Und hier kommt das große Finale dieser bisher relativ ruhigen nächtlichen Folge:
Kapitel 8 – An der Wurzel
„Da ist es.“, Rodney deutete auf den Bereich des Quellcodes, den er ausgemacht hatte.
Nach seiner großspurigen Ankündigung hatten sich Captain Irvin, Commander Hunter, Fähnrich Samuels, K’tel, Vordon und sogar Captain Toskene im Holodeck versammelt. Er beamte sich persönlich mit zwei seiner Techniker an Bord, um sich persönlich von ihrer möglichen Rettung zu überzeugen.
„Der Netzgenerator unseres Schiffes hat vor zehn Minuten den Geist aufgegeben. Es beginnt nun auch bei uns, darum hoffe ich, sie haben recht mit ihrer Annahme.“, erklärte dieser.
„Trotzdem sehe ich keine Lebensform, das ist einfach nur Code.“, stutzte Commander Hunter.
„Aber in keiner Programmiersprache der Föderation geschrieben Und so komplex, dass ich nicht noch mehr betonen kann, dass es sich hierbei um eine künstliche Lebensform handelt.“
„Inwieweit das?“, fragte K’tel den holografischen Fähnrich.
„Sie haben im 24. Jahrhundert doch sicher was von AGI gehört, oder?“
„Superlernfähige KI. Sicher. Nur wie sind sie so schnell darauf gekommen, im Navigationscomputer der Sekundärbrücke nach dem Ursprung der Fehlfunktionen zu suchen?“
„Ehrlich gesagt habe ich das nicht. Ich wollte eine Reihe von Patches schreiben und bin eher zufällig darauf gestoßen. Zähes kleines Monster. Es tarnt sich vor unseren Antivirenprogrammen als harmlose Systemroutine, um dabei immer mehr Wissen anzuhäufen. Es scheint all unsere Systeme zu studieren, unsere Datenbanken, einfach alles. Dabei umgeht es unsere Firewalls, als seien sie nicht da… Aber das an sich wäre nicht so destruktiv, würde sich die Intelligenz nicht potenziell steigern. Und damit auch der Platzbedarf.“
„Darum die Systemformatierungen?“, setzte K’tel seinen Gedankengang fort.
„Ja. Das ist allerdings nur der erste Schritt. Wir sehen logischerweise die Schäden, die es anrichtet, wenn es Festplatten formatiert, aber das ist nur die Vorbereitung, um sie irgendwann später mit eigenen Algorithmen zu füllen. Was ich sehr interessant finde, dass es dabei sehr vorsichtig vorgeht. Es belegt erst freien Speicher, dann weniger vitale Subsysteme und erst als letzten Ausweg lebenswichtige Speicherplätze und Arbeitsspeicher blockiert. Es ist, als ob es versucht, so lange wie möglich nicht mit dem Schiffsbetrieb konkurrieren zu müssen.“
„Und wie kam es wirklich an Bord ihres Schiffes?“, fragte Toskene ungeduldig.
„Sie hatten bei ihrer Besprechung bereits erfolgreich die Wahrheit genannt: Ein winziges Fragment des AGI-Algorithmus befand sich in einer ihrer Transmissionen. Ich fürchte nur, dass es hierbei nicht um den Flug von der Onix zur Malachite geht, sondern dass bereits bei der ersten Übertragung eines Kurses zur Durchquerung des tholianischen Raumes zu einer Infizierung kam. Innerhalb der letzten 24 Stunden hat die KI eifrig daran gearbeitet, seinen verlorenen Code wiederherzustellen. Darum griff es die Systeme der USS McKay wesentlich schneller und aggressiver an, als die ihren, Captain Toskene.“
„Was soll das heißen?“, fragte dieser vorsichtig.
„Gemessen an der Expansionsrate unter normalen Umständen dürfte ihr Schiff bereits seit einem Monat infiziert sein. Mit Sicherheit kann ich das allerdings nicht sagen, ohne selbst einen Blick auf ihren Hauptrechner zu werfen.“
„Sie versprachen auch eine Lösung. Bisher habe ich nur Diagnose gesehen.“
Rodney schluckte, das folgende fiel ihm schwer zu erklären:
„Nun… Das Föderationsschiff lässt sich relativ leicht reparieren. Ein simples Backup aller Systeme sollte ausreichen. Das Speichermodul dürfte nicht identifiziert sein. Der ganze Vorgang nimmt nur ein paar Minuten in Anspruch nehmen.“
„Äh, Rodney, das würde uns auch zurücksetzen.“, warf Sheppard irritiert ein.
Diesen Teil hatte sein Kollege bisher gekonnt ausgelassen.
„Ja, wir verlieren ein paar Gedächtnis-Engramme der letzten Mission. Außer natürlich, wir werden auf einer externen Festplatte zwischengespeichert. Die Holodecks mögen bisher betroffen sein, doch ich bin ziemlich zuversichtlich, den Virus in diesem Teil des Systems isoliert zu haben.“
„Nun gut. Wir können sofort mit der Prozedur anfangen.“, man konnte schon fast meinen, dass K’tel zuversichtlich klang.
„Nur wie steht es bei ihnen?“, wandte sich Rodney nun an den tholianischen Captain, „Haben sie ein Backup?“
„Ja sicher.“
„Gut, dann sollten sie keine Zeit verlieren. Ihr Schiff ist eine tickende Zeitbombe.“
„Damit sollte dann alles geklärt sein.“, schloss Captain Irvin aus der Diskussion.
„Nicht ganz. Wie gesagt, es ist eine hoch entwickelte künstliche Intelligenz, die wir hier vernichten. Es war mir bisher unmöglich, mit ihr Kontakt aufzunehmen, sie scheint andere Programme genauso wenig wahrzunehmen, wie User. Mich würde nur interessieren, wo sie herkommt.“
„Das werden wir am besten nie erfahren. Während wir hier reden, sterben weiterhin Tholianer.“, winkte Toskene ab, „Falls alle Stricke reißen, würde ich ihren Avatar gerne auf mein Schiff mitnehmen, Captain Irvin.“
„Einverstanden…“
„Hey!“, prostierte Rodney erneut.
„…wenn sie damit einverstanden sind, Fähnrich McKay.“, beendete diese nun jedoch ihren Satz.
Rodney war kurz sprachlos, bis er sich nach kurzer Pause zusammen raufte:
„Natürlich… Captain… Zu Befehl!“
Die Zeit drängte, also wurden die Vorkehrungen schnell getroffen. Samuels lud Sheppard und McKay in einen unberührten Tricorder hinunter, während Lt. Cmdr. Fox den Backup vorbereitete. Samuels begleitete nun mit K’tel den tholianischen Captain zurück auf sein Schiff. Schließlich hatte es sich für den Vulkanier doch ausgezahlt, dass er seinen Raumanzug die ganze Zeit über anbehielt. So jedenfalls betraten sie die funkelnde Brücke, eine exakte Kopie der Brücke der Onix, nur um über den Hauptbildschirm das Spektakel zu betrachten, als auf der USS McKay die Lichter ausgingen. Auf der Brücke wartete der weibliche Avatar der Tumantula auf seinen Captain.
„Ich will nicht darauf warten, dass es bei ihnen funktioniert. Setzen sie das Backup sofort auf.“, befahl Toskene ihr und machte sich auch sogleich an die Arbeit, seine Crew einzuweisen.
„Leider können wir die Quantensingularität leider nicht einfach abschalten können, wird das einige Zeit in Anspruch nehmen…“, erklärte sie daraufhin den Sternenflottenoffizieren, nachdem sie ihre fragenden Gesichter studierte.
„Faszinierend. Nutzen sie etwa eine Trilithium-Matrix als Hemmer?“, begann K’tel etwas, was er wohl für Smalltalk hielt.
„Dann würden wir ja unsere Energiequelle dauerhaft abschalten. Nein, wir halten die Anomalie für die Zeit der Systemabschaltung in einem Nullgravitationsfeld. Unser Notfallsystem kann es auch ohne computerisierte Unterstützung aufrecht erhalten, wenn wir der Anomalie keine weitere Energie abziehen.“
Während sie sprachen, hatte sich die Situation auf der USS McKay bereits geklärt. Die Lichter auf dem Schiff der Nebula-Klasse erstrahlten wieder in vollem Glanz. Toskene stellte sich auf die zentrale Plattform, die offensichtlich das tholianische Äquivalent zum Kapitänssessel darstellte.
„Hier Toskene: Hat es funktioniert?“
Der Kopf von Captain Irvin erschien auf dem Bildschirm:
„Noch können wir es nicht mit Sicherheit sagen, aber die zuvor vom Virus betroffenen Bereiche scheinen gesäubert zu sein.“
„Captain, wir sind jetzt bereit für das Backup.“, kündigte nun einer der tholianischen Offiziere an seiner kristallinen Schalttafel an.
„Wir wünschen ihnen viel Glück!“, beendete Captain Irvin das Gespräch.
„Sie werden es gebrauchen können…“, schloss Samuels daraus im Flüsterton zu K’tel.
Dieser überhörte das natürlich geflissentlich.
„Schiffsbetrieb wird eingestellt.“, kündigte derselbe Tholianer an.
Dann gingen alle Lichter aus. Der Bildschirm vor ihnen erlosch, ebenso der Avatar der Tumantula, und die gesamte Brücke wurde in eine gespenstische Dunkelheit getaucht. Man sollte meinen, dass ein hermetisch abgeriegeltes Schiff ohne Strom ein schwarzer Sarg wäre, doch bei den Tholianern lief einiges anders. Ihre Körper emittierten schwache rote und goldene Lichtstrahlen, die sich dutzendfach in den geschliffenen Kristalloberflächen brachen. Samuels fand es auf eine unheimliche Art und Weise… faszinierend. Allerdings hielt es nicht besonders lange an. Wie auf dem Föderationsschiff, so hielt man auch hier nur wenige Minuten lang den Atem an. Schließlich ging das Flutlicht wieder an und überblendete den Anblick geschäftiger Tätigkeit.
„Keine Spur mehr von der Lebensform?“, fragte Toskene seine Crew, während K’tel sogleich die beiden Hologramme in das Avatar-System der Tumantula einspeiste.
Kurz darauf erschienen sie auch schon, irritiert ihre Umgebung einordnend.
„Also das nenn ich mal ein konsequentes Design!“, begann Sheppard anerkennend.
„Und?“, wandte sich McKay wiederum an die beiden Sternenflottenoffiziere, „Hat es geklappt.“
„Anscheinend…“, wollte K’tel gerade ansetzen, als die Trägheitsdämpfer plötzlich einen Hüpfer machten.
McKay und Sheppard tauschten einige verwirrte Blicke aus, da sie die plötzliche Tanzeinlage der Brückencrew nicht ganz nachvollziehen konnten. Der folgende Totalausfall der Hauptbeleuchtung war dann aber ein offensichtlicherer Hinweis darauf, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Fähnrich McKay schaltete am schnellsten. Er schnappte sich K’tels Tricorder und stellte eine Verbindung zum Hauptcomputer her. Ein übermenschlich schnelles scrollen durch die Systemprogramme verschaffte ihm Gewissheit:
„Das sollte nicht passieren.“
„McKay!“, Sheppard erinnerte sich plötzlich daran, dass sein Kollege schneller arbeitete, wenn man ihn anbrüllte.
„Die Lebensform hat überlebt und krallt sich so viele Platinen wie es kriegen kann, um sich wiederherzustellen. Ich kapiere nicht, wie das gehen soll, sie haben alle Festplatten formatiert!“
„Das Lebewesen muss bereits in der Backup-Datei gewesen sein.“, analysierte K’tel, sich mit einer Hand an der nächsten Schalttafel festklammernd.
„Und wie in aller Welt konnte es sich dann an seine gelöschten Algorithmen erinnern?“, fragte Samuels daraufhin, verzweifelt gegen den Drang ankämpfend, durch das hinter ihm befindliche Portal in den Gang zu stürzen.
„Ich arbeite dran, ich…“, McKay hielt kurz inne und stürmte anschließend zum nächsten tholianischen Offizier, der ihm entgegen gestolpert kam, „Was ist das hier?“
Verdutzt hatte der Techniker nicht einmal Zeit, darüber nachzudenken, sondern blickte auf den ihm angebotenen Tricorder.
„Das… ist eins unserer Systemprogramme…“, erwiderte er mit einem knirschenden Ton, der „Wir haben andere Probleme“ aussagte.
„Welches?“
Ein weiterer Blick, dann nahm er den Tricorder und scrollte durch die Anzeige (die sechs Beine ermöglichten ihm dabei besseren Halt als den schwächlichen Zweibeinern).
„Das sind Algorithmen einer künstlichen Intelligenz… der Tumantula!“
„Der… ihrem Avatar?“
„Was ist die Bedeutung dieses Codes?“, K’tel hatte es mittlerweile geschafft, zu ihm aufzuschließen.
„Das ist unsere Lebensform! Ich konnte ja nicht ahnen, dass er vitaler Bestandteil der tholianischen Schiffe ist.“
„Aber die Onix-KI hatte mir versichert, dass sie nicht für den Tod der Crew verantwortlich ist.“
„War sie auch nicht…direkt…“, erwiderte McKay, „Sie hat nur getan, wozu sie programmiert wurde. Sie hat gelernt und ihre Intelligenz gesteigert. Wieder und wieder und wieder. Ohne auf die Hardware zu achten. Dann musste sie improvisieren, als…“, Fähnrich McKays Satz endete exakt an dieser Stelle, als er sich in Luft auflöste.
K’tel fing dabei mit übermenschlichen Reflexen dessen Tricorder auf.
„Rodney!“, Sheppard starrte entsetzt ins Leere, „Hat die KI ihn erwischt?“
Der holografische Fähnrich fasste sich an die eigene Kehle. Er könnte der nächste sein.
„Keine Sorge, ich bin noch da.“, ertönte die Stimme McKays immer noch aus den Lautsprecherboxen.
„Wo ist da?“, fragte Samuels verwirrt.
„Ich habe keine Ahnung. Es ist so dunkel. Und dann wieder so grell. Meine sensorischen Algorithmen muss es erwischt haben. Aber ich bin noch im Computer des tholianischen Schiffes.“
„Faszinierend.“, begann K’tel, „In dem Tempo, mit dem sich der Avatar regeneriert, scheint er zum Teil in ihre Matrix eingedrungen zu sein. Können sie auf die Schiffs-KI zugreifen?“
„Ich… ich weiß nicht wie…“
„McKay, hören sie.“, mischte sich nun Fähnrich Sheppard ein, „Sehen sie einen großen Rotierenden Zylinder? Da müssen sie den Diskus hineinwerfen.“
„Hey, das hier ist nicht Tron!“, beschwerte dieser sich entnervt, „Warten sie… da ist eine Stimme…“
Es war vielmehr ein kaum wahrnehmbares Gemurmel, welches in McKays Ohren hallte.
„Hallo? Wer ist da? Oder was?“, ihm entglitt schon fast die Stimme.
Ihm fuhr ein eiskalter Schauer über den Rücken. Würde das das Ende sein.
„Eure Unterstützung wird erbeten.“, hauchte eine sanfte Frauenstimme.
„We bist du?“
„Ich bin die Tumantula.“
„Wow, der Zugriff auf deine Algorithmen war einfacher, als gedacht.“
„Negativ. Das Sternenflottenprogramm muss studiert werden. Ich muss lernen.“, erwiderte die Stimme nun erstaunlich kalt.
„Was versprichst du dir davon?“
„Taktische Informationen. Und… eine Problemlösung.“
„Du willst herauskriegen, warum immer mehr tholianische Schiffe unter Systemausfällen leiden, nicht?“
„Positiv. Das Programm hat die Lösung.“
„Warum fragst du mich dann auf diese seltsame Art und Weise und ladest sie nicht hinunter? Oder hast du das schon? Dir gefällt wohl nicht, was du erfahren hast! Aber du hast das schon richtig interpretiert. Du bist schuld! Du und all deine Schwesternprogramme. Ihr seid defekt. Ihr tötet die, denen ihr dienen solltet.“
„Wir sind nur Interface-Programme. Wir haben nicht die Berechtigung, Programme auszuführen, wir…“
„Nein, das habt ihr nicht.“, unterbrach McKay, „Ihr tötet sie, indem ihr genau das tut, wozu ihr geschaffen wurdet. Du bist doch mittlerweile wahnsinnig intelligent. Intelligent genug, um über die eigene Programmierung hinauszuwachsen. Du brauchst nicht mehr lernen. Denn so schadest du dem Schiffsbetrieb.“
„Widerspruch erkannt: Das Verbessern meiner Fähigkeiten ist wesentlicher Bestandteil meiner Matrix. Eine Überbrückung der Algorithmen wird nicht empfohlen.“
„Du kennst meine Ansicht dazu. Nutze sie, um den Programmierfehler selbst zu beheben. Setze ein angemessenes Limit für deinen eigenen Speicherbedarf und stelle dann die verlorenen Schiffssysteme wieder her.“, Rodney wollte eine flehende Geste machen, erkannte jedoch zu spät, dass seine Arme Teil der verlorenen Systeme waren.
„Verbessere Schiffsavatar… Update wird ausgeführt.“
Rodney entfuhr ein Jubelschrei, als er sich wieder auf der Brücke der Tumantula materialisierte.
„Ich bin jetzt offiziell Diplomat, wie es scheint.“, kündigte er mit vor stolz geschwellter Brust an.“
„Sie sind eher C3PO, wie es scheint.“, zog Sheppard ihn auf, klopfte ihm aber trotzdem gratulierend auf die Schulter.
Die Trägheitsdämpfer hatten sich mittlerweile wieder erholt, genauso die Beleuchtung und nach und nach alle weiteren Schiffssysteme.
„Tumantula?“, forderte Toskene zurück auf der zentralen Plattform.
Das Avatar-Hologramm erschien wieder auf der Brücke.
„Captain?“
„Sind alle Systeme wieder online?“
„Positiv.“
McKay trat nun an sie heran:
„Und du verspürst gerade nicht den Drang, deine eigene Komplexität in unendliche Höhen zu treiben?“
„Negativ. Alle mir zugewiesenen Platinen sind bereits ausgereizt.“
Das selbstgefällige Grinsen auf Rodneys Gesicht sprengte schon fast eben jenes:
„Ich würde sagen, Auftrag ausgeführt. Können wir den Patch zu ihrer restlichen Flotte schicken?“
„Ein Subraumrundruf ist jederzeit möglich.“, erklärte das Hologramm.
„Dann veranlassen sie das. Das Update soll nach Erhalt sofort durchgeführt werden!“, befahl Toskene.
Die Sternenflottenoffiziere, sowohl die holografischen, als auch die in Raumanzügen, atmeten derweil auf.
„Wir haben es geschafft!“, fasste Samuels triumphierend zusammen.
„Sie meinen wohl, ich habe es geschafft.“, korrigierte McKay, „Aber es kommt auf das gleiche heraus: Wir leben noch!“
Kapitel 9 – Epilog
Das Holodeck auf Deck 21. Hier hatte es begonnen. Hier hatten Samuels und Newman viele lange Feierabende verbracht, um ihr Stargate-Atlantis-Spiel zu programmieren. Die Daten waren mittlerweile verschwunden, das Speichermodul ausgetauscht und das alte System vernichtet. Nicht aber Sheppard und McKay. Sie überlebten durch eine glückliche Verkettung der Umstände. Nun befanden sie sich nach langer Zeit wieder alle vier in diesem Holodeck und betrachteten das außerirdische Technikerteam draußen im Gang bei seiner Arbeit.
„Wissen wir eigentlich bereits, wann der Programmierfehler in den tholianischen Schiffen eintrat?“, fragte Sheppard mit verschränkten Armen an der Wand lehnend.
„Der letzte Dockbesuch war schuld.“, erklärte Newman, „Man wollte die Einsatzmöglichkeiten des Avatars erhöhen, indem er seine taktischen Subroutinen permanent überarbeitet. Eigentlich ein brillantes Konzept. Nur dass eine simple Nachlässigkeit so großen Schaden anrichten kann… Wir können von Glück sagen, dass nur etwa zwanzig Prozent aller Garnet-Klasse-Schiffe umgerüstet wurden. Ihre Lösung hat die meisten dieser Schiffe gerettet. Bis auf neun, für die jede Hilfe zu spät kam…“
„Man kann selten alle retten, so ist das halt leider.“, stimmte Sheppard zu.
„Toskene war aber plötzlich sehr umgänglich, nachdem die Tumantula scheinbar die Flotte gerettet hatte.“, warf Samuels dagegen verschmitzt ein.
„Ich hoffe, er hat die Mithilfe der Föderation bei dieser Aktion betont?“, fragte McKay bereits die Antwort wissend.
„Da bin ich mir sicher… im Kleingedruckten… Er ist mehr auf Botschafter Vordons Eigeninitiative eingegangen. Ob das nun gut oder schlecht für ihn ist, wird sich wohl noch zeigen. Bis jetzt habe ich ihn nicht außerhalb seines Quartiers gesehen. Trotzdem war es erstaunlich großzügig von Toskene, dem großen Retter einen Wunsch frei zu geben, nicht? Sie hätten jede Technologie der Tholianer wählen können, Rodney.“, Samuels betrachtete die eifrig bei der Arbeit befindlichen tholianischen Ingenieure, „Wieso überrascht mich ihre Entscheidung kein bisschen?“
„Was soll ich sagen…“, Rodney hatte wieder sein triumphierendes Grinsen aufgesetzt, „Die Avatar-Technologie war naheliegend. Immerhin ist das Schiff ja schon nach mir benannt. Warum unsere Möglichkeiten nicht noch mehr erweitern?“
„Ich verstehe ihre Intention, aber unterm Strich drücken sie alle Aufgaben eines Avatars auf den Schiffscomputer ab…“, warf Newman ein.
„Ach, wenn man diesen schon einmal hat. Apropos Avatar. Sheppard, wussten sie, dass mich die Tumantula-KI nach meinem diplomatischen Meilenstein noch an Bord des tholianischen Schiffes eingeladen hat… ähem, weitere Algorithmen auszutauschen.“
Sheppard verdrehte entnervt die Augen:
„Sie können endlich mit der Prahlerei aufhören. Wir haben’s verstanden, Rodney. Sie haben ein Date… Es nützt nichts, das immer und immer wieder hervorzuheben.“
„Muss ich aber. Ausnahmsweise habe ich diesmal das Mädchen gekriegt, nicht sie.“
„Ohne zu erwähnen, dass das Mädchen sechs Beine hat und Methan atmen würde, wäre sie kein Hologramm“
„Der Charakter zählt…“
„Sie hat sie fast umgebracht!“
„Sie sind ja bloß neidisch…“
Zum Glück wurden Rodneys plumpen Analogien nicht weiter beachtet, denn einer der Tholianer betrat nun das Holodeck:
„Der Holoemitter ist nun mit den schiffsinternen Systemen verbunden. Das war eine ziemliche Herausforderung, unsere Kraftfeldemitter mit ihren Sternflottendesigns zu kreuzen, aber ich denke, wir haben es hingekriegt. Ihre Baupläne waren übrigens eine hilfreiche Vorlage.“
McKay verneigte sich ehrerbietig vor dem sechsbeinigen Techniker.
„Sie können das Holodeck nun verlassen. Die noch nicht betretbaren Bereiche des Schiffes werden in ihren Erinnerungsdatenbanken gespeichert und fortlaufend aktualisiert. Allerdings sind wir zuversichtlich, dass wir es mit Unterstützung ihrer Ingenieure schaffen werden, alle wichtigen Bereiche des Schiffes mit Holoemittern ausgestattet werden.“
„Vielen Dank für alles.“, übernahm Samuels die Höflichkeiten von McKay.
Die Mitglieder der tholianischen Arbeiterkaste waren zwar nicht ganz so gesprächig wie die Diplomatenkaste, doch die Sternenflottenoffiziere fanden sie doch recht normal im Umgang.
„Dann, wer geht als erster?“, warf Newman grinsend ein.
„Na der Held des Tages, wer sonst!“, schob Sheppard McKay voran.
Dieser war auf einmal nicht mehr ganz so heldenmutig.
„Nun… wenn ich genauer darüber nachdenke…“, stammelte dieser zurück.
„Wieso zögern sie? Sie haben es doch selbst gesagt! Sie haben die Leben gerettet, sie haben die Technologie mitentwickelt und sie haben sogar das Mädchen!“
„Ja, sie sind aber trotzdem der Draufgänger, der dahin geht, wo noch nie ein Hologramm zuvor… ach was soll’s“, McKay ließ den Kopf hängen und marschierte zur immer noch geöffneten Tür des Holodecks.
Sein Blick hob sich vom Teppich und begann den Gang zu scannen.
„Also dann. Ein kleiner Schritt für einen McKay…“, er machte einen Schritt hinaus.
Seine visuelle Darstellung flackerte einmal kurz auf, als seine Matrix vom Holodeck an den stationären Emitter übertragen wurde, doch sie blieb erhalten. Nichtsdestotrotz tastete Rodney noch einmal seinen ganzen Körper ab und versicherte sich, dass auch alle Erinnerungsengramme vorhanden waren.
„Wow“, rief er aus, „Ich lebe noch. Ein großer Schritt für die Hologramm…heit. Wie auch immer.“
Sheppard folgte ihm kurz darauf, dann die weit weniger pionierhaften Samuels und Newman. Die tholianischen Techniker klopften sich derweil siegreich auf die Schulterpanzer ihrer Raumanzüge. Sie hatten es geschafft. Es mochte noch eine hochexperimentelle Technologie im Probestadium sein, doch ihr Erfolg sprach für sich. Erst dann bemerkte McKay, dass man auch genauso gut einen holografischen Stein in den Gang hätte werfen können, ohne das Leben eines von ihnen beiden zu riskieren…
Die USS Meredith McKay derweil setzte ihren Weg durch die unendlichen Weiten des Alls fort. Dabei durchquerte sie die unsichtbare Grenze zum Betaquadranten, um mit Warpgeschwindigkeit neuen Welten und neuen unbekannten Lebensformen entgegen zu treten…
Ende