumindest im inneren des Hauses. Von draußen jedoch drang ein leises Schaben zu ihnen herein. „Was zum Teufel ist das?“, mit einem fragenden Blick sah Jack erst zu Sam, dann zu Razar. Der schaute zu der Glastür, von der aus man in den Gemüsegarten seiner Familie gehen konnte. Das schabende Geräusch bewegte sich jetzt zu dieser Tür hin.
Razar machte einen Schritt darauf zu. Mit Mirella an der Hand und Alkan auf dem Arm, floh Sylenna regelrecht zu Sam. Razar hatte die Tür fast erreicht, da schrak er zurück: Draußen rannten zwei große Gestalten auf vier Beinen vorbei. Sie versteckten sich in einem Gebüsch.
Schweigen entstand. Unsicher sah Razar zu Jack und nickte mit dem Kopf.
Langsam streckte er seine rechte Hand nach dem Türgriff aus und hatte ihn schon fast erreicht, da warf sich von außen eine große Raubkatze wie aus dem Nichts mit zwei Pfoten auf die Tür.
Ein Schrei ging durch die Runde. „Was ist das?“, wollte Sylenna wissen und drückte ihren Sohn an sich.
„Das ist... Jack, ist das ein Tiger?“, fragte Sam erstaunt. Er nickte heftig: „Ich dachte, es gibt keine Tiger auf Rel!“
„Normalerweise gibt es hier keine Raubkatzen!“, stimmte Razar fasziniert zu. Er wollte näher auf die Tür zugehen und sich den Tiger mehr betrachten, als seine Tochter aus heiterem Himmel lauthals kreischte. Sam drehte den Kopf und entdeckte einen Spiegel gegenüber der Glastür hängen. Ihr Herz setzte einen Schlag aus: Das Wesen auf der anderen Seite der Tür war kein Tiger... sondern ein Außerirdischer.
„Lass uns...“, kreischte Sylenna, aber die Männer ließen sie nicht aussprechen.
„Einverstanden!“, reifen sie, stiegen eilig die Treppen hoch und Razar riss die Haustür auf. Sie sprinteten hinaus und sahen sich ratlos um. Der Himmel hatte sich verdunkelt, überall regneten Blitze herab und Sylennas gelber Speed Cruiser war von einem unbekannten Fluggkörper getroffen worden und war nur noch ein Trümmerhaufen.
„Wie in meinem Traum“, schoss es Sam und Sylenna durch den Kopf.
„Das Pferd!“, brüllte Jack und zeigte zu dem Rappen, der von seiner Herde umgeben war. Er kroch durch den Holzzaun und packte das Pferd am Zaumzeug. Razar tat es ihm gleich und so holten sie zusammen vier Pferde von der Weide.
„Was hast du vor?“, fragte Sam, die Ilayda fest im Arm hielt.
„Sie haben ein Stargate in den Bergen gefunden, richtig?“ Der heftige Wind entriss Jack die Worte förmlich. Ein Blitz zuckte über ihnen auf.
„Ich hoffe, du kannst dich noch ein deine alte Adresse erinnern... Gib mir das Baby!“
Sam überreichte ihrem Mann das schreiende Bündel und stieg dann auf den Rücken des Pferdes. Daraufhin wurde ihr Ilayda in den Arm gedrückt und sie beobachtete, wie Jack sich mit Elyse in den Sattel des schwarzen Pferdes setzte. „Razar, kennst du den Weg zum Stargate?“
„Natürlich!“ Razar ließ sein ebenfalls schwarzes Pferd vorausgehen. Als ein weitere Blitz über sie aufzuckte, brüllte Jack, der gemeinsam mit Elyse die Nachhut bildete, dass sie schneller gehen müssten. Sofort ließen sie ihre Pferde galoppieren. Immer wieder schlugen Blitze neben ihnen in den Boden ein. Sam, die vor Jack herritt, drehte sich oft besorgt nach ihm um.
„Wir müssen ins Gebirge!“, brüllte Razar. Sie waren bereits auf dem Weg zu einem Bergpass. Die Steigung nahm zu. „Gleich sind wir da!“, erklärte er. Ein lauter Knall hinter ihnen ließ sie aufschrecken. Sie drehten sich um und sahen, dass der Gebirgsfels über ihnen von einem so starken Blitz getroffen wurde, dass ihr einziger Rückweg versperrt war. An einigen Stellen Fels sah Jack Aliens mit gefletschten Zähnen wie Eidechsen kriechen. Sie wussten, was sie vorhatten.
Sam tastete in ihrer Tasche nach einem kleinen metallenen Gegenstand. Sie drückte ihn fest, als Jack ihnen befahl, so schnell wie möglich zum Stargate zu reiten.
Zur gleichen Zeit auf der Erde lag Daniel in seinem Quartier auf seiner Couch und las ein Buch. Der wollte eben die Seite umblättern, als eine Stimme durch die Lautsprecher dröhnte: „Stargateaktivierung von außen!“
Im Nu hatten sich sämtliche Sicherheitsleute und auch die kommandierenden Offiziere im Kontrollraum eingefunden. „Wer kann das sein? Aktuell haben wir keines unserer Teams draußen!“ erklärte Jacob und beobachtete, die Walter etwas eintippte.
„Ich habe keine Ahnung, Sir.“
„Dad!“, hörte Jacob plötzlich eine Stimme. Sie kam definitiv aus seiner Tasche. Dort bewahrte er das Kommunikationsgerät auf, welches er Jack vor sechs Monaten auf Rel gegeben hatte. Eilig holte er es aus seiner Tasche. „Sam? Sam, bist du das?“
„Dad, bitte öffnet das Stargate! Wir kommen gleich durch!“, ihre Stimme wurde von einem Kratzen begleitet.
„Öffnet die Iris“, sagte Jacob mit einem Kopfnicken.
Sie hatten jetzt freie Sicht auf den Ereignishorizont, doch niemand schien hindurch zu kommen.
„Sind Sie sicher, dass es Sam war?“, fragte Daniel mit einem Seitenblick zu Gate. Die anderen hatte also viel schneller registriert, dass ein Reiter auf einem schwarzen Pferd nun auf der Rampe stand. Dem Reiter folgte ein zweiter, dieses Mal auf einem braunen Pferd. Einige der Sicherheitsleute bezogen Kampfhaltung. Zuletzt kamen, fast gleichzeitig, zwei Personen auf je einem schwarzen und einem weisen Pferd durchs Tor. Die Tiere wirkten leicht unruhig, als sie mit einem kräftigen Ruck zum Stehen gebracht wurden. Ihre Hufen schepperten laut auf dem metallenen Untergrund, wurden aber vom dem Geräusch des dahinschwindenden Wurmlochs übertönt.
Stille. Die vier Menschen auf der Rampe starrten gebahnt in das Sicherheitspersonal.
„Das ist vielleicht eine Begrüßung!“, rief Jack ein wenig schlecht gelaunt und schaute zum Kontrollraum, „Jake, hat Sam dir nicht gesagt, dass wir durchkommen?“
Verwirrt griff Jacob nach dem Mikrofon. „Ich freue mich auch, euch zu sehen, Jack!... Wegtreten!“ Die Soldaten zogen sich nach und nach zurück, Jacob und Daniel machten sich auf den Weg in den Gateraum.
„Wie geht es dir?“, fragte Jacob seine Tochter und umarmte sie.
„Danke, Dad. Aber wenn es uns gut ginge, wären wir jetzt nicht hier.“
„Was?“
„Wir sind angegriffen worden“, erklärte Jack trocken, stieg mit Elyse vom Pferd und fasste nach den Zügeln.
„Von dem Goa´Uld?“ Daniel war fassungslos, „Ich dachte, Rel wäre so weit von allen Heimatplaneten...“
„Daniel“, unterbrach Jack ihn, „Das waren nicht die Goa´Uld. Um ehrlich zu sein hab ich keine Ahnung, wer die Typen sind.“
„Wir können später darüber reden“, unterbrach Janet ihr Gespräch, „Ich möchte erst unseren Besuch untersuchen.“
Eine halbe Stunde später fanden sich Jack, Sam, Sylenna und Razar mit ihren Kindern auf der Krankenstation ein. Nach ihrer Ankunft hatte Jacob sie zuerst in die Kantine geschickt um sich zu stärken, wie er sagte. „Das muss verwirrend für die sein. Immerhin dachten die alle, wir wären tot“, meinte Jack zu Sam, die sich darüber freute, endlich wieder blauen Wackelpudding essen zu können. Ihnen war nicht entgangen, dass sämtliche Offiziere sie merkwürdig anschauten.
Nun war Janet damit beschäftigt, Jack Blut abzunehmen. Daniel beobachtete sie skeptisch.
Die Ärztin zog eine halbvolle Spritze aus seinem Arm. „Warum grinsen Sie so, Colonel?“, wollte sie wissen.
„Auf Rel gibt’s sanftere Methoden zum Blutabnehmen. Nachdem Jacob mir erzählte, dass es auf der Erde Asgard Technik gibt, hatte ich eigentlich etwas ähnliches erwartet... Außerdem ist der Colonel seit achtundzwanzig Monaten tot, verstanden?“
„Sie haben nachgezählt?... Ihre Arbeit bedeutet Ihnen noch immer etwas.“
„Welche Arbeit, Doc?... Wie geht’s meiner Kleinen?“ Mit dem Kopf zeigte er in Ilaydas Richtung. Sie schlief seelenruhig neben ihm auf dem Bett. „Hoffentlich hat sie kein Schütteltrauma. Wir mussten die Pferde sehr schnell gehen lassen.“
„Anscheinend war sie gut gesichert“, sagte Janet, „Jedenfalls geht es Ihrer Tochter sehr gut. Ich hab noch nie erlebt, dass Tiere durchs Stargate gekommen sind. Wollen Sie die Pferde übrigens behalten?“
„Da haben wir noch gar nicht drüber nachgedacht.“
„Ist das denn wichtig?“, mischte sich Sylenna in ihr Gespräch ein.
„Normalerweise sind wir für Pferde nicht ausgerüstet. Aber Cassie hat mir erzählt, dass in Colorado Springs ein neuer Reitstall aufgemacht haben muss.“
„Cassie reitet?“, fragte Sam interessiert nach.
„Würde mich nicht wundern, wenn sie Sie in nächster Zeit darum bittet, auf den Pferden reiten zu dürfen. Sie ist verrückt danach.“ Janet wollte weitergehen um Sylenna Blut abzunehmen, doch die weigerte sich. „Ich bin gesund!“, hatte sie etwas gereizt gesagt.
„Das sind Standartuntersuchungen“, versuchte Janet ihr zu erklären.
„Vertrauen Sie meinem Urteil nicht?!“
„Sie ist selbst Ärztin“, erklärte Razar Janet.
„Gut... Bis sich Frau Doktor beruhig hat, kümmere ich mich um Major Car... äh, ich meine um Sam.“
„Müssen wir so lange hier herumsitzen?“, fragte Razar und schaute ihr nach. Janet schüttelte mit dem Kopf. „Ich werde Sie rufen, wenn Ihre Bluttests da sind.“
Gleichzeitig sprangen Jack und Razar auf. Sie nahmen ihre Babys hoch und ihre größeren Kinder an die Hand. Jack meinte, er müsste ihnen unbedingt etwas zeigen und so verließen sie recht begeistert den Raum.
„Hier sind Sie also“, stellte Janet nüchtern fest, „Ich wusste nicht, dass Sie putzmunter auf einem fremden Planeten leben.“
„Sind Sie meinem Dad deshalb böse?“
„Ich hätte nur gerne gewusst, dass Sie noch am Leben sind... Und? Wie lange sind Sie und der Colo.... Jack schon verheiratet?“
„Wie kommen Sie darauf, dass wir verheiratet sind?“
Janet hob Sams rechte Hand an. Der Ring, den Jack ihr damals geschenkt hatte, glänzte im Licht. „So etwas trägt man normalerweise nur, wenn man verheiratet ist. Also, wie lange schon?“
„Zwei Jahre und fünf Monate.“
„Sie hatten es aber eilig“, über die Gesichter der beiden huschte ein Grinsen, „Ihre Babys sind sehr süß.“
„Wenn sie morgens um sechs Uhr aufstehen wollen, sind sie nicht mehr niedlich, glauben Sie mir“
„Warum sind Sie nicht mit Jacob zurückgekommen?“
„Wir hatten Angst. Davor, dass sie uns unsere Kinder wegnehmen und wir vor dem Militärgericht landen.“
„Wenn ich etwas sagen darf“, Daniel hob mahnend den Finger, „Diese kleine Regel wurde abgeschafft. Vor mehr als zwei Jahren.“
„Warum habt ihr das nicht gesagt?“
„Was wollten wir ja.. bei Rhias Hochzeit. Aber dann ist deine Freundin hereingestürmt.“
Janet nickte. „Sam, Ich nehme Ihnen ein bisschen Blut ab. Reine Routine, das wissen Sie.“
Bevor die Ärztin noch etwas sagen konnte, kam Jack mit Elyse auf dem Arm auch schon wieder hereingestürmt. „Doc, ich hoffe, Sie sind bald fertig mit meiner Frau!“
„Das bin ich, Colonel.“
„Und Sie soll´n mich nicht immer Colonel nennen“, meinte er, setzte Elyse ab und stütze die Arme neben seiner Frau aufs Krankenbett. „Haben wir heute Abend schon etwas vor?“, wollte er von ihr wissen.
„Warum fragst du?“
„Ich dachte, wir könnten Razar und Sylenna ein bisschen in Colorado Springs herumführen. Die beiden haben uns damals auch herzlich aufgenommen. Wir sollten uns dafür revanchieren.“
„Woran hast du gedacht?“
„Wir gehen essen, im O´Malleys und machen danach einen Spaziergang.“
„Colonel, im Moment herrscht tiefster Winter da draußen“, unterbrach Janet sie.
„Das weiß ich! Dann gehen wir nur Essen... Kannst du dir vorstellen, dass die beiden keine Ahnung haben, was Schnee ist?“
„Dr. Jackson“, ein Major kam hereingestürmt, „Teal´C wird in wenigen Minuten zurückkehren. Colonel, Major, Sie werden im Besprechungsraum erwartet.“
Daniel stieß sich von der Wand ab um dem Major zu folgen.
„Wusste doch, dass jemand fehlt“, meinte Jack und stand ebenfalls auf. Er verabschiedete sich von Sam, die zum Briefingraum ging, er selbst machte sich mit Daniel auf den Weg in den Torraum. Das Stargate war bereits geöffnet und nun warteten alle darauf, dass Teal´C endlich von seiner Mission zurückkehren würde. Schließlich trat eine in einen Mantel verhüllte Gestalt durchs Stargate.
„Teal´C!“, rief Jack erfreut, als der Jaffa auf ihn zukam.
„O´Neill“, er verneigte den Kopf, “Schön dich zu sehen. Als Jacob mich informiert hat, habe ich mich sofort auf den Weg gemacht.“
„Wie geht’s deinem Sohn?“
„Er ist ein großer Krieger geworden. Wie ergeht es deiner Familie?“
„Oh, danke. Sam geht’s gut. Na ja, Elyse ist kaum zu bremsen und Ilayda... Ilayda schläft... und schläft.... Jacob will uns übrigens im Besprechungsraum sehen.“
Zusammen machten sie sich auf den Weg. Im Briefingraum war der Tisch gut besetzt: Sam hatte Sylenna und Razar eingeladen, am Gespräch teilzunehmen.
„Hey, Leute. Teal´C ist da... Du erinnerst dich noch an Sylenna und Razar?“
Teal´C verneigte den Kopf vor dem Ehepaar. „Natürlich, Razar Tikaram. Es freut mich, dich wiederzusehen. Das gleiche gilt für dich, Sylenna Tikaram.“
Sie nahmen platz. „Was sollen wir nun hier?“, fragte Sam. Sie trommelte mit den Fingern auf dem Tisch.
„Sie möchten sich nur mit euch unterhalten“, beruhigte Daniel sie, „Nur reden.“
„O´Neill, bist du froh, wieder hier zu sein?“, fragte Teal´C.
„Ich kann es kaum erwarten, mir die Simpsons im Fernsehen anzuschauen“, war seine Antwort.
„Was ist fernsehen?“, fragte Razar. Diese Frage traf Jack wie ein Blitz. Er hatte zwar festgestellt, dass es im Haus seines Freundes keine Flimmerkiste gab, aber er wollte nie nach dem Grund fragen. Und da auf der Ranch meist alle bis zum Abend mit den Rindern beschäftigt waren, hatte sich das Thema damit für ihn erledigt. Anfangs hatte er überlegt, ob er losziehen und sich ein Fernsehgerät besorgen sollte, aber dann war er nach dem West Trek zu erledigt, auf der Ranch gab es immer zu tun und dann war ja da auch noch ihr Baby, welches sie auf Trab hielt.
„Fernsehen bedeutet, dass... du in eine Plastikkiste schaust, die dir bewegliche Bilder und Töne übermittelt, die von einem Sendemast ausgestrahlt werden“, erklärte Daniel.
„Aber wie kommen denn die Bilder da rein?“, Razar hatte seine nächste Frage beendet, da kam Jacob Carter in Begleitung von zwei Männern und einer Frau herein. Daniel und Teal´C standen auf und der Rest nahm an, es ihnen gleich zu tun.
„Bleiben Sie sitzen“, sagte einer der Männer zu ihnen. Er stellte sich als Repräsentant der Erde beim Stargateprogramm vor. Langsam verstand Sam, dass das Programm jetzt wohl verschienenden Planeten unterstellt war. „Colonel O´Neill, schön Sie wiederzusehen“, erklärte die Repräsentantin der Tollaner.
„Ich freue mich auch“, er schwindelte ein wenig.
„Hatten Sie schon Gelegenheit, Ihre Stellvertreter kennen zu lernen?“
„Nein, wir... Wir wussten nicht, dass wir Stellvertreter hatten.“
„Ihr werdet die beiden mögen“, erklärte Daniel und schaute sie an, „Ich habe sie gebeten, auch herzukommen.“ Sam legte die Stirn in Falten. Da würden sie aber bald ein Platzprobelm bekommen.
Die Tür zum Besprechungsraum öffnete sich und ein großer Mann und eine dunkelhaarige Frau kamen herein. Beide trugen SG- Uniformen und die Frau hatte ihre langen Haare zu zwei Zöpfen zusammengebunden. Sie lächelte ein wenig verlegen.
„Darf ich Ihnen Colonel Cameron Mitchell vorstellen? Und das ist...“
„Vala!“, rief die Frau und schüttelte beiden energisch die Hände, „Einfach nur Vala. Ich habe schon so viel von Ihnen gehört und freue mich, Sie persönlich kennen zu lernen.“
„Wir sind auch sehr froh“, erklärte Jack und warf Sam einen entnervten Blick zu.
„Colonel O´Neill, was führt Sie zu uns?“
„Rel wurde angegriffen.“
„Ist das der Planet, auf dem Sie verschollen gewesen sind?“, fragte Mitchell und Jack nickte.
„Ich würde gerne wissen, ob es einen größeren Angriff auf Rel gab“, trug Razar sein Anliegen vor, „Und ob es eine Möglichkeit gibt, nach Rel zurückzukehren.“
„Außerdem mache ich mir Sorgen um meine Schwester“, fügte Sylenna hinzu.
„Egal, was passiert, ich werde nicht hier blieben“, erklärte Jack und alle schauten ihn an, „Schließlich will ich nicht dafür verantwortlich sein, wenn zwei SG- Mitglieder ihren Arbeitsplatz verlieren.“
„Du willst kündigen?“, fragte Jacob nach.
„Bevor wir darüber reden... Warum schicken wir nicht ein Malp nach Rel?“, schlug Sam vor und schaute durch die Runde. Jacob nickte. Er schien nichts dagegen zu haben.
So trafen sich eine halbe Stunde später alle im Gateraum und betrachteten gespannt, wie sich eine Sonde dem Stargate näherte. Das Gerät war jetzt fast durch.
„Funkkontakt in fünf Sekunden!“, sagte ein Techniker und schon erschien auf dem Bildschirm die Umgebung des Rel- Stargates.
„Sieht doch alles in Ordnung aus“, meinte Daniel mit verschränkten Armen. „Schwenken Sie die Kamera mal nach links“, sagte Jacob zu dem Mann. Jetzt zeigte die Kamera ihnen Bilder von einem Pfad, der nach Norden führte. Dann folgten Felsen.
„Sieht wirklich gut aus. Sogar die Sonne scheint“, stellte Sylenna fest. Die Kamera schwenkte nach rechts zurück und in diesem Augenblick wurde die Linse von einem grauhäutigen Wesen mit spitzen Zähnen im Maul verdeckt. „Deaktivieren Sie das Stargate“, sagte Jacob. Der Ereignishorizont brach sogleich zusammen. Noch immer betrachteten alle das Standbild des Aliens, welches mit böse funkelnden Augen die Sonde attackierte. „Das sind sie also“, murmelte Daniel leise. Er betrachtete die Verzierung, die das Wesen auf der Stirn trug: Sie erinnerten ihn an eine Kopfbedeckung der ägyptischen Pharaonen.
„Es sieht nicht gut aus“, kam es eintönig von Sylenna.
„Tut mir Leid... Aber Sie müssen damit rechnen, für immer auf der Erde bleiben zu müssen.“
Natürlich bemerkte Jack die unangenehme Stille, die nun herrschte. „Hey, macht nicht so ein Gesicht. Ich hab eine Idee, die euch wieder aufmuntern wird.“ Als niemand reagierte, machte er den Vorschlag, dass er ihnen „seine“ Welt zeigen würde.
„Hier müsste es doch irgendwo sein“, Jack schaute verzweifelt durch die Frontscheibe des Wagens, den er sich von Daniel geliehen hatte. Unzählige Schneeflocken erschwerten ihm die Sicht.
„Nennst du das, Speed Cruiser?!“, moserte Sylenna von der Rückbank aus und reib sich die Finger. Zwar trug sie Handschuhe, die sie sich von Doktor Fraiser geborgt hatte, doch trotzdem war ihr kalt. Sylenna sah in dieser Jeansjacke tatsächlich wie eine Erdenbürgerin aus. Nur ihre festlichen Ohrringe verrieten, dass sie wohl von einem anderen Ort käme.
„Dass es ein Speed Cruiser ist, hab ich nie behauptet!“
„Außerdem ist es kalt. Hier gefällts mir nicht!“
„Hey, hab ich mich vielleicht beschwert, als ich auf Rel gelandet bin?“, fragte Jack, „Gut, es hat mir nicht gepasst, aber ich hab meine miese Laune nicht an anderen ausgelassen... Und wenn´s dir bei uns nicht gefällt, kannst du sicher nach Rel zurückkehren!“
„Orlando! Dort ist es!“, sagte Sam und zeigte auf eine Leuchtreklame. Das O´Malleys hatte, laut Daniel, wegen Renovierungsarbeiten geschlossen und so mussten sie sich ein anderes Restaurant suchen. Sie parkten und machten sich auf den Weg, den Eingang zu suchen. Sie hatten Glück: Der Kellner vergab einen der letzten freien Tische an sie. Razar schlug als erster die Speisekarte auf und legte die Stirn in Falten. Von all diesen Gerichten hatte er noch nie etwas gehört. „Was sind denn Seezunge mit Süßkartoffeln?“, fragte er irritiert.
„Also, das eine ist ein Fisch... und das andere wächst unter der Erde“, erklärte Jack. Ein Mann am Nachbartisch blickte verwirrt drein, als er hörte, wie jemand erklärte, was eine Süßkartoffel war.
„Er ist nicht von hier“, sagte Sam mit einem Kopfnicken, „Er kommt aus der Türkei.“
„Wo liegt das?“, wollte Razar nun wissen und fixierte sie.
„Razar, musst du nicht noch beten?“, fragte Jack und der Mann am Nachbartisch kümmerte sich wieder um sein Essen. Eine Kellnerin brachte ihnen ihre Getränke und nahm ihre Bestellung auf.
„Nun sag schon: Wo liegt diese Türkei?“, wiederholte Razar gespannt. Sylenna grinste ihn schief von der Seite an.
„Können wir dort einmal hingehen?“ Razar nervte Jack noch eine Weile so weiter. Sogar während des Essens musste er ständig reden. Und da behaupteten die Leute immer, er wäre schwer zu ertragen!
„Ich möchte bitte zahlen!“, sagte Jack und winkte nach einem Kellner.
„Das macht 46,95!“, sagte die Frau und quittierte die Rechung. Razar blickte währenddessen ziemlich verwirrt drein. Erst als die Kellnerin verschwunden war, fragte er, was dieser Vorgang zu bedeuten hatte.
„Wenn du etwas haben willst, musst du es bezahlen“, erklärte Jack.
„Welchen Sinn macht das?“, kam es nachdenklich von Sylenna, „Auf Rel gibt es das Streben nach Reichtum nicht.“
„Leider sind wir nicht mehr auf Rel.“ Sie standen auf und gingen zu Daniels Wagen zurück.
Im Stargate Center verabschiedeten sie sich von ihren Freunden vor deren Quartier. Jack und Sam „wohnten“ nebenan und mussten nur einige Meter weitergehen.
„Du siehst nicht sehr glücklich aus“, stellte Jack fest.
„Wer ist das schon, wenn man sein Zuhause verliert?“
„Ich hab das Gefühl, dass wir hier immer noch willkommen sind.“ Er blieb dicht vor ihr stehen und schaute sie an. Genau diese Art von Blick, bei der sie sonst jedes Mal schwach wurde.
„Sam, wir..“, seine Arme glitten um sie und zogen sie zu sich. Seine Nähe bereiteten ihr Herzrasen. Immer noch. Ihre Blicke verloren sich ineinander, bevor er sie endlich sanft küsste.
Ein Airman, der um die Ecke gejoggt kam, bliebt verwundert stehen und beobachtete die beiden. Nicht nur, dass die beiden nach mehr als zwei Jahren wieder im Stargatecenter aufgetaucht waren- sie küssten sich auch noch. Ein Gesprächsthema war beim Frühstück in der Kantine gesichert....
Am nächsten Morgen löste sich Jack unendlich vorsichtig aus Sams Arm. Er wollte sie ausschlafen lassen, nachdem sie in den letzten Nächten kaum Ruhe gefunden hatte. Allerdings war dieses Vorhaben nicht ganz so einfach, wie er es sich vorstellte. Er gab ihr einen kleinen Schubs, sodass sie sich nach rechts wegdrehte und ihr Kissen umarmte. Genauso leise zog er sich an und besorgte sich in der Kantine sein Frühstück und die InTouch. Er schmökerte in dem Klatschmagazin und biss unaufmerksam in ein Brötchen, als er hörte, wie eine Person laut polternd ihm gegenüber platznahm.
„Hallo“, zwei Finger rissen die Zeitschrift nach unten und Vala grinste ihn an.
„Hi... Was machen Sie hier?“
„Frühstücken. Wie war Ihr gestriger Ausflug? Hat Ihnen das Lokal gefallen?“
Während Jack antwortete, sah sie aus den Augenwinkeln, wie Sam und Janet die Kantine betraten. „Nicht die schon wieder“, meinte sie und Jack schluckte sein Brötchen hinunter.
„Reden Sie nicht so über meine Frau.“
„Ach, die mein´ ich doch gar nicht. Ich meinte Doktor Fraiser.“
„Mögen Sie sie nicht?“
„Nein.“
Ihre Direktheit erschreckte Jack ein wenig. „Hat Ihnen der Machtzwerg etwas getan?“
„Ist ja widerlich, wie sie sich an Daniel ranschmeißt.“ Vala beobachtete, wie Janet sich von der Küchenhilfe eine leere Schüssel geben ließ. „Daher weht also der Wind“, dachte Jack.
„Hallo, hier bist du also“, sagte seine Frau zu ihm und nach rechts neben ihm Platz. Sein verwirrter Gesichtsausdruck (das Brötchen, welches noch in seiner Backe steckte) und Valas Glotzerei gaben ihr Rätsel auf.
„Was ist denn dort drüben so interessant?“, fragte sie leise und beugte sich über den Tisch. Sie bemerkte, wie Vala mit düsterer Miene ein Gespräch zwischen Daniel und Janet verfolgte. Es machte „Klick“ bei ihr.
„Warum fragen Sie Daniel nicht einfach mal, ob er Ihnen bei irgendeinem Wissenschaftlichen Projekt hilft“, schlug Jack vor und Vala klopfte mit den flachen Hand auf den Tisch. Das wollte sie machen, sie musste sich nur etwas einfallen lassen. Vala stand auf und rannte förmlich hinaus.
„Wie geht’s dir heute?“, fragte Jack und sie wusste erst nicht, was er meinte.
„Warum?“
„Ich meine deinen Albtraum? Hast du ihn noch?“
„Du wirst es nicht glauben, aber heute Nacht hatte ich keinen einzigen.“
„Na, das ist doch schon mal was... Hast du Razar und Sylenna heute schon gesehen?“
„Sie sind noch nicht auf. Die beiden verdienen ein wenig Ruhe.“
„Das tut ihr auch“, sagen eine Stimme hinter ihnen. Jacob wünschte ihnen eine guten Morgen und setze sich auf den Stuhl, den Vala vorher noch in Besitz genommen hatte. „Hört zu“, sagte er ernst, „Ich bin euch nicht böse, wenn ihr nicht hier bleiben möchtet. Aber ihr sollt wissen, dass ich euch unterstütze, egal, was ihr vorhabt. Und ich weiß auch, dass es nicht leicht ist, nachdem ihr zwei Jahre...“
Sam und Jack warfen sich einen fragenden Blick zu.
„Worauf ich hinauswill ist...“, er holte einen Briefumschlag hervor, „Sam, du erinnerst dich bestimmt noch an deinen Onkel David aus Fernando Valley.“
Sie nickte. Dieser Onkel besaß ein Weingut in Nordkalifornien und Sam und ihr Bruder hatten dort manchmal die Sommerferien verbracht, vor allen Dingen, wenn ihr Dad unterwegs war.
„David ist vor einem Monat an einem Herzinfarkt gestorben. Jedenfalls hat David keine weiteren Verwandten außer... Nun ja, außer uns. Aber was soll ich mit einem Weingut?“
Der Umschlag mit einigen Fotos von einer Finca, und einem Feld voller Weinstöcke wurde über den Tisch geschoben.
Wieder wechselten Jack und Sam einen Blick. „Und was sollen WIR mit einem Weingut?“
„Lasst mich euch helfen und nehmt das Geschenk an.“
„Nordkalifornien ist nicht gerade ein Katzensprung“, meinte Jack noch immer skeptisch.
„Für uns im Stargate Center schon. Also: Wollt ihr mein Geschenk annehmen?“
„Ich glaub es nicht!“, sagte Sam aufgeregt und lehnte sich gespannt über das Geländer ihres Schlafzimmerbalkons. Die Sonne prallte heute vom Himmel und die Weinstöcke, die hinter dem Haus angepflanzt waren, dufteten herrlich. Mit den Füßen stellte sie sich auf die Brüstung und winkte ihrer Freundin Sylenna zu. „Halloooooo!“
Sylenna winkte zurück und stieg die Steintreppe zu ihrem Haus hinunter. Sie lebte jetzt mit ihrer Familie im Zweithaus des Guts. Warum der Vorbesitzer es gebaut hatte, wusste sie nicht (Sam hatte erzählt, dass ihr Onkel David und dessen Frau in jüngeren Jahren immer Eheprobleme hatten), aber sie waren ihm dankbar dafür, dass es das Häuschen gab. Und genauso dankbar war sie Jack und Sam dafür, dass sie ihren Mann überredet hatten, mit zu kommen. Diese Gegend gab ihnen ein Stück Heimat zurück.
„Elyse, komm!“, sagte sie zu ihrer Tochter, die in ihrem neuen Zimmer spielte, „Dein Dad ist zu Hause und wir wollen ihm >Hallo< sagen.“ Mit der Kleinen auf dem Arm ging sie hinunter.
Draußen waren Razar und Jack schon damit beschäftigt, ihre vier Pferde in die kleine Scheune gegenüber zu bringen. Dieses Haus wirkte wie ein einziger Traum.
Sylenna kam nun ebenfalls die Treppe ihres Hauses hoch. „Hallo“, lächelte sie fröhlich. Sie warf Sam einen aufmunternden Blick zu und verschränkte dann die Arme vor dem Bauch. „Wir haben übrigens ein Geschenk für euch“, erklärten sie. Razar und Jack grübelten den ganzen Tag, was das wohl sein würde. Als sie am Abend bei einer Einstandsparty (schließlich arbeitete das Personal noch auf dem Gut) auf der Veranda von Jacks Haus je einen Karton überreicht bekamen, war das Rätsel nur noch größer.
„Was ist das?“, fragte Razar, der einen weisen Cowboyhut auspackte.
„Das kann man aufsetzten“, klärte Jack ihn auf, „Etwa so!“ Er machte es mit seinem Hut gleich vor. „Sieht cool aus, was?“
„Sehr cool!“, stimmte Sam ihm zu. An diesem Abend klirrten oft die Gläser und es wurde viel gelacht. Sie wurden vom Personal freundlich über ihre neuen Aufgaben aufgeklärt und Jack war der Meinung, dass es zu schaffen war. Sam konnte gar nicht erwarten, Vala und Janet und vor allen Dingen ihrem Vater zu erzählen, wie wunderbar das Weingut war...
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Titel: Two Weeks
Autor: DancingStar
Genre: Romance
Pairing: Sam/Jack, Daniel/ Janet, Daniel/ Vala, Vala/?
Anmerkungen: Die Fortsetzung zu “Two Years” und „28 Month“ mit den alten Charaktere und Michael Shanks in einer Doppelrolle (was vor allem die Vala/ Daniel Shipper freuen wird). Lest selbst, ihr könnt nichts verpassen.
„...Machen Sie sich einen schönen Urlaub“, wies Jacob seine Leute an und stand auf, „Wir sehen uns in zwei Wochen wieder.“
„Werden Sie Sam und Jack in Kalifornien besuchen?“, wollte Daniel wissen während er aufstand. Vala blieb neben ihm sehen und warf ihm einige verliebte Blicke zu.
„Ich hab mir die Zugfahrkarte bis nach Sacramento schon gekauft.“
„Liegt das Weingut dort?“
„Eigentlich noch weiter nördlich. Ich muss dann auch mit dem Bus weiterfahren und das Ticket kann ich mir erst in Sacramento kaufen. Daniel, was treiben Sie in den zwei Wochen?“
„Ich fahre auch weg“, gestand er mit einem Lächeln, „Nach Südafrika.“
„Aha“, Jacob nickte verständnisvoll, „Dann können Sie und Doktor Fraiser uns gemeinsam eine Postkarte schicken.“
„Das machen wir.“ Daniel ging und Vala wurde bewusst, was er da gesagt hatte. Er würde mit Janet in den Urlaub fliegen. Dabei hatte sie Jacks und Sams Rat beherzigt und vorgehabt ihn zu fragen, ob er eine wissenschaftliche Aufgabe mit ihr lösen wollte. („Irgendwann werden Sie ihn rumkriegen. Ich habe Sam auch so lange genervt, bis sie endlich mit mir zum Angeln gefahren ist!“)
Sie war die Einzige, die noch im Besprechungsraum stand. Teal´C würde natürlich seinen Sohn besuchen gehen und Cameron hatte davon gesprochen, mit einigen Freunden eine Wildwasserfahrt zu machen. Sogar ihr Vorgesetzter fuhr weg. Nach Kalifornien. Sie erinnerte sich noch an das Telefongespräch an dem Abend, an dem Samantha auf dem Weingut angekommen war. Das Wetter sei wunderbar und die Umgebung ein einziger Traum. Das Personal habe sie herzlich aufgenommen und die Kinder hätten sich auch sehr gut eingewöhnt.
Valas Blick fiel auf die Bürotür von Jacob Carter. Vorsichtig streckte sie die Hand danach aus und öffnete die Tür. Sie atmete durch: Jacob war nicht da. Aber dafür lag das Zugticket nach Sacramento mitten auf seinem Schreibtisch. Eine einzige Sekunde lang wiederstand sie der Versuchung. Dann streckte sie die Finger und... Zittrig verstaute sie das Ticket in ihrer Jackentasche und machte sich auf dem Weg zu ihrem Quartier. Sie fühlte sich, als ob jeder der an ihr vorbeiging, sie verdächtig anstarrte. Fast so, als hätte sie ein Schild um „ICH HABE JACOB CARTERS ZUGFAHRKARTE GEKLAUT“.
In ihrem Quartier packte sie eine Reisetasche und einen Rucksack und machte sich dann schnellstens auf zum Lift. Dort traf sie Daniel und Janet, die sich wahnsinnig über ihre Südafrikareise zu freuen schienen. Vala brachte kein einziges Wort heraus. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Oben angekommen nickte sie einem Airman zu, der sich von ihr verabschiedete und stieg in einen Air Force Wagen, von dessen Fahrer sie sich zum Bahnhof von Colorado Springs bringen ließ. Der Zug startete um neun Uhr Abends, das bedeutete, sie wäre morgen früh in Sacramento.
Zufrieden stellte sie fest, dass sie richtig gerechnet hatte. Mit der Sonne erwachte sie und verließ den Zug. Eine Stunde lang konnte sie noch in der Stadt bummeln, bevor der Bus nach Norden weiterfahren würde. Am Schalter fragte sie sich nach der entsprechenden Linie durch, bezahlte eine neue Fahrkarte und setze sich in die erste Reihe des Busses.
Nach einiger Zeit bremste der Greyhoundbus an einer Kiesauffahrt. „Das ist Ihre Haltestelle Ma´am“, erklärte der Busfahrer während Vala ausstieg. Die Sonne brannte vom Himmel und als sie den Wegweiser berühren wollte, zog sie die Finger geschockt zurück. Das Blechschild war siedheiß.
Mit einem Rücksack auf dem Rücken und einer Reisetasche, die sie hinter sich herschleifte, machte sie sich auf den Weg zum Weingut. Der Kiesweg unter ihren Füßen staubte und Vala fragte sich, wann es hier zum letzten Mal geregnet hatte. Zum Glück spendete der Wald ihr etwas Schatten. Jedoch nicht lange: Bald musste sei unter einem Torbogen durchgehen und sie sah in der Ferne ein großes, weises Haus. Es war schöner, als Sam es am Telefon beschrieben hatte.
Mit einer schwarzen Tasche in Arm betrachtete Vala die Finca etwas zögerlich. Sollte sie wirklich...?
Ein Mann auf einem Pferd ritt an ihr vorbei. Als er den Besuch sah, bremste er den Braunen. „Guten Tag, Ma´am“, sagte der Mann und zog seinen Hut, „Kann ich Ihnen helfen?“
„Ist das das Gründstück von Jack und Samantha O´Neill?“
„Yepp! Kann ich Sie zum Haus hinbringen?“ Das Pferd des Mannes drehte sich unruhig herum.
„Nein, danke. Ich gehe zu Fuß.“ Vala war fast fünfzehn Minuten unterwegs und zu ihrem Pech lag das Haus auf einem kleinen Berg, der an allen Seiten mit Weinstöcken bewachsen war. Im Hof angekommen, krachte die Reisetasche zuerst auf den Boden. Alles wirkte wie ausgestorben. Vielleicht hätte sie doch nicht herkommen sollen!
Sie hob die Tasche auf und drehte sich gerade um, als jemand ihren Namen rief: „Vala! Vala, sind Sie das?“ Es war Jack. Erneut krachte die Reisetasche auf den Boden.
„Ich brauchte einfach Urlaub!“, sagte sie verzweifelt.
„Wollen Sie reinkommen?“, ohne zu warten, hob er die Reisetasche auf und trug sie ins Haus, „Wollten Sie wieder nach Hause gehen?“
„Ja“, gab sie zu und folgte ihm über eine Veranda und dann in ein geräumiges Wohnzimmer. Dort setze sie sich auf eine Holztruhe und trank einen Schluck Wasser. Der Fernseher lief; offenbar schaute Jack gerade die Simpsons; und über dem Kamin hing ein unbenutztes Pferdezaumzeug. Im Allgemeinen sah das Haus aus, wie eine Westernranch in Colorado. Vala hätte fast geglaubt, sie wäre im Wilden Westen... und nicht auf einem Weingut in Kalifornien.
„Eigentlich haben wir ja mit Sams Dad gerechnet“, erklärte Jack und fing an, den Tisch zu decken.
„Soll ich Ihnen helfen?“
„Wäre nett, ja.“
„Wo sind denn alle?“
„Die Meisten schlafen noch. Sam ist zu Sylenna rübergegangen... Warum haben Sie Jakes Busfahrkarte gestohlen?“ Er stellte die Teller auf dem Tisch ab und schaute sie an.
„Woher wissen Sie....? Ich hab sie nicht gestohlen, ich hab sie mir ausgeborgt!“
„Hallo, Vala“, sagte eine Stimme zu ihr und sie drehte sich um. Sam stand mit verschränkten Armen auf der zweistufigen Treppe, die zur Küche führte, „Mein Dad ist nicht glücklich darüber, dass er seine Fahrkarte nicht wiederfindet. Er klang sehr enttäuscht am Telefon... Vor allem weil er nicht weiß, wer die Karte hat.“
„Weiß er, dass ich hier bin?“
„Nein und wir werden´s ihm auch nicht sagen.“
„Danke!“
„Warum sind Sie hier?“, der Tisch war zwar noch nicht fertig, trotzdem setzen sie sich.
„Daniel ist mit Janet nach Südafrika geflogen. Ich musste dort raus. Wenn Sie gesehen hätten, wie die beiden miteinander geflirtet haben, als sie losgefahren sind!... Bitte, lassen Sie mich bleiben! Ich sterbe, wenn ich zur Basis zurück muss!“ Vala flehte sie an und Jack und Sam schauten sich an.
„Frühstück gibt’s bei uns um Neun!“, erklärte Sam schließlich, Vala schoss von ihrem Platz auf und schlag dankbar die Arme um ihren Hals- über den Tisch hinweg.
„Fehler! Das Programm kann aufgrund der fehlenden Graphikkarte nicht ausgeführt werden“, las Sam vor und schüttelte mit dem Kopf. Der Computer, den ihr Onkel David besessen hatte, hätte genauso gut aus der Steinzeit stammen können. Diese Kiste war nicht in der Lage, das Verwaltungsprogramm abzuspielen, welches sie gestern gekauft hatte. Dabei brauchten sie es. Irgendwie mussten sie schließlich ihre Buchführung machen...
Die Tür zum Wohnzimmer, in dem der Computer stand, flog auf und Vala stürmte herein. Sie ließ sich rückwärts auf die Couch fallen. „Hi... Kennst du dich zufällig mit Buchhaltung aus?“
„Nicht, dass ich wüsste... Kann ich mich irgendwie nützlich machen?”, fragte sie gelangweilt. Schon nach einem Tag. Sie hatte sich ihren Urlaub spannender vorgestellt. Die Tage auf diesem Weingut schleiften sich nur so dahin.
„Hast du die Pferde gesehen?“, wollte Sam von ihr wissen, „Wir könnten Hilfe brauchen.“
„Ich dachte, das sei ein Weingut... und keine Pferdefarm.“
„Razar konnte nicht anders. Er braucht zumindest eine kleine Rinderherde.“
„Kannst du reiten?“
„Oh nein“, Vala hob abwehrend die Hand, „Und ich hab auch nicht vor, es zu lernen.“
In diesem Moment streckte jemand seinen Kopf zur Tür herein. „Hi“, sagte Jack. Er sah Vala auf der Couch liegen und wusste sofort, dass ihr langweilig war.
„Sag mal, Jack, hast du eine Idee, womit sich Vala die Zeit vertreiben könnte. Sie kennt sich weder mit diesem Computerprogramm noch mit Pferden aus.“ Sam schaute gespannt auf den Bildschirm.
„Sie soll rausgehen und den Hof kehren“, meinte er und sofort saß Vala kerzengerade da. Der Hof war, wenn sie ihn richtig in Erinnerung hatte, doch ohnehin immer mit Sand bedeckt. Eilig stand sie auf, die Putzfrau wollte sie wirklich nicht spielen. Sie rannte an Jack vorbei und bleib draußen auf der Veranda stehen. Ratlos schaute sie sich um. Den Hof kehren, hatte er gesagt. Jedenfalls war es zumindest EINE Beschäftigung.
Sie bemerkte nicht, wie ein Mann mit Hut sein geschecktes Pferd zu stehen brachte und abstieg. „Hallo“, rief er ihr zu und winkte. Er nahm seinen Hut ab, winkte immer noch.
„Entschuldigung, kennen wir uns?“, fragte sie.
„Ja, ich habe Ihnen gestern angeboten, dass ich Sie zum Haus bringen... Sie haben es vorgezogen, zu laufen.“
„Oh“, Vala nickte. Sie erinnerte sich. Der Kerl sah aber wirklich zu gut aus, als dass man ihn vergessen könnte, dachte sie sich. „Hi. Mein Name ist Vala!“ Sie streckte ihm die Hand entgegen.
„Vala“, wiederholte er, „Ist das ein Spitzname?“
„Nein.“
„Klingt ungewöhnlich. Ich bin Michael. Freut mich, Sie kennen zu lernen.“ Sein Pferd blieb gehorsam hinter ihm stehen und zuckte mit den Ohren.
„Sag ruhig >Du< zu mir. Ich zähle noch nicht zu den Fossilien, als dass man mich siezen müsste. Sag mal, kannst du mir zeigen, wo ich den Besen finde?“
„Wieso denn?“
„Jack, hat gerade zu mir gesagt, ich soll rausgehen und den Hof kehren.“ Sie zeigte auf das Haus.
„Ah... Das war nur einer seiner Sprüche...“
„Möglich, aber ich hab sonst keine Beschäftigung hier.“
Michael warf einen kurzen Blick auf sein dösendes Pferd. „Darf ich dich zu einer Reitstunde einladen?“
„Nein“, sagte sie empört, „Ich hab für Tiere nichts übrig.“
„Ich versprech´ dir, er ist brav. Im ganzen Land gibt’s kein lieberes Pferd.“
„Weißt du, wie du klingst...“, sie verschränkte trotzig die Arme. Michael dachte, sie würde wirklich jeden Moment ins Haus zurückgehen und sich dort für den Rest ihres Aufendhaltens verstecken. Das tat sie dann auch, aber bevor sie die Tür erreichte, blieb sie stehen und schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln. „Sagen wir in einer Stunde?“
Beim Abendessen tat Vala sich sichtlich schwer, hinzusetzen. Kaum berührte ihr Hinterteil die Holzbank am Gartentisch, verzerrte sie vor Schmerz ihr Gesicht. „Was ist denn mit dir los?“, fragte Jack, „Hast du den ganzen Tag vor dem Fernseher rumgesessen?“
„Nein, Michael hat mich heute auf ein Pferd gesetzt.“
Alle nickten wissend mit dem Kopf. Michael, der am anderen Ende des Tisches saß, grinste.
„Hat es dir gefallen?“, fragte Sylenna mit einem Lächeln. Ihre schwarzen Haare flatterten im Wind.
„Wie oft bist du runtergefallen?“, wollte Jack stattdessen wissen.
So ging das jeden Tag, eine ganze Woche lang: Vala stand früh auf um Sam beim Frühstück und den Kindern zu helfen, am Mittag traf sie sich mit Michael für eine Reitstunde. Für den Rest des Tages war sie damit beschäftigt, sich über ihren schmerzenden Hintern zu beklagen, die Couch auf der sie provisorisch untergebracht war, war ihrer Ansicht nach viel zu hart und die Sonne knallte hier auch so sehr vom Himmel, dass sie einen Sonnenbrand bekam. Wenn Vala neben dem Meckern noch Zeit fand, half sie das Abendessen herzurichten. Am Freitag Nachmittag half sie den Arbeitern auf dem Weinberg, einige Stöcke neu zu pflanzen. Eigentlich nur, weil Michael sie dazu überredet hatte... Und weil sie seine Gesellschaft mochte.
Am Samstag stand Vala alleine vor einem Holzzaun und beobachtete zwei Pferde, ein Weises und ein Braunes- ein Hengst und eine Stute, die beide dicht aneinandergeschmiegt unter einem Baum standen. Ein Pferd hatte die Augen geschlossen und den Kopf gesengt, während sein Freund seinen Kopf über seine Schulter legte.
Tief atmete Vala ein. Die beiden sahen irgendwie glücklich aus.
„Die Pferde, wie?“, fragte Sylenna mit einem Grinsen im Gesicht, „Mögen Sie Pferde?“
„Nein, ich kann sie nicht leiden.“
„Die beiden sind etwas besonderes“, erzählte Sylenna, „Razar und ich besitzen diese beiden, seit sie kleine Fohlen waren. Die beiden sind unzertrennlich. Sie gehören für immer zusammen. Der eine kann ohne den anderen nicht sein.“
„Wieso erzählen Sie mir das?“
„Weiß ich nicht“, schulterzuckend ging Sylenna davon. Ihr Baby Alkan schrie in ihrem Haus aus vollem Halse und Razar konnte ihn anscheinend nicht beruhigen.
Sie neigte den Kopf zur Seite und beobachtete die Pferde noch eine Weile. Waren Tiere wirklich in der Lage, Liebe zu empfinden? Vala glaubte nicht daran.
„Vala! Hallo!“, rief eine Stimme und jemand winkte ihr. Vala sah genauer hin und erkannte Michael, der mit einem Pferd auf sie zu kam.
„Oh nein, ist es etwa schon wieder so weit?“, fragte sie und er nickte. Ohne Widerstand ließ sie sich in den Westernsattel des Pferdes helfen und Michael führte den Schecken auf den neu angelegten Reitplatz. Bisher hatte es so etwas auf dem Weingut nicht gegeben. Aber seit auch Pferde hier waren, mussten sie sich darum kümmern.
„Streck die Füße ein wenig nach vorne und zieh ganz leicht an den Zügeln“, wies Michael sie an und Vala folgte seinem Befehl. Ein Wunder! Das Pferd blieb tatsächlich stehen. Michael entfernte sich von ihr in die Mitte des Sandplatzes. „Wo gehst du hin?“, fragte Vala.
„Du machst dich gut auf dem Pferd“, rechtfertigte er sich ohne sich umzudrehen, „Ich dachte mir, du machst es heute mal alleine.“
„Nein“, wiedersprach sie trotzig, „Komm sofort wieder her!“
„Keine Lust.“
„MICHAEL!“, kreischte sie, trat mit den Füßen heftig nach dem Pferd und dieses machte einen gewaltigen Sprung nach vorne. Es quiekte aufgebracht und Michael drehte sich sofort wieder zu ihr um. Das Pferd machte einen Satz nach vorne und als es den Schmerz, den sein Reitgebiss in seinem Maul auslöste, spürte, stieg es senkrecht in die Höhe. Vala verlor völlig den Halt und rutschte aus dem Sattel. Sie knallte mit rechts auf den Boden und blieb dort liegen, bis Michael sie erreicht hatte.
„Vala!“, schrie er erschrocken und drehte sie herum, „Alles okay?! Bist du verletzt?“
„Ich... Ich...“, halb richtete sie sich im Sand auf. Ihr Gesicht brannte und ihr Arm tat ein bisschen weh, „Ich bin nicht verletzt.“
„Es tut mir Leid!“
Ein Brummen von Vala.
„Es tut mir wirklich Leid.“
„Ich glaub, es war meine Schuld.“ Er half ihr, aufzustehen. Sie stand auf ihren eigenen Beinen, doch diese gaben wie Wackelpudding nach. Michael fing sie auf. „Mir geht’s gut, ehrlich!“, während sie sich so innig umarmt hielten, fing sie plötzlich an, ihn strahlend anzulächeln. Sein Puls raste jetzt schon.
„Lass mich bitte los“, verlangte sie, er hätte aber schwören können, dass sie ihn genauso gut hätte bitten können, sie länger zu halten. Der Arme hatte jetzt wirklich ein schlechtes Gewissen. Es wurde schlimmer, als sie sich benommen den Sand von der Jeans klopfte und ihn zusätzlich noch aus dem Gesicht wischte.
„Darf ich dich als Wiedergutmachung zur Party heute Abend einladen?“
„Welche Party?“
„Wir feiern Sylennas Geburtstag.“
„Ich weiß nicht...“
„Alle werden da sein. Die Jungs bringen sogar ihre Freundinnen mit. Du wirst also in bester Gesellschaft sein.“ Er griff nach den Zügeln des Pferdes.
„Ich bin mir nicht sicher“, gestand Vala und strich sich einen Zopf zurück.
„He, Michael!“, sein Kumpel Owen ritt mit seinem Pferd an der Koppel vorbei, „Kommt Nicole heute Abend auch mit?“
„Ja, sie kanns kaum erwarten!“
Vala fragte sich, wer diese Nicole wohl war. Seine Freundin? Seine Frau? Ihr Herz wurde schwer. Schon wieder hatte sie sich in einen Mann verliebt, der einer anderen gehörte. Vala erschrak über diesem Gedanken. Sie hatte sich doch nicht in Michael verliebt, oder?
„Hast du dich verletzt?“, wollte er plötzlich von ihr wissen und riss sie so aus den Gedanken, „Du musst wieder aufsteigen... Sonst wirst du immer Angst haben und nie wieder ein Pferd reiten.“
Na gut! Von ihm konnte sie keine Bitte abschlagen. Sie tat ihm den Gefallen und setzte sich noch einmal auf das gescheckte Pferd. Für den Rest der Reitstunde hatte Michael also ein besonderes Auge auf Vala geworfen. Er wollte schließlich nicht, dass ihr noch etwas passierte!
Nach der Reitstunde schlenderten sie zusammen sehr gemütlich zum Ausgang. Sie sah aus den Augenwinkeln, wie ein schmutziger Jeep auf dem Hof bremste und eine schlanke, schwarzhaarige Frau ausstieg. Sie lächelte und winkte, als sie Michael erkannte. „Hi, Mike!“, rief sie, umarmte ihn.
„Hi, Nic! Darf ich dir Vala vorstellen?“, er schaute von der einen Frau zur anderen, „Vala, das ist meine Schwester Nicole!“
Erleichtert lachte Vala und schüttelte Nicoles Hand. Ihre Besucherin machte sich dann davon um nach Owen zu suchen, ihrem Freund. „Also, wie siehts aus? Ich habe bis jetzt weder eine Absage noch eine Zusage von dir bekommen.“
Endlich nickte Vala einverstanden. „Okay, ich freu´ mich auf heute Abend.“
„Gut.“ Michael nickte und verabschiedete sich zu seinem Auto. Vala blieb zurück und schaute sich suchend um. Sie brauchte Hilfe. Kein einziges Kleid hatte sie dabei, welches sie heute Abend anziehen könnte. Nein, schlimmer! Sie besaß nicht einmal eines! Sie musste Sam schnell finden! Wo war sie nur?
Zum Glück fand sie sie im Wohnzimmer, noch immer über dem Buchhaltungscomputerprogramm grübelnd.
„Sam!“, Vala klang panisch und so riss Sam erschrocken den Kopf hoch, „Wir müssen nach Fernando Valley fahren. Ich brauch´ etwas zum anziehen.“
„Warum?“
„Weil Michael mich zur Party heute Abend eingeladen hat! Ist das nicht toll!“, Vala schnappte sich ihre Brieftasche, „Na los, worauf wartest du?! Auf Weihnachten?“
Das Kaufhaus war noch fast leer, als Sam und Vala es erreichten. Das mochte vielleicht daran liegen, dass an einem Freitag Vormittag alle Leute noch arbeiten mussten.
„Da ist ein Schuhgeschäft“, sagte Vala, „Brauchst du auch welche?“ Sie ging einige Schritte darauf zu.
„Nein, danke. Ich habe vier Paar. Das reicht”, Sam lächelte.
Da packte Vala auch schon ihre Hand und zog sie mit ins Schuhgeschäft. Dort probierte sie zunächst allerhand Schuhe an, viele davon mit hohem Absatz. Sie betrachtete sich gerade in einem Spiegel, als sie in ihm sah, dass Sam auf der gegenüberliegenden Seite des Ladens beschäftigt war- in der Kinderschuhabteilung. Noch mit den Leopardenpumps an den Füßen stöckelte sie zu ihrer Freundin und griff nach dem Kinderwagen, in dem Ilayda lag. „Elyse hat sicher genug Schuhe“, fing sie an.
„Hat sie nicht!“ Sam zog Elyse ihre eigenen Schuhe wieder an.
„Gar nicht wahr! Ich hab ihr Schuhregal gesehen! Jetzt bist du mal dran!“ Vala zog den Kinderwagen wieder in die Damenschuhabteilung. Also tat Sam ihr den Gefallen. Sie suchte sich in ihrer Größe ein Paar Turnschuhe, als Vala ihr rote Lackballerinas vorsetzte. „Was soll ich damit?“
„Aufessen!... Dumme Frage! Du kannst nicht mit Turnschuhen dort aufkreuzen. Alle bringen ihre Freundinnen mit. Denk mal an deinen armen Mann, wenn du im Kartoffelsack zur Party kommst.“
Das leuchtete ein. Sam packte die Turnschuhe weg und ebenso die roten Ballerinas. Sie wählte lieber dezentere Schuhe.
An der Kasse bezahlten die beiden und Vala verabschiedete sich, um im Laden nebenan noch ein Parfüm für sich zu kaufen. Sam machte sich mit den Kindern alleine auf den Weg in ein anderes Geschäft. Vorsichtig schob sie den Kinderwagen zwischen den Kleidungsständern durch, bis sie endlich ein kurzes, rotes Kleid entdeckte. Prüfend warf sie einen Blick zu ihren Kindern. Elyse hatte sich auf den Boden plumpsen lassen und spielte fröhlich. Also probierte sie das Kleid in einer Kabine an und begutachtete sich anschließend im Spiegel. Sie lächelte. Womöglich hatte Vala ja recht, mit dem, was sie sagte. Jack betreffend...
Das Kleid bezahlte Sam und als sie Vala draußen wiedertraf tat sie so, als wäre alles in Ordnung. „Wo willst du hin?“, fragte sie, Sam wollte schon wieder zum Auto gehen, „Ich brauche noch ein Kleid. Ich habe kein einziges!“ Also steuerte Vala auf das gleiche Geschäft zu, wie Sam. Die Verkäuferin wunderte sich ein wenig, warum sie plötzlich zweimal vor ihr stand.
Zuhause verbrachten beide und Sylenna den Tag damit, den Garten zu schmücken, Salate zu machen und einen Wein auszusuchen. Gegen Mittag hatte Jack den grandiosen Geistesblitz, Musik zu besorgen und verdonnerte Owen dazu, einige CDs zu kaufen und etwas aus dem Internet zu downloaden. Ihr Vorarbeiter Ed erschien. Er hatte ihnen versprochen, eine Bar aufzustellen.
So ging der Tag schneller vorbei, als Vala dachte und je näher der Abend kam, desto aufgeregter wurde sie.
„Alles gute zum Geburtstag!“, rief Sam, umarmte Sylenna und überreichte ihr ein Geschenk. Diese machte große Augen. Das lag an Sams Kleid. Die Frauen auf Rel würden es nie wagen, in so einem kurzen Kleid herumzulaufen. Auf Rel hatte Sam zwar auch immer Kleider getragen, aber die waren bodenlang... Mindestens...
„Vala sieht ja auch nicht besser aus!“, stellte sie empört fest, „Vala, wie kannst du Sam nur so halbnackt durch die Gegend laufen lassen?!“
„Reg dich ab“, meinte sie, schaute nervös zu den anwesenden Menschen, „Wo ist eigentlich Michael?“
„Drüben an der Bar“, antwortete Sam und Sylenna posaunte lauthals, wie sie wohl von Kleidern auf Michael käme.
„Sylenna“, mahnte Sam, „Bleib locker! Andre Planeten, andere Sitten! Wenn es dich beruhigt, Vala hat dir auch so ein Kleid zum Geburtstag geschenkt.“ Sie zeigte auf ein grünes Päcken. Sylenna nickte unzufrieden. Sie war noch nicht lange auf der Erde, aber es gehörte sich ihrer Meinung nach nicht, so herumzulaufen. Mit dieser Ansicht stand Sylenna bald ziemlich einsam da: Je mehr Gäste und deren Freundinnen sich einfanden, desto mehr geriet diese Ansicht ins Schwanken.
Vala ging zwischen den Gästen hindurch und sah, dass Michael tatsächlich mit einem weiteren Mann an der Bar saß. Sie atmete auf. Er hatte tatsächlich keine Freundin... Und Nicole war hoffentlich wirklich nur seine Schwester.
„Gib es auf, Alter! Sie kommt heute nicht mehr!“, sagte Owen, Michaels Kumpel und klopfte ihm auf die Schulter.
„Sie hat es versprochen!“ Er schaute trotzdem ein wenig enttäuscht in sein Glas. „Ed, gib mir noch ein Bier“, sagte er zu einem älteren Kollegen und schob sein Glas weg. „Gerne“, meinte der bärtige Mann, „Und was möchte die Dame?“
Michael drehte sich um, doch das wäre nicht nötig gewesen: Er fühlte bereits, wie sich eine Hand sanft auf seine Schulter legte. „Hi“, lächelte Vala und ließ sich neben ihm nieder.
„Hi“, erwiderte er und musterte sie von oben bis unten. Sie trug ein schwarzes Kleid, welches ihre Figur unterstrich. Vala hatte jedenfalls nicht bereut, dass sie es gekauft hatte.
„Du siehst gut aus. Wahnsinnig gut, sogar.“
„Danke. Du auch.“ Wieder dieses Lächeln. Michael begann zu schwitzen. Hoffentlich lag das nur am Alkohol. „Alles okay?“, fragte Vala und Michael nickte. Sie bestellte bei Ed schnell etwas zum Trinken und schlug dann vor, mit Michael anzustoßen.
Jack unterhielt sich währenddessen mit einigen Leuten über belanglose Dinge. Die ganze Zeit über versuchte er schon, seine Frau unter den Gästen zu entdecken, aber er fand sie nicht. Bestimmt hatte sie wieder irgendetwas ausgeheckt: Aus einem ihm unbekannten Grund hatte sie ihn nämlich zu Razar geschickt, als sie und Vala sich für die Party umziehen wollten.
„...In diesem Jahr wird der Wein von 1970 gereift sein. Das wird ein toller Jahrgang“, erklärte ein Arbeiter recht überzeugt.
„Rotwein oder Weiswein?“, fragte Jack spontan zurück. Er wusste nicht, was in den gigantischen Fässern im Weinkeller lagerte.
„Rotwein“, antwortete der Arbeiter.
In diesem Augenblick sah Jack Sam auf sich zukommen. „Oh, mein...“, Jack brach mitten im Satz ab, als er Sam sah. Das rote Kleid reichte nicht einmal bis zu ihren Knien und auch ihre Schultern bedeckte es kaum. Außerdem ging sie heute irgendwie anders... Verführerischer...
„Gott“, machte er den Satz zu Ende als sie direkt vor ihm stehen blieb.
„Sieh mich nicht so an. Das ist auf Valas Mist gewachsen“, sagte sie und lachte.
„Na ja“, stotterte Jack, „Zumindest.... Ich finds toll... Würdet ihr mich bitte entschuldigen?“
Die Männer hatten nichts dagegen, dass ihr Gespräch nun zuende war. Auch sie kümmerten sich um ihre weibliche Begleitung und als sie Ed an der Bar entdeckten, war der Abend für sie gerettet.
Die Magie des Blicks, den Sam Jack schenkte, bestand noch immer. „Möchtest du...“, fing er an und schaute nervös zu Boden. So aufgeregt war er schon lange nicht mehr gewesen. „Möchtest du vielleicht tanzen?“ Innerlich bedankte er sich für seine grandiose Idee, Musik spiel zu lassen.
„Gerne.“ Ihr fröhliches Lächeln machte ihn nur noch nervöser.
Und sie bemerkte, wie sie auf ihn wirkte. Sein gesamter Körper spannte sich an, als sie ihre Arme auf der Tanzfläche um seinen Hals schlang.
Isn't she supposed to be in California
Yea, yea, yeah, yeah
Man in the mirror said, 'Boy, I tried to warn 'ya'
Yea, yea, yeah, yeah
I know there's no one here but me
So why do I still feel her
Isn't she long gone by now
I heard she was livin' in a West Coast town
Sellin' marguaritas from a tiki hut on the beach
Didn't I see with my own eyes
That bus pulled away as she waved goodbye
I know I did
But somethin' keeps tellin' me
She's back again
Isn't she
On the other side of the Rockies
Yea, yea, yeah, yeah
So how's it possible I can hear her talkin'
Yea, yea, yeah, yeah
Must be my heart playin' tricks on me
I keep askin' myself why
I know that's her perfume (isn't she)
Right here in this room
Isn't she, yeah
I know there's no one here but me
So why do I still feel her
Weit nach Mitternacht, als die Party vorüber war, begann Sam damit, zumindest die Gläser zu sammeln. Morgen Früh würde sie erste einen Aufräumtrupp zusammentrommeln müssen. Sie hatten schön gefeiert: Sie hatten getanzt, mehr oder weniger nüchtern Lieder gesungen und Vala hatte irgendwann ein Wetttrinken mit den Jungs veranstaltet und es tatsächlich geschafft, sie zu besiegen.
„Gute Nacht!“, rief Ed ihr zu, „Ich helfe Ihnen morgen mit der Bar!“
„Danke, Ed!“ Sie winkte dem letzten Partygast. Als er gegangen war, bemerkte sie, wie ein Paar, dass bisher unter einem Baum gesessen hatte, aufstand und zum Weinberg hinunter ging. Vala und Michael. Die beiden schienen sich wirklich gut zu verstehen.
Sam erschrak, als sich plötzlich zwei Arme um sie schlangen und gegen einen warmen Körper pressten. „Hey, Süße“, murmelte Jack und versuchte, ihr die Gläser aus der Hand zu nehmen, „Lass das stehen, das können wir morgen auch noch machen.“
„Nein, sonst kriechen morgen die Ameisen auf dem Tisch.“
Er fing an, ihre Schultern zu küssen. „Nicht hier“, lachte sie und gab ihm einen leichten Stoss in die Rippen.
„Warum?“, er machte einfach weiter, „Ist doch keiner mehr da. Wir sind allein. Wer kann schon...?“
„Vala und Michael, zum Beispiel. Ich hab sie den Weinberg hinunter gehen sehen“, sie musste Luft holen, „Sie könnten jeder Zeit wiederkommen.“
„Nicht so bald, schätze ich...“ Er küsste ihre empfindliche Stelle im Nacken.
„Okay, überredet. Gehen wir...“
Jack ließ ihr nicht einmal die Gelegenheit, sich ganz zu ihm zu drehen. Er küsste sie dieses Mal lang und leidenschaftlich und ging dann einfach ins Haus zurück. War das ein neues Spiel? Sie verrückt zu machen und dann einfach stehen zu lassen? Sie musste ihm folgen. Falls ja, würde er heute sein blaues Wunder erleben. Sie konnte den Spieß gerne umdrehen...
Sobald er die Tür zur Veranda hinter sich geschlossen hatte, schlang er erneut die Arme um sie und presste sie an sich. Sie versanken in einem atemberaubenden Kuss, der ihnen die Sinne raubte. Seine Hand wanderte in ihren Nacken und zog sie so noch näher an sich. In einem kurzem Moment lächelte sie und schrie leise auf, als er sie hochhob um sie nach oben zu tragen. Ihre Schuhe warf sie im Schlafzimmer achtlos weg. Anschließend legte er sie aufs Bett und betrachtete sie.
„Worauf wartest du?“, sie schüttelte den Kopf, wobei ihre Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, leicht hin und her baumelten. Jack brauchte nur den Finger auszustrecken, um sie zu berühren. Falls er einen Rückzieher machen wollte, war es dazu reichlich spät, fand Sam. Sie richtete sich auf um die Arme um ihn zu schlingen. „Lass mich nicht warten.“
Ihr Kuss wurde immer wilder und fordernder. Ihre Hände glitten über seine Arme zu seinen hinunter und brachte ihn so dazu, sie endlich wieder zu streicheln. In einem letzten Kraftakt ließ sie sich zurücksinken. Jack folgte ihr und seufzte auf, als er sie unter seinen T-Shirt fühlte. Sie versuchte, es über seinen Kopf zu ziehen, aber es blieb unter seiner Nase hängen. „Ich kann nichts...“, beschwerte er sich, kam jedoch nicht weiter weil sie ihn küsste. Schließlich riss er sich das Shirt selbst vom Kopf und begann damit, ihr das Kleid auszuziehen. Ihre Körper durchzuckten Stromschläge, als sie die Haut des anderen fühlten. Jack drückte ihre Hände neben ihrem Kopf auf die Matratze und hielt sie dort. Zitternd schlang sie ihre Beine um seine Hüften. Vielleicht könnte sie ihm so deutlich machen, was sie sich für heute Nacht noch wünschte... wenn er es denn nicht längst begriffen hatte, dieser Sturkopf. Zum Glück hatte er es verstanden...
„Warte, Vala!“, rief Michael seiner Begleiterin nach. Sie war vorrausgerannt und er hatte versucht, sie einzuholen. Diese anmutige Gestalt war aber viel schneller als er.
„Was? Selbst das ist dir zu viel. Du hast eine ziemlich schlechte Kondition.“ Sie blieb stehen, schwenkte mit den Armen und lachte laut. „Wo gehen wir eigentlich in?“
„Ich zeigt dir unseren Weinkeller.“
„Aber ich dachte, der befindet sich beim Haus“, ratlos schaute sie zwischen ihm und einem Baum hin und her. Er grinste frech. „Das ist das, was DU denkst. Beim Haus befindet sich nur der Haupteingang. Aber ich verrate dir ein Geheimnis. Denkst du, du kannst es für dich behalten?“, er setzte sich im Mondlicht auf einen kleinen Felsen, drohte ihr mit dem Zeigefinger und ihr Gesicht kam seinem gefährlich nahe.
„Es gibt einen zweiten Eingang zum Weinkeller. Manchmal borgen die Jungs und ich dort etwas Wein aus.“ „Ist das kein Diebstahl?“
„Es kommt nicht oft vor. Außerdem borgen wir uns den Wein entgeldlich aus... Aber du darfst es Jack und Sam nicht sagen...“
„Geht klar.“ Sie beobachtete, wie Michael aufstand und sie an der Hand mit sich zog.
„Hat dir unsere Party gefallen?“, fragte Michael plötzlich, sie nickte. Sie wollte wissen, wie weit es noch bis zum zweiten Eingang wäre und er behauptete, sie seien gleich da. Er hatte Recht: Der zweite Eingang lag hinter einem Baum versteckt und er erinnerte Vala an einen Luftschutzbunker. Er öffnete die Holztür damit sie eintreten konnten. Im Inneren des Kellers stiegen sie zuerst Hand in Hand eine alte Steintreppe hinunter, dann musste Michael einen Lichtschalter drücken. Früher, als er noch als Kind hier gespielt hatte, hatte es das nicht gegeben, berichtete er: Wenn er und seine Freund mit David hier gewesen waren, hatte der Onkel immer eine Lampe dabei. „Hast du heute noch Kontakt zu deinen Freunden?“, fragte Vala, „Ich würde sie gerne kennen lernen und einige Geschichten über dich hören.“
„Einen Freund kennst du: Samantha hat als Kind hier immer Ferien gemacht. Sie und ihr Bruder waren zwar ein bisschen älter als ich, aber wir haben trotzdem fast jeden Tag miteinander gespielt. Insofern es denn möglich war...“
„Wie meinst du das?“ Vala folgte ihm an einem gigantischen Weinfass vorbei.
„Sams Onkel David und mein Vater haben sich nicht sonderlich gut vertragen. Vielleicht hast du schon bemerkt, dass das benachbarte Weingut meinem Dad gehört. Die beiden Alten haben sich regelmäßig gestritten und als mein Dad herausgefunden hat, dass ich für David arbeite, hat er mich rausgeworfen und enterbt.“
„Das tut mir Leid.“
„Muss es nicht, das ist jetzt fast zehn Jahre her. Meine Mutter hat lange darunter gelitten. Vor einem Jahr ist sie nach ihrem zweiten Hirnschlag gestorben. Nach ihrem ersten lang sie im Krankenhaus und mein Dad hat veranlasst, dass ich sie nicht einmal dort besuchen durfte. Erst durch meine Schwester habe ich wenige Zeit später erfahren, dass meine Mom in der Nacht gestorben ist. Sie wurde auf dem Grundstück meines Vaters begraben. Ich hab nicht einmal die Möglichkeit, ihr Grab zu sehen. Ich weiß nur von Nicole, dass ein großer, steinerner Engel darauf stehen muss... So, wir sind da!“ Prüfend klopfte er gegen ein Fass. Es klang seltsam hol und jemand hatte mit Kreide ein X darauf gemalt. Michael verschwand im Schatten des Fasses und kam, mit zwei Gläsern in der Hand, wieder hervor. Die Gläser stehen die ganze Zeit über hinter dem Regal, erklärte er, und dort gab es auch leere Flasche, Bierkrüge und so weiter. Er drehte vorsichtig den Hahn an der Vorderseite des Fasses auf und ließ in jedes Glas ein wenig Wein fließen.
„Was ist das?“, wollte Vala von ihm wissen.
„Weiswein“, antwortete er, „Jahrgang 1980 und bald der letzte seiner Art. Wir produzieren seit geraumer Zeit nur noch den Roten.“
Sie nahm ein Glas entgegen und zusammen setzten sie sich auf eine mit Stoff überzogene Holzbank.
„Ich dachte, wir wären für heute betrunken genug“, scherzte sie, probierte den Weiswein aber trotzdem, „Der ist gut!“, log sie.
„Du schwindelst“, Michael hatte sie durchschaut.
Vala schlug sich empört die Hand vor den Mund. „Woher weißt du...?“
„Dein Gesicht“, flüsterte er und kam ihr wieder so nahe, dass sie seinen Atem fühlen konnte. Gänsehaut überlief ihre Arme. Plötzlich herrschte Stille zwischen ihnen und er musste schwer schlucken. „Ich hab das noch nie getan“, beichtete er ihr.
„Was?“
„Eine Frau geküsst, die ich kaum kenne!“ Seine linke Hand glitt über ihre Wange in ihren Nacken und zog sie so an ihn. Valas Weinglas fiel zu Boden und zersplitterte in tausend Teile. Es war ihr egal. Dieses Weinglas würde sie nie dazu bringen, diesen wunderschönen Kuss zu unterbrechen.
Ein Sonnenstrahl kitzelte Sam im Gesicht, als sie am nächsten Tag ziemlich spät aufwachte. Ihr Kopf lag auf Jacks Arm. Leise hörte sie ihn neben sich atmen. Sie blinzelte und hielt die Luft an: die Balkontür stand sperrangelweit offen und auf dem gesamten Boden waren Kleidungsstücke von ihnen verteilt. Sie hatten es gestern, oder besser heute morgen noch ganz schön krachen lassen. Und das nicht nur auf Sylennas Geburtstagsparty. Das wäre ja nicht schlimm gewesen, wenn nicht die Balkontür... Oh Gott, sie dachte daran, wer sie alles gehört haben könnte...
Langsam richtete sie sich auf und hielt dabei ihre Bettdecke fest um sich geschlungen. Eine Weile bleib sie noch sitzen und fühlte, wie seine Hand ihren bloßen Rücken streifte. „Sam“, murmelte er im Halbschlaf. Sie stand entgültig auf und schlenderte zur Balkontür hinüber um in deren Rahmen stehen zu bleiben.
Vala und Michael kamen Hand in Hand zwischen den Weinstöcken auf das Haus zu. Beide lachten und trugen noch immer die gleichen Klamotten wie bei der gestrigen Party.
„Sam“, kam es wieder von Jack. Auch er blinzelte, hob den Kopf um ihn gleich wieder ins Kissen fallen zu lassen, „Komm wieder her.“
„Es ist schon spät, wir sollten langsam aufstehen, findest du nicht?“, fragte sie und setzte sich neben ihm.
„Nein.... Was hast du da an?“ Noch immer blinzelnd untersuchte er ihr neues Kleid.
„Das ist die Decke“, sie kicherte, „Und jetzt steh auf.“
„Nein“, natürlich hatte er die Absicht, aufzustehen. Aber noch nicht jetzt. Lieber zeigte er ihr, wie er den Tag anfing. Er zog fester an der Decke. So fest, dass sie auf ihn fiel und er ihre Lippen mit seinen versiegelte.
„Meinetwegen kann Sylenna jeden Tag Geburtstag haben“, wisperte er bald während seine Hände ihren Körper hinunter wanderten, „Was ist, ziehst du dieses Ding jetzt freiwillig aus, oder muss ich dir dabei auch noch helfen?“ Sie lächelte, als sie ihn erneut leidenschaftlich küsste und sich die Decke abstreifte.
Vala und Michael hatten lange draußen am Tisch gesessen, als sie hörte, wie im Flur klingelte das Telefon. Sie entschuldigte sich bei Michael und eilte hinein. „Jack!.... Sam!.... Telefon!“, rief Vala durchs ganze Haus, doch niemand antwortete ihr. Also beschloss sie, selbst abzunehmen. „Hallo, bei O`Neill!“, sagte sie und am anderen Ende der Leitung wurde es still. „Vala? Sie?“, wollte schließlich eine vertraute Stimme wissen.
Der Telefonhörer hüpfte in Valas Händen und so drückte sie schnell auf den roten Knopf, welcher das Gespräch beendete.
„Hi, Vala“, sagte Jack gut gelaunt, als er in die Küche kam. Er schnappte sich eine Orange aus dem Obstkorb und fing an, sie zu schälen.
„Da ist aber heute jemand gut drauf“, stellte Vala fest, „Willst du mir sagen, wer daran schuld ist?“
„Wer hat angerufen?“, mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht zeigte er zum Telefon.
„Niemand!“
„Wenn niemand angerufen hat, warum hat es dann geklingelt?“
Erst jetzt registrierte sie, dass sie den Hörer noch immer in der Hand hielt. Schnell legte sie ihn weg und beschloss, wieder zu Michael nach draußen zu gehen.
Jacob Carter starrte währenddessen ein wenig fassungslos auf sein Telefon.
Er hätte es wissen müssen! Bei der Abschlussbesprechung schon! Wie Vala Daniel angeschaut hatte... und wie enttäuscht ihr Gesichtsausdruck war, als sie hörte, er würde mit Janet wegfahren... Natürlich konnte er nicht mit Sicherheit sagen, ob das der Grund für ihre „Flucht“ war, aber er hatte schließlich auch eine Tochter, die sich Hals über Kopf in einen Mann verliebt hatte, mit dem sie ihre Gefühle nicht teilen konnte...
„Sir“, rief plötzlich ein Airman, „Ich habe herausgefunden, wer Ihr Zugticket entwendet hat!“ Er schwenkte ein Blatt Papier in der linken Hand. „Es ist Vala gewesen. Sie hat ihre Kreditkarte gestern Vormittag in einem Kaufhaus in Fernando Valley benutzt.“
„Danke, Airman“, dass Jacob inzwischen selbst darauf gekommen war, wollte er dem Mann nicht sagen. Er nahm sich vor, ein neues Ticket zu kaufen und sie zu überraschen. Die würden vielleicht Augen machen!
Als er zur Bürotür hinausmarschierte, kamen ihm Daniel und Janet entgegen. „Sollten Sie nicht ins Kapstadt sein?“, er legte die Stirn in Falten.
„Es gab Ratten in unserem Hotel!“, Janet klang sauer, „Ich lasse Daniel nie wieder einen Last Minute- Urlaub buchen! Nie wieder!“ Sie ging davon, ohne sich auch nur einmal nach ihnen umzudrehen. Daniel kratze sich nervös am Kopf. „Und Sie, Jake? Sollten Sie nicht bei Sam und Jack in Kalifornien sein?“
„Sie werden es nicht glauben... Vala hat mein Zugticket gestohlen.“
„Sie haben recht. Das kann ich nun wirklich nicht glauben... Warum Sie das wohl getan hat?“
„Ich bin dabei, es herauszufinden, Daniel. Und was stellen Sie mit Ihrem restlichen Urlaub an?“
Jetzt grinste er. „Ich wollte Sie fragen, ob ich mitkommen könnte. Sam redet am Telefon ständig über ihr neues Zuhause und ich würde es auch gerne sehen.“
„Kommt Doktor Fraiser auch mit?“
„Wohl nicht, sie ist immer noch sauer auf mich.“
Zu zweit machten sie sich auf den Weg zum Bahnhof von Colorado Springs.
Die ganze Gruppe, die Arbeiter mit eingeschlossen, hockte eben beim Mittagessen, als es stürmisch an der Tür klingelte. „Ich sag dir, die Jets gewinnen am Sonntag!“, rief Jack, während er rückwärts zur Haustür lief, „Nein, Owen, widersprich mir erst gar nicht!“
Er öffnete die Tür und wunderte sich, warum plötzlich Jacob und Daniel vor ihm standen. „Hi“, sagte er.
„Hi, Jack“, Jacob klang böse, „Ist Vala da?“
Wortlos zeigte Jack auf die Hintertür, versuchte dennoch, etwas zu sagen. Da stürmte Jacob schon an ihm vorbei, fegte durchs Haus zur Hintertür hinaus. Er musste eine Weile suchen, bis er Vala unter den vielen Menschen am Tisch sitzen sah. Sie hockte neben einem jungen Mann im T- Shirt und neben Samantha, die Ilayda auf dem Arm hielt und sie fütterte. Jemand musste etwas amüsantes gesagt haben: Die Menschen am Mittagstisch lachten. „Was habt ihr heute vor?“, fragte Sylenna, die Vala gegenüber saß. Michael und seine Freundin sahen sich verliebt an. „Ich habe mir gedacht, das ich meine Königin heute Abend zum Essen entführe und wer weiß...“
„Er hat jedenfalls eine schöne Wohnung!“, sagte Vala, drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
Razar reichte ihnen seinen Teller quer über den Tisch. Er wollte Nachschlag vom Nudelsalat. Vala wollte aufstehen, damit sie die Schüssel besser erreichte, da entdeckte sie Daniel und Jacob vor dem Haus stehen. „Entschuldigt mich“, ohne sie anzuschauen, gab sie den Teller an Sylenna weiter und ging auf die beiden Besucher zu. „Jacob“, begann sie trocken, “Sind Sie mir böse, weil ich Ihre Karte gestohlen habe?“
„Sie hätten mich fragen können.“
„Hätten Sie mir die Karte denn gegeben?“
„Nein, aber Sie hätten mitfahren können. Ich habe Ihre Situation verstanden. Ich bin nicht dumm, Vala.“
„Ach ja?“, sie verschränkte ernst die Arme vor der Brust, „In welcher Situation befand ich mich denn?“
„Daniel wollte nichts von Ihnen wissen.“
Daniel, der bis jetzt nur zugehört hatte, zog überrascht die Augenbrauen hoch. Vala ist in ihn verliebt? Er korrigierte sich: Nachdem was er gesehen hatte, WAR sie in ihn verliebt. Da saß jetzt ein junger Mann am Tisch, den sie eben geküsst hatte.
„Vala, waren Sie denn in mich... Ich meine, das hätten Sie.... Wenn ich das gewusst hätte....“
„Daniel“, mahnte Jack ihn und ging an ihm vorbei, „Machs nicht noch schlimmer... Wollt ihr mitessen?“
Sam freute sich sehr, als ihr Vater und Daniel bei ihnen am Tisch platz nahmen. Ihr fiel auf, dass Vala jetzt kein Wort mehr mit Michael wechselte. „Geht’s dir gut?“, wollte er von ihr wissen. Schweigend nickte sie.
„Bist du sicher?“
Wieder ein nicken von ihr.
„Wenn du es dir mit heute Abend anders überlegt hast, ist das auch kein Problem für mich.“
Vala schüttelte heftig mit dem Kopf. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie Daniel sie beobachtete. Oh Gott, sie glaubte fast, sterben zu müssen. Ein Klos bildete sich in ihrem Hals und als Daniel und Jacob verkündeten, sie würden den Rest ihres Urlaubes in einem Motel in Fernando Valley verbringen, war sie drauf und dran, davon zu laufen. Sie wünschte sich so sehr, Daniel hätte ihr ihr Versteck gelassen. Jetzt war er hier und Michael... Eine Träne floss über ihr Gesicht. Es war vorbei, alles war vorbei.
Ihre Beziehung zu Michael könnte nie wieder die selbe sein.
Innerlich stellte sie sich das Abschiedsdrama nächstes Wochenende vor. Es würde furchtbar sein: Er würde ihr das Herz rausreisen und es für immer bei sich behalten.
Zwei Monate waren seit ihrer Rückkehr auf die Basis vergangen. Sie brachte es nicht übers Herz, Michael anzurufen. Das würde sie nicht überleben. Er fehlte ihr und eine einzige Bitte hätte genügt und sie wäre nach Kalifornien zurückgekehrt.
Welche Bedeutung hatte diese Schwärmerei für Daniel? Keine? Sie wusste es nicht...
Sie war aufgewühlt, konnte nicht mehr schlafen und nicht mehr essen. Wenn dieses Gefühl das mit ihr anrichtete, dann wollte sie lieber sterben, alles es ein Leben lang ertragen zu müssen.
Sie stütze ihre Stirn in ihre Handfläche und starrte müde auf den Tisch. Janet ließ sich in einen Stuhl neben sie fallen.
„Sie sehen so blass aus. Wann haben Sie zum letzten Mal ausgeschlafen?“, fragte Janet und die Frau grinste sie schief an, „Vala, geht’s Ihnen gut?“
„Ja, ich... Michael fehlt mir so sehr“, sie wischte sich eine Träne aus den Augen, „Entschuldigung, ich muss eine Weile alleine sein.“ Sie flüchtete förmlich in ihr Quartier und warf sie weinend aufs Bett. Sie hatte Janet eben nicht angelogen. Michael fehlte ihr wirklich.
Endlich beruhigte sie sich und stütze das Kinn auf ihr Kissen. Ihr Blick wanderte durch das Zimmer und blieb an einem dicken Bilderbuch hängen. Sie hatte während ihres Aufendhaltes in Kalifornien viele Fotos gemacht. Wie in Trance schlenderte sie zu dem Bilderbuch, öffnete es und setzte sich auf ihr Bett zurück.
Sie betrachtete ein Foto von Jack und Sam und ihren Kindern: Sie saßen gemeinsam auf der Hollywoodschaukel auf der Veranda und Sam versuchte, ihr süßes sechs Monate altes Baby mit der Flasche zu füttern. Auf einem weiteren Bild entdeckte sie Michaels Schwester Nicole und deren Freund Owen: Beide winkten ihr zu. Das nächste Bild ließ Vala den Atem anhalten. Es waren die Pferde. Das weiße und das braune. Die beiden, die immer gemeinsam unter dem gleichen Baum standen. Das braune Pferd hatte immer liebevoll den Hals um die Schulter des Schimmels gelegt. Warum hatte sie sie fotografiert? „Die beiden sind unzertrennlich. Sie gehören für immer zusammen“, hatte Sylenna ihr erklärt, „Der eine kann ohne den anderen nicht sein.“
Vala atmete auf. Spaßeshalber hatte sie Sam und Jack mit diesen Pferden verglichen. „Alles ist vorbestimmt.“
Sie blätterte das Album seine Seite weiter. Hier fand sie ein Bild von sich und Michael. Energisch schlug sie das Buch zu. Sie wusste, was sie jetzt tun musste. Vala stand auf. Sie musste dringend mit Jacob Carter reden...
„Hoffentlich kommt sie noch“, sagte Sam am nächsten Tag und schob Ilaydas Kinderwagen vor und zurück, „Hoffentlich hat sie den Bus nicht verpasst.“ Dann endlich entdeckte Sam ihre Freundin in der Menschenmasse des Fernando Valley Busbahnhofes.
„Vala!“, rief Sam und winkte. Dann rannte sie geradewegs zu Vala. Deren Tasche plumpste auf den Boden, als sie sich umarmten. Beide hüpften wie die Kinder auf und ab und lachten fröhlich.
„Ich hab die Nachricht schon gehört!“, erzählte Sam, beide freuten sich noch mehr. Jetzt kam auch Elyse auf sie zu gewackelt und wollte mithüpfen. „Hi, Eylse!“, Vala ging in die Knie um das Kind in den Arm zu nehmen.
„Wollen wir nach Hause fahren?“, fragte Sam und hob ihre Tasche auf, „Jack ist natürlich eingeweiht, aber ich hab Michael noch nicht gesagt, dass du kommst...“ Zusammen gingen sie zu Ilaydas Kinderwagen zurück.
„Es soll ja auch eine Überraschung werden.“
„Wie lange willst du diesmal bleiben?“
„Weiß nicht!“, sie grinste geheimnisvoll. Vala tat es gut, wieder hier zu sein. Die Weinberge, die Sonne und ihre Freunde hatten ihr gefehlt.
„Halte hier bitte an“, verlangte Vala, als sie fast da waren und Sam bremste ihren Wagen ab. Ratlos schaute die Fahrerin aus dem Fenster. „Was willst du hier? Das ist die Straße zum Weingut von...“
„Michaels Vater, ich weiß“, Vala schnallte sich los, ohne den Blick von der Straße zu nehmen, „Ich gehe alleine. Du musst nicht mitkommen.“
„Das hatte ich auch nicht vor“, Sam blieb zurück und schaute Vala nach, als sie die Straße hinaufging. Bevor sie das Gut erreichte, führte ein kleiner Kiesweg nach links. Sie folgte dem Weg und kam schon bald an einen großen Grabstein, auf dessen Sockel ein wunderschöner, steinerner Engel stand. Langsam kniete sie davor und strich das Moos weg.
„Hier ruht Maria“, las sie flüsternd vor, „Geliebte Frau und Mutter.“
„Sie war meine Frau“, sagte plötzlich eine alte Stimme und Vala drehte sich hastig um. Ein Mann hatte die ganze Zeit über unter einem schattigen Baum gesessen und sie beobachtet.
„Kannten Sie meine Frau?“, wollte er mit einem prüfenden Blick wissen.
„Ich bin die Freundin von jemandem, der sie kannte.“
„Falls Sie zu David Carters Freunden gehören, Sie haben hier nichts verloren. Das ist Privatbesitz. Ansonsten lasse ich die Polizei rufen.“
Vala richtete sich auf. „Er hatte recht“, sagte sie, „Tut mir Leid, Sie gestört zu haben, Sir.“ Sie rieb sich über die Arme und marschierte davon. Sam schaute sie etwas besorgt an, als sie den Wagen erreichte.
„Geht es dir gut?“
„Ja“, sie musste schlucken, „Können wir jetzt nach Hause fahren?“
Ihr Magen zog sich zusammen, als sie das Haus erreichten. Sie schaute nach links und konnte sehen, wie einige der Männer dabei waren, den Holzzaun für die Pferde zu erhöhen. Michael war unter ihnen. Er und Jack saßen rittlings auf dem Zaun und versuchten, einen weiteren Balken zu befestigen.
„Mike, du hast Besuch!“, rief Jack und schmunzelte. Natürlich hatte er Sams Auto längst gesehen. Es hatte jetzt in der Garage angehalten.
„Wo?“, Michael blickte sich suchend um.
„In der Garage!“
Dieses Mal sah er genauer hin und vor der Garage sah er Vala stehen. Vala! Sie war wieder da! Und sie kam direkt auf ihn zu! Er musste sicher sein, dass sie nicht das Ergebnis eines Hitzeschlags der kalifornischen Hitze war.
Er bemerkte gar nicht, wie er immer schneller auf sie zu ging. Auch Vala lief schneller als sonst. „Michael!“, sie fiel ihm regelrecht in die Arme und dann wirbelte er sie glücklich herum. „Hey, lass mich runter! Sonst wird mir noch schlecht.“ Er setzte sie auf den Boden ab und behielt sie in den Armen.
„Warum bist du zurückgekommen?“, wollte er wissen und schaute ihr tief in die Augen.
„Weil du mir etwas versprechen musst“, sie lächelte ihn strahlend an, „Wir nennen es Maria, wenn’s ein Mädchen wird, ja?“
-
Hey,
eine wirklich gute FF die du Geschrieben hast. ich hoffe das es weiter geht. Ich will nämlich wissen wie es weiter geht.
Bis dann.
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Ja, ich will auch wissen, was jetzt weiter passiert! Bitte schreibe schnell weiter.
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Ist ja gut! hier gehts doch weiter!
*********
Titel: 16 Days
Autor: Dancing Star
Genre: Romance
Pairing: Sam/ Jack, Daniel/ Vala
Rating: 12
Einladung zur Hochzeit
Wir heiraten am 12. August auf dem Weingut von Jack und Samantha O´Neill.
Bitte geben Sie bis zum 01. August bescheid, ob Sie erscheinen werden.
Bei Fragen wenden Sie sich an diese Telefonnummer 555- 14123.
Grüße von Michael und Vala
Dass sie die Einladungen verschickt hatten, war nun knapp einen Monat her. Heute war der letzte Tag, den das Paar als unverheiratete Leute verbringen würde und Michaels Freunde hatten beschlossen, eine Party für ihn zu geben. Vala konnte sich vorstellen, wie die aussehen würde: Bestimmt würden sich die Männer mit Bier betrinken und anschließend in irgendeiner Strippbar eine Stripperin engagieren und... Oh Gott, daran wollte sie nicht mal denken.
Hoffentlich würden ihre Freunde sie ein wenig ablenken. Sie hatte vor, den Abend auf dem Weingut zu verbringen. „So gehört sich das, die Männer zum Feiern und die Frauen ins Bett“, hatte Janet, die ebenfalls angereist war, gesagt, aber zum Glück war Sylenna dazwischen gegangen: „Auf Rel feiert das Paar gemeinsam.“
Vala hätte wahnsinnig gerne mit Michael und den anderen gefeiert.
Sie übernachtete heute im Gästezimmer. Nachdem Jack und Sam im März eingezogen waren, hatte es das nicht gegeben. Inzwischen war bereits August und sie hatten es geschafft, das oberste Stockwerk neu zu renovieren. Jetzt durfte Vala im Gästezimmer übernachten. Das andere leerstehende Zimmer behielten sich Jack und Sam vor.
Unten klopfte es an die Tür und Samantha öffnete sie. Janet kam herein und umarmte erst Sam, dann drückte sie die kleine Elyse. „Wo ist Vala? Ich hab ein Geschenk für sie?“
„Sie ist oben!“
Zuletzt trafen Sylenna und Nicole ein. Zusammen machten sie sich einen schönen Abend. Sie saßen im Wohnzimmer und unterhielten sich über die verschiedensten Dinge.
„Sylenna, erzähl mir etwas über die Hochzeitstraditionen auf Rel“, verlange Vala verträumt.
„Rel?“, fragte Nicole, „Wo liegt das?“ Nicole wusste nicht, dass Sylenna und Razar von einem anderen Planeten kamen. Ihr wurde immer erzählt, die beiden würden aus der Türkei stammen. Und so antwortete Samantha wie aus der Pistole geschossen: „Das ist eine Gegend am Mittelmeer.“
Sylenna lächelte. „Die Verlobung wird am Abend vor der Hochzeit gefeiert, oder auch am gleichen Abend. Die Frauen der Familien verbrennen Kräuter um die Götter der Fruchtbarkeit zu ehren.“
„Bei euch kam das aber ein wenig spät“, stellte Vala Sam gegenüber fest.
„Oh, danke sehr.“ Sam zog ein Gesicht, dass Vala ein wenig an Teal´c erinnerte.
„Und was tragen die Frauen auf Rel bei ihrer Hochzeit?“
„Meist ein rotes Kleid.“
„Ach“, sagte Vala, „Ich finde diese Art viel schöner. Wenn ich ein weises Kleid trage, sehe ich aus, wie Michael Jackson.“ Alle lachten.
„Hee, und wenn Janet Daniel heiratet, ist sie Janet Jackson“, Nicole kicherte. Ein seltsamer Ausdruck machte sich in Janets Gesicht breit.
Sam musste es wohl bemerkt haben, denn sie stand auf und ging zur Wohnwand hinüber. „Möchte jemand einen Kirschwein? Eigener Anbau... Ziemlich alt...“
„Ja, ich!“, Janet stand ebenfalls auf. Sie ließ sich ein Glas einschenken.
„Was ist los?“
„Wo?“
„Bei Daniel und dir.“
„Nichts, wie kommst du darauf?“ Gut, Janet wollte also nicht reden aber Sam beschloss, dass sie es auf jeden Fall erfahren würde. Sie blieben bis spät in die Nacht auf und verabschiedeten sich erst um zwei Uhr morgens voneinander. Sam schlief, sobald sie in der Horizontalen lag. Vala jedoch, einige Zimmer weiter, bekam überhaupt kein Auge zu. Sie war viel zu aufgeregt...
„Verdammt, wo ist denn hier der Ausgang?“, fragte Vala unter einem weisen Stoffzelt. Im Moment versuchte sie, ihr Hochzeitskleid anzuziehen. „Er ist hier“, sagte Sylenna und griff in das Zelt hinein, nach Valas Arm. Mit Hilfe von Sam zog sie ihr das Kleid über die Schultern.
„Du hast zugenommen.“
„Als ich das Kleid gekauft habe, war die kleine Maria ja auch nicht sonderlich groß.“
„Ich hab dir gesagt, wir warten, bis kurz vorher. Hoffentlich zerquetscht du dein Baby nicht.“
„Du hättest auch ein anderes Kleid haben können“, meldete sich Sylenna zu Wort, „So wie auf Rel zum Beispiel.“
„Das hätte Michael nicht gefallen“, erklärte Vala und Sam befahl ihr, sie solle kurz den Bauch einziehen, „Er ist strenger Katholik... Au! Das zwickt.“
„Entschuldigung.“
Es klopfte an der Tür und Janet linste herein. „Hat jemand mein Kleid gesehen?“, fragte sie. Heute ging wirklich alles drunter und drüber. Sam hatte ihr das Kleid doch ins Hotel schicken lassen!
„Ach, da ist es ja!“ Janet schnappte sich das himmelblaue Kleid. Alle Trauzeuginnen würden das Gleiche tragen.
„Das gehört Nicole.“
„Nicole hat ihr Kleid schon an.“ Mit diesen Worten verschwand Janet wieder.
„Du musst dir noch die Haare machen“, sagte Sam zu Vala und klopfte ihr die Schulter, „Schaffst du das?“
„Ja.“
„Alles okay?“
„Natürlich.“ Vala lächelte als sie gingen. Leise schloss sich die Tür hinter ihnen. Etwas verloren kamen sich Sam und Sylenna auf den Flur vor. Im ganzen Haus herrschte Chaos: Janet suchte nun nach ihrer Handtasche, Nicole versuchte am Handy, ihren Dad dazu zu überreden, doch zur Hochzeit zu kommen, Jacob Carter vermisste seine Fotokamera, Daniel hatte sich im Eifer des Gefechts auf seine Brille gesetzt und Elyse hatte sich mit Janets Schminke bemalt.
„Ich frage Razar, wo Michael bliebt“, sagte Sylenna und Sam nickte zustimmend. Dann eilte sie die Treppe hinunter. Am anderen Ende des Flurs wurde eine Tür geschlossen.
„Wow!“, meinte eine vertraute Stimme zu ihr, „Ma´am, Sie sehen wunderschön aus. Darf ich fragen, ob Sie für heute schon eine Begleitung haben?“ Jack nahm Sam in den Arm und lächelte sie an.
„Die haben ich, Sir. Wenn Sie mich jetzt bitte loslassen. Meinem Mann gefällt es nicht, wenn mich fremde Männer so plötzlich umarmen,“ Sie grinste ebenfalls zurück, „Du siehst auch sehr gut aus, mein Schatz.“
„Bekomm´ ich noch einen Kuss?“ Er näherte sich seiner Frau und bevor er sie küssen konnte, wurde hinter ihnen die Tür aufgerissen. „Platz da, ich muss mal durch!“ Mit wehendem Kleid stürzte Vala an ihnen vorbei.
„Wo willst du hin?“
„Auf die Toilette. Das haben Schwangerschaften leider so an sich.“ Wieder knallte eine Tür.
Jacob schien seine Fotokamera gefunden zu haben, denn auf einmal sahen Sam und Jack etwas vor sich blitzen. „Was ist mit deiner Ersatzbrille, Daniel?“, fragte Jacob und stand nun vor Daniel.
„Hoffentlich findet er die bald“, murmelte Jack Sam zu, „Ich hab keine Lust, den ganzen Tag Blinde Kuh zu spielen.“ Sam lachte und gab ihm einen Klaps auf die Schulter.
Nicole schien plötzlich ein anderes Problem zu haben: „Wo bleibt Michael bloß?“
„Ich konnte ihn auf dem Handy nicht erreichen“, stellte Jack fest.
„Gehen wir doch nach unten“, schlug Sam vor. Sie wollte später nach Vala sehen, wie weit sie mit ihren Haaren gekommen war. Sylenna rannte in ihrem blauen Kleid zur Hintertür. „Geht’s schon los?“, fragte Janet, und wollte ebenfalls loslaufen. Die Trauung würde jedoch erst in zwanzig Minuten beginnen.
Sie waren kaum unten, schrillte das Telefon.
Jack bat alle, in den Garten hinaus zu gehen und dort platz zu nehmen. Er warf einen fragenden Blick zu Samantha, die noch immer telefonierte. Sie legte den Hörer ab und kam auf Nicole zu.
„Nicole, gehst du bitte ans Telefon. Das Gespräch ist für dich.“
Mit einem erschrockenem Gesichtsausdruck ging sie zu der Kommode, auf der das Telefon lag und sagte leise „Hallo“. Während des Gesprächs begann sie, bleich zu werden, fand Sam.
„Und? Wo ist Michael?“, wollte Jack von ihr wissen, als sie zu ihnen zurückkam. Nicoles Gesicht wirkte noch immer starr und völlig emotionslos.
„Wo ist Vala?“, sie ging an ihnen vorbei und die Treppe hinauf zum Gästezimmer.
Sylenna und Samantha folgten ihr besorgt. Die Holztür hinter Nicole wurde geschlossen und die beiden konnten nur noch lauschen. Sie bekamen Fetzen des Gesprächs und Gluckslaute von Nicole mit.
„... Autounfall.... Owen war betrunken..... Krankenhaus.... Koma.“ In dem Zimmer herrschte nun Stille und Sam und Sylenna beschlossen, zu ihren Männern zurück zu gehen.
„Nun, wo ist Michael?“, wollte Razar wissen. Sylenna schüttelte traurig mit dem Kopf.
„Owen hat auf dem Weg hierher einen Unfall gebaut. Soweit ich verstehen konnte sind sie im Krankenhaus und einer von beiden liegt im Koma. Ich weiß nur nicht, wer“, Sams Stimme zitterte.
Oben auf der Galerie wurde die Tür des Gästezimmers geöffnet. Nicole kam herunter und blieb vor ihnen stehen. „Sorry“, sagte sie und unterdrückte ihre Tränen, „Michael liegt im Koma. Die Ärzte sagen, es sieht nicht sehr gut aus.“
„Wie geht es Vala?“, wollte Sylenna von ihr wissen und Nicole schluchzte.
„Nicht sehr gut.“ „
„Können wir ins Krankenhaus fahren?“
„Die Ärzte operieren noch. Wir werden benachrichtigt, falls es Neuigkeiten gibt.“
Alle wechselten einen betroffenen Blick. „Ich sage dann den Gästen bescheid.“ Jack ging in den Garten hinaus und stellte sich von die Menschenmenge, die ihn erwartungsvoll anschaute. Er holte ein letztes Mal tief Luft, bevor er.... „Entschuldigung“, er war deutlich nervös, „Die Feier muss verschoben werden. Michael und Owen hatten auf dem Weg hierher einen Unfall. Sie sind im Krankenhaus.“
Ein Raunen ging durch die Menge, als Jack davonlief und einige ihm nachschauten. Daniel stand sofort von seinem Platz auf und folgte ihm.
„Wo ist Vala?“, fragte er, als sie im Haus angekommen waren.
„Ehrlichgesagt halte ich das für keine sehr gute Idee“, meinte Jack, doch Daniel war schon die Treppe hochgegangen und ohne zu Klopfen ins Gästezimmer marschiert. Vala mochte vielleicht keine Gefühle mehr für ihn haben, aber er war immer noch ihr Freund. Er konnte sie nicht alleine lassen. Nicht jetzt.
In dieser Nacht schlief niemand. Jack und Sam saßen noch immer in ihrer Festtagskleidung in der Hollywoodschaukel und starrten vor sich hin. Razar und Sylenna saßen ihnen gegenüber, während Janet auf der untersten Stufe der Treppe hockte.
Sam dachte daran, wie schön der heutige Tag hätte werden können: Sie hatte ein rührendes Gedicht für die Hochzeit vorbereitet und Elyse hätte vor Vala hergehen und Blumen streuen sollen. Nichts von all dem war eingetreten...
„Ich hab Hunger“, meldete sich Jacob zu Wort, „Dein Kühlschrank ist leer, Sam.“
„Ist alles für das Hochzeitsessen draufgegangen... Iss einen Salat.“
Mit einem Schulterzucken öffnete Jacob die Schüssel und lud sich Blattsalat auf seinen Teller. Er verzog das Gesicht, als er in den Salat biss. „Sauer macht bekanntlich lustig.“
„Ja, könnten wir alle brauchen“, stimmte Janet zu und rieb sich mit den Händen einmal übers Gesicht.
„Wer hat den Salat gemacht?“
„Vala.“
„Er ist sauer.“
„Gibt es schon Neuigkeiten aus dem Krankenhaus?“, Jack wollte über etwas anderes reden. Nachdem die Gäste alle gegangen waren, hatten sie gewartet und gewartet, aber niemand hatte angerufen. Nicole war ins Krankenhaus gefahren, doch auch sie hatte sich nicht gemeldet.
„Wie spät ist es?“
„Ein Uhr morgens.“
„Ich bringe Elyse hoch“, sagte Sam und nahm ihre Tochter in den Arm.
„Gute Idee, ich komme mit“, Jack stand auf, „Bleibt ruhig sitzen, wenn ihr wollt.“ Die Meisten verabschiedeten sich auch. Sie wollten zumindest versuchen, schlaf zu finden.
Drei Stunden später nahm Sam nur vage wahr, dass unten das Telefon klingelte. Wie in Zeitlupe stand sie auf und lief die kalte Treppe hinunter. Ein kühler Wind wehte durchs Haus. Zu kühl, für August.
Sie hob ab. „O´Neill“, meldete sie sich und lauschte dem Rauschen an anderen Ende der Leitung. Vermutlich befand sich der Anrufer draußen, oder an einer Straße.
„Hallo, wer ist da?“, fragte sie nach.
„Hier... Hier ist Nicole.... Michael ist... Michael ist vor zwanzig Minuten...“
Das Telfon krachte auf den Boden. Sam musste sich an der Kommode festhalten um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Alles um sie herum begann sich zu drehen. Wie sollte sie das nur Vala beibringen?
Offenbar hatte jemand den Knall, den das Telefon verursacht hatte, gehört. Jack kam die Treppe heruntergeflitzt und entdeckte sie vor der Kommode sitzend. „Was ist passiert? Hat Nicole angerufen?“
Sie nickte wortlos und Tränen flossen ihr übers Gesicht. Er wusste, was geschehen war.
„Komm her“, er legte ihr die Hand in den Nacken und zog sie in seine Arme. Sie fühlte, wie er ihr einen beruhigenden Kuss aufs Haar gab, aber ihre Gedanken kreisten nur um zwei Personen: Vala und ihr Baby... Sie hatte keine Ahnung, wie sie es Vala sagen sollte.
Das brauchte sie jedoch nicht. Vala hatte ebenfalls gehört, wie das Telefon auf den Boden gekracht war. Neugierig war sie aufgestanden und zur Tür gelaufen. Sie hatte gesehen, wie Jack seine weinende Frau umarmte. Das war es ihr eigentlich klar, warum sie weinte.
Michael war tot! Tot....
Vala fühlte sich plötzlich seltsam schwindelig. Ihre Knie wurden weich und der Türgriff glitt aus ihren Händen. Sie bemerkte noch einen Schmerz am Kopf, dann fiel sie in einen langen traumlosen Schlaf.
Als Vala aufwachte, fühlte sie ein weiches Bett unter sich. Der Vorhang am Fenster wehte und sie sah einen Mann davor stehen. Der Mann hatte ihr den Rücken zugewandt und sagte nichts.
„Michael?“, Vala hob den Kopf. Vielleicht war der letzte Tag ja nur ein böser Traum gewesen. Ihr Besuch drehte sich jetzt zu ihr herum.
„Nein, ich bins... Daniel.“ Er setze sich zu ihr aufs Bett. „Wie geht’s dir, Vala?“
„Ich fühle mich, als müsste ich selbst sterben.“
„Rede nicht so. Du musst an dich und dein Baby denken. Wie steht es um die kleine Maria?“
Vala wich seinem Blick aus. „Wir wussten bis jetzt nicht, was es werden würde, Daniel. Außerdem: Woher wusstest du, dass wir es nach seiner Mutter benennen wollen?“
„Michael hat´s mir erzählt.“
Als er seinen Namen erwähnte, zog sich alles in Vala zusammen. „Was hat er dir sonst noch erzählt?“
„Ich hatte den Eindruck, dass er der richtige für dich ist und das er dich gut behandelt.“
Vala drehte sich auf die linke Seite. Warum war er hier? Warum war Daniel hier und streute noch Salz in die Wunde indem er ihr erzählte, was für ein toller Mensch Michael war?
„Was machst du hier?“, fragte Vala, „Sollest du nicht längst wieder in Colorado sein und den Typen vom Stargate Center irgendwelche altägyptischen Schriftrollen übersetzten?“
„Nun, Jake und Janet sind zwar wieder losgefahren aber ich bin noch da, wie du siehst. Du solltest in dieser schweren Zeit nicht alleine sein.“
„Geh jetzt bitte. Ich brauche keinen Trost.“
„Hör zu...“
Vala wollte sich noch immer nicht zu ihm herumdrehen. „Wenn ich Hilfe brauche, melde ich mich schon.“
„Okay“, entmutigt ging er zur Tür, „Aber versprich mir, dass du dich wirklich meldest, wenn du mich brauchst.“ Er wollte sich noch einmal zu ihr Umdrehen, doch sie lag jetzt auf der rechten Seite, damit sie ihn nicht ansehen musste. Draußen verabschiedete er sich von Sam und Jack und bat auch sie, ihn anzurufen, falls sich Valas Zustand verschlechtern sollte. Selbst im Flugzeug konnte er nicht aufhören, an Vala zu denken. Sie hatte gesagt, dass es ihm nichts anging, dass sie ihm nichts anging. Das tat sie aber... Sie ging ihn sehr wohl etwas an...
Zwei Wochen waren seit Michaels Tod vergangen und Vala hatte sich in dieser Zeit sehr verändert: Sie stand nicht mehr auf, sie kam nicht mehr zum Essen an den Tisch und sie redete kaum ein Wort mehr. Die lebensfrohe und stürmische Frau, die selbst Sam dazu überredet hatte, Kleider und hohe Schuhe zu tragen, war spurlos verschwunden. Stattdessen gab es nur noch diese vereinsamte Seele, die in ihrem Kummer ertrank.
Ohne zu klopfen stieß Sam die Tür zum Gästezimmer auf. Dort wohnte Vala noch immer. Sie hatte nicht in Michaels Wohnung in Fernando Valley zurückgehen wollen. Alles dort erinnerte sie an ihn. Sogar das Kinderzimmer für ihr Baby...
Ein einziges Mal hatten sie sie dazu bringen können, ihr Zimmer zu verlassen. Sam hatte gefragt, ob sie ihr noch etwas bringen könnte und Vala hatte eine Wärmflasche gewollt. Also füllte sie die Wärmflasche mit Wasser. Jack hatte sie beobachtet, die Flasche genommen und selbst weitergemacht. Später stellte sich heraus, dass er den Verschluss absichtlich nicht ganz zu gedreht hatte. Valas Bett wurde nass und sie selbst so wütend, dass sie die Wärmflasche persönlich im Bad ablieferte. Jack hatte sich natürlich ein Lachen verkneifen müssen, Sam hatte nur den Kopf geschüttelt. Aber Vala war aus ihrem Zimmer herausgekommen und das war ein positiver Erfolg, wenn auch ein sehr kurzer.
Sam stellte ein Tablett mit einem Teller auf ihren Nachttisch. Das Essen duftete gut. Nun nahm Sam auf der Bettkante platz. „Du musst etwas essen“, versuchte Sam auf sie einzureden. Nicht umsonst hatte sie heute Valas Lieblingsessen gemacht. Jeder hier beschwerte sich, wenn sie Huhn in Salzkruste machte, sie mochte es ja nicht einmal selbst essen.
Vala hatte ihr noch immer den Rücken zu gedreht und sprach kein einziges Wort.
„Denk an dein Baby.“
„Michaels Baby.“
„Ich weiß, dass es schwer ist.“
„Gar nichts weißt du.“
„Doch“, Sams Stimme war sehr ruhig, „Jack und ich...“
„Ihr wurdet nie durch den Tot voneinander getrennt und ich bete für euch, dass ihr es nie sein werdet! Michael jedoch kommt nie wieder zu mir zurück.“
„Das ist wahr, ja“, gab Sam zu.
„Geht jetzt bitte.“
Wortlos stand Sam auf, das Tablett ließ sie hier, falls Vala es sich anders überlegte. Draußen vor der Zimmertür traf sie auf Daniel. „Wie geht’s ihr?“
„Sie isst nicht mehr. Danke, dass du so schnell hergekommen bist“, Sam umarmte Daniel dankbar. Seit Michaels Tot war das Leben auf dem Weingut eingefroren. Niemand schien sich mehr zu freuen. Sam wagte es nicht, auch nur darüber nachzudenken, dass sie und Jack über weiteren Nachwuchs redeten.
Gestern hatte sie Daniel endlich angerufen und ihm von Valas schlechter Verfassung erzählt. Er hatte keine Sekunde lang gezögert und sich ins nächste Flugzeug nach Kalifornien gesetzt.
„Mach ich doch gerne“, er betrat Valas Zimmer, „Sam sagte mir, du willst nicht essen.“
„Was tust du hier?“
„Nachdem Sam mich angerufen hat, bin ich sofort hergekommen.“
„Hättest du dir sparen können.“
„Jedenfalls“, fing Daniel an, „War der Flug ziemlich unangenehm. Ich hab uns übrigens Karten für ein Theaterstück besorgt. Du magst doch, Theater, oder?“ Keine Antwort. Daniel entdeckte das Tablett auf ihrem Nachttisch. „Weißt du, ich hab während des Fluges nichts zum Essen bekommen... Wollen wir nicht runtergehen und den anderen Gesellschaft leisten?“
Wieder nichts.
Daniel griff nach dem Teller und der Gabel. Als Vala das Klappern des Bestecks hörte, drehte sie sich zu ihm. Sie sah, wie er die Gabel zu seinem Mund führte. „Oh Gott, du willst doch nicht etwa...?“
„Wenn du es nicht isst, wird es schlecht.“
„Du kannst Hühnchen nicht ausstehen.“
Daniel zuckte mit den Schultern und steckte sich das Hähnchen tatsächlich in den Mund. Er kaute darauf herum und bemühte sich, nicht allzu angewidert auszusehen.
„Daniel, du musst nicht...“
„Ich habe Hunger und ich werde nicht gehen, bevor ich dich aufgemuntert habe.“ Jetzt verzerrte er doch das Gesicht. Vala krocht auf Knien übers Bett zu ihm um ihm den Teller abzunehmen. „Okay, wir gehen runter damit du etwas bekommst, was dir auch schmeckt. Was hat Sam heute sonst noch gekocht?“
„Nudeln mit Tomatensoße.“
„Gut, gehst du bitte raus damit ich mich anziehen kann?“
Er gehorchte und wartete draußen vor der Tür. Schließlich kam sie mit Jeans und Karobluse bekleidet heraus.
Am Tisch herrschte Schweigen, als Vala platz nahm. „Schön, dich zu sehen, Vala“, erklärte Ed schließlich und alle aßen weiter. Vala bedankte sich, als Sylenna ihr den Nudeltopf reichte. „Worüber habt ihr gerade gesprochen?“, wollte sie wissen. Das war ein gutes Zeichen! Der erste Schritt war getan.
„Über...“, setze Ed an, aber Jack unterbrach ihn. Vala musste nicht unbedingt wissen, dass Michaels und Owens Unfall noch immer das Topthema war. Owen ließ sich seit dem Unfall hier nicht mehr sehen. Sam hatte zufällig von Ed gehört, dass sich Nicole von ihm getrennt hatte. Wahrscheinlich hatte sie ihm nicht verziehen, dass er für den Tod ihres Bruders verantwortlich war. Immerhin war Owen am Steuer des Wagens gesessen.
„Schönes Wetter heute, was?“, fragte Daniel während des Essens plötzlich nach und Vala nickte zustimmend. Heute schien die Sonne vom Himmel und ein frischer Wind wehte. Ein ideales Wetter.
„Jedenfalls wollen wir heute versuchen, ob wir auf dem Bullen reiten können“, erzählte Razar weiter, „Er ist jetzt völlig ausgewachsen und wenn’s gut läuft, können wir schon bald zum Rodeo mit ihm gehen.“
„Hast du das schon öfter gemacht?“, fragte Sam.
„Wir haben uns auf einem Rodeo kennen gelernt“, grinste Sylenna.
„Bei so einer Sache kann man sich bestimmt einige Knochen brechen“, kaum hatte Jack dies gesagt, machte sich ein finsterer Schatten auf Valas Gesicht breit. Sam sah es und Jack erhielt unter dem Tisch einen Tritt ins Schienbein.
„Kann ich mir den Bullen mal anschauen?“, fragte Daniel und Razar war sofort begeistert. Er fing an, ihn zu mögen. „Gleich nach dem Essen, wenn du möchtest.“
Und so trafen sich nach dem Essen alle beim Bullengehege. Dieser schwarze Bulle war das einzige männliche Tier von Razars kleiner Herde. Das kräftige Tier stand hinter einem hohen Metallgehege und beäugte sie skeptisch. „Möchtest du versuchen, ihn zu reiten?“, fragte Razar und lehnte locker auf der Abzäunung. Daniel musterte den Bullen. Warum waren wohl seine Hörner abgesägt worden?
„Klar, aber erst, wenn du mir sagst, warum er keine Hörner mehr hat.“
„Es ist nicht sehr schön, von einem wilden Bullen aufgespießt zu werden.“
„Soll... Soll das heißen, der ist gar nicht zugeritten?“, fragte Daniel unsicher. Jack, der eben Sams weises Pferd hinter sich herführte und zufällig an ihnen vorbeigelaufen war, hatte seine Frage gehört.
„Das ist ein Bulle, Danny, und kein zahmes Schaukelpferd.“
Noch immer unsicher schaute Daniel zu Vala, die gemeinsam mit Sylenna an anderen Ende des Reitplatzes stand und sich gespannt auf den Zaun lehnte. Razar hatte seinen Blick gesehen.
„Wenn du sie damit beeindrucken willst, lass es lieber. Sicher wäre es nicht schön, wenn Vala dich runterfallen sieht... Es sei denn du kannst reiten.“ Razars Stimme war sehr leise.
„Kann ich nicht... Aber könnest du mir trotzdem ein Pferd geben?“
Razar versprach, das Pferd zumindest herumzuführen, während Daniel darauf saß. Das braune Pferd lief brav neben seinem Herren her, als Daniel plötzlich selbst die Zügel in die Hand nahm.
„Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist“, meinte Razar nachdenklich.
„Das ist kein Problem. Ich bin in Ägypten schon mal auf einem Kamel geritten.“
Plötzlich näherten sich von rechts zwei Pferde. „Ja“, stimmte Sam zu und warf einen Blick zu Jack, „Nur sind wir hier nicht in Ägypten und du sitzt auch nicht auf einem Kamel.“
„Ich weiß nicht, wo da der Unterschied sein soll.“
„Der Unterschied ist“, Sam bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Nicole aus ihrem Wagen stieg, „Dass ein Pferd einige Stundenkilometer schneller läuft als ein Kamel.“
Die Tür zu Nicoles Wagen knallte laut zu. Daniels Pferd erschreckte und preschte los. Der Braune rannte panisch über den Hof und anschließend den Weinberg hinunter. Geschockt bemerkte Nicole, was sie da angestellt hatte und versuchte, sein Pferd aufzuhalten. Nach zwei Schritten gab sie jedoch auf. So würde sie das Pferd nie einholen können. Zwei weitere Pferde preschten vorbei.
Dann stiegen Ed und Vala in den Geländewagen und folgten ihnen ebenfalls.
Das Pferd erreichte das Ende des Weinberges und rannte nun über eine grüne Wiese. Der arme Daniel wurde während der Flucht seines Reittieres ziemlich durchgeschüttelt, aber Jack und Sam waren ihm zum Glück dicht auf den Fersen. Jack deutete seiner Frau an, dass sie rechts neben dem Pferd bleiben sollte. Sie nickte und ließ ihren Schimmel schneller gehen. Die drei Pferde gingen jetzt fast nebeneinander her und Jack konnte sich nach den Zügeln ausstrecken. Endlich bekam er sie zu fassen und als alle drei zeitgleich bremsten, wirbelten sie eine Staubwolke auf.
„Ed, halten Sie an!“, sagte Vala und war schon dabei, ihren Sicherheitsgurt zu lösen. Sie sprang aus dem silbergrauen Geländewagen und rannte auf Daniel zu. Der war inzwischen vom Pferd gestiegen.
„Daniel!“, Vala war besorgt, „Geht’s dir gut?“
„Ja. Kann ich vielleicht mit dir und Ed im Auto zurückfahren?“
Vala drehte sich um. Der Rückweg zum Haus würde einen steilen Berg hinaufführen.
„Kein Problem.“
„Gut, wir nehmen Apophis mit zurück“, sagte Jack vom Pferd aus und nickte. Daniel verstand erst nicht ganz: „Wie bitte?“
„Das Pferd“, Sams Augen flitzten hin und her, „Es heißt Apophis.“
„Es macht seinem Namensvetter alle Ehre“, sagte Daniel und nahm wahr, dass Vala und Jack leise lachten.
Er war trotzdem dankbar, als Vala und Ed mit ihm im Auto nach Hause fuhren.
In der Nacht war Vala erneut aufgewacht. Sie hatte damit gerechnet, nicht schlafen zu können. Seit Michaels Tod plagten sie Alpträume, in denen sie ihn in dem Unfallauto sterben sah. Doch heute hatte sie noch etwas anderes geträumt: Sie sah Apophis (das Pferd) mit Daniel davon jagen und dann sah sie, wie er aus dem Sattel auf den Boden fiel.
Ihre Kehle fühlte sich trocken an. Sie beschloss, dass sie Wasser brauchte und da ihr Glas leer war, musste sie nach unten gehen. Im Kühlschrank gab es sicher noch eine Flasche.
Ungemütliche Kälte herrschte im Haus, als sie die Treppen hinunter ging. Sie war wohl nicht die einzige, die nicht schlafen konnte: Vom Wohnzimmer aus sah sie, wie Jack und Sam nebeneinander im Garten auf einer Bank saßen. Er hatte den rechten Arm um ihre Schultern gelegt und sie hatte sich an ihn gekuschelt, ihr Kopf lehnte an ihm und er verteilte kleine Küsse auf ihrem Haar. „Siehst du dieses Sternbild dort oben?“, fragte er plötzlich und zeigte zum Himmel, „Das ist Pegasus. Der Hauptstern ist etwa 110 Lichtjahre von der Erde entfernt.“
„Schatz“, flüsterte sie und legte eine Hand auf seine Brust, „Pegasus ist ein Herbststernbild... Das dort oben ist der Schlangenträger.“
„Was?... Ehrlich?“ Innerlich verpasste sich Jack selbst einen Tritt in den Hintern. Auf Rel war es einfacher gewesen, die Sternbilder auseinander zu halten. Jedes einzelne hatte eine Geschichte, da die Leute auf Rel diese Bilder nach ihren Göttern benannt hatten. Er konnte sich heute noch sehr gut daran erinnern, wie sie in einer Nacht draußen gesessen hatten und er ihr die Geschichte der Göttin Ishika erzählt hatte, die von ihrem Vater verbannt wurde, weil sie sich in einen mittellosen Sterblichen verliebt hatte. Er konnte sich noch daran erinnern, dass ihr Kopf auf seinem Schoss gelegen hatte, er ihr Haar streichelte, ihr Kinn sanft berührte und sie schließlich liebevoll küsste.
„Schau mal, eine Sternschnuppe“, sagte sie und schmiegte sich noch weiter in seine Arme, „Was wünscht du dir?“
„Ich wäre gerne wieder auf Rel... mit dir allein. Weit weg von all diesem... Ich liebe dich“ er legte eine Hand unter ihr Kinn und sah ihr in die Augen.
„Denkst du wirklich, wir wären zufriedener, wenn wir noch auf Rel wären?“
„Sam, ich hab jetzt ein >Ich liebe dich auch< erwartet.“
„Warum weichst du meiner Frage aus?!“
Vala zuckte im Hintergrund zusammen. Bahnte sich hier etwa ein Streit an?
„Ich habe zumindest darüber nachgedacht, wie es wäre“, sagte Jack zu ihr. Sam lächelte jetzt. „Das war genau das, was ich von dir wissen wollte. Ich liebe dich, Jack. Weißt du, was ich mir wünsche?... Wer weiß, vielleicht bekommen wir ja dieses Mal unseren kleinen Sohn....“ Während sie ihn küsste, wirbelte der Wind ihre Haare durcheinander und sie kicherte.
Vala erinnerte sich an den Grund, warum sie eigentlich aufgestanden war. Sie wollte in die Küche gehen, hatte die Rechnung aber ohne den Holzboden gemacht: Das Brett, auf das sie trat, ächzte wie verrückt.
Ein wenig erschrocken hatten sich Jack und Sam wieder voneinander gelöst. Das Geräusch hatte sie aufhorchen lassen. „Wer ist da?“, fragte er und stand auf. Bevor er sie sehen konnte, war Vala in die Küche geschlichen und machte Licht. „Ist hier jemand?“, fragte sie zurück. Sie spielte die Unwissende.
Beide hörten das Zischen eines Flaschenverschlusses.
„Es ist nur Vala gewesen“, Jack setzte sich wieder und schaute in das unsichere Gesicht seiner Frau.
„Was, wenn sie uns gehört hat?“ Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich unwohl. Nach Michaels Tod hatte sie das Gefühl, Vala vor den Normalitäten des Lebens beschützen zu müssen. Jetzt, wo sie ihr Zimmer doch einmal verlassen hatte, wollte sie nicht, dass ein falsches Wort, eine falsche Geste oder eine unüberlegte Handlung dieses Erfolgserlebnis zunichte machten.
„Schon okay“, sagte Jack zu ihr und legte einen Arm um ihre Schultern, „Es ist Zeit, dass Vala wieder anfängt zu leben, verstehst du. Wir sind aber nicht die richtigen, um ihr dabei zu helfen.“
„Sind wir nicht?“
„Nein. Aber ich kenne jemanden, der es kann.“
Am nächsten Tag deckte Sam beim Frühstück für zehn Personen. Als sie Vala jedoch aus dem Haus laufen sah, deckte sie für eine weitere Person. Nie hätte sie damit gerechnet, dass Vala ohne einen trickreichen Einfall von Daniel ihr Zimmer verlassen würde. Die anderen am Tisch dachten wohl genauso. Jedenfalls sahen sie sehr überrascht aus, als Vala als letzte am Tisch platz nahm.
„Guten Morgen!“, rief sie. Sie hatte sich im Haus noch eine Packung Hering geholt.
„Fisch zum Frühstück?“, fragte Daniel nach, als das Filet mit Tomatensoße auf ihren Teller klatschte.
„Ja“, hauchte sie, „Sam, reichst du mir bitte mal die Sahne rüber?“
Alle verfolgten, wie sie mit glänzenden Augen den Hering unter einem Sahneberg begrub. Dann fing sie an zu essen.
„Willst du dich umbringen indem du dich vergiftest?“, wollte Jack von ihr wissen.
„Nein“, Vala brauchte einen Nachschlag an Sahne, „Es sollte normal sein, dass man als Schwangere komische Sache isst.“
„Wir dachten da eher an saure Gurken.“ Sam musste den Kopf schütteln. Alleine bei der Vorstellung an Hering mit Sahne fuhr ihr Magen Aufzug. Sie hatte, während sie mit Elyse schwanger gewesen war, ziemlich viele Äpfel gegessen. Es waren so viele, dass Jack eines Tages zu ihr gesagt hatte, wenn sie so weitermachen würde, würde sie im Frühjahr selbst einen Apfel zu Welt bringen und kein Baby. Daraufhin hatte sie ihm ein Kissen entgegen geworfen.
Beim Frühstück erzählte Daniel, dass er heute noch einmal nach Fernando Valley fahren würde. Sofort machte sich ein entsetzter Ausdruck auf Valas Gesicht breit. Er würde doch nicht etwa schon wieder gehen? „Was machst du in Fernando Valley?“
„Oh, ich muss etwas abholen. Ein Päckchen beim Postamt. Ich werde länger blieben und darum hab ich mir einige meiner Arbeiten aus dem Stargate Center schicken lassen.“
Vala war erleichtert. Gegen Mittag fuhr Daniel alleine in die Stadt. Sie würde es nie zugeben, aber sie hatte gelauert, ob er seine Tasche mitnehmen würde... und ob er überhaupt zurückkäme. Sie hockte gespannt am Fenster und endlich sah sie sein Auto im Hof anhalten. Er war zurückgekommen.
Vala hüpfte auf die Couch, schnappte sich ein Buch und tat zusätzlich so, als wäre sie schwer beschäftigt. Sie selbst hatte sich Ohrenhörer aufgesetzt, genauso wie ihrem Bauch.
„Was macht ihr da?“, fragte Daniel und blieb in der Tür stehen.
„Musik hören... Zumindest ich. Ich finde es nicht gut, wenn das Baby schon jetzt mit Rapparolen zugetextet wird... Wusstest du eigentlich, dass dein letztes Buch auch als Hörbuch erschienen ist?“ Sie blätterte weiter.
„Wusste ich nicht.“
„Gut, dafür kennt das Baby das Buch.“
„Willst du damit etwa sagen, es muss sich meine Theorie anhören, dass die Ägypter die Pyramiden gar nicht gebaut haben?“
„Und das ganze fünf Stunden lang.“ Vala legte das Buch und die Kopfhörer weg. Dann sprang sie auf.
„Ich... Ich wollte dich etwas fragen“, fing sie an. Aufgeregt knetete sie ihre Hände.
„Möchtest du...“, erneut geriet sie ins Stocken, „Also, ich wollte dich fragen, ob du mich vielleicht begleiten möchtest... zum... Zum Arzt...“
„Gerne sogar.“
„Was ist aus dir und Janet geworden?“, diese Frage beschäftigte Vala schon die ganze Zeit und endlich fand sie Kraft, sie auszusprechen, während sie die Stadtpromenade entlang schlenderten.
„Weiß nicht“, er zog die Schultern hoch, „Seit unserem Südafrikaurlaub scheint etwas schief zu laufen.“
„Wirklich? Sie lässt sich das nicht anmerken.“
„Ja, aber ich möchte jetzt nicht darüber reden“, er schaute zu ihr und sie blinzelte, weil die Sonne so sehr schien.
„Wie heißt euer Baby eigentlich, wenn es ein Junge wird?“, fragte Daniel und hielt ihr die Tür zur Arztpraxis auf. Darüber hatten sie und Michael gar nicht nachgedacht. Aber seit Michael tot war, stand für sie fest, dass das Baby, wenn es ein Junge werden würde, seinen Namen bekäme.
„Michael“, antwortete sie und stieg die Treppen hinauf. In der Praxis meldete sich Vala an und die Arzthelferin sagte, sie könne sofort mitkommen, da ein Behandlungszimmer frei wäre.
„Ihr Mann kann auch mitkommen, wenn er möchte“, sagte die junge Frau.
Bevor Vala etwas sagen konnte, antwortete Daniel mit einem einfachen „Gerne“, und folgte ihr. Vala musste sich auf eine Liege setzten und wollte dort warten, bis der Doktor käme. Stille herrschte nun in dem kleinen Raum. „Sam und Jack möchten ein weiteres Baby. Wusstest du das?“, fragte sie plötzlich.
„Nein. Das haben sie mir gar nicht gesagt.“
„Das würden sie auch nicht. Vermutlich, weil sie denken, du erzählst es mir.“
„Was soll daran schlimm sein?“
„Denkst du, ich merke nicht, wie sie ihm unterm Tisch ins Schienbein tritt, wenn er beim Essen etwas über Michael oder Owen sagt? Oder wie sie das Thema wechseln, wenn sie merken, dass ich in der Nähe bin. Heute bin ich nachts aufgewacht und habe einen Spaziergang durchs Haus gemacht. Die beiden saßen draußen auf der Terrasse und haben ziemlich verliebt miteinander geflirtet. Als sie mich gesehen haben, haben sie damit aufgehört.“
„Das wäre auch nichts ungewöhnliches. Ich würde auch nicht wollen, dass man MIR dabei zusieht.“
„Was?“, Vala stieß Luft aus, „Die beiden haben doch nicht...!“
In diesem Moment öffnete ein Mann im weisen Kittel die Tür und schüttelte ihnen die Hand. Dann griff er nach einem Ultraschallgerät und Vala musste sich hinlegen. „So, wir wollen versuchen, herauszufinden, ob Junge oder Mädchen.“ Sie schauten gespannt auf den Monitor des Gerätes. Vala erkannte das Baby sofort, Daniel benötigte viel Fantasie dazu. „Was ist das?“, fragte Vala und zeigte auf etwas Längliches.
„Das ist ein Bein“, erklärte der Doktor.
„Und das?“
„Das ist ein Arm... Es will sich uns wohl nicht zeigen... Hier ist der Kopf. Das Kleine hat Ihre Nase, Sir“, meinte der Arzt zu Daniel. Das glückliche Lächeln aus Valas Gesicht verschwand und Daniel sah betroffen zu Boden. „Wir sind nicht... Also das Baby ist nicht von mir“, erklärte er und der Doktor konzentrierte sich wieder auf den Bildschirm. „Entschuldigung, ich wusste nicht, dass Sie ihr Bruder sind.“
„Bin ich auch nicht. Sagen wir einfach, ich bin ein guter Freund.“ Daniel grinste den Arzt seltsam an und versuchte Valas fragendes Gesicht zu ignorieren. Sie fragte anschließend nach dem etwaigen Geburtstermin und ließ sich von der Dame an der Rezeption einen neuen Termin geben. Dann verließen sie und Daniel die Praxis. „Tut mir Leid, dass dich der Arzt für meinen Mann gehalten hat“, entschuldigte sie sich. „Ach, was“, er steckte die Hände schüchtern in die Hosentaschen, „War doch ganz lustig.“
„Ja“, kam es tonlos von ihr. Sie schaute ihn an und für einen Moment schien die Zeit still zu stehen. Mit einem einzigen Schritt trat sie näher an ihn heran und legte eine Hand auf seinen rechten Unterarm.
„Schade, dass wir nicht herausgefunden haben, ob es nun ein Junge oder ein Mädchen wird“, sagte er schließlich und der Moment war vorbei.
„Du hast Recht“, Vala nahm sofort wieder Abstand von ihm. Schweigend gingen sie nebeneinander her. Da begegnete ihnen Sam. „Hallo“, sagte Vala zu ihr und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sam sah ziemlich gestresst aus.
„Tut ihr beiden mir einen Gefallen?“, fragte sie, „Kümmert euch ein bisschen um Elyse. Ich muss dringend zum Zahnarzt und es ist schon schlimm genug, dass ich Ilayda mitnehmen muss... Also, würdet ihr sie bitte nehmen?“
„Wie sollen wir sie denn beschäftigen?“, fragte Daniel.
„Warum ausgerechnet wir?“, kam es von Vala, aber da wurde ihr Elyse schon in den Arm gedrückt.
„Erstens: geht doch mit ihr in den Zoo, zweitens: Damit du schon mal für DEIN Baby üben kannst, Vala.“ Sam winkte ihnen und schob dann Ilayda in ihrem Kinderwagen davon. Elyse quengelte ein wenig, als ihre Mom davonging.
„Da bleibt uns wohl nichts anderes übrig, wie?“, gab Daniel schließlich nach. Er führte Vala zu seinem Auto zurück und dann machten sie sich zu dritt auf den Weg nach Sacramento. Daniel zahlte am Zooeingang für drei Personen und ihre erste Station waren die Pinguine. Anschließend schauten sie sich im Afrikahaus die Nilpferde an (von denen bekamen sie jedoch nur den Rücken zu sehen: Die meisten Tiere dösten unter Wasser), bestaunten einige Krokodile und als Daniel vorschlug, ins Spinnenhaus zu gehen, erklärte Vala ihn für völlig durchgeknallt. Sie hielten zwischendurch an einem Hot Dog Stand und kauften für Elyse einen rosa elefantenförmigen Luftballon.
„Hey, sieh mal, der Strauß dort drüben!“, rief Vala und zeigte auf eine Straußendame, die an einem Wasserbecken stand. Der Strauß war schon etwas wackelig auf seinen langen Beinen und schließlich verlor das arme Tier das Gleichgewicht und stürzte Seitwärts in den Tümpel. Als das Federvieh das kalte Wasser spürte, schlug es aufgeregt mit den Flügeln.
Vala lachte und sie gingen zum nächsten Gehege weiter. Dort warteten Giraffen auf sie und als Elyse die großen Tiere sah, ließ sie vor Schreck ihren Luftballon los. Der rosa Elefant flog alleine gen Sonne. Elyse heulte und dachte auch nicht daran, aufzuhören. Erst als Daniel ihr einen neuen Luftballon schenkte, gab sie Ruhe. Sie blieben bis zum Abend und kauften hier und da noch einige Souvenirs.
Der Rückweg nach Fernando Valley dauerte etwa eine halbe Stunde. Als sie zuhause ankamen, dämmerte es und Elyse schlief bereits, Daniel erklärte, dass er auch ziemlich erledigt war. Immerhin hatte er das Kind den ganzen Tag über tragen müssen. „Danke, dass ihr auf sie aufgepasst habt“, erklärte Jack und nahm seine schlafende Tochter auf den Arm, „Wir waren heute sehr beschäftigt... Ich hab Pizza bestellt. Möchtet ihr mitessen?“
Dankbar nahmen sie in der Küche platz. „Wie geht’s Sam?“, fragte Daniel.
„Jack, wo bleibt mein Eisbeutel?“, rief eine missmutige Stimme vom Wohnzimmer aus. Das Kühlfach öffnete sich und Jack warf einen blauen Beutel in die Luft. „Kommt sofort, Schatz“, meinte er und fügte etwas leiser hinzu, „Die haben ihr einen Weisheitszahn gezogen, sprecht sie heute besser nicht mehr an.“
Das war jedoch leichter gesagt als getan: Elyse war aufgewacht und strampelte so sehr, das ihr Dad sie absetzen musste. Sie rannte nun zu ihrer Mutter, die im Wohnzimmer auf der Couch lag und zeigte ihr ihren Luftballon aus dem Zoo. „Sam, möchtest du auch ein Stück Pizza haben?“, fragte Jack und sie gab zurück, dass sie ein kleines Stück durchaus vertragen könnte.
„Welche möchtest du haben?“ Viel Auswahl gab es ja nicht mehr: Vala hatte sich ein Stück Tunfischpizza und ein Stück Hawaiipizza geschnappt und zu allem Überfluss noch Schokolade. Die verteilte sie auf den beiden Stücken.
„Hey, wollen wir morgen vielleicht in die Stadt fahren?“, fragte Jack. Er bemühte sich, nicht zu sagen, dass sie aber nicht Essen gehen würden. Valas Essgewohnheiten waren zur Zeit nichts für empfindliche Mägen.
„Eine gute Idee“, stimmte sie zu, „Ich brauche dringend neue Schuhe.“
Sie blieben noch ziemlich lange sitzen. Sam jedoch war die erste, die sich für die Nacht verabschiedete.
„Tja, ich werde dann mal...“, im Haus herrschte bereits Dunkelheit, als Daniel dies zu Vala sagte.
„Du musst nicht ins Hotel fahren.“
„Wo soll ich denn sonst übernachten? Auf der Couch? Komm schon, das ist nicht gut für meinen Rücken.“
„Du könnest... Du könntest... Also du könntest bei mir...“
„Bist du sicher?“
„Ja!“
„Wirklich?”
“Ziemlich sicher!”
“Ich möchte dich zu nichts drängen.”
„Aber das tust du doch nicht“, sie seufzte und ließ die Schultern hängen, „Sag bescheid, wenn du es dir überlegt hast.“ Sie drehte sich um und ging in ihr Zimmer hinauf.
Fünfzehn Minuten später hockte Vala alleine auf der Bettkante und schaute zum Fenster hinaus. Draußen war Vollmond und eine Fledermaus flog am Haus vorbei. Vala fragte sich, was zum Teufel in sie gefahren war, Daniel zu bitten, heute Nacht bei ihr zu bleiben. Sie vermisste Michael, natürlich. Und in ihrem Herzen gab es einen Ort, der ausgefüllt werden möchte. War Daniel der richtige dafür? Was würde Nicole von ihr denken, wenn sie nicht mal einen Monat nach Michaels Tod mit Daniel die Nacht verbrachte? Vermutlich würde sie ihr den Kopf abreisen.
Vala wollte noch einmal aufstehen, doch da klopfte es an der Tür und jemand streckte den Kopf herein.
„Daniel!“, ein breites Lächeln erschien auf Valas Gesicht.
„Ja... Mein... Der Tank meines Autos ist leer. Ich muss wohl über Nacht hier bleiben.“
„Schön, dass du es dir überlegt hast.“ Sie rutschte zur Seite. Auch, wenn sie sich freute, dass er geblieben war, wirkte sie ein wenig unsicher, als sie nebeneinander lagen und sie das Licht ausknipste. Sie wagten es beide nicht, etwas zu sagen. Vala drehte sich nach links um die Eule zu beobachten, die auf dem Baum vor ihrem Fenster saß. Daniel lag da und starrte mit hinter dem Kopf verschränkten Armen die Decke an. Er hatte keine Ahnung, wie lange er das getan hatte, aber irgendwann registrierte er, dass das Atemgeräusch neben ihm gleichmäßig und ruhig wurde. Sie lag noch immer auf der linken Seite. Vermutlich deshalb, weil man ihr gesagt hatte, für werdende Mütter wäre es ungünstig, auf dem Rücken zu schlafen.
Vorsichtig rutschte Daniel näher an sie heran und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Wange.
And I give up forever to touch you
'Cause I know that you feel me somehow
You're the closest to heaven that I'll ever be
And I don't want to go home right now
And all I can taste is this moment
And all I can breathe is your life
'Cause sooner or later it's over
I just don't wanna miss you tonight
And I don't want the world to see me
'Cause I don't think that they'd understand
When everything's made to be broken
I just want you to know who I am
And you can't fight the tears that ain't coming
Or the moment of truth in your lies
When everything seems like the movies
Yeah, you bleed just to know you're alive
“Hier kommt die Zahnbürste, Elyse”, sagte Sam zu ihrer Tochter und beugte sich zu ihr runter. Die Kleine drehte augenblicklich den Kopf weg: Sie hasste Zähneputzen. Sie begann zu brüllen und zu weinen, als ihre Mutter nun auch noch ein Zahnputzlied sang. Schnell schrubbte Sam Elyse´s kleine Milchzähnchen, dann trug sie sie auf dem Arm in den Flur hinaus. Sie wollte das Frühstück vorbereiten.
Auf dem Flur, der noch halb von der Morgendämmerung erfasst war, öffnete sich plötzlich ein Tür und Daniel kam mit zerzausten Haaren und faltigem Pyjama heraus. Sam war erstaunt, ihn zu sehen, war es doch Valas Zimmer, welches er eben verlassen hatte. „Guten Morgen“, sagte er zu ihr und gähnte.
Sie war zu sprachlos, um etwas zu erwidern. Sie hätte nicht einmal fragen können, warum er heute Nacht hier geblieben war. Außerdem gehörte sich das nicht, dachte sie. Das war ganz alleine Valas Sache!
Währenddessen schloss Daniel hinter sich die Badezimmertür. Er fand es nicht schlimm, dass Sam ihn gesehen hatte. Ihm wäre es nur lieber gewesen, wenn er endlich wüsste, was nun aus ihm und Vala werden würde. Sie bedeutete ihm viel. Und er beschloss, dass er es ihr sagen müsste...!
„Vala, ich liebe dich“, sagte Daniel ernst, „Ich liebe dich so sehr, dass ich mir ein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen kann. Bitte komm mit mir nach Colorado zurück.“
„Das ist alles?“
„Wie, das ist alles?“
„Du kannst dir ein Leben ohne Vala nicht vorstellen und bittest sie gleich, mit dir nach Colorado zurückzukehren. Findest du nicht, dass du mit der Tür ins Haus fällst?“ Sam zog die Augenbrauen hoch. Seit gut einer Stunde saßen sie nun schon im Garten und überlegten, wie Daniel Vala erklären sollte, dass er sich hoffnungslos in sie verliebt hatte.
„Was soll ich denn sonst sagen? Hast du vielleicht eine bessere Idee?“ Jetzt entdeckte Daniel Jack. „Hee, Jack. Komm mal her! Vielleicht kannst du mir helfen.“
Jack nahm auf einem Gartenstuhl bei ihnen am Tisch platz. „Worum geht’s denn?“
„Wie sage ich Vala, dass ich sie liebe? Wie hast du es Sam gesagt?“
„Er hat es mir nicht gesagt“, Sam tätschelte tröstend seine Hand, „Er hats mir bewiesen.“
Sam und Jack tauschten nun Platz. „So schwer kann das nicht sein. Sag ihr einfach, was du für sie empfindest.“
„Das will ich ja... Aber deine Frau ist der Meinung, dass ich mit der Tür ins Haus falle.“
„Wie willst dus Vala denn sagen?“
„Ich will ihr sagen, dass ich mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen kann und dass ich mir wünsche, dass sie mit mir nach Colorado zurückkommt.“
„Sam hat recht: Du FÄLLST mit der Tür ins Haus.“ Sam freute sich, dass Jack ihrer Meinung war, Daniel war überrascht. „Was? Warum?“
„Wegen des Babys, denk doch mal nach“, Jack trank einen Schluck Wasser, „Der Vater ihres Babys ist zwar tot, aber nicht alle seine Verwandten. Denk an Nicole.“
„Soll das heißen, dass...“
„Hi Leute“, Vala war aus dem Nichts aufgetaucht und klopfte Daniel die Schulter, „Worüber redet ihr?“
„Oh, über Türen... und Häuser“, schwindelte Jack und beruhigte sich damit, dass es doch nicht gelogen war. Er schaute zu Sam. „Komm, wir gehen.“ Gemeinsam standen sie auf und Vala nahm nun auf seinem Stuhl platz. „Was ist denn mit denen los?“
„Ach, nichts. Vala, ich muss mit dir reden...“
„Oh, gut. Ich auch mit dir. Ich wollte dich fragen, ob wir heute Nachmittag unbedingt mit Sam und Jack in die Stadt müssen. Den ganzen Morgen fühle ich mich schon nicht gut. Worüber wolltest du mit mir reden?“
„Über“, Daniel stockte, „Über das Stargate Center... Kannst du dir vorstellen, jemals wieder dorthin zurückzukehren?“
„Warum fragst du das?... Haben die dich etwa gebeten, mich zu fragen, ob ich wiederkomme?“
„Nein. Das möchte ICH gern wissen, weil... Weil es ohne dich nicht mehr das selbe wäre.“
„Wow“, Vala warf sich ihre langen Haare über die Schulter, „Nett, dass du das sagst.“
„Ich möchte nicht, dass es nett ist. Ich möchte dein Freund sein, verstehst du? Ich liebe dich und es ist mir egal, ob alle der Meinung sind, ich überfalle dich damit. Es ist mir egal, was die anderen über uns denken.“ Während er sprach bemerkte er ihr fassungsloses Gesicht. „Was ist, warum sagst du nichts mehr?“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, sie schnappte nach Luft, „Daniel, ich kann... ich kann...“
„Schon gut. Du musst nichts sagen. Ich weiß, wie du denkst“, er stand auf, ging ins Haus und fünf Minuten später hörte Vala die Haustür zuschlagen und einen Motor starten. Samantha kam eilig aus dem Haus.
„Was hat er denn?“, fragte sie.
„Oh Gott, was hab ich getan?! Kannst du mich zu Flughafen bringen?“ Unterwegs musste Vala ihr alles erklären. Sie erzählte, das Daniel ihr gesagt hatte, er würde sie lieben und dass sie selbst keinen Ton mehr herausgebracht hatte. Jetzt hasste sie sich dafür. Von Sam erfuhr sie, dass er vor einigen Minuten im Haus seine Tache gepackt und wortlos gegangen war. Vala ahnte, wenn er ins Flugzeug stieg, würde sie ihn nie wieder sehen.
Vor dem Flughafengebäude hatte Sam den Geländewagen noch nicht mal zum stehen gebracht, da war Vala schon ausgestiegen und hineingerannt. In der Menschenmasse jedoch fand sie Daniel nicht. Also eilte sie mit ihrem dicken Bauch zum Flughafenschalter und erzählte der Dame dort, dass sie dringend eine Durchsage machen musste. „Das geht nicht, Ma´am. Da könnte ja jeder kommen“, meinte sie.
„Sie verstehen nicht!“, Vala lag schon fast auf der Theke, „Ich liebe diesen Mann. Wenn er jetzt in dieses Flugzeug steigt, sehe ich ihn niemals wieder. Können Sie keine Ausnahme machen?“
„Nein, Ma´am.“
Tränen der Verzweiflung stiegen in Valas Augen.
„Gehen Sie bitte“, die Frau an der Rezeption wirkte völlig ernst. Niedergeschlagen ging Vala an den anderen Fluggästen vorbei und ließ sich auf einem der Plastikstühle im Loungebereich nieder. Weinend schlug sie die Hände vors Gesicht und schluchzte laut. Plötzlich reichte ihr jemand einen Becher Wasser.
„Danke!“, seufzte sie, ohne hochzusehen.
„Bitte!“, meinte die Stimme. Vala erkannte sie.
„Daniel!“, sie sprang auf und schlang heftig die Arme um ihn, „Du bist nicht im Flugzeug?“
„Nein!“, er schüttelte mit dem Kopf, „Dort gehe ich so schnell auch nicht hin.“
„Zumindest nicht ohne mich, was?“
Fast ein Jahr später, wieder im August, griff Vala nach einem Foto von sich und Michael, welches bei Sam und Jack zuhause auf dem Kaminsims stand. Vala trug ein hübsches Sommerkleid und aus den Augenwinkeln sah sie, wie Sam mit einer Salatschüssel in der Hand nach draußen ging.
Vala war heute nur zu Besuch. Seit September letzten Jahres hielt sie sich wieder in Colorado auf. Sie und Daniel bewohnten ein kleines Häuschen in einem Vorort von Colorado Springs.
„Daniel, lass Maria nicht mit der Gabel spielen“, hörte sie Sam dann schimpfen. „Rabenvater!“, schoss es ihr automatisch ins Gedächtnis und sie lachte. Das war jedoch wirklich eine Ausnahme. In den letzten acht Monaten hatte sich Daniel gut geschlagen: Er ertrug sie und die kleine Maria noch immer.
Vala stellte das Foto von Michael auf den Kamin zurück. Sie ging hinaus und setzte sich an den Tisch. „Wer möchte das erste Steak?“, fragte Jack.
„Einen Moment bitte!“, Jacob war der Meinung, das er jetzt dran war, „Stellt euch doch bitte alle dort drüben vor diesen Baum.“
„Wozu?“, fragte Sylenna skeptisch und sah durch die Runde.
„Für ein Foto.“
Sam nahm Ilayda an sich. Wenn ihr Dad wieder in Colorado war und der Meinung wäre, er könnte die Ferne besser mit einem Foto von ihnen allen überbrücken, sollte er es bekommen. Nebeneinander stellten sie sich vor dem großen Baum auf. Sylennas Kinder und Elyse hatten sich auf den Boden gesetzt. „Ich muss auch noch etwas loswerden!“, meinte Daniel plötzlich und alle schauten ihn an. Jacob warf verärgert einen Blick durch den Sucher seiner Digicam. „Hat das nicht Zeit bis nach dem Foto?“
„Hat es nicht, ich würde mich gerne in zehn Jahren noch an Valas Gesicht erinnern.“
Valas Herz blieb stehen und sie fürchtete schon, sie würde Maria fallen lassen, als er vor ihr in die Knie ging. „Willst du mich heiraten?“
Plötzlich herrschte Stille. Alle Augen waren auf Vala gerichtet. Maria zog frech an den langen Haaren ihrer Mom. Fast so, als wollte sie sie anspornen, endlich etwas zu sagen.
Wieder erschien dieses breite Lächeln auf ihrem Gesicht. „Ich will!“
Daniel stand auf und legte stolz einen Arm um sie. Jetzt waren sie für das Foto bereit.
Es wurde das schönste Bild, dass eine Woche später bei jedem Zuhause einen Platz im Wohnzimmer fand...
*** Fin? ***
-
Fin? Du wagst es diese Frage noch zu stellen? ICH WILL EINE FORTSETZUNG! Damit das klar ist.^^
Der neue Teil war sehr bewegend. Arme Vala das gleich der Mann sterben musste den sie Liebt. Aber trozdem noch ein sehr schönes ende ich hoffe es GIBT EINE FORTSETZUNG!
Bis dann.
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Author: Dancing Star
Titel: One Week (eine Fortsetzung zu Two Years usw.)
Pairing: S/J, Daniel/ Vala
Rating: 12 ?
Anmerkung: Ich entschuldige mich bei allen “Fans” dieser Story. Ich hatte erst Abschlussprüfung und dann große Probleme auf der Arbeit, da hatte ich fürs Schreiben keinen Nerv. Aber jetzt geht’s mir besser und ich bin wieder da. Es geht auch weiter... WEnn ich schon mal dabei bin, muss ich für euch gleich noch mal Teil 1 neu reinstellen (hab das inzwishcen schon 1000 mal überarbeitet).
Mit einen leisen Brummen schob Sam ihre Bettdecke beiseite. Es war Samstagmorgen und die Sonne schien ihr mitten ins Gesicht. Gerne hätte sie noch etwas länger geschlafen, aber wach zu sein hatte auch Vorteile: Sie könnte noch ein wenig Zeit mit Jack alleine verbringen. Sie streckte den Arm nach ihm aus und stellte fest, dass er nicht neben ihr lag. Mit einem Mal war sie hellwach und saß aufrecht im Bett.
Das kam jetzt schon zum dritten Mal in dieser Woche vor. Dass er so früh aufstand, um joggen zu gehen, glaubte sie inzwischen nicht mehr. Das hatte einen anderen Grund. Die letzte Telefonrechnung hatte sie stutzig gemacht: Er telefonierte seit einer Woche mehrmals täglich mit einer Nummer in Sacramento. Außerdem rannte er seit geraumer Zeit ständig in einen Textildiscounter um neue Shirts zu kaufen. Sie sah die Quittungen und nahm an, dass er nicht wollte, dass sie die alten Shirts sah. Warum auch immer. Vermutlich ließ er sie in einer Wäscherei waschen oder er warf sie gleich weg. Sie musste herausfinden, was hier vor sich ging.
Mit dem rechten Arm streckte sie sich nach ihrem Bademantel, zog ihn an und schlich leise nach unten. Sie hatte Glück, er stand in der Küche und schüttete Cornflakes in eine Schüssel. Sam wollte ihm guten Morgen sagen, als in diesem Moment das Telefon schrillte. Ohne sich umzudrehen, nahm er ab.
Was der Anrufer am anderen Ende der Leitung sagte, konnte sie von hier aus nicht hören. Hin und wieder bedankte Jack sich beim Anrufer. Plötzlich sagte er: „...Keine Sorge, meine Frau erfährt nichts davon... Ja, sie ahnt nichts... Da bin ich mir sicher.“
Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Langsam drehte sie sich um und ging wieder ein Stück die Treppe hinauf. Sie brauchte einen Moment um zu realisieren, was er eben am Telefon gesagt hatte. Alles passte auf einmal zusammen: Die Klamotten, die sie nicht mehr zu sehen bekam; die hohe Telefonrechnung und die Tatsache, dass er plötzlich regelmäßig verschwand. Er hatte eine andere. „Oh Gott“, dachte sie verzweifelt und würgte. Für einen Moment wurde ihr schwindelig und Tränen blitzten in ihren Augen. Mit einem Ruck stand sie auf und wollte in die Küche gehen, ihn zur Rede stellen.
„Jack“, fing sie an. Sie hatte sich vorgenommen, die Nerven zu behalten.
„Guten Morgen, mein Schatz“, sagte er mit einem strahlenden Lächeln zu ihr und griff nach der Kaffeekanne. Er stellte sie auf den Tisch.
„Guten... Guten“, stotterte sie und er blieb vor ihr stehen. Dann drückte er ihr einen lieben, beinahe herausfordernden Kuss auf den Mund.
„Tut mir übrigens Leid, dass ich so früh aufgestanden bin. Ich konnte nicht mehr schlafen.“
Dies konnte sie eigentlich kaum glauben.
„Ich muss gleich los. Hab heute noch einen Termin.“
„Jack, es ist Samstag.“ Trotzig verschränkte sie die Arme vor dem Bauch.
„Ich weiß, aber es ging nicht anders.“ Er küsste sie erneut und bat sie, nicht wütend zu sein. Dann schnappte er sich den Autoschlüssel und fuhr weg. Sam war nun alleine zuhause.
Zur gleichen Zeit in Colorado kramte Vala den Schlüssel ihrer Haustür aus ihrer Handtasche.
„Ich weiß nicht, bist du sicher, dass Maria das Kleid am Tage unserer Hochzeit auch noch passt? Sie wächst so schnell“, stellte Daniel fest. Er und Vala waren heute unterwegs gewesen, um für Maria ein kleines, süßes Kleid zu kaufen, welches sie bei ihrer Hochzeit anziehen sollte.
„Na, ich hoffe doch...“, bevor Vala weitersprechen konnte, klingelte das Telefon, „Moment, ich geh schnell.“ Sie ließ Daniel ihre „Beute“ auspacken und hob ab. Zuerst hörte sie ein Schluchzen.
„Hallo?“, fragte Vala. Sie hatte keine Ahnung, wer anrief.
„Hallo. Hier ist Sam.“
„Warum weinst du denn? Ist etwas passiert?“
„Nein... Ja... Ich weiß nicht.... Vala, ich weiß, ich sollte nicht anrufen... Ihr steckt in den Hochzeitsvorbereitungen... Aber du bist meine Freundin und... Ich glaube, Jack betrügt mich.“
„Was? Bist du sicher?“
Samantha könnte hören, wie Valas Kind im Hintergrund quiekte.
„Es gibt zu viele Gründe, die dafür sprechen... Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll.“
„Hey, nur ein Wort von dir und ich schnapp mir das Kind und Daniel und setzte mich in den nächsten Flieger nach Kalifornien.“ Natürlich hatte Daniel gehört, was seine Freundin gesagt hatte. Er fragte sich, was wohl geschehen war.
„Ich... Ich...“, stammelte Sam auf der anderen Seite der Leitung.
„Keine Wiederrede. Ich bin schon auf dem Weg zu dir.“
Keinen Tag später stand Vala vor Sams Haustür. Jack war ein wenig verwirrt, weil sie so plötzlich vor ihm stand und auch Daniel schien noch nicht zu wissen, warum sie hier waren aber er war sich sicher, dass er es noch herausfinden würde. Ohne ein Wort zu sagen stürmte Vala an Jack vorbei.
„Was ist denn mit der los?“, fragte Jack ratlos und Daniel zog die Schultern hoch.
„Keine Ahnung, aber es klang am Telefon nach etwas ernstem.“ Daniel nahm Marias Hand und betrat mit der Kleinen ebenfalls das Haus. Währenddessen suchte Vala überall nach Sam.
„Sie ist draußen, falls du sie suchst“, sagte Jack und noch immer wortlos preschte sie nach draußen in den Garten. Sam hatte sie nicht gleich gesehen, aber als sie es tat, bat sie Vala ein Stück mit ihr zu gehen. Sie erklärte wie froh sie war, sie endlich zu sehen.
„Und nun erklär mir mal“, fing Vala schließlich an, „Wie kommst du darauf, dass...“ Nein, selbst der Gedanke war so absurd, dass Vala es sich nicht vorstellen konnte.
Sam versicherte sich, dass niemand ihr Gespräch hören konnte und als sie am Ende des Gartens ankamen und freie Sicht auf die Weinberge hatten, nahmen sie nacheinander auf einer alten Bank platz.
„Er lügt mich an... Er... Er erzählt mir, er geht früh joggen, aber ich weiß, dass es nicht so ist. Er telefoniert seit Wochen mit einer Nummer in Sacramento und das Schlimmste ist, wenn er mit dieser Person redet, sagt er immer, dass ich von einer bestimmten Sache noch nichts ahne.... Ich weiß, ich reagiere ziemlich hysterisch, aber...“
„Nein, nein. Das ist schon okay so. Ich hab mich übrigens gefreut, dass du mich angerufen hast.“
„Ja.... Ich wusste Janets neue Telefonnummer noch nicht.“
Diese Aussage versetzte Vala zwar einen Tritt in die Magengrube, trotzdem war ihre gute Laune ungetrübt.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jack so etwas tun würde. Ihr wolltet doch noch ein Baby.“
„Im Moment weiß ich nicht mal, ob er das auch will“, Sam schluckte schwer und Vala nickte. Obwohl sie das eigentlich nicht vor hatte.
„Ich habe eine Idee, die dich aufmuntern wird“, Vala war aufgesprungen und streckte begeistert die Arme von sich, „Daniel und ich haben beschlossen hier zu heiraten... In Kalifornien. Und du musst dir auch gar keine Sorgen machen. Es ist alles schon organisiert: Alle Gäste wissen bescheid. Wenn alles gut läuft, heiraten Daniel und ich in ein paar Tagen in eurem Garten.“
„Vielleicht fragst du mich erst mal!“
„Siehst du, meine Ablenkung funktioniert prima!“ Sie hoffte, dass sie Sam jetzt aufgemuntert hatte. Zumindest dachte sie nicht dauernd an... Nein, Vala begriff es noch immer nicht!
Zusammen gingen sie wieder ins Haus zurück.
Am Abend war Jack noch immer nicht schlauer, was Valas plötzlichen Besuch betraf. Sie und Daniel hatten ihn und Sam in ein piekfeines Restaurant in der Stadt eingeladen, er ging also davon aus, dass es etwas zu feiern gab. Schließlich griff Vala mit einem breiten Grinsen im Gesicht nach Daniels Hand.
„Jack, hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass Vala und ich uns hier in der Gegend nach einem Haus umsehen wollen?“, fragte Daniel gespannt.
„Das wusste ich nicht. Was ist der Grund, läufts in Colorado nicht mehr so gut?“
„Daniel ist es peinlich, jedes Mal bei euch wohnen zu müssen, wenn wir hier sind. Darum will er sich ein eigenes Haus suchen“, klärte Vala ihn auf und Daniel stritt das sofort ab. Er erklärte, dass es viel mehr an Vala und Maria lag und er die Vorstellung hasste, wegen einer schiefgegangenen Mission vielleicht nie wieder zu ihnen zurückzukehren. Jack nickte und sagte, er wüsste, was er meinte.
„Ich habe auch eine Neuigkeit für euch... Na ja, Sam weiß es schon“, begann Vala und Daniel zog die Nase kraus. „Was weiß sie schon?“
„Dass wir hier heiraten werden... Hab ich dir doch gesagt.“
Daniel klappte die Kinnlade runter und Sam kicherte leise. Ob sie wohl geahnt hatte, dass Valas Hochzeit in Kalifornien wohl ein Spontanentschluss war?
„Das klingt gut“, sagte Jack schließlich und Vala erzählte fröhlich, dass sie das ganze Stargate- Center eingeladen habe. „Natürlich nur, wenn es euch nichts ausmacht.“
„Warum soll es uns etwas ausmachen?“, fragte Jack ahnungslos zurück.
„Weil die Hochzeit in eurem Garten stattfindet.“ Vala verzog keine Miene bei ihrer Antwort und Jack hätte sein Getränk fast verschluckt. (Sam lachte noch mehr.)
„Du hättest vorher fragen sollen!“
„Hab ich heute schon mal gehört“, sie hielt ihnen ihr Glas hin, „Trinken wir nun auf eine gute Zeit.“ Sie stießen an und wollten nach dem Essen nach Hause gehen. Aber für Vala war der Abend noch nicht zuende: Sie zerrte ihre Freunde und ihren Verlobten in eine Bar und dort fing sie an, ihnen einen Drink nach dem nächsten zu bestellen. Jack hatte sich bereiterklärt, die Meute zu fahren, also blickte er etwas enttäuscht in ein Wasserglas.
Beim Nach Hause fahren kicherte Vala die ganze Zeit unaufhörlich und selbst Sam torkelte ein wenig. Jack hatte sie noch nie betrunken gesehen.
Vorsichtig half er ihr, sich auf dem Beifahrersitz zu setzten, während Daniel und Vala auf die Rückbank krochen. „Weißt du, Schätzchen...“, lallte Daniel seiner Freundin zu und fing an, irgendwelches wirres Zeug zu quatschen. Ihr Fahrer bog eben auf die Hauptstraße Richtung Norden ein, da entdeckte Jack im Spiegel einen Polizeiwagen, der aufblendete. Er stoppte den Wagen am rechten Straßenrand und ließ das Fenster herunter. Ein Polizist kam auf ihr Auto zu und zog seine Taschenlampe. Dann blieb er stehen.
„Guten Abend, Sir“, sagte der Polizist, „Das ist eine Alkoholkontrolle. Stellen Sie bitte Ihren Motor ab, reichen Sie mir Ihre Papiere und steigen sie aus.“
„Muss ich jetzt ins Röhrchen blasen?“, fragte Jack und eine ebenfalls lallende Stimme neben ihm meldete sich zu Wort.
„Hee“, sagte Sam zu Jack und lehnte sich nach vorne, „Darf ich auch mal blasen, ich hab das noch nie gemacht!“
Vala auf dem Rücksitz lachte und drohte, trotz der Enge, vom Sitz zu fallen. Ihr Lachen verwandelte sich fast in das Quieken eines Zebras. Währenddessen stiegen Jack und Sam aus. Sam schwankte mehr oder minder ums Auto herum, um sich dann neben Jack zu stellen und zu beobachten, wie er den Alkoholtest hinter sich brachte. Das Gerät in den Händen des Polizisten piepte.
„Null Promille. Sie dürfen wieder einsteigen“, sagte der blonde Mann zu ihm.
„Ich will auch!“, erklärte Sam und erntete einen schiefen Seitenblick von den Kontrolleuren.
„Ist das Ihre Frau, Sir?“
„Tja, um ehrlich zu sein, bin ich mir da im Moment selbst nicht so sicher.“
„Jack!“, Sam zwickte ihm empört in die Seite.
„Ja, Officer. Das ist meine Frau. Tun Sie ihr doch den Gefallen. Ansonsten wird sie sich für den Rest des Abends einfach fürchterlich aufführen.“
„Total fürchterlich“, stimmte Sam zu und setzte einen lieben Blick auf. Also ließ der Officer sie ins Röhrchen pusten, dieses Mal summte das Gerät sogar.
„Null Komma Acht Promille, Ma´am“, meinte er.
„Was? So wenig?“, Sam war erstaunt und fing nun an, dem Polizisten aufzuzählen, was sie heute Abend schon alles getrunken hatte. Jack konnte sie nur schwer wieder in den Wagen zurücksetzten. Der Polizist wünschte ihnen noch einen schönen Abend und ging dann mit seinem Kollegen zu seinem Auto zurück.
Das Gekicher im Auto nahm immer mehr zur und Jack war dankbar, als er endlich in der Garage angekommen war. Vala und Daniel fanden alleine ins Gästezimmer, Sam wollte von ihm getragen werden und so tat er ihr den Gefallen. „Jack, ich will nach Hause“, murmelte sie, als er sie die Treppe hoch trug.
„Wir SIND zuhause, Schatz.“
Langsam legte er sie aufs Bett und zog ihr die Schuhe aus. Mit einem heftigen Ruck an seiner Jacke zerrte sie ihn zu sich und lächelte. „Oh, du gehst aber ran, Süßer.“
„Sam, du bist betrunken.“
„Ich liebe dich.“
„Das weiß ich, aber...“, es brachte ihn durcheinander, wenn sie seinen Hals küsste. Und sie wusste ganz genau, wie sehr er sie in diesem kurzen, schwarzen Kleid mochte, welches sie trug. Sie beschloss, sich diesen Vorteil zu nutzte zu machen.
„Sam, nicht.“
„Was?“, ein getroffener Ton brachte ihre Stimme zum Schwanken, „Du findest mich einfach nicht mehr hübsch und sexy.“ Sie ließ ihn los.
„Das stimmt nicht. Ganz im Gegenteil. Du bist die wunderschönste und liebste Frau auf dieser Erde.“ Er konnte reden so viel er wollte: Sam mochte nicht zuhören. Also drehte sie sich enttäuscht auf die Seite. „Verlass mich nicht“, wimmerte sie.
„Das werde ich nicht“, als er ihr das versprach, war sie aber längst eingeschlafen.
„Als nächstes sehen Sie unsere Standarttänze. Bis jetzt konnten die Weltmeister aus dem letzten Jahr ihre Position verteidigen, aber wird Ihnen das auch heute gelingen?“, ein Reporter hielt aufgeregt sein Mikrofon in die Kamera. Als Vala den Tanzwettbewerb im Fernsehen entdeckte, hörte sie auf durch die Gegend zu zappen. Eben flimmerte ein tanzendes Paar über den Bildschirm.
„Sieh dir nur mal diese Tänzer an“, meinte Vala, ohne die Augen vom Bildschirm zu lassen.
„Was soll mit denen sein?“ Sam verstand nicht.
„Na, schau dir nur mal diesen Hintern an: Der Kerl ist gertenschlank und hat einen wahnsinns Hintern.“
„Wer weiß, vielleicht ist der nicht echt.“
Ein raschelndes Geräusch im Hintergrund erregte ihre Aufmerksamkeit. „Was schaust du dir da an?“
„Fotos von den Kindern“, antwortete Sam und schlug das rosafarbene Fotoalbum zu, „Das Buch hat mir Sylenna geschenkt als Elyse geboren war. Wir haben alle Bilder darin aufbewahrt.“ Sie atmete tief durch. „Ich weiß gar nicht, warum ich es in der Nacht, in der wir von diesem Planeten flohen, mitgenommen habe. Wahrscheinlich steckte es zufällig in meiner Tasche.“
„Ja, super“, Vala klang eigentlich weniger begeistert und schaltete den Fernseher, „Hör zu. Wollen wir mit den Kindern in die Stadt fahren? Es gibt dort ein neues Café gleich mit Spielplatz nebenan und das Wetter heute ist toll. Klingt doch gut, oder?“
„Tut es“, Sam überlegte nicht lange, „Lass uns fahren. Hab hier ohnehin nichts zu tun.“
Begeistert schob Vala Marias Kinderwagen nach draußen und verstaute ihn im Auto. Samantha hatte eben Ilayda auf den Arm genommen und streckte sich nach ihrer Handtasche, da klingelte das Telefon.
„O´Neill“, sie nahm ab und registrierte eine Frauenstimme am anderen Ende der Leitung.
„Hallo, hier ist Hannah. Ist Jack da?“
„Nein... Er... Er.... ist.....“
„Schon okay. Ich ruf dann einfach später noch mal an.“
Sam hörte ein klicken und am liebsten hätte sie der Fremden entgegengebrüllt, dass sie sich hier nie wieder melden sollte. Mit dem Kind auf dem Arm ging sie hinaus, drückte Vala den Autoschlüssel in die Hand und sagte ihr, sie müsse fahren. Während der Fahrt sprach Sam kein einziges Wort und Vala schöpfte keinen Verdacht. Erst als sie in dem besagten Café mit ihrem Tassen an einem Tisch platz nahmen, bemerkte sie ihren angespannten Gesichtsausdruck. „Meine Güte, du siehst blass aus“, stellte sie fest, „Du solltest zum Arzt gehen.“
„Keine Sorge, mir geht’s gut...“, sagte Sam trocken.
„Oh, tja. Dann wirfst du besser deinen untreuen Mann raus, sonst bekommst du ein Magengeschwür, wenn du den Kummer in dich hineinfrisst.“ Sie trank einen großen Schluck.
„Das kann ich nicht.“ Die Stimme ihres Gegenübers wurde immer dünner.
„Warum nicht? Wir emanzipierten Frauen brauchen die Kerle nicht. Das kriegst du schon geregelt.“
„Darum geht es nicht“, Sam machte eine Pause, „Ich könnte nicht...“
Wieder entstand eine Pause. „Bevor wir losgegangen sind, hatte ich einen Anruf von einer gewissen Hannah.“
„Und?“
„Ich kenne keine Hannah. Sie hat nach Jack gefragt.“
Plötzlich herrschte Stille zwischen den beiden. Selbst Vala schien dieses Thema sehr unangenehm zu sein.
„Wenn du möchtest“, fing sie an, „Die Tok´Ra haben Technologien, mit denen wir erfahren können, wer Hannah ist.“
„Du sprichst hoffentlich nicht von einem Foltergerät.“
„Nein.“ Vala nickte überzeugend. (Sie vermutete, dass wenn sie „Ja“ gesagt hätte, Sam ein völlig empörtes: „Aber ich liebe ihn doch!“ von sich gegeben hätte.)
„Du weißt schon, dieses Ding, welches Erinnerungen visuell darstellen kann. Mir fällt der Name jetzt nicht ein. Verdammt! Mein Mutterschaftsurlaub dauert schon zu lange.“
„Ja, ich weiß, was du meinst.“
„Die Babysprache lässt einen wirklich verblöden, findest du nicht?“ Vala reichte Maria ihre Rassel, die sie über den Rad ihres Kinderwagens geworfen hatte.
„Das ist mir nicht aufgefallen.“
„Dann muss es wohl an mir liegen... Na ja, vielleicht färbt das nicht auf jeden ab.“
„Ich möchte, dass du mir hilfst“, sagte Sam plötzlich.
„Wobei?“
„Mir zu helfen, zu beweisen, dass Jack etwas mit dieser... Hannah hat.“
„Aber wie...?“
„Wir werden nach Hause fahren und in seinem Terminkalender nachschauen.“
Wieder zuhause bemerkten sie, dass Jack damit beschäftigt war, mit Ed etwas zu besprechen. Also fingen Vala und Sam an, im Büro nach seinem Terminkalender zu suchen. Den fanden sie zwar nicht, aber dafür stieß Vala auf eine Visitenkarte. „Hannah McConner. Das muss sie sein.“
Sam riss ihr die Karte förmlich aus der Hand und kontrollierte die Adresse. Die Anschrift befand sich in Sacramento und die Telefonnummer, die auf der Karte vermerkt war, war tatsächlich die Nummer, die seit Wochen auf ihrer Telefonrechnung erschien. Was sollte das alles bloß?
Als Sam noch immer wortlos auf die Karte starrte, fragte Vala, wie es nun weitergehen sollte.
„Ich... Ich...“
„Sollen wir ihm nachgehen? Ich habe gehört, wie er Daniel erzählt hat, er müsste heute noch einmal nach Sacramento.“
„Okay“, müde ließ sie sich in den Bürostuhl sinken, „So machen wir es.“
Wie Vala gesagt hatte, fuhr Jack an diesem Tag tatsächlich nach Sacramento. Zuerst folgten sie ihm in einen Supermarkt und ihnen entgingen die Blicke einiger Passanten nicht, die sich darüber wunderten, warum sie geduckt zwischen den Regalen umherschlichen. Anschließend folgten sie Jack zu einer Autowerkstadt, wo er einen Eimer Lack kaufte.
„Das ist reinste Zeitverschwendung“, sagte Vala irgendwann, „Er war nur einkaufen.“
„Vielleicht...“
„Ja, vielleicht macht er heute noch was richtig verbotenes.... Auto fahren, zum Beispiel.“
„Du hältst das alles für einen großen Scherz, was?... Außerdem hast du das vorgeschlagen.“
„Er parkt!“, rief Sam plötzlich und hockte kerzengerade im Beifahrersitz. Sie beobachteten wie Jack seinen Geländewagen auf dem Behindertenparkplatz einer Berufsschule abstellte, eine Straße überquerte und dann in einem Laden verschwand. Dort blieb er fast fünf Minuten, bis die Tür aufging und er sich von einer jungen Frau mit viel zu vielen Tattoos an den Armen helfen ließ, einige eingepackte Sachen zum Geländewagen zu tragen. Er verstaute die Sachen im Kofferraum und schüttelte der Frau freundschaftlich die Hand.
Sam, die das beobachtete, kochte innerlich.
Jack fuhr los und die Unbekannte winkte ihm, als sie in ihren Laden zurückging.
„Was willst du jetzt machen?“, fragte Vala. Sam stierte immer noch geradeaus. „An deiner Stelle würde ich jetzt dort reingehen und ordentlich mein Revier markieren.“
„Fahr mich nach Hause“, kam es schließlich kleinlaut von rechts, „Fahr mich bitte nach Hause, mir ist furchtbar schlecht.“ Während der Fahrt sprachen sie kein einziges Wort. Sam konnte ihre Tränen nur schwer zurückhalten aber als Vala bemerkte, wie schwer sie andauernd schluckte, musste sie etwas loswerden: „Er bedeutet dir auch nicht viel, was?“
„Wie? Wie kommst du darauf?“ Sam klang bestürzt.
„Wie ich schon sagte: An deiner Stelle hätte ich dieser Hannah gezeigt, wo ihre Grenzen sind.“
Darauf sagte Sam nichts. Sie hatte keine Lust mit Vala zu streiten und nach dem, was sie gesehen hatte, ging es ihr ohnehin nicht mehr gut.
Vala stellte ihren Wagen vor Sylennas Haus ab und Sam ging alleine nach drinnen. Sie hörte schon an der Haustür, wie Jack telefonierte. „....Ich hoffe, dass ich das kann, so etwas hab ich noch nie gemacht.... Übrigens danke, dass du mir beim Verladen geholfen hast........ Ob ich darüber nachgedacht habe? Wenn es nicht klappt, würde gerne in den Urlaub fliegen... Wo sollen wir zusammen hinfliegen?“
Die Stimme am Telfon antwortete.
„Ja, ans Meer. Das klingt gut......... Wirklich, dein Bruder hat ein Hotel am Strand? Denkst du, du könntest uns zu einem Rabatt verhelfen?........ Na, ich denke, dass wir alleine fahren.“
Sam, die mithörte, schluckte erschrocken. Jetzt wollte er schon mit seiner neuen Flamme in die Ferien fliegen. „Wann? Nächste Woche. Ich weiß, ich lasse mir das ziemlich spät einfallen...“, sagte er am Telefon, „Okay, dann schickt mir bitte ein Prospekt über das Hotel deines Bruders zu. Am Besten so, dass meine Frau es nicht erfährt.“ Er legte auf und eilte in die Garage zurück und schloss die Tür hinter sich ab.
Sam hatte sich auf die Treppe setzten müssen, so schlecht war ihr plötzlich geworden. Nun hatte sie sich gefasst und war mit zitternden Beinen zur Tür gegangen, die zur Garage führte.
„Jack? Bist du dort drin?“ Was sollte die Frage eigentlich? Sie wusste es schließlich.
„Ja, aber ich kann jetzt nicht aufmachen.“
„Warum nicht?“
„Es geht nicht. Gibt’s ein Problem?“
Sie atmete tief durch. „Nein, alles in Ordnung.“ Aber das stimmte nicht. Sie hatten ein Problem. Und zwar ein gewaltiges...
In der Nacht war es so heiß, dass sie das Fenster offen ließ. Der warme Wind bewegte die Vorhänge vorsichtig und Sam überlegte noch immer verzweifelt, wer diese Hannah wohl war. Woher kannte er sie wohl? Und was hatte sie, was Sam nicht hatte? Sie überlegte, ob sie es herausfinden, oder ob sie ihn zurückgewinnen wollte. Ja, sie wollte ihn zurück, schließlich liebte sie ihn über alles.
Langsam drehte sie sich zu ihm herum und streichelte seinen Arm. „Jack?“, fing sie mit zuckersüßer Stimme an und kam noch etwas näher. Ihre Hand wanderte langsam über seinen Bauch.
„Heute nicht, Schatz“, murmelte er und drehte sich weg, „Bin zu müde...“
Sie glaubte, sich verhört zu haben. Hatte er das wirklich gesagt?
„Na ja. Wer nicht will, der hat schon“, murmelte sie und starrte an die Decke. Jack hob ein wenig irritiert den Kopf. „Hast du was gesagt?“
„Nein, Schatz.“
„Gute Nacht.“
„Gute Nacht, mein Süße.“
In dieser Nacht hatte Sam einen furchtbaren Traum. Sie träume von dem Tag nach Elyse´s Geburt. Jack war am Mittag nach Hause gekommen, weil er sehen wollte, wie es seiner Frau und seinem Baby ging. Die Sonne schien und die Vögel sangen draußen fröhliche Lieder. Er hatte eine Weile suchen müssen, bis er sie fand. Sam lang schlafend in ihrem Bett (Sylenna hatte ihr gesagt, sie solle sich noch ausruhen) und das Baby neben ihr. Elyse jedoch war, im Gegensatz zu ihrer Mom, hellwach und zappelte aufgeregt. Sie setzte bereits zum quengeln an und bevor sie laut werden würde, nahm ihr Vater sie hoch. „Hallo, mein Schätzchen“, sagte er zu ihr. Elyse war sofort still, als sie seine Stimme hörte, „Hast du deine Mom so sehr geärgert, dass sie eingeschlafen ist?“ Er blieb mit ihr sitzen und wog das Baby hin und her. „Oh, ist sie etwa schon wieder aufgewacht?“, fragte plötzlich eine leise Stimme neben ihm. „Ja, sie ist putzmunter. Bleib ruhig liegen, ich kümmere mich schon um sie.“
„Hat sie Hunger? Sie hat erst vor einer Stunde gegessen.“
„Sie sieht ziemlich glücklich aus. Vermutlich wollte sie nur auf den Arm genommen werden.“
Als Bestätigung schlummerte Elyse in seinem Arm weiter. In diesem Moment wurde in ihrem Traum alles schwarz. Die Idylle war zerstört und Sam fand sich alleine in einem großen, menschenleeren Raum wieder. „Jack?“, rief sie laut, doch niemand antwortete ihr...
„Ich habe eben einen Anruf erhalten“, erzählte Sam am nächsten Tag, während sie Vals Zimmer betrat, „Farretti war dran. Ich wusste gar nicht, dass man ihn inzwischen zum Colonel befördert hat.“
„Ja und?“
„Er wollte mit dir sprechen, aber das hat er wohl vergessen, als er meine Stimme hörte. Er sagte, als er Jack nach unserer Rückkehr kurz getroffen und das Kind auf seinem Arm gesehen hat, war ihm klar, dass es soweit kommen musste. Er hat sogar gesagt, er hätte das bei unserer ersten Begegnung schon gewusst.“
„Ja, man erzählt sich davon“, Vala schob das „Nest“, welches ihre Haare darstellen sollten, zurecht.
„So, was erzählt man sich denn noch so über uns?“ Sam hoffte, dass es gute Dinge waren. Wie sehr die letzte Nacht noch an ihr nagte, brauchte Vala vorerst nicht zu wissen.
„Eine ganze Menge.... Tja“, seufzte Vala, „Morgen ist es soweit. Ich werde Daniel heiraten... Wow. Weißt du, ich hab mir immer eine pompöse Märchenhochzeit gewünscht mit einem richtigen Prinzessinnenkleid... Aber da Daniel und ich schon einen kleinen Hosenscheißer haben, ist das leider nicht mehr drin“, mit diesen Worten präsentierte ihnen Vala ein schlichtes, weises Kleid. Ihr erstes Hochzeitskleid war wirklich viel aufwändiger (es hatte am Saum sogar weise Federn gehabt) und teurer. Nachdem ihre erste Hochzeit nicht stattgefunden hatte, hatte sie sich freiwillig von dem Kleid getrennt. Für sie symbolisierte es Schmerz.
Das einzige, was sie behielt, war das Diadem und den Schleier, den sie getragen hatte. Und dieses schöne Diadem könnte sie noch einmal verwenden. Nicht, weil es viel kostete, sondern weil es ein Geschenk von Sam war. Es gehörte zu den Dingen, die sie aus ihrem alten Zuhause noch retten konnte, warum wusste sie nicht. Aber es bedeutete ihr viel, so ein wertvolles Geschenk zu erhalten.
„Übrigens hat der Florist angerufen. Wir können die Dekoration für Daniels Auto heute abholen. Es wäre schön, wenn ihr mitkommen würdet.“
Am Nachmittag war Jack mit Sam, Vala, Sylenna und deren Tochter Mirella in die Stadt gefahren um beim Floristen die Motorhaubendekoration für Daniels Wagen abzuholen. Die Gärtnerin erklärte sich bereit, zwei Blumenherzen gleich mit Saugnäpfen auf der Motorhaube zu befestigen und sagte ihnen, sie sollten nur vorsichtig fahren.
Als sie auf dem Nachhauseweg waren, war weit und breit kein Auto in sicht und Jack beschloss, dass er ein bisschen schneller fahren könnte.
„Du fährst zu schnell“, sagte Sam zu ihrem Mann. Die Anzeige verriet ihr, dass es jetzt mit 160 Meilen pro Stunde auf der Landstraße entlang donnerte.
„Ach was“, tat er es ab und in diesem Moment löste sich ein teil der Dekoration vom Auto. Das Blumenherz krachte auf die Windschutzscheibe und flog dann über das Auto hinweg. „Mama, können Herzen auch fliegen?“, wollte Mirella von Rücksitz aus von Sylenna wissen.
Sie hielten an, Jack sammelte das Blumenherz auf (zum Glück war es nicht beschädigt) und dann fuhren sie schweigend mit nur 80 Meilen pro Stunde nach Hause.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Jack, als sie angehalten hatten. Sam starrte beleidigt aus dem Fenster.
„Hast du nicht gehört, dass die Gärtnerin gesagt hat, wir sollen langsam fahren?!“
„Reg dich ab, ist doch nichts passiert“, meinte er.
„Das sehe ich nicht so. Wenn wir die Hochzeitstorte später abholen... Willst du die auch kaputtfahren?!“
„Bitte!“, flehte Vala, „Streitet euch nicht wegen einer Blumendekoration!“ Doch zu spät. Beide waren ausgestiegen und knallten gleichzeitig die Türen zu. Daniel, der mit Maria am Haus auf sie gewartet hatte, schaute sie neugierig an. Jack und Sam fegten förmlich an ihm vorbei und drinnen weiterzustreiten.
„Was sollte das eben?“, kochte er.
„Das weißt du genau!“
„Nein, ich hab gehofft, du könntest es mir sagen. Du bist so...“
„Aufhören!!!“, schnitt Vala ihnen das Wort ab. Die beiden Streithähne sahen sie überrascht an.
„Wisst ihr was, ihr seit alle Idioten! Ich hab keine Lust mehr zum Heiraten! Die Hochzeit ist hiermit abgesagt“, schrie Vala.
„W-Was?“, fragte Daniel geschockt.
„Ich hab keine Lust so zu werden, wie die!“, sie zeigte zu Jack und Sam. Dann stürmte nahm sie Maria auf den Arm und stürmte mit ihr hinaus. Besorgt folgte Daniel ihr und Jack und seine Frau waren alleine in der Küche. Das wollte Sam nicht. Sie hatte Vala nicht die Freude auf ihren großen Tag verderben wollen.
„Das hast du toll gemacht, Jack! Wirklich!“, sagte Sam nach einer langen Pause zu ihm.
„Kannst du mir mal verraten, wovon du sprichst?!“
„Das weiß du genau!“ Mit einem ernsten Blick in den Augen fegte sie an ihm vorbei, nach Ilayda auf dem Arm und griff nach ihrer Handtasche. Die Haustür fiel hinter ihr ins Schloss und draußen setzte sie sich in ihren Geländewagen. Während sie Richtung Stadt fuhr, stiegen Tränen in ihre Augen. Das hatten sie beide nicht verdient. Sie hätte ernst mit ihm über Hannah reden sollen. Ja, das würde sie tun, wenn sie heute Abend nach Hause käme...
Ratlos verbummelte sie den ganzen Tag mit Ilayda in der Stadt. Erst in der Nacht kehrten sie beide nach Hause zurück. Sam fragte sich, ob Jack überhaupt noch da war. Vielleicht hatte er Elyse mitgenommen und war, wie sie heute morgen, einfach davongelaufen. Ilayda auf ihrem Arm schlief und sie hoffte, dass das laute Zirpen der Grillen sie nicht aufwecken würde.
Wie erwartet herrschte Stille im Haus. Erst, als sie ihre Schuhe ausgezogen hatte, bemerkte sie, dass in der Küche schwaches Licht brannte. Und plötzlich stand Jack vor ihr.
„Hi“, sagte er trocken und fixierte sie, „Gib mir das Baby.“ Sie war unfähig etwas dagegen zu unternehmen. Also ließ sie zu, dass er ihr Ilayda abnahm.
„Daddy möchte mit Mommy alleine sein“, sagte er zu dem Kind, welches sich auf seinem Arm bewegte, als sie die Treppen hochgingen. Sam schaute ihnen unschlüssig nach. Ihr Blick fiel auf den Küchentisch: Auf ihm stand ein Blumenstrauß, Kerzen brannten und so wie es roch, versuchte sich Jack an einem neuen Gericht. Er würde hoffentlich nicht versuchen, sich bei ihr einzuschmeicheln. Falls ja, wusste sie genau, wie das ausgehen würde: Sie würde ihm alles verzeihen, wenn er nur wieder seinen Hundeblick aufsetzte.
Minuten später hörte sie, wie Jack die Treppe herunterschlich. „Ich hab essen gemacht“, sagte er, „Möchtest du dich nicht setzen?“
„Nein. Ich hab keinen Hunger.“
„Ich hab den ganzen Nachmittag damit verbracht....“
„Tja, dann siehst du ja, wies mir manchmal geht.“
„Wie darf ich das verstehen?“
„Brennt es hier irgendwo?“
Jack wirbelte herum und streckte sich nach dem Herd. Er konnte hören, wie sie leise lachte, als er das Blech herauszog und den Rauch zur Seite wedelte. Sie lachte, das bedeutete, der erste Schritt wäre getan.
Sam bemerkte ebenfalls, wie sie auf ihn reagierte. So hatte sie das eigentlich nicht geplant. Es war jetzt höchste Zeit für ein ernsthaftes Gespräch zwischen ihnen. „Wir müssen reden.“
„Worüber?“
„Über das, was wir wollen.“
„Ich will dich.“
„Du hast mich. Was willst du jetzt?“
„`Ne Cola mit Eiswürfeln.“ Er schaute sie ernst an. So ernst, dass ihr fast eiskalt wurde. „Ich weiß, warum du dich in letzter Zeit so seltsam benimmst.“
„Woher?“
„Vala hat es mir heute erzählt... Los, komm mit“, sagte Jack zu ihr und zog sie am Handgelenk sanft hinter sich her. Als sie im Flur waren, blieben sie plötzlich stehen und er sagte ihr, sie solle die Augen schließen. Dann gingen sie weiter, er warnte sie vor zwei Stufen, die nach unten führten und als sie in der Garage angekommen waren, blieben sie erneut stehen. „Du darfst die Augen jetzt wieder aufmachen.“
Ein wenig verwundert schaute Sam sich um. Schließlich blieb ihr Blick an einem Gegenstand hängen, der mit einem weisen Tuch verdeckt war. „Was ist das?“, fragte sie.
„Ich wollte es dir erst in einer Woche geben, wenn es soweit ist. Alles gute zum Geburtstag, mein Schatz“, flüsterte er in ihr Ohr, „Willst dus dir nicht mal anschauen?“
Sie bewegte sie sich noch immer nicht.
„Oh, gut. Dann packe ich es für dich aus.“ Mit einem einzigen Handgriff zog er das Tuch weg und Sam schnappte nach Luft. „Ja, ich weiß“, meinte er, „Es sieht nicht besonders schön aus. Du bist schon lange nicht mehr gefahren und wenn Sylenna mal mit ihren Moralpredigten aufhört, dass so etwas gefährlich ist...“
„Das... Das ist ein Motorrad... Wo... Wo hast du das her?“
„Ich hab es selbst zusammengeschraubt... Und ich hab mir von Hannah McConner helfen lassen..... Ihr gehört ein Motorradladen in Sacramento, wo ich auch die Teile gekauft hab.“
„Was?“
„Ich hab sehr lange an dem Ding rumgebastelt, glaub mir. Schließlich habe ich so etwas noch nie gemacht. Und wenn du wüsstest, wie viele Shirts ich ruiniert habe... Jedenfalls tut es mir Leid, dass ich den Korb mit den schmutzigen Hemden in den Keller geschmuggelt hab.“ Inzwischen war er einmal um das Motorrad herumgegangen und stand nun wieder neben ihr. „Hee, weinst du etwa?“
„Nein!“, behauptete sie fest und schüttelte mit dem Kopf. Erleichtert schlang sie die Arme um ihn.
„Schön, wenn du nicht weinst. Wollen wir eine Runde mit dem Ding drehen?“
„Ich... brauch jetzt erst ein Glas Wasser. Tut mir Leid.“ Noch immer mit Tränen in den Augen ging sie in die Küche zurück. Sie schlug sich die Hände vors Gesicht. Mit so einem Geschenk hätte sie bei weitem nicht gerechnet. Schluchzend ließ sie sich ein Glas Wasser ein.
„Ist alles okay?“, fragte eine Stimme hinter ihr und sie fuhr herum.
„Ja. Weißt du, mit so einem Geschenk ... Ich dachte... Ich dachte...“
„Was?“ Er kam langsam auf sie zu.
„Ach, nicht so wichtig. Hat sich als falsch herausgestellt.“
„Hast du gedacht, ich hätte was mit Hannah? Ich hab dir was versprochen, Sam. Ich liebe dich viel zu sehr“, er zog einen Stuhl heran und setzte sich, „Also... Weinst du deswegen oder wegen dem Motorrad? ... Ist es so hässlich? Ach, ich wusste, ich hätte lieber ein Wochenende für uns beide am Strand von Flordia buchen sollen.“
„Nein, das Motorrad ist toll.“ Ein Lachen unterdrückte sie nur schwer. Sie schallte sich selbst einen Dummkopf. Als er mit dieser fremden Person am Telefon über einen Urlaub in einem Strandhotel redete, meinte er damit, dass dieser für sie beide gedacht war.
„Gut. Und jetzt, wo du dein Wasser getrunken hast“, er legte einen Arm um sie und zog sie auf seinen Schoß, „Wollen wir eine Runde fahren?“ Sie nickte und beide küssten sich lange und voller Liebe. Sam schlang die Arme um seinen Hals und fuhr mit der Hand durch seine Haare.
„Hallo, ihr...“, rief Vala, als sie hereingestürmt kam. Jedoch ging sie davon aus, dass sich die beiden inzwischen wieder versöhnt hatten. „Ich gehe mal nachsehen, was Maria macht.“
„Das musst du nicht“, sagte eine Stimme hinter ihr. Vala drehte sich herum und sah Daniel im Smoking auf sich zukommen. Auf seinem Arm trug er Maria, die ein süßes, rosafarbenes Kleidchen anhatte.
„Was ist hier los?“, Vala klang ein wenig verwirrt.
„Heirate mich hier und jetzt.“
„Aber wir haben keinen...“
„Das ist okay, ich hab den Priester angerufen. Er kommt in einer halben Stunde her.“
„Das heißt, wir haben noch eine Minute?“, stellte Sam fest und sah zu Jack. Daniel nickte. Mit einem einfachen Kopfnicken nahm sie Jacks Hand und zog ihn mit sich zur Treppe.
Aufgeregt prüfte Sam immer wieder, während sie sich umzog, wie spät es war. Mit zitternden Händen schlüpfte sie in das himmelblaue, bodenlange Kleid, welches sie sich für Valas Hochzeit ausgesucht hatte. Hier hatte es noch nie eine Hochzeit gegeben. Die letzte, die stattfinden sollte, war ja vorher geplatzt. Endlich war sie fertig und riss die Tür auf um hinauszugehen. Im Flur wäre sie fast mit Jack zusammengestoßen.
„Wow“, murmelte er, „Du siehst wie eine Prinzessin aus.“
„Danke“, sie schenkte ihm ein wunderschönes Lächeln. Genau das Lächeln, was er in letzter Zeit so vermisst hatte. „Ich dachte erst, es ist vielleicht zu kitschig...“
„Nein, du siehst wirklich toll aus“, für einen Moment war es, als stünde die Zeit still. Ihre Blicke begegneten sich und die Luft wirkte wie elektrisiert. „Komm her“, er trat einen Schritt auf sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Lippen. Sie erwiderte ihn und erschauderte unter dem warmen Gefühl, dass sich in ihr ausbreitete. Sie wusste genau, wie dieser Tag enden würde.
„Hey, Jack und Sam! Wo bliebt ihr denn?“, rief Daniel von unten zu ihnen herauf.
„Gib mir noch zwei Minuten!“
„Ich sagte, sofort!“, kam es wieder von unten.
„Ich brauche wirklich nur zwei Minuten!“
„Wir müssen wohl“, stellte sie enttäuscht fest. Hand in Hand gingen sie die Treppen hinunter.
Schließlich traf man sich draußen unter dem Sternenhimmel.
Sylenna bemerkte sofort, dass sich etwas zwischen Jack und Sam geändert hatten: Die beiden lachten und flirteten miteinander wie am ersten Tag. Daniel hatte alle Gäste vor etwa fünfundzwanzig Minuten angerufen und sie gebeten herzukommen. Nun bremste ein schwarzer Wagen vor dem Haus und nach Jacob Carter stieg ein glatzköpfiger Mann aus.
„General! Ich wusste gar nicht, dass Daniel Sie eingeladen hat. Schön sie zu sehen, Sir.“
„Guten Abend, Jack! Es ist auch schön, Sie endlich wieder zu sehen“, sagte George und schüttelte ihm die Hand, „Wie geht es Ihnen?“
„Sehr gut, Sir. Und Ihnen?“
„Danke, mir geht’s...“, George entdeckte Sam, die mit einem blonden Mädchen auf ihrem Arm auf sie zukam „Sam, Hallo. Sagen Sie, wer ist dieses kleine Mädchen?“, er gab auch ihr die Hand, „Ist das Elyse? Jacob hat schon so viel von ihr erzählt.“
„Wirklich? Hoffentlich nur gute Sachen, nicht wahr?“, Sam schaute das Kind auf ihrem Arm liebevoll an.
Dann gingen sie zusammen in den Garten.
„Alles Gute“, sagte Sam zu ihr und umarmte Vala, „Dass ihr mir ja nie so werdet wie Jack und ich!“
„Ach was!“, Vala gab ihr einen Klapps auf die Schulter, „Wir freuen uns schon drauf!“
Mit Razar waren nun alle versammelt. Alle nahmen auf den weisen Stühlen vor dem provisorischen Altar platz. „Liebe Gäste“, begann der Priester schließlich, als sich Vala und Daniel unter einem Rosenspalier gegenüber standen, „Wir haben uns heute hier versammelt um dieses Paar in den heiligen Stand der Ehe zu erheben. Und sollte jemand Einwände haben, warum diese Verbindung nicht geschlossen werden sollte, so möge er jetzt sprechen, oder für immer schweigen.“
Daniel und Vala sahen sich währenddessen warnend um. Es würde doch niemand der wenigen Hochzeitsgäste einen Einwand haben...!
„Nun gut“, fuhr der Priester fort, „Daniel.... Möchten Sie die hier anwesende Vala zu Ihrer Frau nehmen und möchten Sie sie lieben und ehren, bis dass der Tod Sie scheidet, so antworten Sie mit ja.“
„Ja, ich will.“
Sam blickte auf ihre Hand und sah, dass sich Jacks Finger mit ihren verzweigten. Ein glückliches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als er sich zu ihr runterbeugte und sie zärtlich küsste.
„Und Sie, Vala, möchten Sie den hier anwesenden Daniel zu Ihrem Mann nehmen. Möchten Sie ihn lieben und ehren, bis dass der Tod Sie scheidet, so antworten Sie mit ja.“
„Ja, ich will.“ Sie lächelte ihn breit an. Maria tapste auf sie zu und brachte Ihnen das Kissen mit den Ringen.
„Kraft meines mir verliehenen Amtes erkläre ich Sie nun zu Mann und Frau. Sie dürfen ihre Braut jetzt küssen, Sir.“
Ihre Gäste klatschten, als das frisch vermählte Paar sich endlich küsste. Dann gratulierten alle den beiden.
„Ach, übrigens: Euer Essen wird kalt“, sagte Vala plötzlich zu Jack. Sie hatte eigentlich nicht vorgehabt, ihre Versöhnungsparty zu stören und so tröstete sie sich damit, dass es im Endeffekt die Schuld ihres wundervollen Ehemannes Daniel gewesen war.
„Hee, wolln wir nach Sacramento fahren? Ich hab doch noch den Partysaal im Restaurant reserviert... Wäre schade, wenn er ungenutzt bleibt“, schlug Daniel vor und die Idee fand großen Anklang. So gingen sie nacheinander ins Haus, um ihre Jacken und Taschen zu holen. Nur Sam beeilte sich nicht. Beunruhigt blieb Jack bei ihr und nahm neben ihr auf der Gartenbank vor einem großen Baum platz. Der Ort, an dem vor einem Monat Jacob Carters Familienfoto entstanden war
„Ist alles okay?“, wollte er wissen.
„Ja.... Das war schön.“
„Kurz und schmerzlos.“
Sie schnaubte. „Wir sind ein tolles Team, nicht?“, fragte sie und lehnte den Kopf an seine Schulter.
„Das sind wir.“
„Gut. Das macht es einfacher, dir das zu sagen.“
„Was denn?“
„Ich bin schwanger.“
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Kurzanmerkung: Es tut mir wirklich Leid, dass ich nicht früher weitergeschrieben habe, aber was soll ich sagen: Die letzte Zeit war des turbulent: Habe mich unglücklich verliebt, aber wahrscheinlich kennt ihr das, wie mies es einem danach geht.
Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen. Und hier kommt er nun: der letzte Teil meiner FF!
Have Fun!
„Können wir nicht langsam nach Hause gehen, mir ist heiß“, beschwerte sich Vala und fächerte sich mit ihrer Schildkappe frische Luft zu. Es war Sonntag und es herrschte brütende Hitze. Darum verstand sie auch nicht, warum sie alle zum Sacramento Samba Festival gehen mussten. Schatten gab es hier kaum, dafür stand an jeder erdenklichen Ecke ein Getränkestand (an dem es aber, wenn man nachfragte, nur Bier zu kaufen gab). Seit knapp fünf Minuten standen sie hier und warteten darauf, dass der Sambaumzug endlich bei ihnen vorbeikam. Sie hörten bereits die lauten Trommeln und nahmen an, dass es also nicht mehr lange dauern würde.
„Ist doch eine Frechheit, eine Trillerpfeife für zwei Dollar zu verkaufen“, maulte Vala und hoffte, so die Männer zum Gehen bewegen zu können. Aber Jack und Daniel dachten nicht daran. Vala vermutete, dass sie wohl auf die halbnackten Sambatänzerinnen warteten und sollte Daniel eine falsche Bemerkung machen, würde sie nicht davor zurück schrecken, ihm ordentlich eine zu wischen.
„Aber zumindest können diese brasilianischen Mädchen gut tanzen. Wenn ich tanze, sieht das aus, als ob ein Troll angelaufen kommt.“
Etwas besorgt warf Vala einen Blick zu Sam. „Geht’s dir gut?“, fragte sie und erntete einen schiefen Blick durch eine abgedunkelte Sonnenbrille.
„Seltsam. Jack fragt das auch schon seit einer Weile“, gab sie zurück und nahm Elyse´ kleine Hände in ihre. Ihre Tochter versuchte seit geraumer Zeit, sich auf ihren Arm zu schmuggeln. Warum konnte Elyse nicht so brav sein wie ihre kleine Schwester, die in ihrem Kinderwagen hockte?
„Tut mir Leid, gefragt zu haben... Es ist nur so: Als ich im achten Monat schwanger war, habe ich es gehasst, stundenlang in der Gegend herumzustehen.“
„Nun beruhig dich mal wieder, ich...“, Sam wollte noch weitersprechen, doch in diesem Moment trat Elyse ihr so heftig auf den Fuß, dass sie leicht aufschrie.
„Elyse, was ist denn?!“
„Mommy, mir ist heiß!“, beschwerte sich Elyse und Samantha nahm sie hoch. Sie sagte Jack, dass sie mit Elyse in den Schatten gehen würde und er schaute sie besorgt an.
„Geht’s dir gut, Liebling?“
„Ja, ich geh nur mit Elyse ein Eis essen.“
„Möchtest du, dass ich mitkomme?“
„Nein, bleib ruhig.“
„Ich komm in ein paar Minuten nach, okay?“
Zur Abkühlung kaufte Sam ihrer Tochter ein Vanilleeis. Dann setzte sie sich mir ihr in ein schattiges Café am Straßenrand um auf Jack zu warten. Eine Kellnerin ging mit einer Kaffeekanne an ihnen vorbei und schenkte einem Mann am Nachbartisch nach. „Darfs sonst noch etwas sein, Jon?“, fragte die Kellnerin.
„Nein danke, Milla, Lassen Sies gut sein“, antwortete der Mann.
„Kommen Sie morgen wieder vorbei?“
„Denke schon.“
„Wann haben Sie vor, wieder nach Irland zu fliegen?“
„Wer sagt, dass ich je dorthin zurück will?“, wieder der Mann.
Seine Stimme! Seine Stimme kam Sam so vertraut vor. Sie drehte sich um und fühlte sich, als ob sich eine kalte Regenwolke über sie entleert hätte. Der Mann sah aus, wie Jack. Schnell schüttelte sie den Kopf und korrigierte sich. Er sah aus, wie Jack, jedoch vielleicht zwei Jahrzehnte älter. Sam erinnerte sich an das, was Jack ihr über seine Mutter erzählt hatte: Sie hatte seinen Vater bei einem Irlandaufendhalt kennen gelernt und kurze Zeit später hatte man ihr erzählt, er wäre tot. Aber das furchtbar entsetzte Gesicht von Elyse´ damaligem Verlobten... Jack hatte seinen Vater nie kennen gelernt, weil er nicht wusste, dass er überhaupt noch am Leben war. Aber wenn dieser Mann hier...
„Entschuldigung“, sagte sie schnell und stand auf, als der Fremde an ihrem Tisch vorbeiging.
Erstaunt drehte er sich um.
„Sind... Sind Sie Jonathan O´Neill?“
„Der bin ich.“
„Mein... mein Name ist Samantha O´Neill.... Ich... Ich glaube, wir sind miteinander verwandt.“
„Es gibt viele Leute, die O´Neill heißen. Sie verwechseln mich.“ Der Mann wollte schon kehrt machen und gegen, während Sam fieberhaft überlegte, was sie sagen könnte.
„Elyse Underwood, sagt Ihnen der Name was?“, fragte sie.
Der ältere Herr schien nachzudenken. „Woher wissen Sie das? Wer sind Sie?“ Er musterte die junge Frau vor sich sehr skeptisch.
„Sie... Sie ist meine...“
„Hören Sie, Miss. Ich habe keine Tochter, zumindest keine, vor der ich wüsste. Und jetzt entschuldigen Sie mich, mein Bus fährt gleich.“
„Nein, Sie missverstehen mich. Ich bin mit Jack O´Neill verheiratet, dem Sohn von Elyse Underwood, eine Frau aus Chicago, die Sie in Irland kennen gelernt haben.“ Jetzt war es raus und sie wartete gespannt auf die Reaktion des alten Mannes. Wie versteinert war er in der Tür stehen geblieben.
„Was reden Sie da?“
„Es stimmt. Man hat Elyse erzählt, sie wären tot und daraufhin hat sie mit ihrem Sohn die Staaten verlassen.“
„Und Sie sind ganz sicher, dass ich der richtige Jonathan O´Neill bin?“, wollte er wissen.
„Ich denke, Ihre Reaktion ist der beste Beweis.“
Sam hörte, wie die Türklingel des Cafés leutete und eine bekannte Stimme nach ihr rief.
„Sammy, Sammy, mein Schatz bist du...“
„Entschuldigen Sie“, sagte sie zu Jon, „Können wir uns morgen zur gleichen Zeit wieder hier treffen? Ich möchte meinen Mann damit nicht überfallen.“ Hektisch griff sie nach ihrer Handtasche und nahm das Kind auf den Arm. Dann stürmte sie aus dem Café.
Sam hatte die ganze Nacht über den geheimnisvollen Jonathan nachgedacht. Gerne hätte sie Elyse in Irland angerufen um mehr über den Vater ihres Mannes zu erfahren, aber dann hätte Elyse vielleicht Fragen gestellt... Und Sam war sich nicht einmal sicher, ob Jon wirklich Jacks Vater war.
Am nächsten Tag überredete Jack sie, mit ihr in die Stadt zu fahren. Sie schrieb ihm einen langen Einkaufszettel, so würde er für einige Zeit beschäftigt sein.
„Stop!“, sagte sie laut, als sie an dem kleinen Café vorbeifuhr, in dem sie Jonathan gestern kennen gelernt hatte, „Ich will hier aussteigen.“ Schon hatte sie die Beifahrertür des Geländewagens zugeschlagen und war auf die andere Seite gelaufen. Jack kurbelte sein Fenster herunter.
„Und du bist sicher, dass Vala dich später abholen kommt?“, fragte er besorgt.
„Ja“, schnell drückte sie ihm einen sanften Kuss auf den Mund, „Da hab ich gar keine Zweifel. Bis später, mein Schatz.“ Sie winkte ihm zum Abschied und eilte über die Straße.
Millas Café war heute menschenleer. Auch Jonathan war nicht zu sehen. Sam setzte sich an einen Tisch, von dem aus man sie gut sehen konnte und bestellte einen Tee. Sie wartete fast fünf Minuten, bis Jonathan endlich auftauchte. Schließlich setzte er sich zu ihr an den Tisch.
„Hören Sie, Samantha. Sie können nicht beweisen, dass ich der Vater von... Was sagten Sie, wie ist sein Name?“
„Jack.“
„Dass ich Jacks Vater bin.“
Es überraschte ihn sehr, dass sein Gegenüber nickte. „Das stimmt. Ich habe mir überlegt, wie ich es beweisen könnte. Dann ist mir etwas eingefallen.“ Sie kramte in ihrer Handtasche und zum ersten Mal bemerkte Jon, dass die junge Frau einen Babybauch mit sich herumtrug. Sie versteckte den jedoch gut unter ihrem lilafarbenen Kleid.
„Das ist das einzige Bild, welches mein Mann von Ihnen hat. Er hat es jahrelang in einer kleinen Holzschachtel in seinem Spind aufgehoben und als wir vor Jahren auf...“, sie unterbrach sich selbst. Ihr kleines Intermezzo auf Rel unterlag strengster Geheimhaltung. Also formulierte sie es anders.
„Als Jack und ich unsere Jobs bei der Air Force aufgaben und er diese Kiste vergaß, überließ man sie einem Freund. Als wir uns zufällig wiedersahen, gab er Jack die Kiste zurück. Die Frau auf diesem Urlaubsfoto hier ist Elyse und der Mann hier sind Sie. Es wurde zwei Tage gemacht, bevor man Sie in Dublin verhaftet hat. Das Datum steht auf der Rückseite.“
„Das ist wahr. Das ist tatsächlich die Frau, mit der ich eine kurze Affäre hatte. Ich habe sie nie vergessen... Wow, ich hätte nicht damit gerechnet, dass es stimmt. Wie solls jetzt weitergehen?“
„Möchten Sie Ihren Sohn nicht kennen lernen?“
„Ich nehme an, das war der Kerl in dem Auto, den Sie da draußen geküsst haben.“
Sie lächelte. „Dann sind Sie also schon länger hier?“
„Ja“, Jon warf einen Blick in seine Kaffeetasche. Fast so, als müsste er nach deren Boden suchen.
„Ich wiederhole meine Frage nur ungern, weil ich Sie nicht drängen möchte....“
„Ich würde ihn gerne kennen lernen.“
„Wirklich? Tja, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, Jonathan...“
„Nennen Sie mich Jon. Alle tun das.“
„Okay“, sie lächelte und sah Valas Wagen auf der anderen Straßenseite parken, „Kommen Sie, Jon. Wir müssen uns beeilen, damit wir unser Taxi nicht verpassen.“
„Wer ist der Typ?“, fragte Vala und sah misstrauisch in den Rückspiegel. Sie waren fast schon zuhause und die ganze Zeit über hatte sie sich gefragt, wer dieser fremde Mann wohl war. Er kam jedenfalls nicht aus dieser Gegend. Für jemanden, der in Kalifornien lebte, war er zu wetterfest angezogen.
„Das kann ich dir nicht sagen. Du würdest es Jack erzählen, bevor ich das kann.“
„Warum sollte ich das wohl?“, Vala warf Sam einen fragenden Blick zu, „Er ist es, stimmts?“
„Was?“
„Du nimmst den Alten da hinten mit nach Hause, weil du Jack beichten musst, dass er nicht der Vater deines Babys ist. Sondern der da...“
„Herrgott noch mal!“, kam es plötzlich von der Rückbank, „Erzähl es ihr endlich.“
„Und wer sind Sie, bitte?“
„Vala, das ist Jonathan O´Neill, mein Schwiegervater.... Jon, das ist Vala, meine Freundin.“
Schweigend fuhren sie weiter. Sam hat die Nase voll, sich mit Vala zu streiten. Diese jedoch fragte Jon über alle möglichen Dinge aus. Dankbar stieg Sam vor ihrem Haus aus und bat Jon herein. Jack war im Moment nicht zuhause, Razar wollte heute morgen, dass er sich einen defekten Zaun anschaute. Angeblich war deshalb eines von Razars Rindern ausgebrochen und auf das Nachbargrundstück gelangt. Falls das stimmen sollte, würde es mit Marias Großvater ordentlich Ärger geben (Mit dem Alten war nicht zu reden).
„Nun, wo ist Jack?“, fragte Jon, während er einige Familienfotos auf dem Kaminsims betrachtete. Bilder von Sams Beförderung und viele Familienfotos. Auf einem der Bilder, ein Schnappschuss von Valas Hochzeit, trug Sam ein schickes blaues Kleid und Jon musste fast zweimal hinsehen, weil er sie auf diesem Foto stark an eine prominente Frau erinnerte, von der er ein Foto in einer Klatschzeitung gesehen hatte. Den Namen der Frau wusste er nicht mehr, aber er glaubte, dass sie mit einem Sänger namens Seal verheiratet war.
„Er schaut sich einen kaputten Zaun an. Aber er wird hoffentlich gleich hier sein“, Sam stellte ein Glas mit Wasser für ihn auf den Tisch. Dann setzten sie sich.
„Was ist, wenn er mich gar nicht sehen will?“, fragte Jon nach einer Weile. Es war still geworden, da sie offenbar nicht wussten, worüber sie reden sollten.
„Warum sollte er das? Er hat nicht einmal gewusst, dass du noch am Leben bist. Er und seine Mutter wurden in dieser Hinsicht belogen, wenn du es so willst.“ Nervös knetete sie ihre Hände.
Auch Jon schaute ein bisschen betreten zu Boden. Sam befürchtete fast, dass er sich hier nicht wohl fühlte.
„Was wird es denn?“, wollte er plötzlich wissen und sie verstand nicht sofort:
„Was?“
„Das Baby. Junge oder Mädchen?“
„Na ja, wir wissen es nicht hundertprozentig“, sie lächelte, „Aber Jack glaubt, es wird dieses Mal ein Junge. Wir haben nämlich schon zwei Mädchen... Und weil wir es noch nicht genau wissen, haben wir das Zimmer nicht rosa und nicht blau gestrichen, sondern gelb. In vier Wochen ist es soweit. Dann sind wir schlauer.“
In diesem Augenblick hörte sie, wie jemand die Vordertür öffnete und polternd eintrat. Das war Jack und Sam stand auf. Sie versicherte Jon, dass sie gleich zurück sei.
Als Jack das Wohnzimmer betrat, sah er den fremden Mann am Tisch sitzen. „Sam“, er schaute sie an, „Wer ist das?“
„Jack, kommst du bitte in die Küche, ich muss mit dir reden.“
Sie setzten sich gegenüber und Sam erzählte ihm bis ins kleinste Detail, wie sie Jon gestern in Sacramento kennen gelernt hatte. Sie schloss ihren Bericht mit der Vermutung ab, dass Jon sein Vater sei.
„Sam, mein Vater ist tot. Das hab ich dir doch erzählt“, flüsterte er ihr leise zu, weil er nicht wollte, dass man sie hörte.
„Er ist es, glaub mir.“
„Das musst du mir erst beweisen. Schatz, ich weiß, du hast es gut gemeint, aber...“
„Geh und rede mit ihm. Er ist es wirklich.“ Sie war überzeugt, dass es nicht mehr brauchte. Jack vertraute ihr blind und wenn sie von ihm verlangte, dass er mit dem Fremden dort sprach, dann würde er das machen. Es fiel Jack ziemlich schwer Ruhe zu bewahren. Er fand, dass Jon ihm ziemlich ähnlich sah. Falls es stimmte, dass Jon sein Vater war, dann würde er nicht wissen, was er zuerst fragen sollte.
„Hallo, Jack. Es freut mich, dich kennen zu lernen ich bin Jon und...“
„Wo bist du die ganze Zeit gewesen?“
„Was?“, Jon musste selbst realisieren, was er da zu ihm gesagt hatte.
„Ich möchte als erstes gerne wissen, warum du meine Mutter im Stich gelassen hast.“
„Das habe ich nicht freiwillig getan. Ich war im Gefängnis. Man hat mich als Landesverräter bezichtigt. Du kannst dir vorstellen, dass auf Hochverrat eine ziemlich hohe Strafe steht. Im letzten Jahr ist mein Fall neu aufgerollt worden und meine Unschuld wurde beweisen. Jetzt bin ich hier. Mein Bruder hat mir ein großes Vermögen hinterlassen und als erstes habe ich davon eine Weltreise gemacht.“ Er nannte es Zufall, dass er in Sacramento gelandet war... in der Nähe seiner Familie.
Etwas düster blickte Jack in seine Tasse und kaute nervös auf seiner Unterlippe herum. Eine Geste, die bei seiner Frau ein Lächeln hervorrief. Bestimmt ahnte sie, worüber er nachgrübelte.
„Damit eins klar ist: Ich sag nicht >Dad< zu dir.“
„Musst du auch nicht. Jon würde mir schon reichen.“
„Gut Jon, willkommen in der Familie.“ Jack streckte Jon die Hand hin und der ältere Mann ergriff sie.
Seitdem waren fast fünf Tage vergangen. Natürlich war Jack am Anfang noch etwas skeptisch, was Jon betraf. Sam sorgte dafür, dass seine Zweifel verschwanden. Das alte Foto, welches er von seiner Mutter hatte, war ihr dabei sehr behilflich: Es zeigte Jon und Elyse vor einem Gebäude in Dublin, die Sonne schien, weshalb beide nur leichte Sommerkleidung trugen. Das Ausschlaggebende an diesem Foto war eine Tätowierung auf Jons rechtem Oberarm: ein feuerspukender Drache. Genau dieser Drache war ihr auch aufgefallen, als Jon mit seinen Enkelkindern auf der Veranda spielte und an seinem Arm das T-Shirt ein wenig hochgerutscht war. Es stimmte. Er war tatsächlich DER Jon.
Jack hatte daraufhin nicht zugelassen, dass sein Vater im Hotel übernachtete und so bot er ihm das zweite Gästezimmer an.
Nun war es Nacht und Jack lag noch immer wach. Eine Stechmücke schwirrte unaufhörlich um seinen Kopf herum. Und Ilayda im Nebenzimmer wimmerte. Sam hatte zwar versucht, ihre Schlafgewohnheiten umzustellen, sodass ihre zweite Tochter endlich die Nächte durchschlief, aber so ganz wollte das noch nicht klappen. Also ging er in ihr Zimmer hinüber und nahm das kleine Mädchen auf den Arm.
„Du kannst wohl nicht schlafen, wie?“, fragte er und strich einmal über ihren Kopf, damit ihre wirren blonden Haare wieder glatt waren. „Daddy auch nicht“, fügte er hinzu und beschloss, mit ihr nach unten zu gehen. Er staunte, wie ähnlich sie ihrer Mutter war. Wenn Ilaydas Haare zu lang waren, kringelten sie sich sanft. Damit sah sie nahezu aus wie Sam, die mit ihren langen gelockten Haaren einem Engel glich. Ein warmer Schauer überlief seinen Körper. Er hatte wirklich eine unfassbar schöne Frau.
Als Jack mit Ilayda am Badezimmer vorbeikam, hörten sie ein seltsames Geräusch. Fast ein angestrengtes Keuchen. Vorsichtig schob er die Tür auf und musste die Augen zukneifen, da ihn das Licht so sehr blendete.
Dann sah er, wie sein Vater ausgestreckt auf dem Rücken lag und aufgebracht nach Luft schnappte.
„SAM!“, schrie er und sank noch mit Ilayda auf dem Arm neben ihm in die Knie. „Jon, was ist los? Geht’s dir gut?“ Er hatte dies kaum gesagt, da stand seine Frau in der Tür, hellwach. Sie murmelte ein erschüttertes „Oh Gott“ und machte sofort kehrt um zum Telefon zu gehen und einen Notarzt anzurufen.
Zwei Stunden später zitterten Sams Beine noch immer. Als sie ihren Schwiegervater mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Badezimmerboden liegen sah, war ihr das Herz einige Etagen tiefer gerutscht. Und so ging es ihr immer noch. Der Arzt hatte ihnen eben erklärt, dass Jon eine Herzattacke erlitten hatte und sie vermuteten, dass es bisher nicht die erste gewesen war. Man sagte Jack und Sam auch, dass Jon schätzungsweise noch zwei bis drei Monate zu leben hatte.
Über diese Nachricht war Sam getroffener als Jack. Sie hatte zu weinen begonnen und er hatte sie in den Arm genommen.
Da Jon heftig rebellierte, als die Ärzte ihn im Krankenhaus behalten wollten, musste Jack schließlich schwören, darauf aufzupassen, dass sein Vater keinen Alkohol mehr trank und körperliche Anstrengungen vermied. Die Sonne war kaum aufgegangen, da setzte er sich in einen Rollstuhl und wartete, bis man ihn endlich abholte.
„Du solltest das nicht machen“, sagte er zu Sam, die seinen Rollstuhl langsam zum Wagen schob, „Ich bin nicht gerade ein Fliegengewicht.“
„Das geht schon in Ordnung“, versicherte sie ihm.
„Trotzdem kann Jack das machen. Wo ist er überhaupt?“ Jon drehte sich eilig herum.
„Er unterschreibt deine Entlassungspapiere. So, wir sind da.“ Sie stoppte den Rollstuhl neben ihrem silberfarbenen Geländewagen, ließ Jon einsteigen und brachte den Rollstuhl zur Krankenhausrezeption zurück.
Zuhause auf dem Weingut verordnete Sam ihrem Schwiegervater als erstes eine Portion frische Luft und so wurde Jon dazu „gezwungen“, draußen auf der Terrasse Platz zu nehmen. Eine Weile schaute er Elyse und Ilayda zu, die fröhlich im Garten spielten.
„Kann ich noch etwas für dich tun?“, wollte Jack plötzlich wissen und nahm auf einem zweiten Stuhl platz.
„Sei so nett und hol mir ein Bier.“
„Jon, die Ärzte haben gesagt, du sollst keinen Alkohol trinken.“
„Hee, willst du mir vielleicht für den kurzen Rest meines Lebens den Spaß verderben?“
„Nein, aber... Jon, es geht um deine Gesundheit. Ich werde dir kein Bier holen.“
Sam stand im Türrahmen und belauschte die beiden. Sie hoffte, dass sie es nicht merken würden, aber sie musste sich davon überzeugen, dass sie sich inzwischen gut verstanden... oder es zumindest versuchten, wenn sie sich nicht wegen einer Flasche Bier in die Haare kämen.
„Wie geht es deiner Mutter?“, wollte Jon wissen und schaute ihn an.
„Sie hat eine kleine Ferienpension in Dublin und...“
„Das meinte ich nicht. Ist sie glücklich?“
„Das hoffe ich.... Sie hat nie geheiratet, falls du das meinst.“
„Oh.“
„Ja. Eigentlich schade.“
„Warum?“
„Du scheinst ein netter Kerl zu sein.“
„Ich bin schließlich dein Vater.“ Sie schauten wieder in den Garten hinaus und sahen, wie Ilayda versuchte, ihre große Schwester zu fangen.
„Du hast wirklich eine tolle Familie...“
„Ja, ich liebe meine Kinder. Sam bedeutet mir sehr viel. Wenn sie mich ansieht bliebt für mich die Welt stehen.“
Als Sam das hörte, hielt sie die Luft an.
„Das ist alles?“, fragte Jon, „Mehr hast du für deine Liebste nicht übrig?“ Er lachte.
„So etwas kann man nicht in Worte fassen.“
„Klingt schon besser… Deine Mutter muss stolz auf euch sein...“
Jack nickte zustimmend. Er erinnerte sich noch gut an den Tag, an dem er sie einander vorgestellt hatte. Die Sonne hatte nicht geschienen und einer der Vorarbeiter hatte Elyse vom Flughafen in Sacramento holen müssen. Er hatte die alte Dame gefragt, ob der Flug gut war und sie hatte genickt. Dann hatte sie ihn „Mein Junge“ genannt, was Jack natürlich überhaupt nicht passte und er hatte sich darüber beschwert. Anschließend war er zur Haustür gegangen und hatte zu seiner Mutter gesagt, er müsse ihr den wichtigsten Menschen in seinem Leben vorstellen. Liebevoll zog er seine schüchterne Frau mit sich auf die Veranda und Elyse hatte Sam in den Arm genommen und erklärt, sie könnte sich vorstellen, warum Jack sich hoffnungslos in sie verguckt hatte. Elyse O´Neill sah daraufhin ein kleines, blondes Mädchen in der Tür stehen und fragte, wer das sei. „Das ist unsere Tochter. Ihr Name ist Elyse“, war Sams noch immer schüchterne Antwort. Daraufhin umarmte Elyse O´Neill sie noch einmal. Wahrscheinlich, weil sie froh war, dass es eine Frau gab, die Jack das geschenkt hatte, was ihm seit langer Zeit fehlte.
„Ich würde deine Mutter gerne wiedersehen“, rückte Jon schließlich heraus und sah zu seinem Sohn hinüber.
„Das lässt sich einrichten.“ Er stand auf und ging zu Sam, die wieder im Haus verschwunden war. Er schnappte sich ein Bilderbuch aus dem Regal und setzte sich an den Küchentisch.
Damit Jack nicht merkte, dass Sam sie vor wenigen Minuten noch belauscht hatte, tat sie so, als müsste sie die Küche aufräumen. Dabei gab es gar nichts aufzuräumen. Interessiert blätterte er den Bildband über Irland durch, als Sam neben ihn trat und den Tisch abwischte.
„Stör ich?“, fragte er und schaute sie an.
„Nein, blieb ruhig sitzen. Ich werde einfach um dich herumputzen.“
Es dauerte einige Zeit, bis er begriffen hatte, das dass ein Scherz sein sollte.
„Das sind wirklich wunderschöne Klippen, findest du nicht?“, fragte er, zeigte auf ein Bild und sie bejahte, „Und Dublin ist auch eine hübsche Stadt. Was hältst du davon, wenn wir meine Mutter in Irland besuchen?“, wollte er plötzlich von ihr wissen.
„Dann müssten wir fliegen.“
„Ja und? Wo ist das Problem?“
Sie zeigte auf ihren Bauch, „Ich bin schwanger.“
„Na ja, fliegen wir einfach wenn das Baby da ist.“
„Haben wir im Lotto gewonnen?... Wir könnten deine Mutter auch zu uns einladen.“
Jack grinste. „Du bist genial.“
„Schön“, sie lächelte ebenfalls zurück, „Aber anrufen und herbitten kannst du sie noch selbst, oder?“
„Jon möchte nicht, dass wir meiner Mutter gleich reinen Wein einschenken“, sagte er zwei Tage später zu Sam, während sie am Flughafen gespannt auf Elyse warteten, „Das möchte er selbst tun.“
„Dann hättest du Elyse und Ilayda nicht eintrichtern dürfen, dass sie >Opa< zu Jon sagen sollen.“
Sam sah als erstes, wie ein ältere Dame mit einem großen Koffer ihnen zuwinkte. Sie blieb stehen, um ihre Jacke auszuziehen, dann kam sie weiter auf sie zu.
„Mom, schön dich zu sehen“, sagte Jack und umarmte seine Mutter kurz. Diese war aber viel mehr am Gesundheitszustand ihrer Schwiegertochter interessiert. „Sam, wie geht’s dir? Als Jack erzählt hat, dass du schwanger bist, musste ich sofort meine Koffer packen und herkommen... Ist Jack gut zu dir? Geht er dir nicht zu sehr auf die Nerven?“, sie fragte Sam über allerhand aus.
„Er ist großartig.“
„Meine Güte“, staunte Elyse, „Dein Bauch ist aber richtig dick. Bist du sicher, dass es keine Zwillinge sind?“
„Es ist hundertprozentig nur ein Baby, Mom“, erklärte Sam ihr.
„Ich hoffe, DASS es nur eines ist“, stimmte Jack ihr zu und nahm den Koffer seiner Mutter. Sie wollten gehen.
„Noch ist nicht aller Tage Abend, Junge“, sagte sie und wie sehr hasste Jack doch dieses >Junge<!, „Aber es war richtig, dass Jack mich angerufen hat.“
„Warum, was hat er dir denn gesagt?“, Sam warf einen fragenden Blick durch die Runde.
„Sam, mach dir keine Sorgen. Jetzt bin ich hier und kann dir helfen. Ruh dich aus. Am besten mache ich uns gleich etwas zum Essen, wenn wir zuhause sind.“ Mit diesen Worten stieg Elyse auf dem Parkplatz in den Wagen. Sam schwante, was Jack am Telefon zu seiner Mutter gesagt hatte, damit sie herkam.
„Mom, wir haben dich nicht hergebeten, weil ich eine Haushaltshilfe brauche...“, versuchte Sam zu erklären, während sie sich anschnallte.
„Nein, das ist schon in Ordnung. Weist du, im Moment ist keine Saison in Irland, das ist keine Ursache, wenn ich meine Ferienpension für einige Zeit schließe... Wann soll das Baby kommen?“
„In vier Wochen.“
„Dann bleibe ich wohl etwas länger.... Wie geht es Elyse und Ilayda.“
„Sehr gut, Danke!“, sagte Jack und dann herrschte Stille im Auto.
„Verschweigst du mir etwas?“, wollte Elyse fünf Sekunden später von ihrem Sohn wissen.
„Nein!“, kam die Antwort prompt wie aus der Pistole geschossen, „Wie kommst du darauf?!“
„Ich meine ja nur.“
Nervös trommelte er mit den Fingern auf dem Lenkrad. Er fasste es nicht! Seine Mutter hatte er seit Jahren nicht mehr gesehen, trotzdem konnte sie in ihm lesen, wie in einem offenen Buch.
Die Fahrt zu ihrem Haus verlief schweigend, doch als es in Sichtweite kam, wunderte Elyse sich doch sehr über den Mann, der da mit ihren Enkelkindern auf der Treppe hockte. Verdammt! Jack hätte sich früher über eine Ausrede Gedanken machen müssen. Wie erklärte er seiner Mutter jetzt, warum sich ein (für sie) fremder Mann alleine mit ihren Enkelkindern im Haus seines Sohnes aufhielt.
„Mom, das ist Jon...“, versuchte er locker zu erklären und Sam warf ihm einen besorgten Blick zu.
„Jon ist ein Freund“, fügte sie darum schnell hinzu. Und das reichte ihrer Schwiegermutter offenbar. Sie stellte zumindest keine Fragen, warum er hier war. Sie stieg aus und drückte ihre Enkeltöchter an sich, die sogleich in ihre Richtung kamen. „Oma! Oma!“, rief die kleine Elyse glücklich und umarmte sie heftig.
„Hallo, mein Schatz, wie geht es dir?“
Inzwischen war auch der fremde Mann aufgestanden und auf die alte Frau zugegangen. „Hallo“, sagte er mit freundlicher Stimme und streckte ihr die Hand hin, „Mein Name ist Jon.“
„Hallo, Jon“, kam es von Elyse, „Freut mich. Ich bin Elyse.“
„Ja, ich weiß.“ Er fixierte ihre Augen mit seinen und stellte fest, dass sie sich seit ihrem letzten Wiedersehen kaum verändert hatte. Ihr Äußerliches war natürlich um einige Jahre gealtert, doch ihre Augen waren noch immer die selben.
„Hee, ihr beiden“, sagte Jack, als er an ihnen vorbeiging und den Koffer seiner Mutter hinter sich herschleppte, „Lasst uns reingehen. Sylenna hat Essen gemacht.“
Wie lange würden sie es Elyse wohl verschweigen können, dass DER Jonathan O´Neill hier war? Jon hatte sich vorgenommen, es mindestens noch eine Woche für sich zu behalten und auch die anderen sollten Elyse nichts erzählen. So musste Sam Vala und Daniel vor jedem Besuch eintrichtern, dass sie sich nicht verplappern sollten. Bei Plaudertasche Vala entwickelte sich jedes Zusammentreffen zu einem Spießrutenlauf.
Am einem Nachmittag, etwa drei Tage nach Elyse´ Ankunft aus Irland, klingelte es an der Haustür. Da sie eigentlich niemanden erwartet hatten, reagierte Jack ein wenig skeptisch, als er einer Frau mittleren Alters öffnete. „Guten Tag“, sagte sie, „Mein Name ist Tiffany Keller. Es geht um Ihre Mutter.“
„Um meine Mutter?“, fragte Jack und bat die Frau herein. In ihrem Bürokostüm und der strengen Hochsteckfrisur sah sie aus wie eine dieser FBI- Agentinnen in diversen Fernsehserien. Jack fragte sich, was seine alte Mutter wohl schon wieder angestellt hatte.
Die Fremde stellte sich Sam vor und setzte sich mit ihr an den Tisch. „Sicherlich fragen Sie sich, was mich hierher führt“, begann Tiffany und ihre Gegenüber nickten, „Es ist mein Vater... Und Ihre Mutter, Jack.... Vielleicht sagt Ihnen der Name Howard Keller etwas.“
„Nein, da klingelts bei mir nicht“, bedauerte er, „Ich hatte mit dem Chef von Keller Motors nie zu tun.“
„Ihre Mutter war erst mit meinem Vater verlobt, bevor.... Bevor sie in Irland jemanden kennen gelernt hat.“
„Und wie haben Sie uns gefunden?“
„Am Flughafen von Sacramento. Wir waren auf er Durchreise und mein Vater hat Elyse wiedererkannt, als Sie sie abgeholt haben. Er spricht heute noch von ihr... Er sitzt übrigens draußen im Wagen und wollte nicht mit rein kommen...“
„Oh, das ist vielleicht auch besser so!“, sagte Jack und Sam griff nach seiner Hand.
„Wie bitte darf ich das verstehen?“, Tiffanys Augen weiteten sich erschrocken.
„Ihr Vater hat Ihnen nicht die ganze Geschichte erzählt: Als er herausgefunden hat, dass meine Mutter mit einem anderen eine Affäre hatte, hat er den Mann in Irland in den Knast werfen lassen. Mit Geld scheint sich alles kaufen zu lassen. Während sich Ihr Alter also ein schönes Leben gemacht hat, ist mein Vater im Knast von Dublin fast verschimmelt. Glauben Sie, das war leicht für ihn?!“
„Aber...“, stammelte Tiffany.
„Nein, Sie hören mir zu! Ich habe meinen Vater vor kurzem erst kennen gelernt und ich will nicht, dass Howard Keller, dieser Mistkerl, auf Jon trifft.“
Hinter sich hörte Sam ein Geräusch und als sie sich umdrehte, sah sie ihre Schwiegermutter im Türrahmen stehen. Diese konnte kaum glauben, was sie da gehört hatte. Jon war hier. Sie drehte sich um und verließ mit schnellen Schritten das Haus. Sie fand Jon schließlich vor einer Pferdekoppel stehen.
„Warum hast du es mir nicht gesagt?!“, fuhr sie ihn an, „Warum hast du nicht gesagt, dass du MEIN Jon bist?!“
„Elyse, ich wollte es dir sagen, aber...“
„Aber was?!“
„Du hättest mich doch kaum angesehen, wenn du erfahren hättest, dass ich die letzten Jahre im Gefängnis verbracht habe.“
„Jon, ich liebe dich. Dein Sohn ist Beweis genug.“
Er atmete tief durch. Das stimmte. Vor einigen Tagen hatte er nicht einmal gewusst, dass er so etwas wie eine Familie hatte.
„Es ist mir egal, ob du im Gefängnis warst, Jon.“ Sie machte einen großen Schritt auf ihn zu, der Kies unter ihren Füßen knirschte. „Ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als dich eines Tages wieder zu bekommen. Jetzt habe ich dich. Bitte, geh nie wieder weg.“
„Das werde ich nicht“, versprach er ihr, „Ich bleibe für immer bei dir.“ Jon legte die Arme um Elyse und fühlte, wie sie sich an ihn schmiegte.
„Es tut mir Leid, Sie gestört zu haben“, sagte Tiffany wenig später zu Jack und trat aus dem Haus.
„Oh, keine Ursache“, meinte Jack und stemmte die Hände in die Seiten, „Ich muss mich entschuldigen, nachdem ich ihren Vater als Mistkerl bezeichnet habe.“
„Ich kannte die ganze Gesichte nicht. Es ist also meine Schuld. Wir hätten nicht herkommen sollen. Sie sind wirklich in Ordnung, Jack. Überlegen Sie, wir hätten vielleicht Geschwister werden können.“
Tiffany versicherte ihm, dass sie ihrem Vater sagen würde, er hätte sich geirrt und Elyse nicht am Flughafen gesehen. Dann stieg sie in ihr Auto und brauste davon.
Jack sorgte sich ein bisschen um seine Eltern. Sie waren jetzt lange unterwegs und hoffte, dass sie sich aussprechen würden. Er ging ins Haus zurück. Seine Familie brachte ihn sicher auf andere Gedanken.
Als Elyse die Tür leise hinter sich schloss, schlich sie in Richtung Treppe. Sie konnte nicht einschätzen, wie spät es inzwischen war, aber sie wollte niemanden aufwecken. Als sie an der Tür zum Wohnzimmer vorbeikam hörte sie leises kichern. Sie lugte hinein und sah, dass Jack und Sam gemeinsam vor dem Fenster standen. Liebevoll drückte Sam ihrem Mann einen Kuss auf den Mund, aber er drehte sich ein bisschen weg.
„...Oh, wärst du doch sonst auch so schüchtern“, murmelte sie und lachte.
„Ich? Schüchtern? Du verwechselst mich mit jemandem!“
„Tiffany scheint nett zu sein... Hättest du gerne Geschwister?“, wollte Sam wissen und er schlang die Arme um sie. „Ja, aus diesem Grund wollte ich so viele Babys wie möglich mir dir: Damit Elyse uns nicht eines Tages vorhält, dass sie als Kind niemanden zum Spielen hatte.“
„Wie süß von dir. Aber jetzt hab ich Hunger“, sagte sie frech und Jack schien zu überlegen, welchen Extrawunsch sie jetzt wieder hatte. „Ich möchte Pekingente“, fügte sie dann noch hinzu.
„Jetzt? Schatz, es ist zehn Uhr!“
„Denk dran, du bist mir noch was schuldig.“
„Warum?“, hackte Elyse von der Tür aus nach und Jack und Sam schauten sie an, „Was hast du wieder angestellt, dass du deiner Frau was schuldig bist?!“
„Och, gar nichts. Ich habe nur eine Zeit lang geglaubt, er hätte etwas mit einer anderen. Dabei hat sie ihm nur geholfen, ein Motorrad für mich zu bauen. Darum will ich, dass er jetzt mit mir losfährt und mir eine Pekingente besorgt.“
„Du bist ein mieser...!“, empörte sich Elyse.
„Mom!“, ermahnte Jack sie und tätschelte den dicken Bauch seiner Frau, „Uns geht’s toll. Wie du sehen kannst, erwarten wir noch ein Baby.“ Er küsste Sam und Elyse marschierte davon.
„Aber doch nicht vor den Kindern, Jack.“
„Ach was“, meinte Jon, der die Haustür aufschloss, „Lass Sie sich doch küssen, wenn Sie es wollen!“ Dann trat er vor Elyse. „Ich weis, du kannst mir nicht verzeihen. Aber versuch es bitte. Ich habe euch wirklich nicht im Stich lassen wollen.“
Sam und Jack konnten nur raten, worüber sie bei ihrem Spaziergang geredet hatten. Und weil sie es auch nicht herausfinden wollten (schließlich musste jedes Paar mit seinen Problemen fertig werden), hatte Jack seine Frau kurzerhand ins Auto gesetzt und war mit ihr nach Sacramento gefahren. Dort hatten sie zusammen in Lillys Asia Shop eine Pekingente gegessen und dann ins Kino gegangen. Sam wusste natürlich, wie gerne Jack die Simpsons schaute und es musste ziemlich an ihm nagen, dass er den Film bis jetzt noch nicht gesehen hatte. Immerhin gab es zur Zeit zuhause viel zu tun. Weil es also eine Überraschung werden sollte, hatte sie gesagt, sie würde die Kinokarten organisieren.
Sie verabschiedete sich an der Kasse von ihm und trug ihm auf, er sollte in der kleinen Bar gegenüber der Kinokasse auf sie warten. Sam fühlte, dass er sie keine Sekunde aus den Augen ließ. Fürchtete er wohl, sich mit ihr Harry Potter anschauen zu müssen? Hoffentlich suchte sie einen guten Film aus!
Nach nur zehn Minuten kehrte sie mit zwei Karten in der Hand zu ihm zurück.
„Wollen wir?“, fragte sie und lächelte.
„Was schauen wir uns denn an?“, wollte er wissen, während er von dem Barhocker kletterte.
„Das sag ich dir nicht. Aber es wird dir gefallen.“
Jack wusste eigentlich, was sie vorhatte. Und seine Vorahnung bestätigte sich. Sie hatte tatsächlich Karten für die Simpsons gekauft! Er liebte diese Frau. Dafür, und für noch mehr Dinge.
Sie kehrten erst kurz vor Mitternacht nach Hause zurück. Stille herrschte im Haus. Jacks Eltern hatten die Kinder bereits ins Bett gebracht und sie beschlossen, selbst dorthin zu gehen.
Also lagen sie wenig später im Dunkeln nebeneinander und redeten leise. „Ich danke dir.“
„Wofür?“
„Für diesen Abend.“
„Das hast du jetzt schon so oft gesagt“, lächelte sie, „Obwohl ich zugeben muss, das der Film an einigen Stellen sehr unrealistisch war. Ist dir aufgefallen, dass die Kuppel über der Stadt an einigen Stellen im Film Zentimeter dick und an anderen wieder nur hauchdünn war?“
„Darum geht’s doch nicht. Es geht darum, sich zu amüsieren.“
„Das hab ich. Du hast selbst gesagt, so haben wir schon lange nicht mehr gelacht.“
„Ja, das ist wahr.“ Für einen kurzen Moment schloss er die Augen und fühlte, wie ihm etwas in ganz leicht den Bauch trat. Er und Sam lagen so dicht beieinander, dass er sogar fühlen konnte, wie sich das Baby in ihr bewegte. „Es spielt wohl schon Fußball da drinnen“, meinte er und hörte sie lachen.
„Wir müssen uns langsam auch einen Namen überlegen.“
„Daisy... wenn’s ein Mädchen wird.“
„Daisy?“, quiekte sie empört.
„Klingt doch süß.“
„Klingt nach Donald Duck.“
Für einen Moment herrschte Stille. „Und wie klingt Delilah?“, wollte er dann wissen.
„Ich weiß nicht... Wir nennen es Adrian, wenn’s ein Junge wird.“
Jack lehnte sich zurück und starrte die Decke an. Schließlich schaute er sie erneut an.
„Hör zu, ich weiß, diese Frage gehört nicht hier her...“
„Worum geht’s denn?“, fragte sie.
„Um uns. Eigentlich um dich.“
„So?“ Sie kicherte leise.
„Ja. Ich mache mir Sorgen um dich. Wer soll dir mit dem Baby helfen, wenn es da ist?“
„Sylenna, zum Beispiel.“
„Die hat selbst genug zu tun.“
„Was ist mit Vala?“
„Um ehrlich zu sein, wundert es mich, dass sie mit ihrem eigenen Kind fertig wird.“
„Worauf willst du eigentlich hinaus? Denkst du, ich schaffe drei Kinder nicht?“ Sie versuchte, wütend zu klingen, was ihr deutlich misslang.
„Daran zweifle ich nicht. Du bist eine gute Mutter... Aber wer kümmert sich um unseren Laden hier?“
„Du“, sie lächelte ihn liebevoll an und er drehte gespielt empört den Kopf weg.
„ÄH!“, krächzte er, „Wenn ich das könnte, hätte ich die Buchhaltung nicht auf meine geniale Frau abwälzen müssen.“ Er versuchte, ihr einen Kuss zu geben, aber sie boxte ihn beleidigt in die Seite.
„Nun sag schon, was du willst.“
„Was hältst du davon, wenn wir meine Eltern fragen, ob sie bei uns bleiben möchten?“
„Denkst du, das würden sie?“
„Also, ich weis nicht... Zuerst müssten sie sich natürlich einmal wieder zusammenraufen.“
„So, wie wir“, lächelte sie und küsste ihn.
Als sie am nächsten Morgen erwarte, war Jack bereits aufgestanden. Ein Zettel lag auf seinem Kopfkissen und sie nahm an, das er für sie bestimmt war. Verschlafen nahm sie den Zettel in die Hand.
„Guten Morgen, meine Süße“, stand darauf und sie lächelte, „Komm nach unten und lass dir zeigen, wie sich ein O`Neill für eine wundervolle Nacht bedankt.“
„Wundervolle Nacht?“, murmelte sie verständnislos, „Ich bin eingeschlafen, bevor´s überhaupt richtig los ging.“ Sie ließ sich Zeit, nach unten zu gehen. Wie sie feststellte, kümmerte sich Jack bereits ums Frühstück, sodass sie sich nur noch an den Tisch auf der Veranda setzten musste.
„Mom, was machst du da?“, fragte Sam.
„Ich stricke einen Pullover für meinen Enkel“, das blaue Pelzkneul rollte vor Elyse auf dem Boden, „Ich stricke sogar seinen Namen auf die Vorderseite.“ Damit Sam nicht die Spiegelschrift erraten musste, drehte die alte Dame den blauen Lappen um. „Adrian“, stand dort.
Sam staunte: Gestern hatte sie sich noch mit Jack darüber unterhalten, wie das Baby heißen sollte. Und jetzt strickte Elyse schon einen Pullover. Seine Familie gehörte aber wirklich zur schnellen Truppe.
„Ich habe mich übrigens im Gemeindezentrum über einen Geburtsvorbereitungskurs informiert“, fuhr Elyse fort, „Hast du dich nicht angemeldet?“
„Geburtsvorbereitungskurs?“, pfiff Vala verächtlich, „Daniel und ich haben einen in Colorado Springs besucht. Die Hälfte der Frauen dort hatte eine Figur, die eine Schwangerschaft prima versteckte. Wundert mich nicht, dass so viele Beziehungen nach dem ersten Kind in die Brüche gehen.“
Sam puffte Vala in die Seite und erklärte, dass sie das nicht mehr bräuchte. Immerhin sei das nun schon ihr drittes Baby.
„Aha!“, sagte Elyse und strickte weiter, „Was ist eigentlich mit dem Bild, dass ich euch geschenkt habe? Jack hat es ja noch immer nicht aufgehängt..... Er könnte es zumindest ins Gästezimmer hängen.“
Natürlich hörte Jack, was seine Mutter sagte und er tat so, als wären die Brötchen, die er auf den Tisch stellte, besonders wichtig.
„Jon und ich werden jetzt im gleichen Zimmer wohnen.“ Die Stricknadeln klapperten noch weiter. „Jack“, schimpfte seine Mutter, „Komm jetzt gefälligst her und häng´ das Bild im Gästezimmer auf!“
„Warum?“, bellte er, „Du fährst in ein paar Wochen ohnehin nach Irland zurück.“
„Ja, wunderbar. Warum klemmst du nicht gleich die Heizung bei mir im Zimmer ab?!“
„Das muss ich nicht: Die Heizung funktioniert nicht.“
Drinnen klingelte das Telefon und Jack sprang auf. Er wartete schon den ganzen Tag auf einen wichtigen Anruf aus der Stadt. Während des Gesprächs machte er ein betretenes Gesicht.
„Was ist mit Ihnen, haben Sie hier keine eigene Wohnung?“, wollte Elyse plötzlich von Vala wissen.
„Sie werden sich doch nicht von meiner bescheidenen Anwesenheit gestört fühlen?“, konterte diese und schluckte eine ganze Weintraube auf einmal.
„Seit ich angekommen bin, halten Sie sich permanent hier auf.“
„Ich bin Gast dieses Hauses.“
„Mom, sei nicht so zu ihr“, ermahnte Sam sie, „Sie ist meine Freundin.“
„Zum Glück holt Daniel mich gleich ab“, murmelte Vala ein bisschen gekränkt. Jack kam zurück an den Tisch. „Mein Verdacht hat sich bestätigt“, flüsterte er seiner Frau ins Ohr, nachdem er ihr einen Kuss auf die Wange drückte, „Ich fahre jetzt und rufe dich später an, wie schlimm es tatsächlich ist.“
Sie nickte.
Wie von Vala gerufen bremste ein Wagen auf dem Hof und Daniel fragte sich noch beim Aussteigen, warum Jack in seinem Auto so schnell an ihm vorbeibrauste. Daniel fand, er hätte noch warten können und zumindest „Hallo“ sagen. Jedoch fand er, dass Jack nicht gerade glücklich aussah. Schulterzuckend holte Daniel seine kleine Maria aus dem Kindersitz auf der Rückbank. Mit ihr setzte er sich an den Frühstückstisch und erntete ebenfalls missbilligende Blicke von Maria.
Sie redeten über die unterschiedlichsten Dinge, als dreißig Minuten später erneut das Telefon klingelte. Es war Jack, wie Sam feststellte. Sie telefonierte im Haus, darum bemerkte niemand, wie sie nach dem Gespräch den Hörer weglegte und sich eine Hand vor den Mund hielt. Eilig rannte sie zur nächsten Toilette und fünf Minuten später unbemerkt zur Haustür hinaus.
„Tja, dann wollen, wir mal nach Hause gehen“, meine Vala eigentlich mehr zu Elyse und warf ihre langen schwarzen Haare über ihre Schulter. Sie nahm Maria aus dem Hochsitz und ging mit Daniel zu ihrem Auto zurück.
„Warte“, meinte sie auf einmal und blieb stehen, „Wo ist Sam? Seit Jacks Anruf habe ich sie nicht mehr gesehen.“ Sie schaute sich um und ihr Blick blieb an einer Gestalt hängen, die vor einer Pferdekoppel stand und ihr den Rücken zugedreht hatte.
„Geh zum Wagen“, sagte sie zu Daniel und gesellte sich alleine zu Samantha.
„Hi, Sam. Alles klar bei dir?“, Vala klopfte ihr die Schulter.
„Ja“, eine Schluchzen mischte sich unter ihre Stimme.
„Aber warum weinst du denn?“, fragte Vala. Sam hatte noch immer den Kopf in ihren Armen verborgen.
„Mir geht’s gut... Wirklich.“
„Nein, erzähl mir, was los ist.“
„Also gut“, Sam atmete auf, „Beautiful Country, du erinnerst dich?“, fragte sie und Vala nickte, „Diese Firma hat vor einem Monat den gesamten Bestand unsers Weines aus dem Jahr 1990 gekauft. Heute morgen hat Jack eine Mail bekommen, dass die Hauptzentrale der Firma bis auf die Grundmauern abgebrannt ist und wenn wir den Bestand von 1990 nicht loswerden, stehen wir mit 160.000 Dollar Schulden da. Was heißt, dass wir unser Haus verkaufen müssten und...“
„Ja, ja, ich habs kapiert.“
„Mir würde das alles so sehr fehlen, verstehst du?“, fragte Sam und schluckte schwer. Da sie vor einem Auslauf der Pferde stand, kaum jetzt ihr weißes Pferd auf sie zu, „Nicht nur, dass wir mit drei Kindern in einer engen Stadtwohnung leben müssten... Was soll denn aus Sylenna und Razar werden? Sie leben hier.... Und wir müssten die Pferde verkaufen.“
„Das ist wohl das kleinste Übel, oder?“
„Nein, sie bedeuten mir so viel. Pancake ganz besonders.“ Das weiße Pferd stubste ihre Hand vorsichtig an, „Ich kann sie nicht so einfach weggeben... Jack hat sie mir geschenkt, als wir meinen Geburtstag zum ersten Mal miteinander gefeiert haben.“
„Und Jack ist jetzt...“
„...zur Bank gefahren“, vollendete Sam den Satz, „Er informiert sich über unsere Rücklagen. Es ist weniger, als erwartet.“
„Ich wünschte, wir könnten dir helfen... Hey ich hab da sogar eine Idee.“
„Schon gut. Jack und ich packen das schon... Irgendwie.“
„Lass mich doch erst einmal ausreden.“
„Handelt es sich dabei um etwas illegales?“, fragte Sam gerade heraus.
„Nein“, kam es kühl als Antwort, „Es sei denn du bezeichnest eine Erbschaft als Illegal.“ Vala legte eine kurze Pause ein und fuhr dann fort. „Marias Großvater ist letzte Woche gestorben und meine Tochter ist als Alleinerbin des Weinguts eingetragen.“
Samantha erinnerte sich an die Episode, als Vala erstmals auf Marias Großvater, ihrem Nachbarn, getroffen war und sie fragte sich, wie er wohl dazu kam, seine Enkelin als Alleinerbin einzutragen, wo er doch schon zu Marias verstorbenen Dad kein besonders gutes Verhältnis hatte.
„Worauf ich hinauswill“, erklärte Vala, „Ist folgender Vorschlag: Daniel und ich verkaufen unser Haus in der Stadt, ziehen aufs Weingut und überlassen dir und Jack den Weinberg und den Gewinn aus dem Hausverkauf.“
„Vala, das ist sehr großzügig, aber...“
„Aber was?“, fragte Vala, „Ich will nur das Haus, auf den Weinberg bin ich nicht scharf.“
„Es wäre doch rendabler, das Weingut zu verkaufen.“
„Nein, das kommt gar nicht in frage!“
„Was sagt Daniel dazu?“
„Der wird gar nicht gefragt“, mit der Hand schlug Vala auf den Zaun vor sich, „So machen wir es! Keine Wiederrede!“
„Aber...!“
Am Mittag suchte Jon nach seinem Sohn und dessen Frau. Er fand sie schließlich in seinem Büro; sie hockten zusammen am Schreibtisch und schienen im Licht einer Tischlampe über einer wichtigen Sache zu grübeln.
„Jack, deine Mutter und ich würden euch gerne zum Mittagssen einladen“, Jon klang fröhlich. Sam und Jack sahen fast gleichzeitig von ihrem Schreibtisch auf.
„Danke, Dad“, sagte Sam zu ihm, „Aber wir sind nicht in der Stimmung. Ein anderes Mal vielleicht.... Ich bin müde“, erklärte sie ihrem Mann und stand auf, „Ich gehe eine Pause machen.“
„Ich komme auch gleich nach“, er beobachtete, wie sie ging.
Jon fragte sich, warum seine Schwiegertochter wohl so erledigt aussah. Er kam zwei Schritte auf den Schreibtisch zu und setzte sich ebenfalls.
„Geht es Sam gut?“
„Warum solls ihr nicht gut gehen?“, fragte Jack zurück, ohne von seiner Arbeit auf zu sehen.
„Sie sieht so bedrückt aus“, als Jon keine Antwort erhielt, machte er einfach weiter, „Sam hat mir von euren Problemen mit Beautiful Country erzählt.“
„Jon, wir möchten nicht, dass du dir irgendwelche Sorgen machst. Sam und ich schaffen das.“
„Tja, ich mache mir aber Sorgen. Kann ich dir irgendwie helfen?“
„Nein“, er schüttelte mit dem Kopf, „Ich glaube nicht, dass das irgendwie möglich ist.“
„Möchtest du gerne hier blieben?“, wollte Elyse wissen, während sie und Jon nach ihrem Essen auf das Haus ihres Sohnes zugingen. Sie hatten in der Stadt nach einem guten Restaurant gesucht und schließlich einen Chinesen gefunden. Die Sonne brannte an diesem Tag vom Himmel und sie hielten es in der Hitze nicht länger aus. Darum waren sie so schnell zurückgekommen.
„Wie kommst du darauf?“
„Du vergötterst die Kinder. Und nachdem du nie eine Familie hattest, gehe ich davon aus, dass du hier bei Jack und seiner Familie blieben willst.“
„Ja, das würde ich gerne.“ Ihre Schritte auf dem Kiesweg verursachten ein kratzendes Geräusch.
„Du würdest mir fehlen, wenn ich nach Irland zurückgehe. Jack hat mich zwar gefragt, ob ich bleibe, aber meine kleine Ferienpension würde mir sehr fehlen.... Ich frage mich, ob du mit mir nach Hause kommst.“
„Wie darf ich das verstehen?“
„Jon, ich liebe dich. Ich möchte, dass du bei mir bist. Wir haben uns so lange nicht gesehen und jetzt bist du wieder bei mir. All die Jahre...“, ihre Stimme versagte, „Ich habe dich vermisst und meine Liebe zu dir ist in den Jahren nie weniger geworden... Jon, wenn ich könnte, würde ich dich auf der Stelle heiraten.“
„Was hindert dich daran?“, fragte er amüsiert und sie hielt es für einen Scherz.
„Ich heiße bereits O`Neill“, erklärte sie und eine Träne lief über ihre Wange.
„Ich bin für all das zu alt“, sagte Jon.
„Das Alter spielt in der Liebe keine Rolle“, meinte Elyse, „Sieh dir doch die Kinder an.“ Sie schaute zu Jack und Sam, die gemeinsam auf der Veranda saßen. Er hatte einen Arm um seine Frau gelegt und blätterte in einem Buch. Jon sah, wie Sam etwas zu Jack sagte, aber sie konnte von hier aus nicht verstehen, was es war. Er hoffte jedoch, dass es nichts mit dem Grund zu tun hatte, aus dem sie vorhin im Büro ein Gesicht wie sieben Wochen Regenwetter gemacht hatte.
„Wenn er sie nicht geheiratet hätte, wären sie nie zusammen nach Kalifornien gekommen. Daraus schließe ich, dass Sam dich nie kennen gelernt hätte und wir uns dann nie wieder gesehen hätten.“
„Ich wünschte, ich könnte ihnen helfen.“
„Wovon sprichst du?“, fragte Elyse.
„Jack und Sam haben zur Zeit finanzielle Probleme, die durch einen ihrer Hauptabnehmer entstanden sind. Natürlich möchte unser Sohn nicht, das wir uns deshalb Sorgen machen. Aber das tue ich, Elyse“, er schaute seine Partnerin an, „Ich möchte nicht, dass meine Enkelkinder diesen wundervollen Ort verlassen müssen um vielleicht in einer Vier- Zimmer- Wohnung in der Stadt zu wohnen.“
„Jack hat die Probleme schon immer auf seine Weise geregelt. Wenn er Hilfe wollte, hätte er es dir mit Sicherheit gesagt“, meinte Elyse, „Und nun sag mir, ob du mit mir nach Irland zurückkommen würdest.“
Jon überlegte fieberhaft. Natürlich liebte er Elyse aber seine Enkel lagen ihm auch am Herzen. Er könnte sich nicht verzeihen, wenn sie ihr zuhause verlassen müssten.
„Er lässt sich wirklich nicht überreden?“, fragte er sie und Elyse schüttelte mit dem Kopf.
„Er ist ein sturer Bock, dein Sohn.“
„Gib mir bescheid, wenn du nach Irland zurückkehrst, ja? Damit ich noch packen kann.“
„Oh Jon“, Elyse sank in seine Arme und schloss glücklich die Augen. Diese zwei Menschen waren sich all die Jahre so nah und doch so fern. Jahrzehnte verbrachten sie in der gleichen Stadt, jedoch durch Mauern getrennt. Jetzt würde für sie alles gut werden. Sie betete, dass sich für ihren Sohn und dessen Familie auch alles zum Guten wendete.
„The End“
Die Buchstaben flimmerten über den Bildschirm und Vala griff nach der Fernbedienung des DVD Players. Die Videothek im Ort war eine echte Goldgrube, fand sie. Sie hatte sich heute drei ihrer Lieblingsfilme ausgeliehen und hatte beschlossen, einen langen Filmmarathon zu machen. Sie wechselte die DVD und warf sie einen prüfenden Blick in die Plastikschachtel, die vor ihr auf dem Bett stand. Die Schachtel war leer. Daniel hatte also alle Nappos aufgegessen und anschließend war er eingeschlafen.
Draußen auf dem Flur hörte sie ein polterndes Geräusch und wie jemand sagte, dass der Krach noch die Kinder aufwecken würde. Neugierig stand sie auf und ging zur Tür.
Sie sah, wie Jack seiner Frau half, eine Regenjacke anzuziehen.
„Wo fahrt ihr so spät noch hin?“, fragte Vala.
„Vala, Sie sind so spät noch auf?“, entgegnete Jon und half seiner Partnerin ebenfalls in ihre Jacke.
„Ja, Daniel und ich sehen fern“, sie lehnte entspannt im Türrahmen und wiederholte die Frage, warum sie so spät noch wegfuhren. Als sie jedoch Sams angespanntes Gesicht sah, wusste sie es.
„Meine Güte, ist es soweit?“ Sie erinnerte sich, dass das Baby noch zwei Wochen Zeit hatte.
„Ja“, Jon grinste, „Wir kommen mit. Ich will schließlich dabei sein, wenn mein Enkelkind zur Welt kommt. Und wenn ich nur im Krankenhaus auf dem Flur warte.“
Vala lehnte sich kurz zurück, griff nach ihrer Jacke, die über einem Stuhl hing und folgte ihnen noch im Jogginganzug nach unten. Beim Einsteigen bemerkte Jack, dass sie vielleicht keinen Platz mehr fürs Baby hätten, wenn sie wieder nach Hause fuhren und ob sie nicht noch jemanden mitnehmen wollten. Vala, Elyse und Jon rangelten auf der Rückbank um jeden Zentimeter platz.
Sie fuhren den Kiesweg zur Landstraße hinunter. Normalerweise war dieser Weg nicht besonders weit, heute fühlte es sich an, als wären es Meilen.
Jack raste über die Landstraße, bis er endlich die nächste Highwayauffahrt erreichte. In Fernando Valley gab es kein Krankenhaus und so mussten sie bis nach Sacramento fahren.
„Nun fahr schon ein bisschen schneller!“, kläffte seiner Mutter von der Rückbank aus.
„Ich kann nicht. Der BMW dort hinten will überholen.“
„Zieh doch einfach raus.“
„Super, Jon. Dann landen wir gleich alle im Krankenhaus!“, trotzdem behielt Jack den BMW auf der Überholspur im Auge. Vielleicht würde der Fahrer ihn ja noch ausscheren lassen.
„Jack!“, kreischte Sam plötzlich neben ihm. Er schaute nach vorne und sah, dass er einem kleinen Laster gefährlich nahe kam. Sofort trat er auf die Bremse und Schweißperlen traten auf seine Stirn.
„Willst du uns alle umbringen?!“, kam es wieder von Elyse und jetzt reichte es Jack: „Ich kann mich nun mal nicht konzentrieren, wenn ihr dort hinten gackert! Haltet die Klappe!“
Vala, Jon und Elyse warfen sich einen Blick zu, Sam atmete erleichtert aus, als Jack an dem kleinen Lastwagen vorbeifuhr und sie beschloss, ein bisschen zu schlafen. Soweit es ihre redseligen Mitfahrer zuließen...
Sie fuhren knapp zehn Minuten schweigend weiter, als sich Vala auf dem Rücksitz aufrichtete und nach vorne schaute. „Was ist?“, fragte sie, „Warum halten wir an?“
„Ein Stauende“, kam es monoton von Jack. Auch seine Frau war mit einem Male wieder hellwach.
Hinter ihnen bremste bereits das nächste Auto. Jetzt saßen sie fest.
Zusammen stiegen sie aus, nur Sam blieb im Wagen sitzen.
„Jack!“, kreischte Sam, „Ich bringe mein Baby bestimmt nicht in einem Auto zur Welt.“
Am Auto hinter ihnen öffnete sich die Fahrertür und eine Frau kam eilig auf sie zu. „Hier seit ihr“, sagte sie und sie erkannten Sylennas Stimme.
„Oh, toll. Jetzt sind wir ja alle versammelt“, murrte Vala.
„Du hast deinen Krankenhauskoffer vergessen.“ Sylenna stellte die schwarze Reisetasche ab. Sie befürchtete aber, dass Sam diese Tasche nicht brauchen würde. Wie sie feststellte, rief Jack mit seinem Handy bereits nach dem Notarzt.
„Der Doktor ist unterwegs. Er braucht mindestens eine halbe Stunde.... Denkst du, du hältst so lange durch?“, letztere Frage richtete er an Sam.
„Wie soll das gehen?“, kam es aufgeregt von Vala, „Diese Penner haben die Autobahn völlig blockiert. Da kommt kein Notarztwagen durch.“
Jack warf Vala einen verächtlichen Blick zu. Sam bemerkte das kaum, weil die nächste Wehe kam. Sie hoffte, man würde ihnen dann schnell einen Helikopter schicken.
Eine halbe Stunde später schnappte Sam noch angespannter als zuvor nach Luft. Jack hielt ihre linke Hand, Vala ihre Rechte und Sylenna war dabei, den erste Hilfe Kasten auszupacken.
„Denken Sie, Sie schaffen das?“, wollte Elyse von ihr wissen.
„Das ist nicht das erste Baby. Vielleicht beruhigt es Sie, zu wissen, dass ich beide ihrer Enkeltöchter auf die Welt geholt habe.“
Damit war Elyse schließlich zufrieden und sie ging zurück zu Jon, der neben Vala saß.
„Trotzdem halte ich das für falsch“, meinte Elyse, „Das ist nicht hygienisch, ein Baby auf dem Beifahrersitz eines Autos auf die Welt zu bringen. Außerdem: Was ist, wenn deine Hebamme das Baby fallen lässt und...“
„Mom!“, brüllte Sam geschockt, als die nächste Wehe kam, „Bitte lass das, ja?!“.
Elyse fühlte, wie Jon sie sanft an den Schultern fasste. „Komm, mein Schatz“, sagte er zu Elyse, „Lass uns gehen und die Kinder das machen.“ Gemeinsam gingen sie auf die andere Seite des Wagens. Sie hörten, wie Sam nach Luft schnappte und vor Schmerzen weinte und wie Jack beruhigend auf sie einsprach. Sylenna wies sie an, dass sie noch etwas mehr pressen müsste.
„Wie soll das Baby eigentlich heißen?“, fragte Vala plötzlich.
„Adrian“, kam es gleichzeitig von Jack und Sam. Letztere schnappte erneut nach Luft und wimmerte.
Und dann herrschte plötzlich Stille.
„Ist es...?“, fragte Vala.
„Oh Gott, es ist... Es ist..“, kam es von Sylenna und sie schluckte, „Es ist ein Mädchen.“
Sie wickelte das schreiende Baby in eine Decke und legte es seiner Mutter in den Arm. Sam weinte immer noch. Dieses Mal aber vor Glück, wie Sylenna annahm. „Sie ist so wunderschön“, hauchte Sam und fühlte, wie Jack ihre Wange küsste.
In der Ferne hörten sie die Sirenen eines Notarztwagens. Sylenna kicherte. Die Ärzte kamen zu spät. Das Baby hatte es eiliger gehabt.
„Ich frage mich nur, was ihr der Kleinen eines Tages sagen werdet“, meinte Vala und schaute in das Gesicht des Babys.
„Wie meinst du das?“
„Na ja, sie kann in ihrem Lebenslauf wohl kaum schreiben, dass sie auf einer Autobahn nach Sacramento geboren wurde, oder?“
Sam atmete tief durch. „Ja, das ist wahr... Aber bei Elyse und Ilayda haben wir das auch ganz gut gelöst... Wir haben Minnesota als Geburtsort für die beiden eintragen lassen.“
Ein Notarztwagen bremste neben ihnen und Sylenna erklärte, dass sie wohl zu spät kämen. Trotzdem wollten die Ärzte Sam für eine kurze Untersuchung mit ins Krankenhaus nehmen und so legte man sie auf eine Trage. Elyse begutachtete ihr neues Enkelkind (Dummerweise würde sie den blauen Pullover, den sie für „Adrian“ gestrickt hatte, wieder auftrennen müssen), während Jon seinen Sohn kurz zur Seite nahm.
„Hör mal, Junge“, sagte Jon und klopfte Jack auf die Schulter, „Habt ihr einen Namen fürs Baby?“
„Nein, noch nicht. Weißt du, wir dachten eigentlich, es wird ein Junge.“
„Wie wärs mit Aurora?“
„Aurora O´Neill?“, fragte Jack nach, “Findest du nicht, dass das ziemlich dick aufgetragen ist?”
„Nun hör mal, Aurora ist der Name meiner Mutter und damit auch der, deiner Großmutter.“
„Wenn das so ist...“, etwas unschlüssig sah er zu Sam, die von einem Notarzt in den Helikopter gebracht wurde und Elyse freundschaftlich die Hand drückte.
„Du musst mir nicht sofort antworten... Und jetzt geh zu deiner Frau.“
Jack bedankte sich und machte sich auf den Weg zu Sam. Er setzte sich neben ihr in den Helikopter und zusammen betrachteten sie ihr kleines Baby.
Zwei Wochen später ging das Leben wieder seinen gewohnten Weg: Sam war aus den Krankenhaus entlassen worden und Elyse und Jon waren vor fünf Tagen wieder nach Irland geflogen. Zuvor ließen sie es sich aber nicht nehmen, stolz den Kinderwagen ihrer Enkeltochter durch die Gegend zu schieben.
Nun war es Samstag und da am Samstag nicht gearbeitet wurde, saßen Jack und Sam mit Sylenna und Razar alleine auf der Veranda und frühstückten. Dass ein Polizeiauto im Hof anhielt registrierte noch niemand. Erst als ein Polizist mit meinem Briefumschlag in der Hand auf sie zusteuerte, bemerkten sie es.
„Guten Morgen“, sagte er und Jack stand auf. Er hielt Myna auf dem Arm und Sam bot an, ihm das Baby für eine Weile abzunehmen. Vala staunte darüber, dass sie fast vergessen hatte, wie klein so ein Neugeborenes sein konnte und wie gut die Babys rochen, nach Seife wie sie behauptete („Ich habe sie ja auch erst heute morgen gebadet“, erklärte Sam daraufhin).
„Guten Morgen. Suchen Sie jemanden?“, schließlich wusste Jack nicht, was er angestellt haben könnte, dass die Polizei nach ihm suchte. Vielleicht war das aber auch ein Brief in dem man ihnen erklärte, das aufgrund ihres Verlustes durch Beautiful Country ihr Haus und Grundstück gepfändet wurde.
„Ich suche nach Jack O´Neill. Der Brief hier ist für Sie.“ Der Officer überreichte ihm den Umschlag und warf einen Blick auf die am Tisch versammelten Leute. „Ist ein ziemlich weiter Weg hier her.“
„Bitte, setzen Sie sich doch“, bot er ihm an und nahm selbst wieder Platz. Gemeinsam mit Sam betrachtete er den Umschlag. In der linken, oberen Ecke befand sich ein Stempel, der aus dem Ausland kam.
Er riss den Brief auf und zog ein Schreiben heraus. Für Sam ergaben die Buchstaben nur sinnlos aneinander gereihte Laute, Jack jedoch schien es lesen zu können.
„Sag bloß, du kannst das lesen?“, fragte sie und er nickte, „Liest du vor?“
„Sehr geehrter Mr. O´Neill,
sehr geehrte Mrs. O´Neill,
hiermit muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Jonathan O`Neill vor zwei Stunden verstorben ist. Nun liegt es an mir, seinen Nachlass zu verteilen.
Zuerst möchte ich Ihnen mitteilen, wie dankbar Jonathan gewesen ist, seine Familie kennen lernen zu dürfen. Die letzten Wochen haben ihm das zurückgegeben, was ihm die irische Regierung vor langer Zeit genommen hat. Sein Dank gebührt vor allen Dingen seiner Schwiegertochter Samantha, ohne die es nie zu diesem Treffen mit seiner Familie gekommen wäre. Er bedauerte sehr, dass er nicht mehr Zeit mit seinen Enkeln Elyse, Ilayda und Brittany verbringen konnte. Jonathan vergötterte diese Kinder.
Mr. O´Neill, Ihr Vater sagte mir, er hätte Ihnen gegenüber beiläufig erwähnt, dass er von Ihrem Onkel Derek ein beachtliches Erbe erhalten hat. Nachdem Jonathan über Ihre finanziellen Probleme nach dem Brand bei Beautiful Country informiert war, hat er beschlossen, dass Sie im Falle seines Todes sein Vermögen erhalten. Ihr Erbe beträgt umgerechnet etwa...“
Jack stockte und Sam sah ihn an.
„170.000 Dollar!“, rief er schockiert.
„Was!?“
„Das heißt, ihr müsst nicht verkaufen!“, übersetzte Vala diese Nachricht in Kurzfassung, „Und es bleibt sogar noch etwas Geld übrig!“ Die Aufregung legte sich schnell, als Jack den Brief zu Ende las.
„Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sämtliche Unterlangen werden Ihnen in einem separaten Brief zugestellt. Die Beisetzung findet in einer Woche auf Wunsch Ihres Vaters in Sacramento statt.“
Jack faltete das Stück Papier zusammen und atmete tief durch. Zwar wusste er, dass sein Vater Probleme mit dem Herzen hatte, doch dass es so schnell gegangen war, hatte er nicht vermutet. „Wow, damit wären unsere Probleme vorerst gelöst. Schade, dass es auf diese Weise passiert ist.“
Sie alle stimmten mit einem Nicken zu und schwiegen eine Weile für Jon.
„Möchtet ihr unseren Weinberg trotzdem haben?“, fragte Vala und Daniel hob verdutzt den Kopf: „Wie bitte?“
„Ach, hab ich dir das noch gar nicht erzählt? Marias Großvater ist gestorben und da habe ich beschlossen in sein Haus zu ziehen. Den dazugehörigen Weinberg überlasse ich Jack und Sam.“
„Und was wird aus unserem Haus in der Stadt?“
„Na, das verkaufen wir…. Also, möchtet ihr unseren Weinberg nun haben?“
„Schaden kann es jedenfalls nicht“, kam es etwas tonlos von der anderen Seite des Tisches.
„Ach, bevor ich es vergesse“, sagte der Police Officer, der noch immer mit ihnen am Frühstückstisch saß, „Ich habe am Flughafen eine Frau aufgesammelt, die unbedingt mit ihnen sprechen wollte. Sie war ganz schön geizig und wollte sich kein Taxi nehmen… Jedenfalls hat sie mich während der Fahrt hierher unheimlich genervt.“
„Wo ist sie jetzt?“
„Sitz in meinem Auto. Sie wollte nicht mit reinkommen.“ Der Polizist aß sein Brötchen auf, „Aber ich muss weiter. Würden Sie die Lady bitte aus meinem Auto holen?“
„Natürlich!“, zusammen mit dem Polizisten machten sie sich auf den Weg in den Hof. Elyse war bereits ausgestiegen, als sie ihren Sohn und dessen Familie sah.
„Jack“, wimmerte sie, „Dein Vater ist tot. Ein Blutgerinnsel ist zu seinem Herzen gewandert und hat eine Vene verstopft…. Oh, er ist morgens nicht mehr aufgewacht.“
„Ich weiß, Mom.“
„Die Beerdigung ist nächste Woche hier in der Stadt. Er wollte es so, das stand in seinem Testament.“
„Mom, möchtest du so lange bei uns bleiben?“, fragte Sam und Elyse nickte.
Wie sich herausstellte, dachte sie seit Jons Tod darüber nach Irland gänzlich zu verlassen und wieder nach Amerika zurück zu kehren. Sam würde sich natürlich darüber freuen, jemanden zu haben, der ihr bei den Kindern half. „Drei Generationen unter einem Dach? Denkst du, das geht gut?“, wollte Vala später von Sam wissen, „Als ich kann deine Schwiegermutter nicht ausstehen.“
„Ein bisschen Hilfe zu haben, wäre natürlich schön. Aber permanent wollte ich Elyse auch nicht hier haben. Das Problem ist nur, wie bringe ich das ihr und Jack bei?“
„Vielleicht musst du das gar nicht“, sagte Vala und stand von ihrem Stuhl auf. Sie saßen auf der Terrasse und genossen die Mittagssonne. „Jetzt, da ihr keine finanziellen Probleme mehr habt, würde ich darüber nachdenken, das Haus von Marias Onkel an Elyse zu vermieten oder zu verkaufen. Sie kann aber auch in unserem Haus in der Stadt wohnen. Was immer du möchtest.“
„Das würdest du tun?“
„Ja, los, sagen wir es ihnen!“, schlug Vala vor. Mit Sam, die Brittany auf dem Arm trug, gingen sie zu Jack und seiner Mutter um ihr von der Idee zu erzählen. Sie würden vielleicht nicht alle unter diesem Dach leben, aber immerhin in der gleichen Stadt.
Für Elyse, und auch für den verstorbenen Jon, die beide jahrelang voneinander getrennt waren, hätte sich ein Traum erfüllt. Jahrelang waren sie sich so nach und doch so fern. Zumindest von ihrer Familie wollte Elyse O´Neill nicht mehr getrennt sein.
++++Fin++++
(So, hoffe es hat euch gefallen.)