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„Wie sieht es aus?“, fragte General Landry fünf Stunden später. Ihm gegenüber in seinem Büro saß seine Tochter mit besorgtem Gesichtsausdruck.
„Colonel Mitchell hat sein Bewusstsein noch immer nicht wieder erlangt, er ist in eine Art Koma gefallen. Dr. Jackson ist hingegen wieder wach. Beide Patienten haben innere Verletzungen davongetragen, die von Colonel Mitchell sind aber ernster als die von Dr. Jackson. Er hat viel Blut verloren. Wie es zu diesen Verletzungen kam, wollte Dr. Jackson mir allerdings nicht verraten. Er murmelte etwas von Folter, aber das wussten wir ja bereits von Teal’c.“
Dr. Lam schüttelte ernst den Kopf.
„Ich habe keine Idee, was diese Art der Verletzungen verursacht haben könnte.“
„Besteht denn Hoffnung, dass Colonel Mitchell wieder aufwacht? Dass er sich wieder erholt?“
„Im Augenblick können wir nur abwarten“, meinte sie und erhob sich. „Ich gehe mal besser wieder zu meinen Patienten zurück.“
„Gib mir bitte sofort Bescheid, wenn sich etwas ändern sollte.“
„Natürlich, Dad“, wandte sie sich noch einmal um. Sie hörte die Besorgnis in seiner Stimme und dachte einmal mehr, dass ihrem Vater dieses spezielle Team mehr am Herzen lag, als er sich und allen Anderen eingestehen würde.
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Nach einigen Tagen erwachte auch Colonel Mitchell wieder. Die Genesung beider Patienten machte deutliche Fortschritte, allerdings wirkte Cameron sehr reserviert, wenn die Rede auf ihre Gefangenschaft kam. Er verlor ebenso wie Daniel kein Wort über die Art der Folter, der sie ausgesetzt gewesen waren. Ja, er sprach überhaupt nicht darüber, während Daniel sich wenigstens dazu herab lies, die Folter als „einfach entsetzlich und unaussprechlich“ zu bezeichnen. Cameron wurde immer verschlossener, je besser es ihm körperlich ging und Dr. Lam empfahl ihm mehr als einmal, sich an den Psychologen zu wenden.
„Es geht mir gut, verdammt“, fuhr er sie einmal an, als sie wieder davon anfing. Sie hob nur eine Augenbraue und warf ihm einen zweifelnden Blick zu.
Es wurde immer deutlicher, dass ihr Erlebnis nicht nur Cameron, sondern auch Daniel verändert hatte. Ein Indiz dafür war, dass er auf Vala, die ihre beiden Teamkameraden besucht hatte, so oft es ging und dabei ihre Versuche, sie aufzumuntern, manchmal ein wenig übertrieb, ziemlich extrem reagierte. Vala war eine Person, die gerne den Körperkontakt zu anderen Menschen suchte. Sie legte oft jemandem die Hand auf den Arm, mit dem sie sprach oder hakte sich unter, wenn sie neben jemandem herging. Früher hatte Daniel dies nicht gerade gemocht, aber toleriert. Jetzt schreckte er vor jedem Kontakt zurück und ging sogar so weit, Vala deutlich in ihre Schranken zu verweisen. Einmal schüttelte er den Arm, den sie ihm um die Hüften legen wollte, mit einem geradezu entsetzten Gesichtsausdruck ab und trat einige Schritte von ihr weg. Vala schmollte daraufhin für mehrere Tage mit ihm.
Sam war ebenfalls zu Besuch gekommen, so oft sie konnte, da sie sich ihrem alten Team noch immer tief verbunden fühlte, aber ihr Job als Kommandierende eines Raumschiffes führte sie bald wieder von der Erde weg.
Teal’cs tägliche Besuche verliefen nach dem gleichen Muster. Er kam schweigend herein, setzte sich auf einen Stuhl zwischen den Betten und blieb für ein oder zwei Stunden. Er sprach nie viel, aber seine Anwesenheit gab den beiden Patienten ein Gefühl von Sicherheit und Ruhe.
Cameron vermied es ebenfalls nach Möglichkeit, jemanden zu berühren oder sich berühren zu lassen. Allerdings konnte er sich soweit beherrschen, dass er nicht zurückwich, wenn es sich einmal gar nicht vermeiden ließ. Die Untersuchungen der Ärzte ließ er mit zusammengebissenen Zähnen über sich ergehen und war heilfroh, als sie ihn endlich als körperlich völlig genesen entließen. Er hasste es, an ein Bett gefesselt und in seiner Beweglichkeit eingeschränkt zu sein. Alles, was er wollte, war, in sein eigenes Quartier oder noch besser, in seine Wohnung in Colorado Springs zurückkehren zu dürfen. Dass er des Nachts immer wieder schweißgebadet aufwachte, weil er von Anats Folter geträumt hatte, verriet er niemandem. Die Ringe unter seinen Augen konnte er allerdings schwerlich verstecken.
Auch Daniel hatte Alpträume und auch er verschwieg diese Tatsache. Vielleicht würde er eines Tages vergessen können, was die Goa’uld ihm angetan hatte, aber er machte sich mehr Sorgen um Cameron als um sich selbst. Er wusste, dass er selbst vermutlich irgendwann damit abschließen konnte, aber es war offensichtlich, dass die Sache den Colonel schwer mitnahm.
Trotz der Veränderungen, die die beiden Teammitglieder zeigten, beschloss der General, SG-1 wieder auf Mission zu schicken. Er war der Ansicht, dass es den Beiden nur helfen konnte, wenn sie wieder zur Tagesordnung übergehen würden.
***
Wenige Wochen später kam SG-1 vorzeitig von einer Mission zurück. Während der Ereignishorizont in sich zusammenfiel, lief Vala heftig gestikulierend und wütend auf ihn einredend neben Cameron her, der mit anscheinend stoischer Ruhe und festen Schritten die Rampe herabkam. Allerdings wirkte sein Gesicht wie versteinert. Daniel hingegen zeigte einen eindeutig schockierten Gesichtsausdruck und selbst Teal’c wirkte nicht so ausgeglichen wie sonst. Besorgt kam General Landry in den Torraum.
„Was ist geschehen? Warum sind sie so früh wieder zurück?“
„Ich musste die Mission abbrechen, Sir“, antwortete Cam emotionslos. „Mein Team und ich waren zu unterschiedlicher Meinung bezüglich einer Sache.“
„Wie bitte? Das ist … Sie sollten doch nur zu einer Beobachtung …“
„Sir, ich denke, die Erklärung kann bis zum Debriefing warten“, unterbrach ihn der Colonel und strebte zum Ausgang.
„Also gut, in einer viertel Stunde. Seien Sie pünktlich.“
Kopfschüttelnd sah Landry seinem Team nach. So etwas war ihm noch nie passiert, aber ein Blick in die Gesichter hatte ihn seine Empörung schlucken lassen. Es musste etwas Außergewöhnliches vorgefallen sein, was nicht für die Ohren Aller bestimmt war und so geduldete er sich.
Fünfzehn Minuten später saßen die Mitglieder des Teams um den Tisch und sahen den General an. Es war bemerkenswert, dass alle in die gleiche Richtung sahen und nicht etwa einander anblickten. Sie vermieden sogar strikt den Augenkontakt untereinander.
„Also gut, was ist vorgefallen?“, wollte er wissen.
„Mein Team war der Auffassung, dass wir bei einem bestimmten Ereignis auf dem Planeten eingreifen sollten. Ich war anderer Meinung. Unser Befehl lautete, zu beobachten, nicht, sich einzumischen“, fing Mitchell etwas konfus zu erklären an.
„Moment mal, bitte ganz von Anfang an. Worum ging es da eigentlich?“
„Das Ereignis, dem wir als Beobachter beiwohnen sollten, war eine Gerichtsverhandlung“, warf Daniel ein.
„Ja, soviel ist mir bekannt. Die Bewohner von PZM-694 luden uns dazu ein, um ihre Bereitschaft zu signalisieren, dem „Bund der befreiten Planeten“ beizutreten. Sie wollten zeigen, dass sie durchaus imstande sind, zivilisierte Rechtssprechung auszuüben.“
„Nun, das ist so eine Sache, General. Nicht jeder versteht unter „zivilisiert“ das Gleiche.“
„Die haben einen Vergewaltiger zum Tode verurteilt!“, mischte sich Vala ein. „Zu einem sehr grausamen Tod. Nicht, dass ich der Meinung wäre, das Urteil an sich wäre nicht gerecht gewesen, aber so …?“
„Was meinen Sie damit?“
„Der Täter wurde zunächst gesteinigt, bis er halbtot war, dann wurden wilde Hunde auf ihn losgelassen, die ihn zu Tode bissen“, erklärte Teal’c in einem Tonfall, der seine Missbilligung erkennen ließ.
„Wir wollten versuchen, das Urteil abändern zu lassen auf einen schnellen Tod, aber Colonel Mitchell hielt uns davon ab“, erklärte Daniel nun mit leiser Stimme.
„Was haben Sie dazu zu sagen, Colonel Mitchell?“, fragte der General.
Cameron, der mit ausdruckslosem Gesicht und starrem Blick dagesessen hatte, sah den General an.
„Ich war der Meinung, dass der Täter diesen Tod verdient hatte“, antwortete er mit tonloser Stimme. Landry schrak vor dem brennenden Hass zurück, den er kurz in Camerons Augen auflodern sah, dann war dessen Blick so unpersönlich wie zuvor.
„Nicht nur das. Er wohnte der Vollstreckung des Urteils bei.“
Teal’cs ruhiger Hinweis ließ ein Schaudern über den Rücken des Generals laufen.
„Sie haben …?“
„Es sollte ein Beobachter anwesend sein, um die rechtmäßige Ausführung des Urteils bestätigen zu können, Sir.“
Wieder diese emotionslose Stimme. Das war nicht der Cameron Mitchell, den er kannte. Dieser hätte niemals so reagiert. Irgendetwas hatte den Colonel gebrochen, hatte etwas in ihm zerstört. General Landry fiel mit einem Mal ein, dass er den Colonel seit Wochen, seit der Rettung aus Anats Klauen, nicht mehr hatte lachen hören, ja nicht einmal mehr hatte lächeln sehen. Mit einem kleinen Seufzer wandte er sich an sein Team.
„Ich erwarte Ihre Berichte bis 18:00. SG-1, Sie haben die nächsten Tage frei. Sehen Sie zu, dass Sie ihre Differenzen bereinigen. In drei Tagen möchte ich ein einsatzbereites Team haben, ist das klar?“
„Jawohl, Sir!“, antworteten alle vier und erhoben sich.
„In Ordnung. Wegtreten!“
tbc.