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Thema: [Mini-Bang] [SGA/SG-1] Klapperschlangen und Kakteen

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    Lieutenant General Avatar von Antares
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    Standard [Mini-Bang] [SGA/SG-1] Klapperschlangen und Kakteen

    Titel: Klapperschlangen und Kakteen
    Serie: Personen aus SG-1 und SGA spielen mit
    Rating: G bis R (steht über jedem Kapitel)
    Pairing: Sheppard/McKay
    Inhalt: Rodney McKay arbeitet in einer Werbeagentur in Colorado Springs. Nachdem ein Auftrag fast geplatzt wäre, schickt ihn sein Chef für drei Wochen zur „Erholung“ auf die Atlantis-Ranch, die von Teyla Emmagan und John Sheppard geführt wird. McKay ist zu Beginn alles andere als begeistert von so viel Natur …
    Beta: Ganz herzlichen Dank an meine Betaleserin Lyddie!
    Anmerkungen:
    1. Ich habe die FF in 7 Kapitel geteilt und werde jeden Tag eins posten.
    2. Da es ein vollständiges AU ist - "was wäre wenn Sheppard und McKay nicht zum Militär gegangen wären" - gibt es keinen direkten Staffelbezug, aber Anspielungen auf viele Folgen und sogar ein direktes Zitat sind dennoch drin.
    3. Meine Kenntnisse über die Navajo Nation verdanke ich weitgehend den Romanen Tony Hillermans und dem, was man so im Internet finden kann. (Links am Ende der Story)
    Fanart: Cover von Sinaida
    Spoiler 
    Textures vonSand Textures, Fotos von Antares



    Vielen, vielen Dank, Sinaida!

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    1. Kapitel (Rating: G, Pairing: keins)
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    „Nur noch achtundvierzig Stunden!“ Jack O’Neill, der Chef von Colorado Springs’ größter Werbeagentur, Springs Genius Company, von allen nur kurz SGC genannt, haute seine Faust auf Rodney McKays voll beladenen Schreibtisch.
    Rodney schluckte. Das war … ein Novum. Denn sonst ließ sich O’Neill nicht so leicht aus der Reserve locken, er wurde lieber unangenehm sarkastisch. Rodney hatte Sorge, dass gleich ein paar Akten und Schnellhefter ins Rutschen geraten würden und presste schnell seine Hand drauf.
    O’Neill wiederholte noch einmal wütend: „ Nur noch zwei Tage, dann muss alles unter Dach und Fach sein!“
    „Nun, das ist nicht ganz korrekt. Da wir jetzt erst …“, Rodney McKay ließ die Akten los, schob die Manschette seines Hemdes ein paar Zentimeter zur Seite und konsultierte seine Armbanduhr, „… acht Uhr vierundfünfzig haben und der Termin für die Präsentation um elf ist, haben wir noch zwei Tage, zwei Stunden und sechs Minuten.“

    „McKay!!“ Voller aufgestauter Wut trat O’Neill mit dem Fuß gegen McKays Schreibtisch.
    Diesmal musste Rodney zwei Ordner schnappen, bevor sie zu Boden glitten.
    Dann zwang O’Neill sich tief durchzuatmen. Mit ruhiger, aber absolut eisiger Stimme befahl er: „Kleiner Konferenzraum! In genau zehn Minuten! Und ja, McKay, ich weiß, dass es dann erst neun Uhr elf ist, und nicht Viertel nach, und dass das eine ganz ungerade Zahl ist, die Ihrem mathematischen Gehirn zuwiderläuft, aber das ist mir, ehrlich gesagt, scheißegal!“

    Er stapfte zur Tür, drehte sich bereits mit der Klinke in der Hand um und donnerte noch ein: „Pünktlich!“ in den Raum, dann fiel die Tür mit dumpf schepperndem Schwung ins Schloss.

    Rodney ließ einen schnaubenden Ton, der nicht ganz ein „Pfft“, nicht ganz ein erleichtertes Seufzen war, hören. Meine Güte, was für ein Auftritt! O’Neill konnte manchmal ganz schön Furcht einflößend sein. Graue Haare hin oder her, man wollte nicht auf seiner falschen Seite sein. Nur gut, dass ihn das nicht beeindrucken konnte. Rodney stand von seinem Schreibtisch auf, ging zum Waschbecken und wusch sich kurz mit kaltem Wasser durchs Gesicht. Anschließend richtete er noch seine Krawatte, schnappte sich seinen Laptop und machte sich auf den Weg. Er wollte lieber nicht zu spät kommen.

    Als er den kleinen Konferenzsaal um acht nach neun betrat, waren die meisten seiner Kollegen schon anwesend, standen herum und unterhielten sich. Die Springs Genius Company hatte etwa vierzig Mitarbeiter, von denen etwa ein Dutzend hier versammelt war. Alles Leute, die im Bereich „Neue Kunden“ arbeiteten. Die SGC war noch nicht groß genug, so dass jeder der Mitarbeiter hochgradig spezialisiert sein musste; O’Neill bevorzugte bei der Einstellung solide Alleskönner, die sich in vielen Bereichen auskannten. Meist war bei den Aufträgen Teamarbeit gefragt. Aber dennoch hatte sich im Laufe der Zeit eingebürgert, dass je nach Projekt einer der Mitarbeiter die Richtung vorgab. Außerdem hatten sich mit den Jahren Vorlieben herausgebildet. So wie er, Rodney, ein Faible für Finanzen und Budgetplanung hatte, liebte es zum Beispiel Daniel Jackson, Werbetexte zu entwerfen und Hintergründe zu recherchieren, damit man in kein geschichtliches oder politisches Fettnäpfchen trat. Manchmal hatte Rodney den Verdacht, dass sich dort Hobby und Beruf aufs Trefflichste verbanden.

    Jackson stand ins Gespräch mit Sam Carter vertieft, die oftmals für die Photographie verantwortlich war. Außerdem spielte sie gerne mit Photobearbeitungsprogrammen und Computern herum und landete deshalb mehr als einmal in dem Bereich, den auch McKay zu seinen Lieblingsbereichen zählte. Denn Zahlen und Computer gehörten für ihn einfach irgendwie zusammen.

    Direkt neben der Tür stritten Siler und Janet Fraiser über irgendetwas, aber Rodney wollte sich da nicht hineinziehen lassen und begab sich, nach angedeutetem Nicken in alle Richtungen und dem Einschenken einer Tasse Kaffee, an seinen Stammplatz. Und der war links von dem Platz vor Kopf, an dem gewöhnlich O’Neill saß. Der angemessene Platz für einen zukünftigen Junior-Partner, wie McKay hoffte.

    Mit fünf Minuten Verspätung betrat O’Neill den Raum und knallte lautstark einen prallen Aktenordner auf den blank polierten, anthrazitfarbenen Konferenztisch, was die Gespräche sofort wirksam beendete. Alle nahmen eilig Platz und O’Neill begann mit seinen Ausführungen.

    „Wir haben ein riesengroßes Problem am Hals. In zwei Tagen müssen wir die komplette Werbekampagne für Mr Tealc fertig haben. Wie Sie alle wissen, ist er einer der größten Gebäckfabrikanten an der Westküste. Unter anderem verdanken wir ihm so köstliche Sachen wie die Jaffa-Kekse.“ Er ließ drei Packungen davon über den glatten Tisch schlittern.
    Rodney fing auch eine ab und öffnete sie sofort. Mhm, diese Jaffa-Kekse waren es wirklich wert, von den Besten beworben zu werden – und da kamen nur sie in Frage.

    In das Rascheln und Kauen hinein rief O’Neill: „Leute, wir können uns diesen Auftrag nicht durch die Lappen gehen lassen! Sie wissen alle, dass Apophis Advertising nur darauf wartet, uns an den Rand des Marktes zu drängen. Und ich will verdammt sein, wenn ich dem Möchtegern-Schönling auch nur so viel“, Jack presste Zeigefinger und Daumen zur Verdeutlichung zusammen, „von dem Kuchen überlasse. Also, wenn wir diesen Auftrag nicht bekommen, dann sieht das verdammt duster für die Zukunft der SCG aus! Denn Apophis wird Mr Tealc als Sprungbrett benutzen und uns das Leben in Zukunft schwer machen!“

    Daniel Jackson nutzte O’Neills wütenden Rundumblick und warf überrascht ein: „Aber, Jack, wir haben doch die Kampagne soweit fertig. Wir …“
    O’Neill unterbrach ihn rüde: „Diese Kampagne ist Makulatur! Ich musste heute Morgen erfahren, dass es noch eine zweite Werbelinie gibt! McKay hat ein weiteres Gespräch mit Mr Tealc geführt, in dem sie übereingekommen sind, nicht die ägyptische Schiene zu fahren, an der ihr bisher gearbeitet habt.“
    „Eine andere?“ Daniel versuchte mit McKay Augenkontakt herzustellen.

    Doch Rodney erhob sich von seinem Platz und wandte sich an alle: „Mr Tealc ist der Meinung, angesichts der wachsenden politischen Spannungen im Nahen Osten möchte er sein Produkt nicht mit einem Slogan und einer Verpackung bewerben, die seine Gebäcke in diese geographische Richtung rückt und auch nur den Hauch von islamischem Kulturgut vermittelt.“

    „Aber das ist doch Unsinn!“, rief Jackson und sprang ebenfalls auf. „Das Altägyptische hat doch nichts mit dem Islam zu tun! Da liegen Tausende von Jahren dazwischen!“ Seine weit ausholenden Armbewegungen überspannten die Jahrtausende. „Wir haben uns für ein traditionelles Motiv aus der 11. und 12. Dynastie des Mittleren Reiches entschieden, ca. 2000 vor Christus. Mohammed wurde erst …“
    „Daniel!“, unterbrach ihn Jack. „Du weißt das und mit dir vielleicht noch eine Handvoll Geschichtsstudenten, aber für den Großteil unserer Landsleute liegt Ägypten, wenn sie’s überhaupt zuordnen können, gleich neben dem Irak mit all seinen Problemen – und diese Einordnung möchte Mr Tealc vermeiden.“
    Daniel sank in seinen Stuhl zurück.

    „Das verstehe ich schon“, stimmte Janet Fraiser zu. „Was ich jedoch nicht verstehe, ist, warum man uns das nicht mitgeteilt hat. McKay?“ Süffisant grinsend lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück.
    „Hah!“ McKay richtete seinen Zeigefinger auf Janet. Sie mochte ja klein sein, aber sie führte eine böse Zunge. McKay dachte gar nicht daran, sich von ihr einschüchtern zu lassen. „Ich habe es Ihnen mitgeteilt! Wenn Sie Ihre E-Mails nicht lesen …“
    „Ich jedenfalls habe nichts dergleichen bekommen!“, ließ sich Carter kopfschüttelnd vernehmen und etliche Leute im Raum stimmten ihr zu.

    Rasch rief McKay das E-Mail-Programm an seinem Laptop auf, scrollte die Einträge herunter und verkündete nach einem Augenblick triumphierend: „Hier ist es! Eine Rundmail vom Vierten, also vor gut einer Woche, an alle Leute, die auf dem Verteiler sind. Darin erläutere ich, warum wir nicht mit dem Ägypten-Motiv weitermachen, sondern in klassischem Gold-Beige. Was auch viel besser aussieht, das habe ich übrigens gleich gesagt.“

    Daniel ballte die Hände zu Fäusten und warf Jack ein gequältes Augenrollen zu.
    Carter zog sich McKays Laptop heran und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf den Monitor. Nachdem sie die Mail gelesen hatte, schüttelte sie abermals den Kopf und meinte achselzuckend: „Ich habe das mit Gewissheit nicht bekommen. Dann hätte ich es bestimmt beantwortet.“

    „Hat überhaupt irgendwer geantwortet?“, erkundigte sich O’Neill bei Rodney, als ringsum nur ratlose Gesichter zu sehen waren.
    „Nein. Aber da heute Mittag Besprechung gewesen wäre, dachte ich, Sie würden mir Ihre fertigen Konzepte dann präsentieren“, erwiderte Rodney.

    Auch Daniel zog sich jetzt den Laptop näher und las den Text. „Das ist aber nur ein Anhang“, meinte er, „nicht die Hauptmail.“
    „Ja und?“, schnappte Rodney.
    „Ich weiß, warum ich das nicht gelesen habe!“ Anklagend tippte Daniel auf den Bildschirm. „Hier, die Betreffzeile lautet: an meine lieben Mitarbeiter.“
    „Und?“ An Rodneys hochmütig anklagendem Tonfall hatte sich noch nichts geändert.

    „Die letzte Rundmail an ‚Ihre lieben Mitarbeiter‘ war doch das mathematische Rätsel, nicht wahr? Man musste die Wurzel aus irgendetwas ziehen und dann poppte ein grölender Gorilla auf, wenn das Ergebnis nicht stimmte, und ein kreischender Gorilla, wenn das Ergebnis stimmte. Korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege“, bemerkte O’Neill säuerlich.
    „Aber …“
    „Oh ja, ich erinnere mich!“, meinte nun auch Sam Carter. „Als ich die Betreffzeile las, habe ich etwas Ähnliches befürchtet und nicht …“
    „Aber wieso denn?“ Rodney warf die Hände in theatralischer Geste nach oben. „Die erste war an meine ‚dummen Mitarbeiter‘ adressiert. Ich meine, wer sich davon angesprochen fühlt …“ Er ließ den Satz im Nichts verklingen. „Diese jedoch …“

    „Genug mit Ihren Spitzfindigkeiten, McKay.“ O’Neill atmete tief durch. „Was ich jetzt will, sind Vorschläge, wie wir die zwei Tage möglichst effektiv nutzen. Carter?“
    „Brainstorming. Jeder sagt, was ihm zu Beige und Gold und Gebäck einfällt.“
    „Daniel?“
    „Ich brauche wenigstens eine grobe Richtung, um Slogans überlegen zu können. Wollen wir mehr auf Eleganz abheben, oder eher Familien mit Kindern ansprechen?“
    „McKay? Was haben Sie bisher?“
    „Ich habe die Kosten für zwei verschiedene Spots im Fernsehen kalkuliert und berechne gerade, ob das günstiger ist, oder ob es besser ist, eine ganzseitige Anzeige in einer Zeitung zu schalten.“
    „Wir sollten das Pferd nicht von hinten aufzäumen. Ehe wir Fernsehspots drehen, sollten wir wissen, was wir drehen wollen. Also Vorschläge, meine Damen und Herren!“

    Die nächsten Stunden rauchten die Köpfe, und es wurden mehrere Flipcharts mit Schlagwörtern, Kringeln und Pfeilen kreuz und quer und kunterbunt bekritzelt.
    Ganz langsam, nach einer Runde Pizza für alle, begann sich ein Konzept abzuzeichnen, das tragfähig erschien und auch mit den Wünschen des Kunden in Einklang gebracht werden konnte.

    Kurz nach Mitternacht konnten sie die Aufgaben auf die Mitarbeiter verteilen. Während die meisten Leute nach Hause gingen, blieb McKay noch in der SGC und bereitete die Unterlagen, E-Mails und Anruflisten für den folgenden Tag vor. Das waren die letzten ruhigen Minuten, die er hatte, denn ab sechs Uhr früh strömten die Leute bereits wieder in die Agentur und stürzten sich in die Arbeit.

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    Die Springs Genius Company glich einem summenden Bienenstock – nur die Lautstärke erinnerte mehr an eine Stierkampfarena, je weiter der Tag voranschritt. Leute rannten durch die Gänge, Telefonate wurden lautstark geführt, Carter versuchte verzweifelt, ein Fotostudio zu bekommen, das ihren Vorstellungen entsprach.
    Bei nur 48 Stunden gab es keine Marge für Versagen, aber dennoch blieben Fehlschläge nicht aus. Materialien konnten nicht rechtzeitig geliefert werden, also mussten wertvolle Arbeitskräfte abgezweigt werden, um diese Sachen persönlich herzuholen.
    Leute, die man dringend für Auskünfte benötigte, waren nicht zu sprechen und McKay brüllte lauthals in den Telefonhörer, dass es eine Unverschämtheit sei, Urlaub zu machen, wenn er seinen Ansprechpartner brauchte.
    Eine Praktikantin rannte fast heulend durch den Flur, weil McKay sie eine unfähige Pute genannt hatte.
    Die Kaffeemaschinen produzierten unaufhörlich von der dunklen Brühe, die mit jedem Durchgang, mit jeder Stunde, die verrann, stärker und schwärzer wurde.

    „Nein. Nein. Nein. So geht das nicht! Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock, dass das alles viel zu teuer ist. Wir haben keinen Geldesel im Keller und deshalb will ich einen neuen Entwurf!“, war einer der Standardsätze, die aus McKays Büro zu hören waren.

    Als gegen vier Uhr morgens erst ein Computer und dann noch ein zweiter abstürzte und weder McKay noch Carter – nach einer Stunde gegenseitigen Beschimpfens – den Fehler fanden, mussten sie doch noch den Systemtechniker anrufen. Der hatte nur einen Anrufbeantworter geschaltet, der ihnen mit freundlicher Stimme und nerviger, klassischer Musikuntermalung mitteilte, dass er zu seiner regulären Arbeitszeit, die um 7 Uhr 30 begänne, sofort zurückrufen würde. Ein Teil der Springs Genius Company war der Meuterei nahe.

    Rodneys autoritärer Führungsstil machte das Ganze nicht einfacher, denn alles musste er nachkontrollieren, zu allem seine Meinung dazu geben.
    „Oh, mein Gott, bin ich denn nur von Tölpeln umgeben? Was haben Sie sich dabei gedacht? Ach, Verzeihung, wahrscheinlich haben Sie mal wieder überhaupt nicht gedacht.“
    Der Layouter wäre ihm beinahe an die Gurgel gesprungen, als er die fünfte Änderung in nur zwei Stunden haben wollte. Aber weil das Ergebnis mit McKays rasch hingekritzelten Verbesserungsvorschlägen wirklich besser aussah, gab O’Neill McKay recht, und Harriman musste von vorne beginnen.

    Während sie auf den Servicetechniker warteten, schickte O’Neill einen Teil der Truppe in den nahe gelegenen Starbucks, um sich an weiterem Kaffee und so gehaltvollen Sachen wie Brownies und Cookies zu stärken. Endlich kam der Fachmann um halb neun – und ließ ihnen nach vielem Hin und Her und Durchmessen und Auf- und wieder Zuschrauben, zwei Ersatzrechner da. Glücklicherweise waren nur wenige Daten unrettbar verloren und langsam nahm die Werbekampagne Form an.

    „Sagen Sie mal, ist das Absicht? Stellen Sie sich vorsätzlich so dusselig an, damit ich es selber mache? Wenn ja, dann sagen Sie es gleich, dann können Sie Ihre unersetzliche Arbeitskraft vielleicht besser einem anderen Projekt widmen. Ich habe gehört, dass noch Leute gesucht werden, die die leeren Pizzakartons ins Altpapier bringen. Falls Sie das nicht überfordert. Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg!“ Hochrot im Gesicht scheuchte Rodney Siler aus seinem Büro, der es gewagt hatte, ihm einen noch nicht ganz fertigen Entwurf vorzulegen.

    Daniel düste auf der Suche nach dem richtigen Papier und einem ganz speziellen Golddruck durch die Stadt, Carter hatte endlich einen Termin für das Fotoshooting vereinbaren können.
    McKay strich Fraiser wieder ein paar PR-Termine aus der Liste, weil sie das Budget sprengen würden, und wies sie an, sich mehr auf die Internetpräsentation zu konzentrieren.

    „Ja, ja. Ich komme ja schon! Ich schaue es mir sofort an. Und nein, der Anzeigenentwurf kann so nicht rausgehen, Jackson wollte noch etwas an der zweiten Zeile ändern. Wo ist Jackson überhaupt? Und, hey, wo ist der Ordner mit den Abzügen hin? Wer hat den schon wieder weggeschleppt? Mein Gott, liegt der Durchschnitts-IQ hier unter dem von Einzellern?“

    Damit nicht nur Kaffee und Cola die Mägen füllten, schickte O’Neill am Nachmittag Harriman in den nächsten Sandwich-Laden. Das Ende vom Lied war, dass zwei Konzeptzeichnungen unter lautem Fluchen neu angefertigt werden mussten, weil Majonäse die Ecken fettig schmückte.

    Gegen einundzwanzig Uhr stürzte Carter in O’Neills Büro und rief aufgebracht: „Ich bringe ihn um! Ich schwöre es, ich bringe ihn um!“ Mit Schwung ließ sie sich in den Stuhl vor seinem Schreibtisch fallen.
    Jack musste nicht fragen wen, sondern wollte nur wissen: „Warum?“
    „Die Photos! Mit nichts ist McKay zufrieden! Dieses Mal liegt es nicht an der Ausführung oder der Belichtung, sondern ihm passen die Darsteller nicht. Der eine ist ihm zu dürr. Er sähe nicht aus, als würde er das Gebäck, das er verkaufen will, auch nur mit einem Stock anrühren. Der nächste ist ihm nicht dunkelhäutig genug, der dritte habe zu abstehende Ohren, und so weiter, und so weiter.“
    Sie langte über den Tisch, öffnete den Schnellhefter und tippte so heftig auf das erste Photo, dass es fast vom Tisch gerutscht wäre. „Er will … Denzel Washington zum Preis von einem drittklassigen Model, das für den Heimwerkerkatalog wirbt!“
    Sie zog noch fünf, sechs weitere Bilder hervor. „Da! Den ganzen Tag habe ich damit verbracht, Photos zu machen, die er nicht einmal in die engere Wahl zieht! Ich weiß nicht, wo ich bis morgen früh irgendwen auftreiben soll, der seinen Ansprüchen genügt – und den wir bezahlen können. Aber er ist zu keinem Kompromiss bereit.“ In einer hilflosen Geste hob sie die Hände.

    O’Neill blätterte derweil den Schnellhefter mit den Photos durch. „Also der hier kann aber wirklich bald fliegen mit seinen Ohren“, grinste er.
    „Will Smith hat auch abstehende Ohren und trotzdem ist er was geworden“, meinte sie müde.
    „Wie viel kostet Will Smith?“
    „Vergessen Sie’s.“ Aber immerhin zeigte sich wieder ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen und mit Vorfreude meinte sie: „Oh ja! Ich glaube, den werde ich McKay wirklich mal vorschlagen, nur um zu sehen, wie knallrot er dann anläuft.“
    Jack lachte. „Wenn Ihnen überhaupt niemand mehr über den Weg läuft, nehmen Sie doch Mr Tealc selbst. Der sieht wahrscheinlich schon genauso aus, wie McKay sich das vorstellt.“

    Sams Blick wurde für einen Moment nachdenklich und sie kaute auf ihrer Unterlippe.
    „Sam? Was ist?“, erkundigte sich Jack besorgt.
    „Sie sind ein Schatz, Jack!“ Sie strahlte ihn an.
    „Ähm … Ja. Wurde Zeit, dass das mal jemand festgestellt hat“, grinste Jack und schaute sie mit leicht geneigtem Kopf an.
    „Das ist die Lösung!“
    „Mr Tealc ist die Lösung? Ich dachte, er wäre das Problem.“ Noch einen Augenblick sah Jack zweifelnd aus, dann erhellte sich seine Miene. „McKay ist nicht das einzige Genie hier!“, lachte er. „Das könnte wirklich funktionieren, nicht wahr?“
    „Das wäre perfekt“, rief Carter eifrig. „Wir bräuchten keinen weiteren Darsteller zu suchen und Mr Tealc gegenüber würden wir herausarbeiten, was für eine einzigartige Kundenbindung das gibt, wenn er mit seinem eigenen Konterfei auf den Packungen und in den Anzeigen wirbt. Falls er telegen ist, könnte man ihn sogar in den TV-Spots einsetzen.“

    Während Jack ihr zuhörte, rief er Mr Tealcs Profil auf und drehte den Monitor so, dass Sam ebenfalls draufschauen konnte.
    „Perfekt!“, bestätigte Jack.
    „In der Tat“, grinste Sam.
    Jack rieb sich die Hände. „Das werde ich McKay persönlich verkaufen gehen – sehen Sie zu, dass Sie Daniel finden und fertigen Sie ein Exposé an, das wir Mr Tealc morgen vorlegen können und das so überzeugend ist, dass er das unbedingt machen will.“
    „Aye, aye, Sir!“, lachte sie übermütig und stürzte aus O’Neills Büro.

    Als es am nächsten Morgen auf zehn Uhr zuging, sah Daniels Büro, wo alle, die am Projekt mitarbeiteten, kurz nach Mitternacht hängen geblieben waren, wie eine Kampfzone aus. Zerknüllte Papiere, zerrissene Entwürfe, drei Monitore, die gleichzeitig in Betrieb waren, leere Flaschen und Becher, halb aufgegessene Kuchenstücke. Und die Truppe, die sich dort versammelt hatte, sah auch aus, als habe sie gegen einen übermächtigen Feind gekämpft. Die Ärmel hochgekrempelt, die Hosenbeine zerknautscht, weil sie irgendwann einmal die großen Entwürfe auf dem Boden ausgebreitet und drum herum gekniet hatten. Die Haare zerzaust und die Augen übernächtigt oder mit einem gefährlichen Glitzern, weil der oder die Betreffende gerade ein Aufputschmittel eingeworfen hatte.

    Aber sie hatten es geschafft! Wieder einmal auf den allerletzten Drücker – aber ein Entwurf, der innovativ, klassisch und massentauglich zugleich war, lag in allen Einzelheiten vor ihnen.
    Anzeigenserien, Verpackungen für die verschiedenen Kekssorten, einheitliche Schriftzüge für die ganze Produktreihe, Internetauftritte, mögliche Werbeveranstaltungen in den großen Kaufhausketten – alles war aufeinander abgestimmt worden und vermittelte jetzt ein homogenes Bild, bei dem nur noch Mr Tealc selbst fehlte.

    Strahlend fasste es Carter für alle zusammen: „Ich denke, er wird begeistert sein.“
    „Ob er begeistert ist, werden wir dann ja in ein paar Stunden wissen, aber es ist zumindest nicht mehr ganz scheußlich“, dämpfte Rodney sofort.

    Ehe ein neuer Schlagabtausch beginnen konnte, griff O’Neill ein. „Dafür sehen wir aber ziemlich scheußlich aus.“ Er warf einen abschätzigen Blick an sich selbst herunter und rieb an einem roten Fleck auf seinem Ärmel, der wohl von dem Kirschkuchen herrühren musste.
    „Walter, geben Sie alle Sachen zum Kopieren, das Sekretariat soll die Präsentationsmappen fertig machen und den großen Konferenzraum eindecken. Kein Alkohol, auch kein Sekt, Mr Tealc trinkt nämlich keinen Alkohol.“
    „Wird erledigt.“
    „Gut.“ O’Neill schaute wohlwollend in die Runde. „Ihnen bleibt noch etwas weniger als eine Stunde, um sich präsentabel zu machen. Ich hoffe, Sie haben alle noch ein sauberes Hemd beziehungsweise eine gebügelte Bluse im Schrank. Und dass mir niemand in der nächsten Stunde einschläft! Geschlafen wird nach der Präsentation!“

    Gelächter beantwortete seine Worte, doch der Warnung hätte es nicht bedurft, denn noch schwammen alle auf einem ungeheuren Adrenalinschub. Fieberten der Reaktion ihres Kunden entgegen, änderten hier noch einen Satz in ihrer Vorstellungsrede, gaben dort noch eine letzte Anweisung oder liefen unruhig im Büro umher.

    Jack suchte hektisch seinen zweiten Manschettenknopf. Sam konnte ihre Haarbürste nicht finden und ging sich eine bei Janet leihen. Rodney musste noch einmal ein neues Hemd anziehen, denn leider hatte er vergessen, dass er noch einen geöffneten Textmarker in der Hand hielt, als er das Hemd aus der Schublade nahm. Daniel rannte noch einmal zurück, weil er tatsächlich seine Brille am Waschbecken liegen gelassen hatte.

    Aber um fünf vor elf, mit der Ankunft von Mr Tealc, konnte Jack einen zufriedenen und stolzen Blick auf seine Truppe werfen. Sie sahen wie aus dem Ei gepellt aus, die letzten beiden Tage ohne Schlaf waren ihnen kaum anzusehen und vor allem in der Präsentation waren sie Profis, so wie er es von ihnen gewohnt war.

    Es stellte sich heraus, dass Mr Tealc ein sehr angenehmer Kunde war, der nicht viel redete, aber oft zustimmend nickte. Er hatte eine einschmeichelnde, tiefe Stimme und Carter sah ihn bereits in den Fernsehspots vor sich. Es bedurfte noch ein klein wenig Überzeugungsarbeit, aber da alle bestens vorbereitet waren, waren die Argumente im Endeffekt so schlagkräftig, dass Mr Tealc dem neuen Werbekonzept in praktisch allen Punkten zustimmte.

    Noch an diesem Nachmittag bekam die SGC den gut dotierten Vertrag, der – reine Formsache – nur noch von der Rechtsabteilung abgesegnet werden musste.

    Sie stießen mit Orangensaft auf eine erfolgreiche gemeinsame Zusammenarbeit und Zukunft an. Beide Seiten gaben der Hoffnung Ausdruck, dass man Mr Tealcs Unternehmen im kommenden Geschäftsjahr zu großem Gewinn führen könnte. McKay sah sich schon auf der Titelseite der „Advertisment World“, der führenden Zeitschrift für die Werbebranche.

    Um kurz nach vier schickte O’Neill dann den letzten Mitarbeiter nach Hause und gab allen an dem Projekt Beteiligten den folgenden Tag frei.

    McKay, der noch eine Nacht mehr ohne Schlaf als die anderen aufzuweisen hatte, fuhr nach Hause, war froh, dass er noch so klar sehen konnte, dass er den Schlüssel in das Schlüsselloch gefummelt bekam, und fiel wie ein Stein ins Bett. Er schaffte es nicht einmal mehr seine Jackettjacke auszuziehen und die Krawatte abzunehmen.

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    Als endlich Ruhe in der SGC herrschte, schlenderte Daniel in Jacks Büro und setzte sich auf eine Ecke von Jacks Schreibtisch, während der seine Schuhe wechselte.

    „Das war mal wieder knapp“, begann Daniel das Gespräch.
    „Ist es das bei McKays Aufträgen nicht immer?“ Jack zog den rechten Schuh aus und wackelte mit den Zehen. „Ah, tut das gut.“
    „Das ist es. Aber seit McKay Partner werden will, ist es immer schlimmer geworden. Er ist so ehrgeizig, dass er oft die elementarsten Regeln des Miteinanders vergisst. Jack, Rodney ist brillant, aber er ist im Zwischenmenschlichen auch eine Katastrophe.“
    „Was soll ich also tun? Ihn nicht zum Partner ernennen? Du weißt, wenn Carter und du nicht wollen, ihr habt da ein Mitspracherecht, mache ich es nicht.“

    „Ich weiß es wirklich nicht.“ Daniel hopste vom Schreibtisch runter, stellte Jacks unbequeme Lederschuhe in den Schrank und brachte die bequemen alten Treter mit. „Wenn du ihn in absehbarer Zeit nicht zum Partner machst, besteht die Gefahr, dass er abwandert. Wenn du ihn zum Partner ernennst, verlierst du das bisschen Einfluss, das du jetzt noch auf ihn hast, wenn du den Chef raushängen lässt. Ich weiß auch nicht, was richtig ist.“
    „Was meint Carter?“
    „Du weißt doch, dass sie schon einige Male mit ihm aneinandergeraten ist. Aber wenn es für die Firma gut ist, würde sie sich mit ihm arrangieren.“
    Jack zog den Schnürsenkel fest und schaute auf. „Schwierige Entscheidung.“

    „Man müsste ihn auf einen Benimmkurs schicken. Schade, dass es so etwas nur für Tischmanieren gibt, aber nicht für persönliches Miteinander“, meinte Daniel.
    „Gibt’s nicht?“
    „Jedenfalls nicht in Colorado Springs, so viel ich weiß. Aber es gibt jede Menge Bücher zu dem Thema. ‚Verbessere deine emotionale Intelligenz‘ und Ähnliches.“
    „Kannst du sehen, dass McKay so etwas liest?“
    „Nein. Aber irgendetwas müssen wir tun. Die Mitarbeiter brauchen mal eine Auszeit von ihm. Gibt es nicht irgendeine Weiterbildung oder ein Seminar, zu dem wir ihn mal ein paar Tage hinschicken können?“
    „Seminar?“ Jack klopfte mit dem Zeigefinger gegen sein Kinn. „Daniel, ich glaube ich habe da eine Idee! Hol dir einen Stuhl und dann durchforsten wir mal das Internet.“
    „Und was ist mit Schlafen?“
    „Schlafen wird in dieser Agentur nicht gern gesehen, weißt du doch“, lachte Jack.
    „Sklaventreiber.“ Daniel lachte ebenfalls und zog sich einen Stuhl heran.

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    Nach sechzehn Stunden Schlaf am Stück fühlte sich Rodney wieder halbwegs menschlich, als er aufwachte. Er schaute auf den Wecker, sah, dass es schon kurz nach neun war, und bekam einen riesigen Schrecken. Er setzte sich auf, fummelte nach seiner Armbanduhr, die dieselbe Zeit zeigte, und stand fluchend auf. Gerade als er die Klinke der Badezimmertür in der Hand hatte, fiel ihm ein, dass er heute freihatte. Aufseufzend ließ er sich aufs Klo sinken. Okay, eine Dusche und dann würde er weitersehen.

    Im Endeffekt nutzte er den freien Tag dann für die Steuererklärung und kam erst wieder nachts um zwei ins Bett. Da das aber sein üblicher Schlafrhythmus war, war er am nächsten Morgen nicht übermüdet, als er sich zur SGC begab.

    Kaum hatte er seinen Rechner hochgefahren, sah er auch schon das kleine Bildchen von sich selbst aufblinken, das ein Schild hochhielt, das ihm verkündete, dass zweiundsiebzig Mails auf ihn warteten. Rasch schaute er sie durch, doch nur die von O’Neill öffnete er sofort.

    Bitte kommen Sie heute um zehn Uhr in mein Büro.
    MfG
    Jack O’Neill.


    Ja, da war das Gespräch über die Juniorpartnerschaft! Rodney war sich ganz sicher. Begeisterung und das Gefühl, es endlich geschafft zu haben, blubberten in ihm hoch. Sein Name würde der nächste Name sein, der unter Jack O’Neill, Daniel Jackson und Samantha Carter auf dem Briefkopf stünde! Er konnte es sich schon ausmalen! Oder würde es dann Jack O’Neill & Partner heißen? Rodney hoffte nicht, denn sein Name auf jedem Briefpapier, auf jedem Prospekt, auf ihrer Internetseite, das wäre schon klasse!

    Rodney schaute sich in seinem vollgestopften Büro um. In den Spielfilmen war mit so einer Promotion immer auch ein neues Büro in einem höher gelegenen Stockwerk verbunden. Das würde hier wegfallen, da die Springs Genius Company die ganze vierte Etage in diesem Gebäude gemietet hatte – und auch nur diese. Aber vielleicht könnte er ein wenig renovieren? Und ein neues Türschild bräuchte er, auf dem der „Partner“ deutlich vermerkt war. In Gedanken ging Rodney durch, welche Schriftarten ihm am besten gefielen …

    Beschwingten Schrittes machte er sich kurz vor zehn auf den Weg und klopfte pro forma an O’Neills Bürotür, die offen stand.
    „Herein!“
    „Guten Morgen.“ Auch seine Stimme war voller Vorfreude.
    „Guten Morgen, McKay. Schließen Sie die Tür.“
    „Ja, ja, natürlich. Wir wollen doch nicht, dass es alle sofort erfahren.“ Eifrig schloss Rodney die Tür und setzte sich.
    „Rodney, ich will es kurz machen und Sie nicht länger als nötig auf die Folter spannen. Sie wollen doch Partner bei der SGC werden, nicht wahr?“
    „Ja!“ Geradezu orgiastisch spuckte Rodney dieses Wort aus, rutschte auf dem Stuhl nach vorne und wippte unruhig mit den Füßen.
    „Es gibt da nur ein Problem …“
    „Das werden wir beseitigen!“, verkündete Rodney optimistisch.
    „Das ist gut zu hören“, meinte Jack mit einem leicht spöttischen Grinsen.
    Zum ersten Mal misstrauisch, schaute Rodney ihn mit gerunzelter Stirn an.

    „McKay, Sie wissen, dass ich kein Prinzipienreiter bin, aber es gibt nun mal gewisse Regeln im Zusammenleben, an die sich die Leute zu halten haben, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren. Ich …“
    Um Beschwerden zuvor zu kommen, unterbrach ihn Rodney: „Ich hätte Carter gestern keine … dumme Blondine nennen dürfen. Ich weiß. Ich … ich … werde mich … entschuldigen, wenn ich sie das nächste Mal sehe.“
    Jacks Augenbrauen wanderten nach oben. „Haben Sie das? So genannt meine ich? Und was hat sie gesagt?“
    „Das … das … will ich hier nicht wiederholen.“ Besonders deshalb nicht, weil er auf ihren ‚chauvinistischen Troll‘, der ihn sehr empört hatte, nicht prompt eine passende, vernichtende Antwort gewusst hatte.

    Lässig streckte Jack die Beine aus. „Schön. Aber das ist etwas, das Sie mit Carter ausmachen müssen. Mir geht es jetzt um etwas anderes. Wenn Sie Partner werden wollen, dann werden Sie jetzt erst einmal Urlaub machen. Drei Wochen …“
    „Ich will nicht drei Wochen Urlaub machen!“ Entsetzt schaute Rodney sein Gegenüber an. „Ich will überhaupt keinen Urlaub machen! Urlaub ist … blöd!“
    „Sie werden drei Wochen Urlaub auf der Atlantis-Ranch machen oder es gibt keine weiteren Gespräche über eine Partnerschaft“, verkündete Jack kompromisslos.
    „Aber …“
    „Kein aber.“

    Rodney wäre am liebsten aufgesprungen und durch das Büro gerannt, aus dem Büro gerannt, aber mit Mühe blieb er still sitzen.
    „Das … ist ein Rauswurf, nicht wahr? Wenn ich wiederkomme ist mein Job an jemand anderen vergeben. Jemanden, der nur halb so klug und begabt ist wie ich und mich ersetzt. Das ist …“ Rodneys Worte sprudelten überschnell hervor und seine Hände wirbelten in hilflosen Kreisbewegungen durch die Luft. „Das ist eine gut verpackte Kündigung!“
    „Das ist kein Rauswurf, McKay. Das ist keine Kündigung. Das ist unsere Bedingung, um über eine Partnerschaft zu reden.“
    „Samantha …“
    „Carter hat damit nichts zu tun. Wenn Sie jemanden dafür verantwortlich machen wollen, dann mich. Hier …“ Jack schob McKay einen Laptop rüber, auf dem ein ziemlich nichtssagendes Bild eines Hauses war.
    „Das ist die Atlantis-Ranch in New Mexico. Ich habe dort für Sie ein Zimmer reserviert. Drei Wochen Vollpension.“
    „Vollpension macht fett“, murrte Rodney.
    „Nicht, wenn Sie dazu Reitstunden nehmen“, bemerkte Jack überfreundlich.
    „Reitstunden??!“ Rodney war so schockiert, dass er nicht einmal mitbekam, dass sich seine Stimme bei dem Wort überschlug.
    „Es ist eine Pferderanch und sie bieten auch Unterricht an. Ich habe zehn Doppelstunden für Sie gebucht. Daniel hat zwar gesagt, das dürften wir den armen Tieren nicht antun und der Reitlehrerin schon mal gar nicht, aber ich denke, es würde Ihnen gut tun.“

    Rodney war geschockt, überfordert, enttäuscht, wütend und fühlte sich absolut hilflos. In seinem Kopf ging alles durcheinander, drängelten sich Worte wie ‚Kündigung‘, ‚kein Job‘, ‚arbeitslos‘, in all ihrer bedrohlichen Hässlichkeit in den Vordergrund. Wären seine Erwartungen nicht so hoch gewesen, wäre das Loch in seinem Magen jetzt nicht so riesengroß. Er hatte sich schon als Partner aus dem Büro marschieren sehen – und jetzt musste er O’Neill Glauben schenken, dass das nicht der Anfang vom Ende war.
    Und dann war da noch diese unglaubliche Bedingung. Er sollte drei Wochen auf so eine gottverdammte Ranch in „Urlaub“ fahren, ehe man überhaupt wieder über Partnerschaft reden konnte! Urlaub! Hah! Pferderanch! Hah! Mit Sicherheit war er auch auf Pferdehaare allergisch oder er brach sich sämtliche Knochen, wenn er von dem Gaul herunterfiel!

    Er war das, was dem Genius im Firmennamen am nächsten kam, und die schickten ihn einfach in die Wüste! Das war unglaublich! Wie blöd und unfähig konnte man eigentlich sein? Liebend gern hätte er O’Neill ausführlich mitgeteilt, was er von dem Vorschlag hielt, und was er von jemandem hielt, der ihm mit so einem Vorschlag kam. Aber sein Gehirn erinnerte ihn an „reibungsloses Zusammenleben“ und so biss er sich fest auf die Unterlippe bis es wehtat, um nicht damit herauszuplatzen.

    „Zwei Wochen“, versuchte er seine Verbannung zu verkürzen und schaute O’Neill flehentlich an.
    „Drei Wochen. Beginnend mit übermorgen. Heute haben Sie Zeit, Ihre offenen Projekte in fähige Hände zu legen, morgen zum Packen und Donnerstag geht es dann los.“

    McKay starrte O’Neill böse an, O’Neill schenkte ihm dafür ein süffisantes Grinsen, das deutlich machte, dass er an einem dermaßen viel längeren Hebel saß, dass Rodney nicht die kleinste aller Chancen hatte, aus dem Arrangement herauszukommen.

    Das Einzige, was er noch machen konnte, war Schadensbegrenzung. Er würde sämtliche Dateien, an denen er gerade arbeitete, einfach auf seine externen Festplatten überspielen, ein, zwei Laptops einpacken und dann würde er sein Zimmer am Ende der Welt nicht mehr verlassen, ehe die drei Wochen um waren. Genau. Das würde er tun.

    „Das ist so überflüssig wie … leere Chipstüten, und das wissen Sie auch. Aber wenn es Sie glücklich macht.“ Rodney stemmte sich aus seinem Sessel und marschierte mit hängenden Schultern zur Tür.
    „Rodney?“
    „Was?“ Mit einem Funken Hoffnung schaute Rodney sich zu O’Neill um.
    „Es soll vor allem Sie glücklich machen“, meinte Jack und dieses Mal verzichtete er auf jeglichen Spott und sah tatsächlich so aus, als würde er meinen, was er sagte.
    „Pah!“

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    John Sheppard schlug noch einen Nagel in das Gatter zur Pferdekoppel, ölte die Scharniere und probierte, ob das Tor sich jetzt wieder problemlos öffnen und schließen ließ, vor allem ohne jedes ohrenbetäubende Quietschen. Als er mit dem Ergebnis zufrieden war, begann er seine Werkzeuge einzusammeln und in den Werkzeugkoffer zu sortieren. Dabei musste er an den Gast denken, der sich für heute Nachmittag angesagt hatte. Nein, besser gesagt, der Gast, der ihnen für heute Nachmittag angekündigt worden war.

    Denn das war schon seltsam. Dieser Werbemensch aus Colorado Springs hatte den Aufenthalt für jemand anderes gebucht. Zuerst hatte John gedacht, dass das ein Geschenk für einen runden Geburtstag war, oder eine Gratifikation für dreißig Jahre Firmenzugehörigkeit oder so etwas.
    Aber dann hatte ein Daniel Jackson angerufen und hatte sich … regelrecht dafür entschuldigt, dass sie diesen McKay herschicken würden. Anders konnte man es nicht nennen. Mr Jackson hatte ihren Gast als etwas schwierig beschrieben und hatte noch einige spezielle Wünsche beziehungsweise Anordnungen durchgegeben, die unbedingt zu beachten waren. Wie zum Beispiel keine Zitronen im Essen, den Reinigungsmitteln oder der Tischdekoration. Aber da sie es gewöhnt waren, dass Leute Diätansprüche hatten, würde das Teyla vor kein Problem stellen.
    Dann hatte Mr Jackson noch herumgedruckst und durchblicken lassen, dass McKay nicht allzu begeistert von diesem „Urlaub“ war.

    John war nur allzu gespannt auf die Geschichte, die dahinter steckte. Er schloss den Werkzeugkoffer, schaute sich noch einmal um, ob er alles eingepackt hatte, und machte sich auf den Weg zum Haus.

    Sie würden schon irgendwie mit dem Großstadtmenschen klarkommen, dessen war er sich sicher. Teyla hatte ein ungeheures Einfühlungsvermögen, was ihre Gäste betraf, und schon manch einen schwierigen Zeitgenossen um den Finger gewickelt.

    Alles, was für John zählte, war die Tatsache, dass der Scheck, den sie von O’Neill im Voraus erhalten hatten, ihre dringendsten finanziellen Probleme für den Augenblick löste. Da der Sommer so trocken gewesen war, hatten sie weit mehr Heu zukaufen müssen als gewöhnlich, und natürlich war der Preis pro Ballen fast doppelt so hoch wie im Vorjahr gewesen. Die Anzahl der Gäste deckte gerade so die laufenden Kosten, aber dringende Reparaturen hatten sie noch mal um ein Jahr verschieben müssen. Die Leute blieben immer kürzer, meist nur über ein verlängertes Wochenende, selten eine ganze Woche, und das auch nur, wenn ein Reitkurs damit verbunden war. Aber dass sich jemand für drei Wochen bei ihnen einquartierte, das hatte es seit Ewigkeiten nicht mehr gegeben.

    John kam in Sichtweite des Hauses, und mit einem schmerzhaften Stich wurde ihm wieder bewusst, dass sie das hier nicht verlieren konnten. Das zweistöckige Haus mit den angeschlossenen Stallungen, die beiden Reitplätze und die große Scheune. Linker Hand das kleine Wäldchen, dessen Bäume begannen, sich jetzt, Anfang Oktober, rot und gelb und golden zu verfärben. Diese Herbstfarben waren durchsetzt mit immergrünen Hartriegelgewächsen, die einen farblichen Kontrapunkt bildeten. Die Weideflächen ringsherum waren verdorrt und staubig und benötigten dringend Regen, aber den Pferden war das egal so lange sie mit Heu zufütterten, und sie jagten sich unbeschwert über die weitläufigen Felder.

    Es war diese Weite, die John das Gefühl von Freiheit vermittelte, das er brauchte. Richtung Osten erhoben sich ein paar sanfte Hügel, doch nach Westen hin wurde sein Blick erst von den rot schimmernden Tafelbergen gestoppt, die dunstig am Horizont aufragten. Sie waren von tiefen Canyons durchzogen, die den Hauptanziehungspunkt für die meisten Touristen ausmachten.

    Die Canyons und Schluchten hier ganz in der Nähe waren kleiner und weniger spektakulär, aber das satte Dunkelrot der Steine, das an einigen Stellen in ein leuchtendes Orange überging und von hellen, fast weißen Schichten durchsetzt war, bot auch Farbspiele, die atemberaubend sein konnten. Wenn das Wetter noch hielt, würde er ihren Besucher mal dort mit hinausnehmen, und wer weiß, ob das nicht auch ihren schwierigen Gast beeindrucken würde.

    John brachte den Werkzeugkoffer in den Schuppen und betrat das Haupthaus.
    „John!“ Teyla kam ihm schon entgegen und wischte sich ihre Hände an der Schürze ab. „Hast du das Gatter repariert bekommen? Oder müssen wir neue Scharniere kaufen?“
    „Es ließ sich noch einmal reparieren.“
    „Das ist sehr erfreulich.“
    Geändert von Antares (24.07.2009 um 09:30 Uhr)


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