Titel: Wahrhaftig
Autor: Das bin dann wohl ich.
Serie: Stargate: Atlantis
Genre: hm, keine Ahnung. Es is ja nur ein One-Shot. Wohl eher allgemein also.
Charakter(e): Elizabeth, John, Rodney und Radek in Nebenrollen
Pairing: Sparky, d.h. Elizabeth/John, wenn man’s sehen will
Rating/Warnings: hm, recht harmlos … PG-13, denk ich
Staffel/Spoiler: Spoiler keine, aber man sollte Staffel 3, Episode 6 „The Real World“ kennen
Wörter: 1447
Kurzinhalt: Elizabeth kommt nicht so recht von den Wahnvorstellungen los, welche die Replikatoren-Naniten sie durchleben ließen. [One-Shot, stark angelehnt an 3.06 „The Real World“]
Anmerkung des Autors: Tja, das kommt davon, wenn man erkältet ist und sich am laufenden Band alte SGA-DVDs rein zieht. Als ich dann im Zusammenhang mit der Challenge die Szene sah, in der Elizabeth ans Bett gefesselt wird, wollte sich das hier einfach nicht mehr verflüchtigen. Feedback wäre schön … und ist bestimmt auch Balsam für jeden erkälteten Hobbyautor, hehe.
Wahrhaftig
„You've been infected by nanites. They're trying to take control of your mind and body.
Don't let them do it. You have to fight ‘em. So fight.“
(Colonel John Sheppard, SGA Season 3, Episode 6 „The Real World“)
Alles nur Einbildung. Hirngespinste und Sinnestäuschungen, hervorgerufen durch Naniten, klitzekleine Roboter in ihrem Hirn. Rodney hatte eine vollkommen logische und wissenschaftliche Erklärung für alles gehabt. Absolut rational und so wie er es erklärt hatte, war das wirklich nichts gewesen, das einem Angst machen konnte.
Umso erschreckender, dass sie die Fesseln um ihre Handgelenke irgendwie immer noch spürte. Genau wie die starken, gnadenlosen Hände der Pfleger, die sie festgehalten und mit den einschneidenden Lederriemen an das Bett gefesselt hatten. Das ohnmächtige Gefühl, denen vollkommen ausgeliefert zu sein, machte sich wieder in ihrem Kopf breit und ließ Rodneys kalte, wissenschaftliche Fakten ganz und gar verblassen. Sofort spürte sie wieder die Panik und die Angst davor, was die mit ihr anstellen würden. Sie hatte wie wild um sich getreten, alles in ihr hatte sich auf den einen Gedanken konzentriert, dass sie sich mit Händen und Füßen dagegen wehren musste. Damit die es nie schaffen würden, sie gänzlich wehrlos zu machen.
Dabei war sie nah dran gewesen, wehrlos und vollkommen hilflos zu sein. Schließlich hatte sie es eine Zeit lang irgendwie geglaubt. Weil alles so verteufelt real gewesen war. Ihr Zimmer in der Klinik war so furchtbar echt gewesen, die Umarmungen ihrer Mutter hatten sich ganz wirklich und richtig angefühlt. Sie hatte genau so gerochen, wie nun mal nur ihre Mutter roch. Nach diesem altmodischen Parfum, ein bisschen Haarspray und … ihrer Mutter eben. Und auch die Medikamente dieses Doktor Fletcher hatten diesen unnachahmlichen, bitteren Nachgeschmack auf ihrer Zunge hinterlassen. Noch dazu diese ganz und gar glaubhafte Geschichte von Simons Unfall und dem Atomwaffensperrvertrag für die UN. Einst war das alles ihr Leben gewesen, wie hätte sie denn da nicht akzeptieren können, dass es Atlantis und das ganze Stargateprogramm womöglich nie gegeben hatte?
Sie schüttelte den Kopf, riss ihren Blick von dem Missionsbericht los, den sie eigentlich lesen wollte. Nur mit der Konzentration klappte es nicht so richtig. Die Naniten-Sache war gerade mal drei Tage her und auch wenn sie sich körperlich vollkommen fit fühlte, drifteten ihre Gedanken immer wieder ab. Seit sie aus dieser schrecklichen Wahnvorstellung aufgewacht war, hatte sie sich sehr oft gewünscht, sich einfach nicht erinnern zu können. Doch je mehr sie versuchte, diese Erinnerungen zu vertreiben, desto mehr schienen sie sich in den Vordergrund zu drängen und für nichts anderes Platz zu lassen. Aber wahrscheinlich war es nur natürlich, dass sie noch nicht so richtig davon los kam.
Etwas ruhelos glitt ihr Blick durch den Raum. Ihr Büro in Atlantis. Natürlich, wo sollte sie auch sonst sein? Das hier war schließlich die Realität, ihre Realität. Aber wie verrückt war es dann, dass sie das sich selbst gegenüber so bestätigen musste? Sicher, in so manchem Moment kam ihr hier alles verrückt vor und oft genug fühlte sie sich von den Umständen überfordert. In gewisser Weise war es deswegen vielleicht sogar einfacher und bequemer gewesen, sich diesem Hirngespinst eines doch relativ normalen oder zumindest sicheren und geregelten Lebens auf der Erde hinzugeben. Keine Wraith. Keine Verantwortung, eben jene von der Erde fernzuhalten, auf ihren Schultern. Und keine Briefe an die Familien von Expeditionsmitgliedern, die nicht zurückkehren würden. Sie fand es ein wenig beängstigend, aber wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, dann musste sie sich eingestehen, dass es womöglich nicht mehr lange gedauert hätte bis sie diese Wahnvorstellungen als ihr Leben akzeptiert hätte. Nicht mehr lange und sie hätte es einfach so hingenommen, ohne sich weiter dagegen zu wehren. Sie hätte sich von denen fesseln und ruhigstellen lassen – ohne jeglichen Widerstand.
Wenn nicht … ja, wenn nicht von irgendwoher eine leise Stimme gekommen wäre, die ihr eingeflüstert hatte, dass sie sich zur Wehr setzen musste, weil was immer die ihr erzählen wollten, einfach nicht stimmte. Ständig war diese Stimme da gewesen. Und manchmal, wenn innerhalb der Wahnvorstellungen ihr Unterbewusstsein an die Oberfläche gedrängt hatte, waren da sogar Schatten gewesen. Erst lediglich dunkle Umrisse, in denen man nur schemenhaft eine Gestalt erkennen konnte und die ihr fürchterliche Angst gemacht hatten. Dann, als sie aufgehört hatte, die Pillen zu nehmen, war alles deutlicher geworden. Sie erinnerte sich ganz genau daran, wie sie nachts aufgeschreckt war weil sie gefühlt hatte, dass jemand da gewesen war. Sie hatte es nicht einfach gewusst, so wie sie wissen sollte, dass die letzten zwei Jahre ihres Lebens nur in ihrem Kopf stattgefunden hatten. Nein, sie hatte es gefühlt. Ganz deutlich und verflucht aufdringlich. Genau so aufdringlich wie diese unbestimmte Ahnung, die ihr ständig gesagt hatte, dass sie auf diese Gestalt und die Stimme in ihrem Kopf hören musste. Weil es einfach richtig war. Richtiger als … die Vorstellung dieses Lebens auf der Erde.
Sie sah hoch, gestand sich ein, dass sie den Missionsbericht vor ihr zwar gelesen, aber kein Wort davon wirklich wahrgenommen hatte. Laute Stimmen drangen vom Kontrollraum zu ihr hinüber und bevor sie bewusst die Entscheidung dafür gefällt hatte, erhob sie sich und ging ein paar Schritte. Zuerst erkannte sie Rodney und Radek, die an einem der Kontrollpanels standen und … offensichtlich nicht gänzlich einer Meinung waren. Fast hätte sie die beiden zur Ordnung gerufen, wenn ihr Blick nicht weiter gewandert wäre. Er stand etwas abseits, an eine der anderen Kontrollkonsolen gelehnt, biss soeben genüsslich von einem Apfel ab, verschränkte dann die Arme und machte ganz und gar nicht den Eindruck, die beiden Wissenschaftler unterbrechen zu wollen. Eher schien es, als würde er den Schlagabtausch der beiden verfolgen und insgeheim Punkte zählen.
Für ein paar Momente waren ihre Augen von seinem Anblick gefesselt. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen und mit diesem Lächeln kam die Gewissheit, dass es nichts gab, das wahrhaftiger war, als das hier. Egal wie verrückt es klang, durch das Stargate in eine fremde Galaxie zu reisen und eine Expedition in der verlorenen Stadt der Antiker zu leiten. Es war real. Und sie war unglaublich froh, dass es das war.
Mit leisen Schritten trat sie zu ihm. Er bemerkte sie sofort, während Rodney und Zelenka sich in ihrem äußerst freundlichen Meinungsaustausch nicht stören ließen. Sie zog die Augenbrauen hoch, sah ihn etwas fragend an. „Gibt es ein Problem?“
„Nah“, machte John Sheppard nur und winkte lässig ab, den angebissenen Apfel in der Hand. „Noch sind sie beim Thema. Irgendwas wegen ... Sicherheitsupdates.“ Er lehnte sich ein kleines Bisschen zu ihr, als würde er ihr etwas zuflüstern wollen. „Aber gleich werden sie anfangen, darüber zu streiten, wer von ihnen die Sicherheitssysteme der Stadt besser kennt und deswegen das Update durchführen sollte.“
„Ah ja“, sprach sie, riss ihren Blick fast etwas widerwillig von ihm los und nickte. „Wie wäre es, wenn die beiden das gemeinsam machen?“, fragte sie möglichst arglos und wollte sich schon an die beiden Streithähne wenden, als er sie mit einer Hand auf ihrem Unterarm innehalten ließ. Eine ganz profane, noch dazu kurze Berührung, ein vollkommen alltäglicher Anlass und dennoch … nahm es ihr für einen Moment den Atem.
Denn mit einer ähnlichen Berührung hatte John es geschafft, trotz der Überzeugungskraft der Wahnvorstellungen zu ihr durchzudringen. Er war plötzlich da gewesen, nicht mehr nur eine schleierhafte Silhouette, sondern ganz deutlich und genau so real, wie er jetzt und hier neben ihr stand. Gleichzeitig war das der Moment gewesen, in dem sie es gewusst hatte. Alles war nur Einbildung gewesen. Die hatten sie ausschalten wollen und ihr deswegen diese Lüge vorgegaukelt. Fast kam sie sich ein bisschen schlecht vor, weil sie es beinahe geglaubt und damit alles verraten hätte. Die Expedition, ihre Freunde ... und ihn. Doch das Wissen, dass er da war, hatte ihr die Sicherheit gegeben, dass sie es schaffen konnte. Und plötzlich war es ganz einfach gewesen, die Fesseln zu sprengen und den Naniten endlich Widerstand zu leisten. Die Ohnmacht war wie weggefegt gewesen und sie hatte gewusst, was sie tun musste.
„Seien Sie doch kein Spielverderber, Elizabeth“, murmelte er mit dem kleinen, fast unscheinbaren Lächeln, das für ihn so typisch war, warf ihr noch einen Blick zu und biss dann erneut in seinen Apfel, bevor er sich wieder dem Schauspiel zuwandte, das Rodney und Zelenka aufführten. „Es fängt doch gerade erst an, lustig zu werden.“
Sie zog etwas widerstrebend eine Augenbraue hoch, verschränkte die Arme, ließ ihm dann aber sein Vergnügen und ging wieder in ihr Büro. Sie war gerade drei Schritte gegangen, da fiel ihr ein, dass sie ihm noch nicht mal richtig Danke gesagt hatte. Dafür, dass er das Quarantäneprotokoll verletzt hatte, nur um ihr zu sagen, dass sie sich wehren musste … dass sie kämpfen musste um nach Atlantis zurückzukehren. Das Risiko, sich selbst mit den Naniten zu infizieren, muss ihm vollkommen bewusst gewesen sein. Trotzdem hatte er es getan. Sie schnaubte leise und ungläubig deswegen, ging langsam zurück in ihr Büro, konnte aber nichts dagegen tun, dass sie sich noch mal zu ihm umdrehte. Zu dem Mann, der sie von Lügen und Wahnvorstellungen losgerissen und ihr gezeigt hatte, was wahrhaftig war.