So, ich habe mich dazu entschlossen, die bisherigen Kapitel meiner FF "Die vier Elemente" hier zu posten.
Manche von euch werden sie vielleicht schon von FanFiktion.de kennen. Fairnesshalber muss ich euch noch davor warnen, dass die Story Slashzüge trägt.
Ich hoffe sie gefällt euch und über ein paar Reviews würde ich mich sehr freuen.
Title: Die vier Elemente
Author: Phönix89
Rating: P-16 Slash (nur zur Sicherheit, wegen teils etwas brutaler Szenen)
Genre: Abenteuer, ein bisschen Romanze
Charaktere: Rodney McKay, John Sheppard, mal sehen wer noch dazu kommt
Disclaimer: mir gehört nix, ich verdiene nix an der Story, alles nur zum Spaß
~# nächtliche Entdeckungen #~
So, jetzt erstmal eine kleine Einleitung. Ist vielleicht noch nicht so spanndend aber auf jeden Fall immer wichtig. Wünsche euch viel Spaß beim Lesen und hinterlasst mir bitte ein Review. Denn ihr wisst ja, schreiben ohne Reviews macht nur halb so viel Spaß ^^
Das war wieder mal eine dieser Nächte in denen er einfach keinen Schlaf fand. Eine innere Unruhe ließ ihn bis kurz vor Mitternacht in seinem Labor an seinem Laptop sitzen.
“Verdammt!”, fluchte er, “das darf doch einfach nicht wahr sein!”
Dieses Gerät machte ihn wahnsinnig. Sie hatten es vor vier Tagen bei einer Erkundungstour des Südflügels entdeckt und seitdem war er nicht wirklich weiter gekommen. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, zu was es gut sein könnte. Seufzend ließ er sich in seinem Stuhl zurücksinken. Der Blick in sine leere Kaffeetasse verbesserte seine Laune auch nicht. Na gut, dachte er, dann holst du dir jetzt erstmal eine neue Tasse. Ein bisschen Bewegung würde auch nicht schaden. Seine verspannte Muskulatur schmerzte als er aufstand.
Alle schlafen, nur du bist wieder wach, dachte er als er durch die nächtlichen Gänge wanderte. Plötzlich drang ein Geräusch an sein Ohr. Dumpf oder mehr gedämpft. Dem Geräusch folgend gelangte er am Trainingsraum an. Er lauschte. Es waren eindeutig Tritte oder Schläge die gegen Matten oder ähnliches ausgeführt wurden. Nun hatte ihn die Neugier gepackt. Doch wie sollte er unbemerkt einen Blick in den Raum werfen können? Er war zwar ein Genie aber über einen Röntgenblick um durch die massive Tür hindurch blicken zu können verfügte er leider nicht. Die Balkone! Neben dem Fitnessraum befand sich ein leerstehendes Quartier, über das er wohl leicht auf den Balkon gelangen und von dort aus einen Blick auf das nächtliche Geschehen werfen könnte. Gesagt, getan. Nun stand er vor den Fenstern, die die Außenfront bildeten und sah gespannt in den Raum hinein.
Der Anblick verschlug ihm fast den Atem. Ein hochgewachsener Mann mit dunklem zersausten Haar trainierte im sanften Mondlicht. Trotz dessen, dass sich seine Silhouette nur schwach abzeichnete erkannte Rodney sofort, wer sich da im Kampfsport übte.
Der Mann, der sich von einer schnellen Kombination aus Tritten und Schlägen gerade auf dem Boden kniend erholte war Lieutenant Colonel John Sheppard. McKay konnte seine Augen nicht von ihm abwenden. Der raschen Abfolge folgten nun langsame Bewegungen, wahrscheinlich Tai Chi.
John Figuren strotzten vor Kraft und Elleganz während sich seine Muskeln deutlich unter seinem Shirt abzeichneten.
Rodneys Mund war staubtrocken und er hätte fast einen Herzinfarkt bekommen als Sheppard seinen Übungen beendet hatte und um seine Sachen zusammen zu suchen das Licht angemacht hatte. Schließlich hatte McKay sich etwas zu weit nach vorn gewagt und stand mitten vor der Scheibe. Doch das Glück war dieses Mal auf seiner Seite, denn nicht nur er sondern auch Sheppard waren von der grellen Lichtflut kurzfristig geblendet und so hatten er genügend Zeit um sich in den sicheren Schatten zu flüchten. Nachdem er sicher sein konnte, dass der Colonel gegangen war entschloss er sich mit klopfendem Herzen in sein Quartier zu gehen. Abenteuer hatte für diese Nacht genügend gehabt. Warum hatte ihn Sheppard gerade so fasziniert. Er war nicht mal blond. Oh man, du brauchst dringend mehr Schlaf und weniger Kaffee!
Sein Herz hämmerte in seinem Brustkorb als er sich am nächsten morgen mit seinem Tablett durch den überfüllten Essensbereich kämpfte. Sein Blick fiel auf Sheppard, der allein an einem Tisch saß, den er keinesfalls umgehen konnte. Er holte tief Luft, schloss kurz die Augen und wäre dann fast schnellen Schrittes am Colonel vorbeigekommen. Fast.
“Einen wunderschönen Guten Morgen, McKay! Ich hoffe Sie haben gut geschlafen!”, rief er ihm entgegen.
“Morgen”, knurrte Rodney.
“Ich hätte da etwas mit ihnen zu bespreche”, er sah sich um, “wollen Sie sich nicht setzten? Der Saal ist ziemlich voll, sie werden sowieso keinen freien Platz mehr finden.”
“Ja, danke”, erwiderte er und setzte ein ‘eigentlich nicht’ in Gedanken hinzu, “Was gibt’s?”
“Erdnussbuttersandwich, Kaffee und einen Apfel. Bei Ihnen?”, Sheppard hatte seine Unschuldsmiene aufgesetzt. Als er McKays verwirrten Gesichtsausdruck sah musste er grinsen.
Rodney ließ sich mit einem theaterreifen Seufzen auf dem gegenüberliegenden Stuhl nieder und sah John genervt an.
“Haha, verarschen kann ich mich auch selbst. Welches Anliegen wollten Sie äußern, Colonel Sheppard?”, er funkelte ihn beleidigt an.
“Wissen Sie, letzte Nacht”, Sheppard legte eine Pause ein. Verdammt, er hat mich doch gesehen. Rodneys Puls beschleunigte sich augenblicklich auf 180, “ist Lt. Caine überraschend krank geworden. Er sollte heute doch den Testflug mit Ihnen im Jumper 2 durchführen, oder?”
Ein Stein, nein, genau genommen war es ein ganzer Felsbrocken, der Rodney gerade von seinem Herzen gefallen war.
“Ja”, erwiderte er knapp.
“Na ja, auf jeden Fall werde ich den Flug mit Ihnen durchführen.”
“Ist okay.”
“Sie sind heute so schweigsam, sind Sie auch krank oder haben Sie die Nacht zu wenig Schlaf abbekommen?”, erkundigte sich Sheppard während er den letzten Bissen seines Sandwiches in seinem Mund verschwinden ließ.
“Mir geht es gut. Höchstens ein bisschen müde.”
“Na dann, sehen wir uns in einer halben Sunde”, verabschiedete sich der Militär, biss herzhaft in seinen Apfel und wandte sich zum Gehen.
“Bis dann”, nun musste McKay grinsen. Er hatte wirklich Glück gehabt. Einem Moment lang hatte er schon gedacht, dass Sheppard ihn entdeckt hatte.
Eine halbe Stunde. Eindeutig zu wenig Zeit um ausreichend zu frühstücken, stellte er mürrisch fest. Da müsste er sich wohl Proviant einpacken.
“Sie sind zu spät”, empfing Sheppard schmunzelnd den schwer bepackten Kanadier.
McKay sah verwirrt auf die Uhr. Seiner Meinung nach war er noch pünktlich.
“Und zwar ganze 48 Sekunden”, setzte der Militär nach. Er liebte den Gesichtsausdruck wenn McKay kurz vorm Explodieren war, “was schleppen Sie denn da alles mit?”
Rodney reichte ihm eine Kiste nach der Anderen. “Das sind Messungsgeräte.”
“Und im Rucksack?”, stocherte John weiter.
“Mein Laptop”, gab Rodney trotzig zurück.
“Das ist aber ein großes Laptop.”
“Und etwas zu Essen”, nuschelte McKay.
“Gut, nicht dass wir in den nächsten zwei Stunden verhungern. Kommen Sie rein.”
Fünf Minuten später glitten sie über das Meer.
“Ist das heute nicht ein schöner Tag für einen kleinen Ausflug?”
Als Rodney Sheppard keine Antwort gab sah er zu ihm hinüber. Er saß fluchend über einem kleinem schwarzem Kästchen gebeugt da.
“Hat ihnen dieser Würfel letzte Nacht den Schlaf geraubt?”
“Ich verstehe einfach nicht was man mit dem Teil machen kann!”, antwortete Rodney.
“Lassen Sie mich mal sehen”, John versuchte es sich zu schnappen, verfehlte Rodney aber knapp.
“Nein”, McKay hielt es krampfhaft fest.
“Ach kommen Sie schon, McKay. Ich mach es schon nicht kaputt!”
Bei seinem nächsten "Angriff" hatte er mehr Glück. Nun hatten er und Rodney es fest zwischen den Händen. Plötzlich spürte er einen wahnsinnigen Druck auf seinem Körper, das Kästchen begann zu glühen und dann wurde alles Schwarz um ihn herum.
~# Das Element Erde #~
Er konnte seine Augen nicht öffnen. Ob aus Schwäche oder aus Furcht war schlecht feststellen. Wahrscheinlich eine vernichtende Mischung aus Beidem.
Sein Körper fühlte sich an wie aus Blei und in seinem Kopf hämmerte es unerträglich. Was war denn das bloß gewesen? Bei jeder Bewegung schmerzte sein Rücken. Auf was lag er da eigentlich? Sein Rucksack! Den hatte er ja noch gar nicht abgelegt.
“McKay?”, hustete eine rauhe Stimme neben ihm, “sind Sie okay?”
Er versuchte zu sprechen, doch heraus kam nur ein heiseres Krächzen.
Dann begann er langsam, ganz langsam seine Augen zu öffnen. Erst das Eine und dann das Andere. Über ihm erkannte er Sheppard.
“Was war das McKay?”, vielleicht lag es nur an seiner rauhen Stimme, aber irgendwie wirkte er gereizt, stellte Rodney fest.
“Gute Frage, nächste bitte.”
“McKay! Ich will jetzt wissen, was das für ein Ding war!”
“Ich habe es vorhin schon gesagt”, Rodney versuchte sich vorsichtig aufzurichten, “ich habe keine Ahnung.”
“Klasse. Ganz toll.”
“Bleiben Sie ruhig”, Rodney sah sich um. Sie befanden sich auf einer Ebene. Unter ihnen, um genau zu sein, weit unter befand sich das Meer. Es toste wild gegen die steile Klippe. Vor ihnen stand eine riesige Wand aus Bäumen, die keinen Durchlass zu gewähren schienen.
“Da hinten ist eine Lücke”, stellte Sheppard fest, “und davor steht irgendwas.”
“Na dann, schauen wir uns das mal an”, mit diesen Worten setzte sich McKay in Bewegung.
Sheppard trottete ihm entnervt hinterher.
Beim Näherkommen erkannte Rodney, dass es sich um eine Steintafel handelte. Gespannt trat er an sie heran.
“Da ist ein Dreieck mit nach unten gerichteter Spitze abgebildet und einem horizontalen Strich in seinem Inneren kurz vor der Spitze. Seltsam. Darunter steht auch etwas geschrieben. Welche Sprache ist das denn bitte?”, fragte sich McKay.
“Ich weiß, was das Zeichen bedeutet. Es steht für das Element Erde.”
“Woher wollen Sie denn das wissen”, Rodney legte seinen geringschätzigsten Blick auf, den er auf Lager hatte.
“Waren Sie, als Sie klein waren nie in einer Bande?”, ohne eine Antwort abzuwarten sprach John weiter, “wir hatten uns die Zeichen der vier Elemente gegeben. Jeder eines.”
“Aha, und welches waren Sie?”, fragte McKay beiläufig, während er versuchte den Text zu übersetzten.
“Die Luft. Kann ich irgendwie helfen?”
“Am Besten ist, wenn Sie es Ihrem Element gleich tun und sich unsichtbar machen würden”, keifte McKay, “ich versuche mich nämlich zu konzentrieren.”
“Schon okay”, Sheppard hob seine Hände beschwichtigend, “dann sage ich Ihnen eben nicht, was da auf dem Stein steht:
Herzlich Willkommen Ihr, die das Spiel herausgefordert habt.
Da Ihr hier auf der ersten Insel angekommen seid wisst ihr,
dass die Prüfungen der einzige Weg zurück sind.
Werdet Ihr stark genug sein den Elementen zu trotzen?
Vergesst nie, ihr bewegt euch auf dem Pfad der Verwundbarkeit,
Euer hier vergossenes Blut wird zu gleichen Teilen in der Realität vergossen.
Merkt euch Eines, ihr müsst euch immer auf euren Partner verlassen.
Allein seid ihr schwach, nur gemeinsam seid ihr stark!”
“Was heißt da herausgefordert?”, Rodney sah Sheppard fragend und entsetzt an, “das ist ein ganz schön schlechter Witz!”
“Warten Sie, da steht noch mehr.
Ihr werdet nun die Prüfung zum Element Erde ablegen.
Darauf werden noch drei weitere folgen.
Durchquert das Labyrinth, in seiner Mitte werdet ihr ein Tor finden,
Durch welches ihr zur nächsten Insel gelangen werdet.
Und denkt immer daran. Behaltet einen klaren Blick, für das was ist!”, beendete Sheppard, “wow, und jetzt?”
“Tja, behalten wir mal einen klaren Blick und durchqueren den Irrgarten. Hört sich doch eigentlich ganz einfach an, oder?”, McKays Tonfall triefte nur so vor Sarkasmus.
“Wenn ich nur wüsste, in was wir da reingeraten sind.”
“Tja, auf der Tafel steht das Spiel. Scheinbar handelt es sich um einen Zeitvertrieb der Antiker.”
“Ein Spiel”, Sheppard legte seine Stirn in Falten, “dafür hört sich die ganze Sache ziemlich ernst an. Euer hier vergossenes Blut wird zu gleichen Teilen in der Realität vergossen”, zitierte er.
“Tja, dann sollten wir jetzt loslegen, oder?”
“Auf geht’s.”
Sie betraten das Labyrinth und standen sogleich vor der nächsten Wand. Sie sahen nach links und rechts. Auf beiden Seiten ging ein Weg weiter.
“Und wohin jetzt?”
“Nach links.”
“Und warum”, wollte McKay wissen.
“Sie haben gefragt wohin und ich habe geantwortet.”
“Klasse, warum werfen wir nicht einfach eine Münze?”
“Beruhigen Sie sich und folgen mir. Mein Instinkt hat mich noch nie getäuscht und ich will wieder nach Hause”, Sheppard wandte einen scharfen Tonfall an, der keine Widerrede duldete.
“Ich kann nicht mehr”, jammerte Rodney nachdem sie schon eine gute Stunde umhergeirrt waren.
“Legen wir eine kurze Pause ein. Nahrung haben wir zwar keine, aber ausruhen können wir uns wenigstens”, schlug Sheppard vor und sah zum ersten Mal seit ihrer Ankunft das Funkeln in Rodneys Augen. Ein Funkeln, das auch ein kleines Kind in den Augen trug, wenn es gerade einen Streich ausgeheckt hatte.
“Doch, haben wir”, Rodney legte seinen Rucksack ab und holte Sandwiches, Powerriegel und Wasserflaschen hervor. Sheppard wollte sich gerade bedienen als Rodney es ihm vor der Nase wegzog.
“Bin ich gut?”, wollte McKay wissen.
“Ja”, knurrte Sheppard.
“Wie bitte?”
“Ja, verdammt! Sie sind ein Genie und jetzt geben Sie es schon her.”
“Bedienen Sie sich”, erwiderte Rodney mit einem Gewinnergrinsen.
“Zu gütig.”
“Woher konnten Sie eigentlich diese Steintafeln entziffern?”, neugierig sah McKay den Militär an.
“Tja, die Sprache ist mit dem Altgriechischen verwandt, das ich dank meines Vaters einigermaßen beherrsche und in manchen Sektoren auf Atlantis stößt man auf ähnliche Schriften.”
“Und warum weiß ich davon nichts?”
“Von meinem Altgriechisch oder von den Schriften?”, John grinste ihn an.
Doch McKay winkte nur ab.
Tiefes Schweigen hüllte sich um die beiden Gefährten während sie nebeneinander im Gras saßen. Nachdem sie ihren Hunger und Durst gestillt hatten, stellte Rodney fest: “Wir haben uns verlaufen.”
“Nein, haben wir nicht. Wir haben nur kurzzeitig die Orientierung verloren”, widersprach Sheppard.
“Als ob das einen Unterschied machen würde”, schnappte McKay.
Sheppard ignorierte Rodneys Sarkasmus, “Was denken Sie, wie hoch ist diese blöde Hecke?”
“So drei bis vier Meter, schätze ich.”
“Und wie groß sind Sie?”
“Bin ich das Auskunftsbüro?”
“Bitte”, Sheppard sah McKay offen an und dieser erkannte, dass der Militär ihn nicht aufziehen wollte.
“1,79 Meter.”
“Gut, ich bin 1,88m. Das heißt, nach Adam Riese sind wir zusammen 3,67m groß. Somit ist meine Idee einen Versuch wert.”
“Welche Idee?”, McKay vermutete hinter diesem Einfall nichts Gutes.
“Auf der Tafel stand doch, nur gemeinsam seid ihr stark. Sie müssen auf meine Schultern steigen und wenn wir Glück haben, können Sie dann über das Labyrinth hinweg schauen.”
“Ich? Auf Ihren Schultern?”, McKay sah ihn entsetzt an.
“Ja, oder haben Sie Höhenangst?”
“Nein, habe ich nicht!”, erwiderte Rodney trotzig und stieg vorsichtig auf die Schultern des vor ihm in die Hocke gegangenen Mannes.
“So, ich stehe jetzt langsam auf. Versuchen Sie sich an der Hecke etwas abzustützen.”
“Leichter gesagt als getan. Ich…”, plötzlich schwieg Rodney und kämpfte mit seiner Höhenangst.
“Was ist? Sehen Sie etwas?”
“Oh ja, ich kann das Tor sehen. Es sieht aus wie ein riesiger Bogen und es hat Ähnlichkeit mit einem Stargate. Ich kann von hier aus nur nicht erkennen ob es auch Chevrons hat.”
“Das ist ja alles sehr faszinierend, aber langsam werden Sie wirklich schwer. Können Sie sich den Weg merken?”
“Klar, wir müssen gar nicht mehr weit gehen. Nur fünf Abzweigungen. Geradeaus weitergehen, rechts abbiegen, zweiter Gang wieder rechts, dann einmal links und dann der dritte Weg rechts. Schon sind wir… Hey, wackeln Sie doch nicht so!”
Im nächsten Moment lagen sie schon auf dem Boden.
“Klasse”, motzten McKay, “jetzt habe ich bestimmt eine Gehirnerschütterung. Wahrscheinlich ein Schädel-Hirn-Trauma und den Weg vergessen.”
“Kein Problem”, triumphieren hielt ihm Sheppard einen Fetzten Papier unter die Nase, “ich habe mitgeschrieben.”
“Na dann”, Rodney rappelte sich auf, “gehen wir.”
“Da vorn müssen wir rechts abbiegen, dann haben wir es laut Ihrem Plan geschafft”, wies Sheppard an.
Doch Rodney antwortete nicht. Er war zum Einen viel zu müde. Die Sonnen, ja es gab hier sogar mehrere, um genau zu sein drei von der Sorte, bewegten sich schon hartnäckig auf den Horizont zu. Und zum Anderen war er von dem Lichtschein fasziniert den dieses Tor ausstrahlte. Noch fünf Meter, dann… Endlich hatten sie es geschafft. Sie standen vor einem Bogen, der scheinbar aus Marmor oder einem vergleichbaren Material bestand und zahlreiche Verzierungen trug.
Neben dem Tor stand eine weitere Steintafel. Sheppard las vor:
“Nun habt ihr den ersten Level bestanden.
Ihr habt gelernt, dass man in manchen Situationen
Nur gemeinsam den Überblick behalten kann.
Beschreitet nun das Tor.
Ihr werdet in den Vorraum der nächsten Prüfung gelangen.
Ruht euch aus und bereitet euch auf das nächste Element vor.
Wenn ihr bereit seid, betretet den folgenden Raum.”
“Kein DHD“, stellte Rodney enttäuscht fest.
“Nein, aber damit hatte ich auch nicht gerechnet”, gab John zurück, “gehen wir durch?”
“Ja, gehen wir durch.”
Auf der anderen Seite des Portals angekommen befanden sie sich in einer Höhle. Durch ein Loch in der Decke fielen die letzten Sonnenstrahlen.
“Kommen Sie, McKay. Wir müssen ein Feuer anzünden, sonst ist hier bald alles stockfinster”, Sheppard war bereits dabei Zweige, die überall auf dem Boden verteilt lagen aufzusammeln, “können Sie schon mal anfangen ein Feuer anzuzünden.”
“Und wie? Ich habe kein Feuerzeug!”
Sheppard rieb seine Handflächen, die einen Ast umschlossen gegeneinander, “Waren Sie nie bei den Pfadfindern?”
“Nein, dieser Kelch ist an mir vorbeigegangen”, er setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und begann mit der Arbeit.
“Legen Sie Papier dazwischen, dann geht es einfacher”, riet ihm Sheppard und reichte ihm ein Blatt aus seinem Notizblock.
“Danke”, Rodney sah erstaunt auf das Holz vor ihm, “es beginnt zu glimmen! Ich habe es geschafft!”
“Schnell, legen Sie noch ein Blatt drauf und ein paar dünnere Zweige.”
“Ich habe Feuer gemacht!”, McKay freute sich wie ein kleines Kind.
John zog seine Jacke aus, ließ sie als Bündel auf den Boden fallen und legte seinen Kopf darauf.
“Los McKay, legen Sie sich auch hin, morgen brauchen wir unsere Kraft.”
Der Kanadier nickte und bereitete sich sein Nachtlager neben dem Feuer. Es strahlte eine angenehme Wärme ab.
Der Militär hatte sich mit dem Gesicht zum Feuer auf die Seite gelegt und schien schon eingeschlafen zu sein. Seine feinen Gesichtszüge wurden vom Feuer umspielt. McKay fröstelte, am Liebsten hätte er sich jetzt neben ihn gelegt, seine Wärme gespürt.
Rodney lauschte, Sheppards Atem ging ruhig und gleichmäßig. Mit einem letzten Blick auf den Colonel entglitt auch er in die Traumwelt.
~# Unendliche Tiefe #~
Die ersten Sonnenstrahlen fielen bereits durch die Deckenöffnung als Rodney seine Augen aufschlug. Sein Blick fiel auf die leere Fläche, auf der Sheppard genächtigt hatte.
Langsam stand er auf. Die Verspannungen, die sich über seinen gesamten Rücken zogen, ließen ihn seine rückenschonende Matzratze schmerzlich vermissen. Eine Massage wäre jetzt nicht schlecht.
“Sheppard?”, er sah sich im dämmrigen Raum um.
“Buh”, der Militär hatte sich hinter ihn geschlichen.
“Sind Sie denn wahnsinnig?”, McKay machte einen Satz nach vorn und stolperte dabei über die Reste ihrer Feuerstelle.
“Haben Sie Hunger? Ich hätte Powerriegel im Angebot.”
“Ja, danke”, Rodney funkelte ihn böse an und verschlang den Riegel in Rekordzeit.
“Ich würde sagen, wir sollten aufbrechen. Heute nehme ich den Rucksack.”
“Wenn es sein muss”, brummte McKay und setzte ein stilles Danke hinzu. Er würde es ja nie zugeben, aber seine Füße schmerzten immer noch von den gestrigen Strapazen. Nein, vor Sheppard würde er nie eine Schwäche zugeben. Er würde sowieso nur wieder darauf herumreiten, “und wie sollen wir jetzt bitte in den nächsten Raum gelangen? Ich sehe hier nirgends eine Tür.”
“Ich habe gestern einen niedrigen Tunnel entdeckt. Gerade breit genug, dass Sie durchpassen dürften.”
McKay holte scharf Luft. “Was soll denn das heißen?”
“Nichts, das war nur eine sachliche Feststellung und keinesfalls darauf bezogen, dass sie geringfügig breiter als ich sind.”
“Danke”, Rodney war zu tiefst gekränkt, “wo ist nun Ihr blöder Tunnel?”
“Da vorn”, er deutete auf eine Öffnung ungefähr zwei Meter über der Erde.
“Und wie sollen wir da rauf kommen?”
“Ich mache eine Räuberleiter, so können sie ohne Probleme raufklettern und anschließend ziehen Sie mich dann hoch.”
“Nein, nein, nicht mit mir! Sie gehen zuerst, wer weiß, was uns da erwartet!”
“Von mir aus”, gab Sheppard gelassen zurück, “los, Hände her.”
“Autsch, Sie tun mir weh!”, jammerte Rodney als John sich hochzog.
“Man, McKay! Ich habe noch nie eine größere Memme als Sie es sind erlebt!”
Als Sheppard sicher im Gang lag reichte er McKay seine Hand und zog ihn hoch. “Machen Sie sich doch nicht so schwer!”
“Mach ich doch gar nicht!”, Rodney rutschte immer wieder an der glatten und feuchten Felswand ab.
Endlich hatten Sie es geschafft und krochen durch den ca. vier Meter langen Tunnel. Dann stoppte Sheppard so plötzlich, dass McKay sich den Kopf an seinen Stiefeln angestoßen hatte.
“Autsch. Was ist los? Sehen Sie irgendwas?”, Rodney verrenkte sich fast das Genick, konnte aber trotz aller Anstrengungen nicht über seinen Vordermann hinweg sehen.
“Da geht es ganz schön weit runter”, stellte John ruhig fest.
“Was heißt, ganz schön weit?”
“Na ja, circa vier Meter.”
Nun reichte es Rodney endgültig, trotz der beengten Verhältnissen quetschte er sich neben Sheppard um einen Blick in den nächsten Raum riskieren zu können.
“Wasser”, Rodneys Stimme klang erstickt.
“Habe ich vergessen zu erwähnen, dass da Wasser ist? Wie tief ist es wohl?”
“Keine Ahnung.”
“Tja, dann müssen wir es wohl wagen.”
“Was wagen? Sheppard!”, hallte Rodneys entsetzter Schrei als der Militär ihn an seiner Weste packte und ihn mit sich riss. Sekunden später schlugen sie auf dem Wasser auf. Hustend und prustend gelangten sie wieder an die Wasseroberfläche. McKay paddelte panisch zum nahegelegenen Ufer.
“Machen Sie so was nie wieder!”, schrie er John an.
“Ach kommen Sie, es ist doch nichts passiert und außerdem wären Sie nie gesprungen”, Sheppard wandte sich der nächsten Tafel zu, die nur wenige Meter vom Ufer entfernt stand.
“Da ist ein Dreieck mit der Spitze nach oben drauf abgebildet und darunter steht:
Ihr werdet nun die Prüfung zum Element Wasser ablegen”,
las er vor, “folgt dem Pfad.
An seinem Ende werdet ihr in ein weiteres Gewölbe gelangen.
Dort findet ihr ein tiefes Wasserbecken vor.
Taucht hinab und durchschreitet das Portal.
Wartet im folgenden Raum wieder bis zum Morgengrauen
Und setzt erst nach ausreichender Ruhe eure Reise fort.
Merkt euch: Das Wasser kann die Realität verzerren
und so mancher Weg wird beschwerlicher wenn ihr ihn fürchtet!”
McKay rührte sich keinen Millimeter.
“Kommen Sie? Wir müssen weiter”, Sheppard trat an ihn heran und gab ihm einen sanften Schubs um ihn in Bewegung zu setzten.
Im nächsten Raum angelangt staunte Sheppard nicht schlecht. Die Wände schienen zu leuchten, doch er konnte keine Lichtquelle erkennen. Vor ihnen lag eine scheinbar unendliche Wasserfläche. Er trat ans Ufer und erkannte das Tor ca. 5 Meter unter der Wasseroberfläche. Er sah McKay an, der gerade neben ihn getreten war. Seine Augen waren weit aufgerissen als er ins Wasser blickte.
“Das schaffen wir nie”, Rodneys Stimme zitterte, “das schaffen wir nie.”
Er ließ sich zusammengekauert auf den Boden sinken und vergrub sein Gesicht hinter seinen Armen. Sheppard setzte sich neben ihn.
“Vor was haben Sie denn Angst? Wir haben es doch schon weit geschafft und es sieht wirklich schlimmer aus als es ist!”
“Ich kann nicht.”
“Aber warum denn?”
“Ich”, seine Stimme erstarb. Er schluckte schwer, “seit der Sache mit dem Jumperabsturz ins Meer. Ich habe Angst zu tauchen”, gab er kleinlaut zu.
“Wir schaffen das gemeinsam, los jetzt!”
“Nein, gehen Sie allein, ich kann das nicht.”
“Ich bin hier, um Sie zu beschützten und das werde ich auch. Sie brauchen keine Angst zu haben!”
Rodney hob seinen Kopf und sah ihn mit glasigen Augen an. “Na gut, ich vertraue Ihnen.”
Sie traten an den Beckenrand.
“Rodney”, Sheppard sah McKay ernst an, der sichtlich überrascht war, dass ihn sein Begleiter mit dem Vornamen angesprochen hatte, “Sie müssen mir vertrauen und nicht in Panik geraten, versprechen Sie mir das?”
McKay nickte. John nutzte einen Karabinerhaken um ihre Westen miteinander zu verbinden. Nur zur Sicherheit, dachte er.
“Gut, bei zwei holen Sie ganz tief Luft und bei drei springen wir. Eins, zwei und drei!”
Rodney holte so tief Luft wie er konnte, stieß sich ab und durchbrauch die Wasseroberfläche. Anschließend begann dem Colonel nachzutauchen. Doch irgendwie kam es ihm vor als entstünde eine immer größer werdende Lücke zwischen ihnen und auch das Tor schien immer tiefer zu sinken. Keine Panik, versuchte sich Rodney zu beruhigen. Bleib ganz ruhig. Doch er konnte nicht, er spürte, dass die Luft in seiner Lunge immer knapper wurde. Es hämmerte nur noch ein Gedanke in seinem Kopf: Du wirst ersticken!
Nun bemerkte auch Sheppard, dass McKays Bewegungen immer hastiger und unruhiger wurden. Er beobachtete den Kanadier, der immer noch dicht neben ihm schwamm aus dem Augenwinkel.
Bitte nicht, flehte John, wir haben es doch gleich geschafft. Oder? Nun hatte auch er das Gefühl, als würde das Tor plötzlich absinken. Plötzlich erinnerte er sich an die Inschrift des Steines: “Merkt euch: Das Wasser kann die Realität verzerren und so mancher Weg wird beschwerlicher wenn ihr ihn fürchtet”. Da wurde es ihm mit einem Schlag bewußt. Es war McKays Angst, die das Tor immer tiefer sinken ließ!
Er stoppte und schnappte den Kanadier an seiner Weste. Dieser sah mit aufgerissenen Augen durch ihn hindurch. Verdammt Rodney, tu uns das nicht an, dachte Sheppard als Luftblasen aus McKays Mund traten. Er wird ersticken, wenn du jetzt nichts unternehmen wirst! John packte seinen Gefährten am Kopf und übergab ihm einen Teil seiner verbliebenen Luft. Doch wenn er ehrlich zu sich selbst war küsste er McKay. Als Rodney den Kuss erwiderte wurde sein Körper plötzlich von einer ungewohnte Wärme durchflutet.
Nachdem er sich gelöst hatte und hinab sah, entdeckte er das Tor nur wenige Schwimmzüge unter ihnen. Von neuer Kraft durchflutet schafften sie es das Portal zu erreichen und kamen auf der anderen Seite keuchend und am Boden liegend an.
“Wow, das war knapp”, stellte Sheppard fest, der als Erster wieder zu Atem kam. Während sich Rodney von den Strapazen erholte zündete John ein Feuer an, an dem sie ihre Anzüge trockneten und sich wärmten.
“Ich habe Hunger”, brach Rodney das Schweigen. Sheppard angelte sich den Rucksack und packte aus. Sie hatten noch mehrere Flaschen Wasser und zahlreiche Powerriegel, die dank ihrer Verpackung auch trocken geblieben waren. Von den Sandwiches hingegen blieb nur noch eine breiige Substanz übrig. Lediglich die Thunfischkonserven, die als Belag dienen sollte waren noch wohl auf. Doch am Schlimmsten hatte es wohl das Laptop getroffen, das Sheppard gerade grinsend aus dem Rucksack beförderte.
“Finden Sie das lustig?”, schnappte Rodney.
“Ich freue mich, dass es Ihnen scheinbar wieder gut geht.”
“Das arme Laptop ist hoffnungslos verloren”, seufzte McKay.
“Ja, da lässt sich wohl nichts mehr dran machen”, Sheppard ließ es zurück in den Rucksack rutschen, “essen wir. Wir müssen heute früh schlafen gehen. Ich bin mir sicher, dass wir morgen auch wieder unsere gesamten Kräfte brauchen.”
Rodney zitterte am ganzen Körper als John ihm einen Riegel übergab. Schweigend kauten sie ihr Mahl und richteten sich anschließend ihr Nachtlager.
“Kommt mir das bloß so vor oder zieht es hier?”, fluchte Sheppard. Ihre Anzüge waren immer noch nicht richtig trocken und so spürten sie jeden Luftzug auf der kalten Haut, “wir holen uns noch eine Lungenentzündung!”
Er sah sich in dem kleinen Raum um. Er war dem letzten sehr ähnlich, doch dieses Mal befand sich ein gewöhnlicher Gang am Ende, durch den sie bequem aufrecht weiter gehen konnten. Der einzige Nachteil war, dass er und der Abzug für die Feuerstelle wie ein Windkanal wirkten.
“Kommen Sie rüber McKay. Wir müssen uns gegenseitig wärmen, sonst haben wir bald beide eine Lungeentzündung”, erklärte der Militär sachlich.
“Nein, danke. Für heute hatte ich genügend Körperkontakt!”
“McKay! Ich will nicht kuscheln! Ich will nur nicht erfrieren, verstanden? Also reißen Sie sich zusammen und bewegen Sie Ihren Hintern hier rüber.”
Rodney brummelte irgend etwas unverständliches, raffte seine Sachen zusammen und legte sich neben den Amerikaner.
“Geht doch”, kommentierte dieser und rückte näher an den zitternden Mann, “Gute Nacht.”
“Gute Nacht”, flüsterte Rodney. Er fühlte sich so wohl, wie schon lang nicht mehr. Auf der einen Seite wärmte ihn das Feuer und auf der anderen Seite war es Sheppard, der ihn wärmte. Erst jetzt, nachdem er sich langsam entspannte, spürte er, wie schwer sein Körper war und schlief beruhigt ein. Für diese Nacht war er sicher.
~# Luftige Höhe #~
Rodney erwachte fröstelnd, langsam schlug er die Augen auf und blickte auf die kalte Feuerstelle in der am gestrigen Abend noch ein wärmendes Feuer geprasselt hatte. Instinktiv nahm er den Arm, der schützend über seiner Seite lag und zog ihn fester an sich heran.
Sein Blick fiel auf die kräftige Männerhand. Noch immer schlaftrunken dachte er, diese Hand schon einmal gesehen zu haben. Sheppard!, traf ihn der Blitz der Erkenntnis. Mit einem Schlag war er hellwach. Die Erinnerungen an den gestrigen Tag überschlugen sich in seinem Kopf. Er war zwar beinahe ohnmächtig gewesen, konnte sich aber noch erstaunlich gut an die Unterwasserrettung erinnern. Unbehagen stieg in ihm hoch, hatte Sheppard gemerkt, was er für ihn empfand? Hatte er sich irgendwie verraten? Vorsichtig befreite er sich von Sheppards Umarmung der seine Aktivitäten mit einem Murren quittierte und sich umdrehte.
Rodney richtete sich ruckartig auf, als ihn ein heftiger Stich in seinem Ohr fast wieder auf den Boden geschickt hätte. Augenblicklich wurde ihm schwarz vor den Augen und er entschied, sich besser wieder zu setzten.
Vorsichtig betastete er seine schmerzende Ohrmuschel, zog sein Hand aber augenblicklich wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück. Eine Woge der Übelkeit überkam ihn als er einen erneuten Versuch startete. Er war schon vor ihrer Abreise erkältet gewesen und dieses verblödete Spiel gab ihm den Rest. Trotz der Schmerzen entschied er, sich seinem Laptop zu widmen. Vielleicht konnte er ja doch noch etwas retten.
Als John erwachte, lag der Platz neben ihm kalt und verlassen da. Verschlafen blickte er auf und entdeckte den Kanadier ein paar Meter entfernt fluchend auf dem Boden hockend.
“Morgen McKay”, Sheppard gähnte herzhaft, “gut geschlafen?”
“Morgen, geht so. Warum schreien Sie denn so?”
“Tu ich doch gar nicht”, John sah seinen Kollegen verwirrt an, “was machen Sie denn da?”
“Ich versuche meinen Computer wieder zum Laufen zu bringen”, McKay sah in entnervt an.
“Das bringt sowieso nichts mehr, sparen Sie sich die Kraft. Haben Sie schon gefrühstückt?”
“Kein Hunger”, gab Rodney abwesend zurück.
“Sicher?”, John sah ihn verdutzt an. Dass McKay keinen Appetit hatte war schon ein wirklich schlechtes Zeichen. Da könnte die Welt untergehen, er würde sich beim Essen nicht aus der Ruhe bringen lassen.
“Sind Sie taub? Verdammt, ich versuche mich zu konzentrieren! Könnten Sie vielleicht aufhören mir dumme Fragen zu stellen?”, dem Kanadier standen Schweißperlen auf der Stirn. John fiel auf, dass er sich nun schon mehrmals an die Schläfe oder eher ans Ohr gefaßt hatte.
“Was ist los?”, beharrte Sheppard.
“Was soll schon los sein? Alles Bestens! Mein Laptop ist beim Teufel, wir sitzen hier fest in irgendeinem Spiel bei dem wir jeden Tag mal locker eine andere Todesgefahr überstehen müssen. Wir müssen hier durchhetzen und haben keinen Plan ob wir überhaupt mal wieder nach Hause kommen. Ist doch fast wie Urlaub!”
“Ich kann das ja verstehen aber…”, Rodney unterbrach ihn mit einer bestimmten Geste.
“Ja, Sie tun sich leicht! Der strahlende Held besteht jede Prüfung mit Links während ich jeden Tag fast sterbe!”, McKays Stimme klang ungewohnt schrill.
“Jetzt übertreiben Sie aber, wir können das nur gemeinsam schaffen!”, versuchte John ihn zu beschwichtigen.
“Und außerdem…”, Rodney lief rot an und sah weg.
“Was außerdem?”, hakte der Militär nach.
“Was war das gestern im Wasser?”
“Sie wären fast ertrunken und ich habe Ihnen Luft gegeben”, John ahnte, auf was Rodney da hinaus wollte und es war ihm irgendwie peinlich.
“Und die Zunge?”, McKays Stimme klang schwach und gebrechlich.
“Welche Zunge?”, Rodney tat ihm leid, aber er konnte es einfach nicht zugeben und setzte statt dessen seine beste Unschuldsmiene auf.
“Na wie viel haben wir denn zu Auswahl?”, Rodney sah ihn verletzt an und noch bevor John etwas erwidern konnte nahm der Wind drastisch zu und pfiff eisig in den kleinen Raum. Beide Männer hatten das Gefühl als ob sie gar nichts anhätten. Ihre dünnen Anzüge und die Westen boten ihn nahezu keinen Schutz.
Erneut zuckte McKay unter Schmerzen zusammen. Dieses Stechen kam ihm bekannt vor, dann erinnerte er sich. Damals war er gerade er neun Jahre alt gewesen. Seinen Heimweg wollte er über den winterlich gefrorenen See abkürzen. Auf halbem Weg gab das Eis unter seinen Füßen nach und er schaffte es nicht mehr sich ans Ufer zu retten. Ganze 39 Minuten hatte er da im Wasser gepaddelt und nach Hilfe gerufen. Die Kälte hatte sich immer weiter über seinen Körper ausgebreitet und er war schon fast nicht mehr bei Bewusstsein gewesen als ihn Passanten entdeckten und ihn herausgezogen hatten. Sein Vater hatte ihn damals aus dem Krankenhaus geholt und ihm jahrelang erzählt wie viele Kosten er durch die Arztbesuche verursacht hatte und mit was er einen solchen Sohn verdient hatte. Mittelohrentzündung, so hieß die Krankheit, die er nun scheinbar wieder hatte.
John trat vorsichtig von hinten an ihn heran.
“McKay? Hallo? Hören Sie mich?”, Sheppards Stimme drang wie durch Watte gedämpft an sein Ohr.
“Ja, ja. Alles klar.”
Der Militär trat direkt vor ihn, sah ihm in die glasigen Augen und legte sein Hand behutsam auf Rodneys Stirn.
“Sie sind knallheiß, auf Ihrer Stirn könnte man Spiegeleier braten”, stellte er fest.
“Bin ich gar nicht”, McKay zog sich schnell zurück, “wir sollten jetzt aufbrechen.”
“Gehen wir”, stimmte ihm Sheppard zu, “ach McKay?”
Rodney drehte sich um und sah ihn fragend an.
“Sie wissen, dass man mit Fieber nicht spaßen sollte. Ich mache mir Sorgen um Sie.”
McKay nickte nur schwach und drehte sich wieder zum Gehen.
Als sie den Gang betraten wehte ihnen ein eisiger Wind entgegen. Sheppard packte den deutlich zitternden Rodney und drückte ihn gegen die kalte Wand.
“Hey, Sie tun mir weh! Was soll das?”, motzte McKay.
“Wir sollten nicht direkt im Zug laufen sondern uns dicht am Fels vorarbeiten. Physikalisch gesehen”, setzte er grinsend hinzu, “durchaus vorteilhaft.”
McKay nickte nur schwach, das war so ziemlich das erste Mal, dass er keine Lust hatte dem Militär zu widersprechen.
Der Tunnel schien sich schier endlos in die Länge zu ziehen und es fiel Rodney mit jedem Schritt schwerer sich gegen den immer stärker werdenden Wind zu behaupten. Der gestrige Tag, das fehlende Essen und das Pochen in seinen Ohren machte ihm schwer zu schaffen. Aber was auch immer geschehen sollte, vor Sheppard würde er nie zugeben wie schlecht es ihm ging.
Dieser ging dicht vor ihm und beobachtete den Kanadier aus dem Augenwinkel heraus. Der Wissenschaftler war schon irgendwie ein komischer Mensch. Sonst jammert er wegen jeder Kleinigkeit und wenn er tatsächlich mal ernsthaft krank war markiert er den starken Mann.
Eine annähernd rechtwinklige Abzweigung zog Sheppards Aufmerksamkeit auf sich. Er sah hinauf zur Decke und entdeckte eine Öffnung mit bestimmt zwei Metern Durchmesser. Als sie näher kamen erkannte er den nahezu schwarzen Himmel, der bedrohlich über ihnen thronte. John wusste, was solche Wolken bedeuteten. Ein Gewitter war im Anmarsch, das bestimmt nicht zu knapp ausfallen würde. Als sie den Bereich unter der Öffnung passiert hatten war es plötzlich windstill. Sie standen in einem kleinen Raum der eine von den ihnen inzwischen wohlbekannten Steintafeln enthielt.
“Der Himmel sieht nicht gut aus”, brach McKay ihr Schweigen.
“Das stimmt, aber jetzt sollten wir uns erstmal der Tafel widmen.”
Rodney ließ sich hustend vor der Tafel nieder, “lesen Sie vor.”
John setzte sich neben ihn und begann:
“Ihr werdet nun die Prüfung zum Element Luft ablegen.
Seid offenen Herzens und ohne Furcht.
Denkt daran, man muss loslassen
Um fliegen zu können.”
Mit seinen Fingern fuhr der Physiker über das eingemeißelte Dreieck, das mit der Spitze nach unten und einem Strich parallel zur Basis abgebildet war.
“Hört sich eher wie eine Aufforderung zum Selbstmord an als ein guter Tipp”, stellte McKay trocken fest.
Sheppard gluckste leise, “können wir weiter?” Er reichte ihm seine Hand und half ihm hoch.
Als sie den Höhlenkomplex verließen standen sie auf einer freien Ebene. Der Wind peitschte ihnen ins Gesicht und der aufkommende eiskalte Regen fühlte sich wie kleine Nadelstiche in ihrer Haut an. Das Heulen des Sturmes machte die Kommunikation der Beiden zu einen nahezu unmöglichen Unterfangen.
“Wir müssen da lang!”, schrie Sheppard McKay entgegen und deutete mit der Hand auf einen schmalen Pfad der an den Felsen entlang in die Höhe führte. Doch der Wissenschaftler bewegte sich keinen Zentimeter und schüttelte nur entgeistert den Kopf. John entschloss sich kurzen Prozess zu machen, packte ihn an seiner Weste und zog ihn auf dem rutschigen Boden hinter sich her.
Der Vorsprung, auf dem sie sich nun vortasteten war wirklich extrem schmal. Ein Blick in die Tiefe ließ McKay erschaudern und die Kontrolle über seine Beine verlieren. Er konnte beim besten Willen nicht mehr weiter gehen.
Sheppard zog den bebenden Körper näher an sich. “Was denken Sie, wie breit ist diese Schlucht?”
“Schwer zu sagen”, gab der Kanadier mit zitternder Stimme zurück.
“Kein Wunder, mit geschlossenen Augen schätzt es sich auch sehr schwer”, antwortete John amüsiert.
Langsam, ganz langsam öffnete Rodney seine Augen. Am Liebsten hätte er sie sofort wieder geschlossen, zwang sich aber sie offen zu halten.
“Zwischen 300 und 400 Metern”, schrie er gegen den Sturm an.
“Hmm”, Sheppard legte den Kopf schief und zog an McKays Weste, “gehen wir weiter und bleiben Sie dicht hinter mir.”
“Bleibt mir denn etwas anderes übrig”, grummelte Rodney.
Langsam wurde es immer nebliger um sie herum. Der Wissenschaftler konnte keine drei Meter weit mehr sehen, so entschloss er sich abermals stehen zu bleiben.
“Warum bleiben Sie denn schon wieder stehen und was zum Teufel ist das?”, maulte der Amerikaner.
“Die Wolken”, gab Rodney gelassen zurück, “außerdem kann ich nicht weiter.”
“Warum?”
“Ich sehe nichts mehr.”
“Und Sie meinen das wird besser, wenn wir hier rumstehen?”
“Nein, aber wir könnten zurückgehen.”
“Wir haben doch schon fast die Hälfte geschafft, da vorn sehe ich sogar schon einen leichten Lichtschein. Ja, der Nebel wird wieder dünner”, versuchte Sheppard McKay zum Weitergehen zu animieren.
“Das schon”, Rodney wirkte nicht wirklich überzeugt.
“Aber?”, hätte John den Kanadier nicht so gern, er hätte ihn wahrscheinlich einfach stehen gelassen.
“Das ist die sichere Hälfte”, Rodney deutete mit dem Finger in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Nun reichte es dem Leutnant endgültig und er ging langsam weiter, “irgendwie sind die Wolken langweilig.”
“Hä?”
“Sie schmecken nach gar nichts”, antwortete John betont enttäuscht.
“Wie bitte?”, McKay sah ihm völlig entgeistert hinterher und setzte sich nun auch wieder in Bewegung.
“Als ich ein Kind war, hatte ich mich immer gefragt ob die Wolke wie Zuckerwatte schmecken würden”, erzählte er.
“Sie verarschen mich doch schon wieder”, Rodney hatte nun wieder aufgeschlossen.
“Wie auch immer”, John grinste ihn an, “auf jeden Fall sind wir jetzt über den Wolken.”
“Wow”, McKay hielt sich schützend die Hand vor die Augen, “wir haben wahrscheinlich keine Sonnencreme dabei, oder?”
Hier oben war es zwar immer noch windig aber dank der Tatsache, dass sie sich nun über der Wolkendecke befanden, strahlte ihnen die Sonne entgegen.
“Da vorn ist scheinbar eine weitere Höhle!”, rief John über seinen Schulter und betrat das Hochplateau. Rodney folgte ihm mit einigem Abstand und hörte schon von Weitem Johns Fluchen.
“Was ist?”, rief Rodney ihm entgegen der mit seinen immer stärker werdenden Kopfschmerzen kämpfte.
“Nichts. Kein Gang, kein gar nichts. Nur…”, plötzlich schwieg er.
“Was?”, Rodneys Neugier war auf der Stelle geweckt und er schob sich durch den engen Eingang in die kleine Höhle hinein.
“Schauen Sie es sich am Besten selbst an”, Johns Stimme klang zu gleichem Maße erstaunt als amüsiert.
Das ließ sich McKay nicht zwei mal sagen und drängelte sich an dem hochgewachsenen Mann vor ihm vorbei, “wow”, war alles, was ihm bei diesem Anblick einfiel. Vor ihnen befand sich ein Vogelnest von der Größe des Horstes eines Weißkopfseeadlers. John wagte sich näher heran und deutete Rodney ihm zu folgen. Hinter dem Nestrand lag ein extrem abgemagerter, schlafender Jungvogel.
“Wow ist gar kein Ausdruck”, erwiderte John in einer gedämpften Stimmlage, “was ist das für ein Vogel?”
“Woher soll ich das denn schon wieder wissen?”, beschwerte sich Rodney, der das Küken in das langsam wieder Leben zurückkehrte nicht aus den Augen lassen konnte. Zu fasziniert war er von dem feuerroten schon gut ausgebildeten Gefieder und den orange-gelben Schwungfedern.
“Sind Sie der Wissenschaftler oder ich?”
“Ich bin Physiker und kein Biologe. Mit der Biologie haben Sie wohl schon mehr Erfahrung gesammelt”, schnappte McKay.
“Ach ja, wie viele Jahre hatten Sie in der Schule?”, gab Sheppard scheinheilig grinsend zurück, sehr wohl wissend, dass der Kanadier nicht auf seine Schulzeit angespielt hatte. Rodney beendete das Thema mit einem verächtlichen Schnauben und wandte sich wieder dem Tier zu. Der Kleine war inzwischen auf die Beine gekommen und hatte es geschafft sich bis zum Nestrand zu schleppen. Dort genoß er nun sichtlich Johns Streicheleinheiten, der sich zu ihm herab gekniet hatte.
“Sind Sie jetzt total übergeschnappt?”, herrschte ihn McKay an, “wir sollten hier verschwinden bevor Mama zurückkommt und uns zum Frühstück serviert!”
“Machen Sie sich nicht lächerlich. Ich glaube außerdem kaum, dass sein Mutter zurückkommt.”
“Warum bitte? Haben Sie jetzt auch schon einen sechsten Sinn entwickelt?”, Rodney schäumte. Seine Kopfschmerzen wurden mit jedem Wort schlimmer, “ich will auf jeden Fall nicht als Vogelfutter enden!”
“Schauen Sie ihn sich doch mal genau an”, John nahm den Kleinen auf den Arm und erhob sich, “er ist vollkommen abgemagert. Seine Mutter hat allem Anschein nach das Nest verlassen.”
McKay sah dem jämmerlich fiependen Vogel in die großen schwarzen Augen.
“Und was machen wir jetzt mit ihm”, lenkte er ein.
“Wir haben doch noch Thunfisch von den Sandwiches, oder?”, Johns Hundeblick war fast unübertrefflich.
“Nein! Ich, äh wir”, verbesserte er sich, “wir werden verhungern. Unser Proviant ist sowieso schon fast alle.”
“McKay, schauen Sie sich den Kleinen an”, John hielt ihn direkt unter seine Nase.
“Sie sind so fies, dafür gibt es gar keinen Ausdruck”, Rodney fuchtelte mit erhobenem Zeigefinger vor dem Schnabel des Jungtieres herum während er sich weiterhin über John ausließ. Dies deutete der Vogel wohl als Einladung und biss herzhaft zu.
“Das darf doch nicht wahr sein”, wetterte McKay, “jetzt wird mir bestimmt auch noch der Finger abfaulen. Wer weiß, was der für Krankheiten hat und das ganz ohne medizinische Versorgung!”
“Zeigen Sie mal her”, John nahm Rodneys Finger behutsam und sah die leicht blutende Wunde an, “hier”, er reichte ihm eines seiner Papiertaschentücher, “drücken Sie das drauf bis es aufhört zu bluten.” Nun legte er ihm sanft aber bestimmt seine freie Hand auf die Schulter und zwang ihn somit sich zu setzten.
McKays Kopf brummte, als er sich gegen die kühle Felswand lehnte. Ein Schauer, der ihm eiskalt den Rücken herab lief, ließ ihn erzittern. Von sicherer Entfernung aus beobachtete er Sheppard, der grinsend mit dem Jungtier auf dem Schoß da saß und ihm kleine Portionen des Fisches fütterte. Eigentlich ist er ja ganz süß, gestand sich Rodney selbst ein und gesellte sich zu den Beiden.
“Können Sie ihn auch mal kurz füttern?”, ohne eine Antwort abzuwarten setzte John ihm das Küken auf den Schoß und drückte ihm die Fischdose in die Hand. Rodney entnahm etwas vom Inhalt und hielt es über den Kopf des Vogels, der sogleich gierig zuschnappte.
“Wo gehen Sie hin?”, wollte er von John wissen, der gerade die Höhle verließ.
“Ich will mich nur kurz draußen umschauen. Bin gleich wieder da.”
“Na, hast du keinen Hunger mehr?”, McKay wandte sich wieder dem Jungtier zu, das an seinen Bauch gekuschelt eingeschlafen war und kraulte ihn vorsichtig.
“Er mag Sie”, kommentierte John als er die Höhle wieder betrat.
“Nehmen wir ihn mit?”, erkundigte sich Rodney während er sich vorsichtig aufrichtete.
“Tja, es bleibt uns wohl nichts anderes übrig. Ich habe auch schon eine Idee wie wir ihn sicher transportieren können”, er öffnete die beiden Fächer des Rucksackes und legte den Rest des Proviants zu den verbliebenen Wasserflaschen und dem Laptop. So erreichte er, dass das größere der beiden Abteile komplett leer war und hielt es einladend auf, “legen Sie ihn rein.”
Behutsam bettete McKay den Kleinen hinein und ließ den Reißverschluss ein Stück offen, sodass er noch genügend Luft bekam. John hob den Rucksack vorsichtig auf und trug ihn, um seinen Schützling besser im Auge behalten zu können, am Bauch.
“Ich habe einen weiteren, schmalen Pfad am anderen Ende des Plateaus gefunden. Dort müssen wir wohl weitergehen”, ein noch viel schmälerer Pfad, setzte Sheppard in Gedanken hinzu.
“Nein”, protestierte Rodney als sie angelangt waren, “das kann ich nicht.”
“Rodney, wir müssen weiter, bitte. Stellen Sie sich einfach vor, dass die Wolken fester Boden sind”, er deutete auf die dichte Wolkendecke, die unmittelbar unter der Kante des Weges lag. Schwer seufzend gab Rodney nach und machte sich auf den Weg.
“Ich möchte ja nicht schon wieder nerven”, unterbrach Rodney ihr Schweigen mit zittriger Stimme, “vielleicht kommt es mir ja auch nur so vor, aber der Pfad wird schmaler, oder?”
“Ich möchte Sie nicht anlügen”, gab Sheppard zurück.
“War das ein Ja?”
“Ja.”
Nach wenigen weiteren Schritten blieb John stehen. Sie konnten definitiv nicht mehr weiter gehen. Mit dem Rücken zur Wand war der Weg nun nicht mal mehr so breit wie sein eigener Schuh lang.
“Rodney?”, fragte er gepreßt.
“Was ist?”
“Wir müssen umkehren.”
“Umkehren? Aber…”
“Wir müssen”, unterbrach ihn John, “Es geht hier definitiv nicht weiter.”
Rodney versuchte seinen Körper langsam zu wenden, als ihn ein plötzlicher scharfer Schmerz in seinem Ohr aufschreien ließ.
Was nun kam geschah viel zu schnell, als das John nur die geringste Change gehabt hätte zu handeln. Außerdem schränkte ihn der Rucksack an seinem Bauch in seiner Bewegungsfreiheit zusätzlich ein.
Rodney strauchelte und schlug wild mit den Armen um sich, sein angeschlagener Gleichgewichtssinn verließ ihn und mit einem Aufschrei, der an den Felswänden widerhallte verlor er den Halt und stürzte ab.
~# Sternschnuppen #~
John sah mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen, wie McKays Körper die dichte Wolkendecke durchschlug. Er war wie paralysiert, sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Die Sekunden, die verstrichen bis er realisierte, was da soeben geschehen war, erschienen ihm ewig.
Langsam bewegte er sich zur Absturzstelle.
Jetzt endlich nahm er den Mut zusammen und rief: “Rodney!”
Doch sein Schrei verhallte ohne Gehör, “Rodney, hören Sie mich?”
Wieder keine Antwort. Wie auch, dachte John bitter, so einen Absturz konnte keiner überlebe. Er hatte vor ihrem Aufstieg die Schlucht gesehen. Sie war so tief, dass man ihren Boden nur als feinen Strich ausmachen konnte. Und selbst wenn, läge soviel Distanz zwischen ihnen, dass er ihn wohl kaum gehört hätte. Er legte den Rucksack geschützt ab und kniete nieder.
“Nein”, murmelte er, “das darf nicht wahr sein.” Tränen stiegen heiß in seinen Augen hoch. “Verdammt, reiß dich zusammen”, ermahnte er sich selbst, “du musst weiter!” Mit gesenktem Kopf nahm er den Rucksack in Hand und wollte sich gerade an der Wand entlang zurück aufs Plateau schieben als er ihren kleinen Schützling an der Felskante hockend entdeckte. Der Kleine hatte sich scheinbar aus seinem Gefängnis befreit und lugte nun neugierig in die Tiefe. John sah sich nun einem Drahtseilakt gegenüber. Sein Instinkt drängte ihn möglichst schnell zu handeln und den Vogel aus der gefährlichen Situation zu retten, doch seine Vernunft siegte und er tastete sich langsam an das Tier heran.
“Mach mir jetzt keinen Ärger”, sprach er ruhig auf ihn ein, “bleib schön sitzen.” Als er sich bis auf wenige einen Meter genähert hatte, hechtete er, so gut es die äußeren Umstände zuließen, auf das junge Tier. Und er erwischte ihn tatsächlich. Doch die Freude war nur von kurzer Dauer, er war denkbar ungünstig gelandet. Die Felskante drückte ihn am Bauch und sein Oberkörper hing frei über dem Abgrund. Mit dem Rucksack in der einen und dem Vogel in der anderen Hand versuchte er mit schlängelnden Bewegungen wieder zurück auf dem Weg zu gelangen. Nach kürzester Zeit standen ihm die Schweißperlen auf der Stirn. Die ständige Anspannung der Bauchmuskulatur raubte ihm seine Kräfte. Nun stand er vor einer Entscheidung, die ihm alles andere als leicht fiel. Zuerst ließ er den Rucksack fallen. Dann sah er das Küken in seinen Händen an. Nein, er wollte und konnte den Kleinen nicht loslassen. Unter größten Anstrengungen schaffte er es, sich Millimeter für Millimeter zurück zu kämpfen. Sein Bach brannte wie Feuer. Die ständige Reibung an der Felskante scheuerte seine Haut schmerzhaft auf. Als er wieder eine kurze Pause einlegte riss ein heftiger Windstoss an seiner Kleidung. Er versuchte sich krampfhaft gegen die Böe zu lehnen und sich zu halten, doch er hatte nicht mehr genügend Kraft. Quälend langsam rutschte er Stück für Stück weiter über die Kante und verlor schließlich ganz den Halt. Instinktiv rollte er sich zusammen und hielt das Vogeljunge sicher an seine Brust gedrückt. Wenige Sekunden später, er war sich nicht sicher, ob es überhaupt Sekunden waren, schlug er harten auf festem Untergrund auf.
“Sheppard”, Rodneys Stimme drang gedämpft an Johns Ohr, “hören Sie mich? John, bitte sagen Sie doch was.” Rodney hatte ihn behutsam an der Schulter gepackt und schüttelte ihn leicht.
“Oh verdammt”, war sein einziger Kommentar als er versuchte seine Augen zu öffnen, “was zum Teufel?”
Um ihn herum war alles total verschwommen. Neben ihm kniete der Kanadier. “Oh man, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, Sie zu sehen. Ich hatte schon gedacht, Sie wären zurück gegangen. Geht’s?”, erkundigte er sich mit besorgter Miene.
“Ich denke schon”, John kniff seinen Augen zusammen, “irgendwie sehe ich noch alles verschwommen.”
“Kein Wunder, wir sind scheinbar mitten in der Wolkendecke. Diese Steinbrücke war in den Wolken versteckt.”
“Wie geht es dem Kleinen?”, wollte Sheppard wissen, als er bemerkte, dass McKay ihn in den Arm genommen hatte.
“Ganz gut, können Sie aufstehen?”, Rodney reichte ihm seine Hand um ihm hoch zu helfen.
“Geht schon, danke”, der Militär rappelte sich auf. Ein stechender Schmerz ihn seinem Knie ließ ihn zusammenzucken, “sind Sie in Ordnung?”
“Danke, wenn man von, ach vergessen Sie es. Es geht mir gut”, der Kanadier grinste ihn an, “wir müssen vorsichtig sein. Man kann hier keine zwei Meter weit sehen. Könnten Sie vielleicht den Rucksack nehmen?”
“Na klar, auf geht’s”, Sheppard versuchte so gut wie möglich den Schmerz zu verdrängen. Er sitzt nur in deinem Kopf, er ist nur ein Warnsignal deines Körpers, rief er sich die Worte seines Ausbilders bei der Army ins Gedächtnis.
Der Weg kam ihm unendlich weit vor. Rodney war so erleichtert, dass sie Beide wohl auf waren. Allein zu sein wäre das Schlimmste für ihn gewesen. Er fasste sich an die schmerzende Schläfe und zuckte zurück, als er seine feucht-klebrige Haut berührte. Schweiß?, fragte er sich, wurde aber mit einem Blick auf seine Hand etwas Besserem belehrt. Rot. Blut. Fahrig wischte er seine Hand an seiner Hose ab. Früher wäre er wahrscheinlich in Panik geraten, doch irgendwie ließ es ihn kalt. Er war so unendlich müde. Die eh schon bescheidenen Lichtverhältnisse verschlechterten sich mit jeder Minute. Scheinbar neigte sich der Tag seinem Ende zu. Plötzlich blieb er so abrupt stehen, dass John, der dicht hinter ihm gegangen war, mit ihm zusammenstieß.
“Was ist denn jetzt schon wieder?”, erkundigte sich der Leutnant genervt mit müder und rauher Stimme.
“Da vorn”, Rodney deutete auf einen Höhleneingang, dessen Konturen sich deutlich vor ihnen im Nebel abzeichneten. Außerdem schien ein blauer Schimmer von ihm auszugehen.
“Endlich”, Sheppard hatte seine Leistungsgrenze deutlich überschritten und McKay war nun wirklich am Ende, “glauben Sie, dass in diesem Raum das Tor liegt?”
“Ich hoffe es.” Sie beschleunigten ihre Schritte und betraten den Eingang.
“Da ist es”, stellte John erleichtert fest.
Sie befanden sich in einer kleinen Höhle und vor ihnen lag das lang ersehnte Portal. Neben ihm atmete Rodney schwer. “Ist alles okay?”, Sheppard machte sich nun wirklich ernsthafte Sorgen.
“Passt schon. Lassen Sie uns endlich durchgehen”, Rodney zitterte. Beim Aufschlag hatte er sich den Ellbogen in die Rippen gerammt und nun durchfuhr ihn ein stechender Schmerz bei jedem Atemzug.
Auf der anderen Seite des Tores angelangt wehte ihnen ein angenehm warmer Wind entgegen. Abermals befanden sie sich in einer der ihnen wohlbekannten Höhlen. Eine Feuerstelle, ein etwas größerer Abzug als gewohnt und Äste auf dem Boden verstreut. Rodney ließ sich an der Wand auf den Boden sinken und setzte den Kleinen auf seinen Schoß.
“Versorgen Sie ihn?”, Sheppard reichte ihm eine Fischdose, die er aus dem Rucksack geholt hatte, “ich mache in der Zwischenzeit Feuer.”
“Ja”, erwiderte Rodney schwach und begann mit der Fütterung.
“Wie geht es Ihrem Ohr?”, fragte John beiläufig als er versuchte mit Hilfe von zwei Stöcken Feuer zu entzünden.
“Woher?”, McKay sah ihn mit offenem Mund an.
“Oh Rodney, ich kenne Sie doch. Meinen Sie wirklich, dass ich so ignorant bin, dass es mir nicht auffällt, wenn Sie Schmerzen haben?”
“Nein, natürlich nicht”, der Kanadier senkte beschämt den Kopf. Im Sitzen ging es ihm nun tatsächlich besser. Das Stechen in den Rippen war fast abgeklungen und auch seinem Ohr tat die Wärme gut, “danke. Es geht mir schon bedeutend besser.”
Johns Blick fiel auf den Kleinen, der abermals auf Rodneys Schoß eingeschlafen war. “Er hat noch gar keinen Namen”, stellte er fest.
“Stimmt. Wie wäre es mit Ikarus?”
“Der Bruchpilot?”, John legte seinen Kopf schief, “ich weiß nicht. Ist er eigentlich ein Junge oder ein Mädchen?”
“Keine Ahnung. Dazu müssten wir erstmal wissen, was für ein Vogel er eigentlich ist.”
“Na gut, suche wir etwas Neutrales.”
“Ach bitte”, Rodney sah John flehend an, “warum denn nicht Ikarus.”
“Wie ein kleines Kind”, stellte Sheppard schwer seufzend fest, “na gut. Dann heißt er eben Ikarus. Aber für die Spätfolgen übernehme ich keine Verantwortung!”
McKays Grinsen war unübertrefflich. Sheppard zog seine Jacke aus und warf sie auf den Boden.
“Ist Ihnen heiß?”, der Kanadier sah ihn verdutzt an.
“Das bin ich doch immer”, erwiderte John grinsend. Setzte dann aber noch schnell, “wenn wir unsere Jacken zu einer Art Nest formen könnten, hätte unser Ikarus ein bequemes Nachtlager”, hinzu als er bemerkte, dass Rodney knallrot anlief.
“Gute Idee”, McKay legte das Küken behutsam vor ihm auf dem Boden ab und versuchte sich von seiner Jacke zu befreien. Er stöhnte vor Schmerz auf und John kniete neben ihm nieder.
“Was ist los?”, fragte er behutsam und half ihm vorsichtig aus der Jacke.
“Nichts, ich habe mir bloß die Rippen angestoßen”, gab McKay abwinkend zurück. Gemeinsam formten sie dem Vogel ein Bett und legten ihn behutsam hinein.
John richtete seinen Blick gen den sternenklaren Himmel. Rodney tat es ihm gleich.
“Da, haben Sie das gesehen? Eine Sternschnuppe und da, noch eine!”, McKay war begeistert. Die Sterne hatten ihn schon immer fasziniert.
“Und haben Sie sich etwas gewünscht?”, John setzte sich neben Rodney und entdeckte die noch immer leicht blutende Wunde an seiner Schläfe.
“Ja ich…”
“Nein”, unterbrach ihn der Militär, “nicht sagen. Sonst geht es doch nicht in Erfüllung! Was haben Sie denn da angestellt?”, er drückte Rodney ein Taschentuch auf die Wunde, “kann ich bitte mal Ihre Rippen sehen?”, John sah ihn ernst an.
“Muss das sein, ich…”, Rodney wusste nicht, welches Argument er bringen sollte. Er wollte nicht, dass der durchtrainierte Mann seinen Körper, der nicht ganz so gut in Form war, sah.
“Bitte”, vorsichtig nahm Sheppard den Saum des T-Shirts zwischen die Finger und zog ihn hoch, “legen Sie sich mal auf den Rücken.”
McKay zog sein T-Shirt wieder herunterziehen und dachte erst gar nicht daran, sich hinzulegen. John ließ ihn gewähren und setzte sich wieder neben ihn. “Wir haben jetzt schon ganz schön viel miteinander durchgemacht”, stellte er fest, “erinnern Sie sich noch an das letzte Weihnachtsfest? Man, Cadmans Bowle hatte es echt in sich.”
“Ja”, Rodney musste grinsen, “vor allem bei Carson hatte sie ihre Wirkung nicht verfehlt.”
“Stimmt, Cadman oder die Bowle?”, nun mussten Beide herzhaft lachen. McKay stöhnte wieder auf und fasste sich an die verletzten Rippen.
“Darf ich bitte?”, John legte ihm seine Hand auf die Schulter. Nun leistete er keinen Widerstand mehr und ergab sich seinem Schicksal.
Johns Blick wanderte besorgt über Rodneys Brustkorb als dieser Folge leistete, sein Shirt hochzog und sich hinlegte.
Behutsam, fast schon zärtlich tastete John die stark geschwollene Stelle ab. McKays schmerzvoll verzerrtes Gesicht sprach Bände.
“Finden Sie es nicht auch seltsam, dass wir uns nach all diesen Katastrophen, die wir gemeinsam durchstanden haben noch immer nicht duzen?”, versuchte er den Kanadier abzulenken.
“Na ja, ich weiß nicht. Irgendwie schon, warum auch nicht”, antwortete er gepreßt.
“Gut. Jetzt bitte mal tief einatmen.”
“Geht nicht.”
“Warum?”, Sheppard sah ihn halb amüsiert, halb entnervt an.
“Tut weh.”
“Oh man Rodney, bist du ein Mann oder eine Memme?”
“Wenn ich tief Luft holen muss, um ein Mann zu sein, dann bin ich ganz gern eine Memme.”
“Du bist echt unglaublich.”
“Ich bin ein Genie!”
John schüttelte nur den Kopf und grinste in sich hinein.
Hoffentlich ist da nichts gebrochen, dachte er und entließ seinen Patienten.
“Das hat weh getan”, motzte dieser.
“Tut mir leid. Wirklich”, ein Grinsen machte sich auf Johns Lippen breit.
“Ja klar”, Rodney schob seine Unterlippe gekränkt vor, “deswegen grinst du ja auch so blöd.”
“Boah, jetzt bin ich aber gekränkt”, Sheppard wandte seinen Blick nicht vom Himmel ab, aber sein Grinsen hatte noch an Breite zugenommen, “ich habe das wirklich ernst gemeint. Schau doch mal nach oben. Noch mehr Sternschnuppen!”
“Wow.”
“Du sagst es.”
Stillschweigend saßen die Beiden nebeneinander, genossen das Schauspiel und die ungewohnte Wärme. Sogar der Steinboden war angenehm warm. Wie bei einer Fußbodenheizung, dachte John. Er dachte lieber gar nicht darüber nach, was sie morgen erwarten würde. Sein Blick wanderte zu Rodney, der neben Ikarus saß und den Kleinen kraulte.
“Wir sollten schlafen gehen”, schlug der Militär vor.
“Ja, morgen wir bestimmt wieder ein anstrengender Tag”, gab ihm McKay Recht und kam zu John herüber, der es sich bereits neben dem Feuer bequem gemacht hatte.
“Darf ich?”, fragte er unsicher und deutete auf den Platz zwischen ihm und der Feuerstelle. John lächelte ihn warm an und nickte, “na klar.”
“Danke”, flüsterte McKay und legte sich dicht an seinen Begleiter.
“Gute Nacht”, gähnte Sheppard, erhielt von seinem Gefährten aber schon keine Antwort mehr. Seine gleichmäßiger Atem verriet ihm, dass dieser bereits ins Traumland entschwunden war.
Sheppard fasste sich an sein geschwollenes Knie. Er hatte sein Hosenbein so hochgekrempelt, dass es nun auf die Kniescheibe drückte und sein Gelenk stabilisierte. Mit einem letzten Blick ins züngelnde Feuer schlief auch er ein.
#~ to be continued~#