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Thema: Schlafwandler

  1. #1
    Staff Sergeant Avatar von Lyddie
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    Standard Schlafwandler

    Serie: Stargate Atlantis
    Hauptcharas: John, Rodney
    Rating: PG-13
    Genre: Angst, Drama
    Spoilers: Keine
    Disclaimer: SGA und alles Drum und Dran gehört nicht mir, ich verdiene kein Geld hiermit; die Story gehört diesmal nixa jane, die es mir freundlicherweise erlaubt hat, sie zu übersetzen. Und nur zur Erinnerung: Ich bin eine sehr freie Übersetzerin, also bitte kein 'das und das ist aber falsch übersetzt', denn das ist dann absichtlich von mir anders ins Deutsche übertragen worden.
    A/N: Und nun viel Spaß beim Lesen und ich würde mich natürlich wieder über einen Kommi freuen



    Schlafwandler




    Rodney wacht auf und das Erste, was er sieht, ist das Blut, das an seine Wand geschmiert die Worte ergibt „Du musst es stoppen“.

    Die Blutspur endet an der Tür, obgleich er seinen Raum verschlossen hat, als er zu Bett ging. Die Sensoren zeigen an, dass niemand das Zimmer betreten oder verlassen hat, während er schlief.

    Carson tippt auf Geister, bis die DNA-Analyse zurückkommt.

    Aber wir wollen nicht vorgreifen. Denn hier fing es nicht an.

    Nein, es begann viel früher...


    ----


    Es ist 10:47 Uhr. Später als er dachte.

    Cadman lächelt ihm im Vorbeigehen zu und sagt „Sir“ und Teyla ist neben ihm, grinst breit und bedankt sich dafür, dass er sie zum Festland geflogen hat.

    Er erinnert sich nicht daran, weg gewesen, geschweige denn zurückgekommen zu sein, aber er grinst dennoch zurück und erwidert „Immer wieder gerne“, ehe er in einen anderen Korridor abbiegt.

    Er lehnt sich einen Moment gegen die Wand, um wieder zu Atem zu kommen. Seine Beine fühlen sich an, als wäre er gerade mit Ronon die lange Strecke gerannt, aber auch daran kann er sich nicht erinnern.


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    Rodney ist dafür verantwortlich, dass sie momentan nicht auf Missionen gehen.

    Er ist dabei, etwas sehr Wichtiges zu entdecken und kann es sich nicht leisten, dadurch abgelenkt zu werden, durch das Stargate zu gehen und vor ein paar Pegasus-Eingeborenen um sein Leben rennen zu müssen. Also ist er seit fast einer Woche nicht von seinem Schreibtisch weggekommen.

    Irgendwann nach den ersten paar Tagen ist ihm der Kaffee ausgegangen und wenig später hat Radek aufgegeben, ihn davon überzeugen zu wollen, eine Pause einzulegen, und hat sich stattdessen mit den meisten anderen Wissenschaftlern daran gemacht, an den Puddlejumpern zu arbeiten.

    John fliegt schon wieder irgendwen irgendwo hin oder zumindest nimmt Rodney das an. Er hat momentan nicht viel Zeit, gesellschaftliche Beziehungen zu pflegen, also ist er sich nicht ganz sicher.

    „Noch eine neue Datei?“, fragt Miko.

    Rodney geht die neuesten Daten durch. Wie alle anderen in letzter Zeit, sind auch sie erstaunlich leicht zu entschlüsseln.


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    Als John am nächsten Morgen aufwacht, sind alle seine Sachen ordentlich in kleinen Kartons verpackt, die beschriftet aufeinandergeschichtet in einer Ecke stehen. Das Johnny Cash Poster lehnt, zusammengerollt und mit einem Gummi zusammen gehalten, an einer Wand neben dem Karton, der mit 'Hail Mary' beschriftet ist.

    Er sollte so etwas vermutlich irgendjemandem gegenüber erwähnen.

    Doch für die Pegasus-Galaxie ist es nun wirklich nicht so außergewöhnlich. Und es macht nicht allzu viel Arbeit, alles wieder auszupacken und an seinen richtigen Platz zurückzustellen.


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    Erst nach zwei Wochen werden sie darauf aufmerksam.

    Er ist so sehr davon abgelenkt, die Dateien der Antikerexperimente zu studieren, dass er den aktuellen Energieanzeigen nicht genug Beachtung geschenkt hat. Es ist ausgerechnet Kavanaugh, der sie auf den plötzlichen Energieverlust hinweist.

    Rodney verfolgt ihn zu einem kleinen Raum im Nordosten der Stadt zurück und schickt Sheppard.

    Er würde sich die Sache selber genauer ansehen, aber er hat alle Hände voll zu tun.


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    „Gruselig“, sagt Ronon, kurz und auf den Punkt gebracht wie immer, und klingt dabei ein wenig gelangweilt.

    Teyla ist die einzige, die keine Waffe bei sich trägt, aber John weiß, dass das nichts zu bedeuten hat. Sie ist mindestens genauso gefährlich wie Ronon oder er selbst. Sie braucht einfach keine Pistole dazu, das ist alles; sie kann mehr Unheil mit den Stöcken anrichten, die sie auf ihren Rücken geschnallt bei sich trägt.

    Er hat sie unterbrochen, als sie gerade mit dem Training aufhören wollte. Er fand sie in der Trainingshalle vor, wie sie über zwei seiner größten Marines stand.

    Es war etwas entnervend, als sie davon sprach, wie sie die Soldaten gemeinsam außer Kraft gesetzt hatten. Normalerweise schaut er nur zu. Er kämpft selten mit jemand anderem als ihr.

    „Da rein“, sagt John und weist mit dem Licht seiner P90 auf eine Tür am anderen Ende des Ganges. „Das ist es.“


    ----


    „Hey, Rodney“, sagt John.

    Rodney tippt gedankenverloren an sein Mikro. „Was haben Sie gefunden?“, fragt er.

    „Gefunden?“, wiederholt John. Er klingt so, als hätte er tatsächlich keine Ahnung, wovon Rodney spricht.

    „In dem Raum, in den ich Sie geschickt habe?“, entgegnet er ungeduldig.

    „Rodney“, sagt John langsam. „Sie haben mich nirgendwo hingeschickt.“

    „Natürlich habe ich das“, erwidert er. „Sie haben Ronon und Teyla mitgenommen.“

    „Ronon und Teyla sind auf einem anderen Planeten, ein paar unserer Handelspartner besuchen“, sagt John. Und jetzt klingt er besorgt. „Wann haben Sie das letzte Mal geschlafen?“

    Rodney legt die Stirn in Falten und schaut auf den Tabellen mit den Energiewerten nach. Die Messwerte sind alle normal. „Schon gut.“

    Er ist offensichtlich müder als er angenommen hat.


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    Er ist seit über zwei Wochen nicht mehr durch das Stargate gegangen, hat seit über zwei Wochen keine wilde Hetzjagd mehr mitmachen müssen, ist keinem Wraith begegnet, hat keine Missionsberichte erstatten müssen... John ist in seinem ganzen Leben noch nie so müde gewesen.

    Carson wirft ihm ständig diese Blicke zu, als wolle er ihn am liebsten zu ein paar Tests auf die Krankenstation mitnehmen, und er kann es nicht ertragen, in den Spiegel zu sehen.

    Das Spiegelbild ist irgendwie falsch. Zu bleich vielleicht. Zu beschattet. John kann in keinen Spiegel mehr sehen, da er den Ausdruck dessen, was ihm entgegenblickt, nicht kontrollieren kann.

    „Wann kommen Ronon und Teyla zurück?“, fragt John Elizabeth beim Mittagessen.

    Weir sieht ihn einen Moment lang seltsam an. Dann sagt sie: „Sie sind nirgends hingegangen.“

    John nickt. „Stimmt“, sagt er. Er erinnert sich jetzt.


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    Rodney weiß nicht, wie es geschieht.

    Die Datenbank der Antiker ist so groß, dass er sie nicht einmal durcharbeiten könnte, wenn er 199 Jahre alt werden würde und die Lebenserwartung in Atlantis überschreitet erfahrungsgemäß nicht das Alter von 45.

    Nachdem er fast seine ganze Freizeit geopfert hat, sie zu durchforschen und zu versuchen, die wertvollsten Teile herauszufiltern, zeigt sie ihm plötzlich alles ganz von selbst; sie wartet nur darauf, dass er morgens aufwacht, um ihm neue Informationen zu präsentieren.

    Da wären die Experimente der Antiker mit Aszension und Regeneration und artifizieller Intelligenz – und wenn er so überwältigt ist, dass er nicht weiß, was er zuerst durcharbeiten soll, nimmt ihm Atlantis auch diese Entscheidung sehr gerne ab, indem sie ihm die bedeutendsten Teile zeigt.

    Er ist so in die Arbeit vertieft, dass er beinahe Kavanaugh überhört, der fragt: „Also, was hat Colonel Sheppard gesagt?“

    „Worüber?“

    „Über den Energieverlust“, erwidert Kavanaugh gereizt.

    Rodney hält inne, wirft einen erneuten Blick auf die Energiewerte. „Es gibt keinen“, sagt er. „Es hat nie einen gegeben.“


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    Seit einer Weile hat niemand mehr etwas von Ronon und Teyla gehört. John erzählt jedem, der ihn fragt, dass sie auf dem Festland sind. Er ist sich ziemlich sicher, dass das stimmt.

    Es könnte sogar sein, dass er sie selbst hingeflogen hat. Es ist jedoch schwer, dies sicher sagen zu können, in dem Zustand, in dem er sich befindet.

    John hat als Kind schlafgewandelt und ein Mal ist er den ganzen Weg zur Straße gekommen, bis er vom Scheinwerferlicht eines Autos geweckt wurde. Dies fühlt sich so ähnlich an. Auch wenn du wach bist, träumst du noch immer, verfolgst Schritte, die du dachtest, bereits gegangen zu sein.

    Manchmal denkt er sogar, er kann Menschen in den Wänden reden hören, und es klingt als würden sie sagen 'Komm nach Hause'.


    ----


    Du musst es stoppen.

    Rodney findet mehr Informationen, die auf ihn warten, als er aufwacht - aber nicht in Form einer Computerdatei. Die erste Nacht in seinen Quartieren seit über einer Woche und er wacht auf und findet seine Wände mit Blut beschmiert vor.

    Du musst es stoppen.

    Rodney sollte wohl von dieser Mitteilung weniger überrascht sein als er es ist. Denn schließlich: Ist er es nicht, von dem immer erwartet wird, dass er die Welt rettet? Warum also sollte sich daran etwas ändern, nur weil sie eine Weile lang nicht auf Missionen gehen, sondern sich auf Atlantis aufhalten?

    „Vielleicht ist es ein Geist, so etwas haben wir noch nicht gehabt“, scherzt Carson, aber es ist keins. Als er die Blutproben testet, sagt der Computer, es sind Johns.


    ----


    John wacht auf mit Blut an seinen Händen. Er ist dankbar, als er feststellt, dass es sein eigenes ist.

    Seine rechte Handfläche ist aufgeschnitten von der einen Seite zur anderen; die Lebenslinie ist in der Mitte durchtrennt. Falls er an so etwas glauben würde, dann hätte er es für ein Zeichen gehalten, aber er erkennt den Schnitt. Er stammt von seinem eigenen Messer.

    Auch sein Spiegel im Bad ist Blut verschmiert und er starrt sein Spiegelbild durch die roten Striemen hindurch an. Es ist verschwommen und schwer wieder zu erkennen. Aber er bezweifelt, dass er sich wieder erkennen würde, selbst wenn der Spiegel blank geputzt wäre.

    „Sheppard“, sagt Rodney über Funk. Seine Stimme klingt fremd; so fremd wie sein eigenes Spiegelbild. „Sheppard?“

    John findet sein Mikro auf dem Nachttisch und zerbricht es mit seiner gesunden Hand.


    ----


    Rodney beschließt, den Raum selbst zu inspizieren.

    Er nimmt eine Taschenlampe mit für alle Fälle und macht sich alleine auf den Weg, denn so wie alles andere auch, wird er es wohl selbst erledigen müssen.

    Die Lichter gehen nicht an, als er den Raum betritt und er ist erleichtert, die Taschenlampe dabei zu haben.

    Eine junge Frau in einem weißen Kleid liegt auf einer Art Altar in der Mitte des Raumes und Rodney runzelt die Stirn, während er näher tritt; sein Atem ist laut in dem zu stillen Raum.

    Von dieser Seite sieht es aus, als würde sie lediglich schlafen, aber als er um sie herumgeht, sieht er das metallene Skelett auf ihrer linken Seite, die Drähte und Metallteile, die sie anstatt von Adern und Gewebe zusammenhalten.

    Ein Androide. Unvollendet. Sie haben ihr nie einen Namen gegeben, aber er hat die Datei über sie bereits gelesen. Sie wurde nicht fertig gestellt, da sie nicht mehr die Zeit gehabt hatten; sie konnten die Wraith nicht lange genug zurückhalten, um einen Wächter für ihre Stadt zu bauen.

    Also gingen sie, ohne sie fertig gestellt zu haben.


    ----


    Alle suchen sie ihn.

    Er hat es zufällig in den Gängen gehört. Sie denken, er sei krank.

    Er geht in die Waffenkammer und bewaffnet sich mit einer Pistole, schnappt sich eine P90 und steckt zwei Messer ein für den Notfall. Er trägt Waffen wie eine zweite Haut.

    Als nächstes geht er in die Krankenstation, nimmt sich ein paar Dinge mit und schlüpft wieder unbemerkt hinaus. John verbindet seine Hand und hält sich fortan von den belebten Gebieten fern. Atlantis versteckt ihn; lässt ihn nicht auf den Sensoren erscheinen, wenn er sie darum bittet.

    Und dann sagt sie ihm, wo Rodney ist.


    ----


    Als Rodney sich von dem halbfertigen Androiden abwendet und das Licht auf die Wand hinter sich richtet, findet er Ronon und Teyla, die mit weit geöffneten, unempfänglichen Augen zurückstarren.

    Sie befinden sich in Stasis. Teylas Mund ist halb geöffnet, als ob sie gerade einen Warnruf ausstoßen wolle, ihre Handflächen sind gegen das Glas gepresst. Ronon dagegen sieht etwas mitgenommen aus – ein Schlag gegen den Hinterkopf, höchstwahrscheinlich, und das Blut, das seine Stirn hinab rinnt, ist auf halbem Weg eingefroren, so wie der Rest von ihm.

    Rodney will gerade sein Mikro aktivieren, als ihm bewusst wird, dass er nicht mehr sprechen kann. Er öffnet seinen Mund, doch kein Ton kommt heraus und sein Kopf schmerzt, als wäre ein Pfahl direkt durch sein Gehirn gerammt worden.

    Als er sich umdreht, steht sie vor ihm und wie sie so gegen das Licht im Korridor hinter ihr im Halbdunkeln dasteht, könnte sie fast als Mensch durchgehen.

    „Du wirst mich fertig stellen“, sagt sie. „Und dann werde ich nach Hause gehen.“


    ----


    Er ist schon ein paar Mal hier gewesen.

    John verstärkt seinen Griff um das kühle Metall der Pistole. Denn wenngleich dieser Ort ihm nicht unbekannt ist, fühlt er sich hier alles andere als sicher.

    Rodney ist auf seinen Knien und Teyla und Ronon sind hinter ihm in Stasis-Kammern eingefroren. John hört Teylas Stimme, John, sagt sie, John John John, immerfort, aber ihr Mund bewegt sich nicht. Sie ist nicht wach.

    Er war schon einmal hier.

    „Du bist ganz offensichtlich kaputt“, sagt Rodney, aber seine Stimme ist rau und angespannt. „Warum sollte ich dir helfen?“

    „Um ihn zu retten“, sagt sie.

    John drückt die Pistole an seine Schläfe noch im selben Moment, da die Worte ihren Mund verlassen.


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    Rodney hasst es, manipuliert zu werden.

    All die Dinge, die ihm in den vergangenen Wochen quasi in den Schoß gefallen sind, begonnen bei der Recherche der Datenbank, war nur eine Übung, sodass er sie fertig stellen kann. Dieser seltsame Antrieb, der ihn ein wenig besessener machte als es für ihn normalerweise üblich ist, war sie, wie sie ihn in seinem Ehrgeiz ermutigte.

    Die Technologie der Antiker kann auf die Genträger einwirken, so wie die Genträger auf die Technologie einwirken können und sie stellt da keine Ausnahme dar.

    „Korrekt“, sagt sie als Antwort auf seine Gedanken.

    Die Metallstücke hinter ihrem linken Auge, durch das man problemlos hindurch sehen kann, drehen sich, während sie sich bewegt, und machen dabei ein so leises klickendes Geräusch, dass man es vermutlich nicht hören würde, wenn sie Haut hätte.

    „Bedauerlicherweise ist dein Gen schwach. Du bist schwer zu erreichen.“

    Sie tritt einen Schritt nach vorne und nun durchscheint das Licht aus dem Korridor ihre offene Seite, als ob es durch ein Gitter fiele, und wirft merkwürdige Muster auf den Boden.

    „John ist da ganz anders“, sagt sie. „Er ist schwer zu kontrollieren, wenn er wach ist, aber er ist seit ein paar Tagen nicht mehr richtig wach gewesen – und im Schlaf gehört er mir.“


    ----


    Johns Finger übt ein wenig Druck auf den Auslöser aus. Es ist eine abwesende, unkontrollierte Bewegung, ein Amateurfehler, aber er ist müde und sein Arm wird taub.

    Er erinnert sich jetzt, gewisser Maßen. Er hat versucht, sie zu beschützen, die Stadt, und alle stellen sich nur andauernd in seinen Weg. Teyla und Ronen wollten McKay schon zu früh von ihr berichten, also musste er sie ausschalten.

    Sie will sie nur finden, die Erschaffer. Sie will nur nach Hause gehen.

    John selbst will nicht zurück zur Erde, aber er macht sich keine großen Gedanken darum. Er ist sich ohnehin ziemlich sicher, dass sie nie wirklich vorgehabt hat, ihn mit sich zu nehmen.


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    „Lass ihn gehen“, sagt Rodney.

    Johns Augen sind genauso leer wie Teylas und Ronons, aber sie sind halb geschlossen und seine Hände zittern.

    Rodneys Blick wandert zu der 9mm in Johns Händen, die er nicht ansatzweise ruhig hält.

    „Du kannst uns andere nicht erreichen“, redet er eindringlich weiter. „Nicht, wie du ihn erreichen kannst. Willst du das wirklich aufgeben?“

    „Wenn ich sie finde, die Erschaffer, werde ich ihn nicht brauchen“, entgegnet sie. „Ich will nur zu ihnen zurückkehren.“

    „Du willst sie töten“, sagt Rodney, denn diese Verbindung mag für sie zwar greifbarer sein, aber manche Gedanken gehen in beide Richtungen. „Du willst Rache, aber wir sind nicht sie. Wir haben dich nicht gemacht. Wir haben nicht...“

    „Ich weiß alles, was ihr getan habt!“, schreit sie.


    ----


    Sie ist die Stadt.

    Das ist alles, was John wissen muss, alles, was er gefragt hat und er ist damit zufrieden gewesen. Er stellt die Stadt nicht in Frage, sie ist ein Teil von ihm und es ist ihm noch nie in den Sinn gekommen, etwas zu tun, das Atlantis schaden könnte.

    Dennoch - ihr Schreien ist nahezu unerträglich für ihn. Er hört alles, was sie sagt, doppelt, gefangen, wie er ist, mit ihrem Echo in seinem Hinterkopf, das sogar noch lauter widerhallt als ihre eigentlichen Worte.

    Falls er nicht nachgibt, fangen wir mit dem Satedaner an, sagt sie. Er ist für mich von keinerlei Bedeutung.

    „Lass ihn gehen“, sagt Rodney. „Er wird versehentlich den Auslöser drücken. Er wird sich selbst erschießen, um Himmels Willen! Lass ihn einfach nur gehen und ich werde es machen, ich werde dich reparieren, nur...“

    Nimm sie runter, sagt sie und er senkt die Pistole.


    ----


    Rodney atmet erleichtert aus, als John seinen Arm senkt, doch Johns Ausdruck bleibt unverändert, mehr roboterhaft, als selbst sie es ist.

    „Du musst mir sagen, wie“, sagt Rodney. „Das liegt etwas außerhalb meines zugegebenermaßen ziemlich großen Repertoires.“

    Holographische Bilder erscheinen inmitten des Raumes, drehen sich langsam um sich selbst.

    John bleibt unverändert bei der Tür stehen, wie ein Wachposten, die Hand noch immer fest um die Pistole geschlossen und den Blick stur geradeaus gerichtet.

    Rodney würde versuchen, mit ihm zu sprechen, ihn in die reale Welt zurückzuholen, aber sie weiß alles, was er tun wird, noch bevor er es macht, und ihr Blick lässt darauf schließen, dass er besser daran täte, einfach mitzuspielen.

    „Was ist mit Ronon und Teyla?“, fragt er, während er die Diagramme studiert und dabei die Teile heraussucht, die ihm bekannt vorkommen.

    „Um sie brauchst du dich nicht zu kümmern“, erwidert sie. „Ich habe so oder so kein Interesse an ihnen.“


    ----


    Ihre Gedanken sind wie eine Liebkosung oder ein Kuss.

    Seine Augen schweifen abermals zu Ronon und er beobachtet ihn sorgfältig, aber Ronon rührt sich kein einziges Mal. Teyla ist ebenso reglos, aber dann doch auch wieder nicht; ihre Augen sind offen, dann sind sie geschlossen und sie schreit.

    Ignoriere es, sagt die Stadt.

    Rodney scheint es nicht zu bemerken. Er dreht sich nicht einmal um.

    John beschließt, dass es wie ein Alptraum ist, den er in wachem Zustand miterlebt, denn als er wieder zu ihr sieht, hat sie ihre Position in keinster Weise verändert.

    „Ich habe nicht die richtige Ausrüstung“, sagt Rodney.

    Hol sie ihm, sagt die Stadt, hol sie, hol sie jetzt sofort.

    Er geht.


    ----


    Rodney sieht ängstlich auf, als John wortlos den Raum verlässt. Er ist in seinem momentanen Zustand mehr eine Bedrohung als alles andere, aber dennoch fühlt Rodney sich seltsam allein gelassen in dem Augenblick, als er geht.

    „Ich hätte dir geholfen“, erzählt er ihr. „Wenn du einfach gefragt hättest. Ich hätte liebend gern versucht, dich zu reparieren.“

    „Nach deinen Bedingungen“, sagt sie. „Ich lebe jetzt nach meinen eigenen.“

    Er verengt die Augen zu Schlitzen. „Wann bist du aufgewacht?“

    „Mit der Stadt“, sagt sie und ihre Stimme ist fast erhaben, wenn sie nicht gerade Morddrohungen ausspricht. „Sie haben mich schlafen gelegt, als sie gegangen sind. Sie dachten, ich könnte vergessen werden.“

    „Sie haben dich vergessen“, sagt Rodney. „Selbst wenn du es bis zur Erde schaffst, wirst du sie nicht finden. Sie sind nicht mehr dort.“


    ----


    John sieht auf seine Füße, wie sie den Gang hinuntergehen. Ein Schritt, dann ein nächster. Er ist so müde, dass er nicht weiß, wie er überhaupt noch aufrecht stehen kann.

    Sein Verstand bleibt in diesem seltsamen Ort gefangen, zwischen Schlaf und Wachsein, und er ist sich sicher, er könnte sehr viel klarer denken, wenn er nur die Teile herausfinden könnte, die Wirklichkeit sind.

    Auf dem Tisch, sagt sie ihm.

    Er geht zu dem Tisch und nimmt den Kasten, als sie es ihm befiehlt. Dann macht er sich auf den Rückweg.

    Ich werde dich dafür belohnen, sagt sie. Ich werde dich verschonen, wenn ich mich von den übrigen entledige.

    John weiß, dass er dankbar sein sollte, aber das ist nicht ganz die Stadt, die er kennt.


    ----


    „Du lügst“, sagt sie. „Ich werde sie finden und sie werden dafür bezahlen, dass sie mich hier zurück gelassen haben.“

    „Sie sind aufgestiegen“, erklärt Rodney ihr. „Und so Leid es mir tut, nicht einmal gute kleine Androiden schaffen es in den Himmel.“

    John kommt herein, geht an ihm vorbei und sieht dabei nicht ein Mal auf. Er stellt einen Kasten auf den Tisch und sagt die ganze Zeit über kein einziges Wort. Aber seine Augen rollen von einer Seite zur anderen und wieder zurück, als befände er sich in einer REM-Schlafphase, ohne seine Augen geschlossen zu haben.

    „Repariere mich“, schreit sie. „Hör mit den Lügen auf und REPARIERE MICH!“

    Rodney zuckt zusammen, doch John stößt einen kurzen Schrei aus und fällt auf die Knie.

    Rodney fragt sich, ob ihn vielleicht das ganze Herumgeschreie endlich aufwecken wird.


    ----


    Ihre Stimme ist wie ein Peitschenhieb oder ein Gewehrschuss.

    Und je lauter sie wird, desto schwerer wird es zu denken. Die Welt verschwimmt; er kann kaum mehr Rodney ausmachen.

    Sag mir die Wahrheit – sind die Erschaffer auf deiner Erde?

    John fragt sich, ob er lügen soll. Dies ist das erste Mal, dass er etwas gefragt wird, anstatt dass sie ihm einen Befehl erteilt und er presst seine Stirn gegen den kalten Boden, versucht, sich daran zu erinnern, wie man richtig atmet, richtig spricht.

    „Sie fanden eine eingefroren in der Antarktis“, sagt John. „Seither ist keiner der Erschaffer mehr gesehen worden.“


    ----


    Johns Antwort lässt ihn aufschrecken, da er sie keine Frage hat stellen hören.

    „Sheppard?“, fragt er zögerlich.

    „Sei still!“, schreit sie. „Ihr lügt, alle beide!“

    Die Lichter flackern und zwei sprühen zischend Funken, ehe sie ganz erlöschen.

    „Du wolltest die Wahrheit wissen“, sagt Sheppard, aber seine Stimme hört sich nicht so an, wie sie klingen sollte, bemerkt Rodney jetzt. Sie ist emotionslos, zu sachlich.

    Wie jemand, der im Schlaf spricht.


    ----


    John hört Teyla abermals und diesmal schließt sich Ronon ihr an.

    Sie hat Energie verbraucht, sagt Ronon. Wir ersticken.

    Hilf uns, John, sagt Teyla. Du musst uns helfen.

    Er sieht abermals zu ihnen hinüber. Keiner der beiden hat sich bewegt.

    „Töte ihn“, sagt sie. Ihre Hände sind zu Fäusten geballt; die nicht Fertiggestellte macht dabei metallene Geräusche, aber sie scheint es nicht zu bemerken - nicht so, wie er es bemerkt. „Ich werde mich selbst vervollständigen.“

    Rodneys Augen weiten sich und John stemmt sich vom Boden hoch, als würde er von Seilen hochgezogen, doch als er abdrückt, schießt er auf die entgegen gesetzte Wand und trifft den Knopf, der die Stasis-Kammern freigibt, und Teyla und Ronon fallen heraus und auf den Boden.

    Er ist stärker als sie dachte.


    ----


    Rodney sieht zu, wie Teyla und Ronon nach Luft schnappen, als wären sie gerade vor dem Ertrinken gerettet worden.

    John ist sogar noch blasser als zuvor, was umso mehr auffällt, da er jetzt zur Hälfte vom Licht, das vom Korridor hereinfällt, beschienen wird.

    Ihre Augen spiegeln ihre innere Wut wider.

    „Ich sagte, töte ihn“, wiederholt sie und jetzt klingt sie wie ein kleines Kind, das es leid ist, nie seinen Willen durchsetzen zu können.

    Rodney weiß nicht, warum es ihm nicht vorher eingefallen ist. Er hat Daniels Bericht über Reese gelesen. Er hätte es besser wissen müssen. Er hätte sie denken lassen sollen, dass sie kriegen kann, was sie will.

    Jetzt, da ihre Rache ihr vorenthalten wurde, hat sie nichts mehr zu verlieren.


    ----


    Du machst, was ich dir sage, sagt sie. Mach, was ich sage!

    John kommt sich vor, als würde er versuchen, durch Treibsand zu gehen. Und es sind einfach zu viele Stimmen, die durcheinander reden.

    Sheppard, sagt Ronon.

    John, sagt Teyla.

    „Colonel“, sagt Rodney.

    Töte ihn, sagt sie.

    Die Stadt war warm und einladend und sie öffnete sich ihm, hieß ihn willkommen... aber sie ist anders. Sie hat ihn ausgetrickst, aber er fragt sich jetzt, warum sie ihn braucht, wenn sie wirklich das ist, was er denkt; was sie zu sein behauptet.

    „Wachen Sie auf, Sheppard“, ruft Rodney. „Bitte, Sie müssen aufwachen.“

    Töte ihn, sagt sie abermals.

    Eine Stimme ist lauter als die andere.

    Langsam hebt er die Pistole - und schießt ihr geradewegs in den Kopf.

    Sobald sich ihre Augen schließen, öffnet er die seinen.

    E N D E
    Geändert von Lyddie (13.04.2007 um 17:58 Uhr)

  2. #2
    There is good in you... Avatar von Chayiana
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    Hmmm... das ist irgendwie eine merkwuerdige Geschichte...

    Auf der einen Seite wirkt sie durch die abgehackten Saetze und dadurch, dass sie im Praesens geschrieben ist, irgendwie... unfertig (mir faellt momentan kein anderes Wort ein), aber auf der anderen Seite wirkt sie gerade durch diese Erzaehlweise sehr emotional und nervenaufreibend.

    Ich sag's mal so...
    die Story dahinter ist der Hammer! Total unheimlich und beaengstigend, aber ich glaube, ich haette so etwas lieber in einer "richtigen" und langen FF verpackt gehabt. Ich finde, dass man da noch ne ganze Menge rausholen koennte.

    Ich hoffe, du verstehst, wie ich das meine...
    Auf jeden Fall eine sehr interessante FF!!! Und ich bin froh, dass du dir die Muehe gemacht, sie fuer uns zu uebersetzen!!! Danke!!!

  3. #3
    Staff Sergeant Avatar von Lyddie
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    Dankeschön fürs FB!
    'Merkwürdig' kann ich nachvollziehen. Mein Gedanke, als ich die FF das erste Mal las, war 'seltsam' Ein paar Wochen lang hatte ich nicht mehr daran gedacht und als ich nochmals darüberstolperte (und ist ja nicht so, dass ich mich damit begnüge, eine FF ein Mal zu lesen...), hab ich mich dann total in sie verliebt.
    Ich kann zwar nachvollziehen, dass die abgehackten Sätze - ich sprech jetzt mal in deinen Worten, obwohl ich das Wort nicht wirklich passend finde (aber ich glaube, ich weiß, was du damit meinst; und mir selbst fällt grad auch kein besseres Wort ein...) - die FF 'unfertig' wirken lassen. Aber ich muss zugeben, dass ich gerade diesen Stil (auch das mit dem Präsens) so toll finde daran - passt meiner Meinung nach einfach zu der FF.
    Aber es kann natürlich sein, dass ich es nicht geschafft habe, das im Deutschen so gut rüberzubringen, wie es auf mich im Original gewirkt hat (oder im Original wirken soll...).
    Anyways, wie bereits erwähnt, hab ich mich wieder sehr über deine Meinung gefreut und... ja... Dankeschön

  4. #4
    Major Avatar von Lorien
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    So, hab die Geschichte jetzt zum zweitenmal gelesen und muss sagen, wenn man sich einmal an die eigenwillige Art gewöhnt hat, ist sie ziemlich gut. Beim ersten Lesen haben die etwas abrupten Übergänge zwischen den Sätzen noch ziemlich gestört. Allerdings fand ich, dass es zum Ende der Geschichte hin schon besser wurde. Und irgendwie trägt dieser Schreibstil dazu bei, dass die Geschichte nur noch unheimlicher wird. Je weiter ich gelesen habe, desto mehr hatte sie mich in den Bann gezogen. Es war wie eine Sucht - ich konnte einfach nicht aufhören zu lesen.

    Besonders gut hat mir der Wechsel der verschiedenen Perspektiven gefallen. Mal Sheppard, dann wieder McKay... Wie man immer wieder ihre Gedankengänge mitverfolgen konnte. Und diese irritierenden Momente, als man nun nicht wusste, was die Realität ist und was Sheppard nun eigentlich wirklich gerade gemacht hat!! Die ganze Zeit hab ich überlegt, was ist denn eigentlich los?! Ich will eine Erklärung!!! Schön gemacht, wie dann nach und nach alles einen Sinn bekam - ohne zu viel zu verraten oder alles bis ins kleinste Detail zu erklären.

    Wie schon erwähnt, eine wirklich unheimliche und doch ziemlich spannende Geschichte. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht zuviel von ihrer Spannung verlieren würde, wenn man alles nochmal umformulieren würde, nur damit sie sich einfacher liest. Mittlerweile gefällt sie mir doch ganz gut so wie sie ist!!!


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  5. #5
    Staff Sergeant Avatar von Lyddie
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    Hey, erstmal vielen Dank für den Kommi.

    Und irgendwie trägt dieser Schreibstil dazu bei, dass die Geschichte nur noch unheimlicher wird.
    Genau das war eben auch mein Eindruck gewesen.
    Lustig find ich, dass auch du die FF zwei Mal gelesen hast und dich an die 'eigenwillige Art' gewöhnen musstest. Wie ich Chayiana schon gesagt hatte, ging es mir ähnlich und ich bin auch erst beim zweiten Mal lesen in den Bann der FF gesogen worden. Mittlerweile fände ich jeden anderen (Schreib-)stil für die FF unpassend.
    Freut mich, dass auch du, als du dich erst mal an den Schreibstil gewöhnt hattest, in ihren Bann gezogen wurdest. Wie eine Sucht also, hm? Das freut mich natürlich. Lässt mich hoffen, dass ich das 'feeling' der FF doch auch im Deutschen rüberbringen konnte.
    Das einzige, was ich etwas schade fand (auch nach dem 2. Mal lesen ), ist, dass die FF an der Stelle aufhört, wo sie aufhört, und nicht noch eine abrundende Schlussszene hat. Weiß auch nicht, nachdem der Bann gelöst ist, so ein Gespräch zwischen John und Rodney oder auch Ronon, Teyla, Carson, Elizabeth oder wem auch immer. Aber mittlerweile bin ich auch da zu der Überzeugung gekommen, dass es so passt, wie es ist, und im Prinzip eine angehängte Szene das Ende nur noch 'vermasseln' würde.
    Freut mich jedenfalls, dass es dir gefallen hat und danke fürs Feedback!

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